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2017 | Book

Disruptive Zeiten

Author: Prof. Dr. Gunter Dueck

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

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About this book

Die Digitalisierung immer größerer gesellschaftlicher Bereiche und deren Konsequenzen für die Menschheit stehen im Zentrum dieses Werks. Dabei zeigt der Autor in seiner Kolumne "Daily Dueck" neue, originelle Zugänge zu aktuellen Themen der digitalen Welt. Dabei entlarvt er Modethemen und Hypes und stellt seine Thesen provozierend in den Fokus seiner Überlegungen. Dueck argumentiert dafür, dass die digitale Welt zu einer Kompetenzwende führt, auch zu einem Wertewandel und einer neuen Aufmerksamkeitsökonomie.

Table of Contents

Frontmatter
1. Cyber-Naivität über zukünftige Kriege (Daily Dueck 201, Oktober 2013)

Erschienen: 2013. Und ich wundere mich immer mehr.Der Spiegel-Online berichtet, dass sich britische Abgeordnete Sorgen machen, dass man vielleicht bald durch Internet-Angriffe die königlichen Schiffe und Flugzeuge lahmlegen könnte. Diesen potenziellen Angriffen auf die nationale Sicherheit wird nun in Großbritannien begegnet, indem man für viele hundert Millionen Pfund ein paar tausend Spitzenhacker mehr einstellt.

Gunter Dueck
2. Ethnozentrismus (Daily Dueck 202, Oktober 2013)

Denken Sie heute an die Konflikte, die zwischen Deutschland und der Türkei schwelen, das Problem des Ethnozentrismus flammt auf. „America first!“ schallt es derzeit aus den USA. Die Grünen können unmöglich zusammen mit den Konservativen die Verantwortung für den Staat übernehmen – wenn sie die Mehrheit im Parlament hätten, dann aber schon? Dann könnten Sie doch sinnvoll über alle Konservativen herrschen, mit denen man eigentlich nicht reden kann? Die Sozialdemokraten können unmöglich mit den Linken etwas Gemeinsames unternehmen, man kann sich mit solchen Leuten unmöglich besprechen. Die Schalker Fans können Dortmunder absolut nicht verstehen und umgekehrt. Frauen lassen derzeit kein gutes Haar an den Männern, die sie entrechten. „Die Schule behandelt Jungen wie defekte Mädchen.“, habe ich neulich irgendwo gelesen und ich dachte nach, wie das bei Älteren gesehen wird. Vegetarier verachten Allesfresser, die Tea-Party die Demokraten, die Nichtraucher die Raucher und und und.

Gunter Dueck
3. Mutti – über dem Koalikungel (Daily Dueck 203, November 2013)

Sie führen gefühlt seit Wochen Koalitionsverhandlungen und versprechen, dass sie vor Weihnachten fertig sind. Wir sollen uns über die Feiertage bloß keine Sorgen über den Bestand unseres Landes machen. Unglücklicherweise sind vor der Wahl Versprechen gemacht worden, die jetzt bei den Verhandlungen eine wichtige Rolle spielen.

Gunter Dueck
4. Der ökonomische Stimulus-Response-Wahn simpler „Chefs“ (Daily Dueck 204, November 2013)

Die Idee des Behaviorismus ist nun gut hundert Jahre alt: Man setzt Tiere und Menschen gewissen Stimuli oder Reizen aus und beobachtet, wie sie darauf reagieren („response“). Wenn diese Stimuli oder Reize klug gewählt werden, reagieren Tier und Mensch wie gewünscht. Menschen können also manipuliert werden, nachdem man es an Tieren genügend geübt hat. Bei deutschen Menschen verwendet man das Wort „Anreiz“ und das Manipulationssystem heißt „Anreizsystem“. Wenn Menschen wie gewünscht reagieren, dann „greifen die Anreize“. Wenn sie es nicht tun, dann sind „die Anreize falsch gesetzt worden“.

Gunter Dueck
5. Mesakommunikation und Metakommunikation (Daily Dueck 205, Dezember 2013)

Metakommunikation! Ja, wenn alle Menschen untereinander Metakommunikation üben und betreiben würden! Ach, ich träume schon wieder von idealen Zuständen. Metakommunikation ist das Kommunizieren miteinander über die gegenseitige Kommunikation. Das klingt etwas abstrakt. Vielleicht ist es besser erklärt mit den Begriffen der Probleme erster und zweiter Art nach Paul Watzlawick? Viele Ehepaare (wir hier auch) haben zum Beispiel das Problem mit der Zahnpasta. Darf man die Tube unästhetisch in der Mitte ausquetschen? Da schreien sich Ehepaare tausend Mal an, was sich zu einer Ehekrise auswachsen kann. Das umstrittene Quetschen ist ein lokales Problem erster Art. Es lässt sich aber auch grundsätzlich auf einer höheren Ebene lösen: Die beiden Kontrahenten beschließen zum Beispiel, sich gegenseitig immer weniger knurrend zu akzeptieren, wie sie sind, oder sie verwenden Zahnpasta aus Plastiktuben, wo das Problem nicht auftritt. Einfach Elmex und Aronal und fertig.

Gunter Dueck
6. Investmentsparerbetrug? (Daily Dueck 206, Januar 2014)

Es ist schon so lange her, so um die zwanzig Jahre. Plötzlich, weil wir kurz vor Weihnachten über Altersvorsorge (ist bei mir schon erledigt) gesprochen hatten, fiel es mir wieder ein: Da erzählten mir Banker in Frankfurt, wie sie nach und nach reich werden würden.

Gunter Dueck
7. Entschuldigungsminister (Daily Dueck 207, Januar 2014)

In der Wirtschaft hat es sich bewährt, sich bei den Kunden zu entschuldigen – dann kann alles so bleiben, wie es immer war. Jeder macht mal Fehler, aber wenn er es bereut, verzeiht man es ihm. Die echte und tätige Reue muss dabei gar nicht an den Tag gelegt werden, schließlich verfolgen wir ja niemals den, der uns schlecht bedient hat. Es reicht deshalb für den Moment völlig aus, wenn sich jemand entschuldigt. Manager sagen allesamt: „Es ist einfacher sich zu entschuldigen als um Erlaubnis gefragt zu werden.“

Gunter Dueck
8. Das Hänschen ist noch hochbegabt – der Hans hat mal ein Hirn gehabt (Daily Dueck 208, Februar 2014)

Nein, das ist keine Kolumne über digitale Demenz. Dann hätte sie einen anderen Titel, zum Beispiel: „Was Hänschen nicht spitz kriegt, liest Hans dann beim Spitzer.“ Oder: „Internet wirkt wie D-Menthol!“ Sie klagt aber doch über den offensichtlich fehlenden Schwung oder Unternehmergeist in Erwachsenen. Fehlt der? Ich glaube, er ist irgendwohin entschwunden. Wohin?

Gunter Dueck
9. Ordnung muss sein – aber jeder sollte seine eigene Ordnung haben – so gut das geht (Daily Dueck 209, Februar 2014)

Schon oft habe ich mich darüber beklagt, dass ich mich durch ständiges „das macht man so“ terrorisiert fühle. Wer ist „man“? Was „man“ verlangt, ist oft sinnlos, überholt oder jetzt gerade nach gesundem Menschenverstand nicht anwendbar. Aber so viele Leute erinnern mich so oft an „die“ Regeln, Vorschriften, Meeting-Rituale und Formvorschriften. Ich soll gefälligst „die Prozesse einhalten“ und darauf achten, dass alles einheitlich getan wird.

Gunter Dueck
10. Pinkle und Herrsche (Daily Dueck 210, März 2014)

Geht es Ihnen auch so? Wenn ich Stress habe, muss ich dauernd auf die Toilette. Wenn ich zum Beispiel abreise und überlege, was ich vergessen habe. Wenn ich in Kürze auf die Bühne muss und reden soll. Es lohnt sich fast nicht, zur Toilette zu gehen, aber die Nervosität! Da fielen mir Hunde und Katzen ein, die ja überall Duftmarken setzen – also scheinbar überall ein bisschen hinpinkeln. Sind die vielleicht auch nervös? Dann muss doch die ganze Biologie nochmals aufgerollt werden?!

Gunter Dueck
11. Angst vor der Frage nach der größten Schwäche (Daily Dueck 211, März 2014)

Fast alle Stellenbewerber haben Angst vor der Gretchenfrage nach ihrer Einschätzung ihrer eigenen Schwächen und Stärken. Die fast sichere Frage (verklausuliert oder offen) wird lauten: „Was sind Ihre größten Stärken und Ihre größten Schwächen?“ Da muss man sich wohl gebührend glaubhaft loben und nicht zu stark tadeln? Wie aber macht man das?

Gunter Dueck
12. Unnötige Angst des Schüchternen vor dem Alphatier (Daily Dueck 212, März 2014)

Als Jugendlicher war ich sehr, sehr schüchtern. Ich wurde Mathematiker und traf an der Uni Göttingen viele andere derselben Sorte. Erst als ich zur IBM wechselte, wurde es etwas lebhafter – aber alles spielte sich ja noch im Wissenschaftszentrum ab. Das wirkliche Leben lernte ich erst spät kennen.

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13. Uiih-Juiih-Juiih – mein Aggression Blocking System (Daily Dueck 213, April 2014)

Wie schon früher gesagt: ich war sehr, sehr schüchtern. Ich hatte insbesondere immer ein Problem damit, offensichtlich unverschämte Ansprüche von anderen abzuwehren. Da kommen doch Leute ohne einen Schimmer von Legitimation und wollen etwas Freches von mir, als wäre ich ihr Diener! Ich kann in einer solchen Situation gar keine logischen Argumente auspacken, weil eigentlich keine nötig sind und auch nicht erwartet werden. Ich soll einfach „spuren“. Mir blieb meist nur die Spucke weg

Gunter Dueck
14. Street Smarts und Meeting Smarts (Daily Dueck 214, April 2014)

Sind Sie Book Smart oder Street Smart? Ich habe mich ein bisschen eingelesen, ich bin Book Smart.

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15. Deframing – oder der Sinndiebstahl (Daily Dueck 215, Mai 2014)

Mark Twain hat uns das Reframing gelehrt. Das Buch über die Abenteuer von Tom Sawyer ist 1876 erschienen, als es noch keine Psychologie gab. Jetzt sagen alle, es wäre eine Theorie von Aaron T. Beck und hieße ursprünglich „Cognitive Restructuring“. Oder es wäre eine Technik beim NLP.

Gunter Dueck
16. Geht nicht, gibt’s nicht – jedenfalls nicht bei den Leuten unter mir! (Daily Dueck 216, Mai 2015)

Besonders so ganz schneidige Manager, die Wirtschaft im Sonnenstudio gelernt zu haben scheinen, erklären aus dem sicheren Schutz ihres Maßanzuges heraus: „Geht nicht, gibt’s nicht.“ Sie setzen stolz hinzu: „Bei mir nicht.“ Sie erklären sich zu glühenden Bewunderern von „Nichts ist unmöglich“ und bewerben sich sofort, wenn es eine Titanenaufgabe zu erledigen gilt.

Gunter Dueck
17. Sie verstehen nicht – sie erleben alles neu (Daily Dueck 217, Juni 2014)

Da haben sich an der Uni einige Bachelor-Kandidaten entrüstet: „Wir haben so viel Stoff gelernt – und nun kam es in der Prüfung gar nicht dran! Wozu haben wir uns jetzt den Kopf zugemüllt?“ Bald danach haben sie ihr Wissen vergessen, weil sie es nur für den Zweck der Prüfung lernten. Sie haben sich den Stoff nicht angeeignet, nicht zu eigen gemacht und nicht verstanden in dem Sinne, dass sie den neuen Stoff im Kontexthorizont des alten Wissens eingebettet haben.

Gunter Dueck
18. Wie prüft man jemanden, ob er versteht? (Daily Dueck 218, Juni 2014)

„Wie können wir es schaffen, dass die Studenten besser lernen?“ Ich antwortete: „Alle Prüfungen sollten mündlich sein.“ Da stutzten alle im Ausschuss und hielten es für eine doofe Idee. Nur eine Professorin schüttelte nachdenklich den Kopf und sagte leise: „Eine so große Revolution schaffen wir nie.“ Die Idee ist es, dass die Studenten dann mit reinem Lernen nichts ausrichten können, sie müssen es verstanden haben, sonst blamieren sie sich in mündlichen Prüfungen bis auf die Knochen.

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19. Heilige-hehre Prinzipien schlechter Lehre an der Uni (Daily Dueck 219, Juli 2014)

Ab und an muss ich gegen „Lehre“ ätzen. Ich habe darüber schon 2007 eine längere Kolumne geschrieben, die finden Sie im neuen Sammelband Dueck’s Jahrmarkt der Futuristik.Professoren haben bestimmte ästhetische Prinzipien, nach denen sie ihre Vorlesungen gestalten. Diese Prinzipien sind Teil der Kultur der Lehre. Es ist für Professoren nicht unkritisch, eigenmächtig anderen Prinzipien zu folgen.

Gunter Dueck
20. Überall Nashörner, es werden mehr (Daily Dueck 220, Juli 2014)

Beim Schreiben meines neuen Buches über grassierende Dummheit fiel mir wieder ein Drama ein, das wir damals in der Schule durchnahmen: Die Nashörner von Eugène Ionesco. Das Drama entstand 1959 nach einer gleichnamigen Erzählung von 1957 – die letztere ist nur 20 Seiten lang, ich las sie gerade wieder einmal.

Gunter Dueck
21. Tugend, wo bist du in der Arbeitszeit? (Daily Dueck 221, August 2014)

Da die Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten so stark ökonomisiert wurde, fehlt es an ethischem Bewusstsein. Pro 20.000 Mitarbeiter muss jetzt bestimmt bald ein freigestellter paritätisch besetzter Ethikrat gewählt werden. Der klagt aber bestimmt nur gröbste Missstände an, denke ich, aber eigentlich müssten wir einmal überlegen, was Ethik in der Arbeitswelt wirklich bedeutet. Ich zählen Ihnen einmal zur Abschreckung Tugenden auf. Warum Tugenden?Ich habe neulich einmal von „Tugend“ oder „Virtus“ gelesen und das Gefühl gehabt, dass alles, was Tugend ist, nicht mehr – ja – nicht mehr da ist oder auch gar nicht mehr da sein kann, weil es der Ökonomisierung entgegensteht.

Gunter Dueck
22. Angstblüte vor dem Burnout (Daily Dueck 222, Agust 2014)

Die Angstblüten nehmen immer mehr zu. Ich kenne nun schon gut 15 Leute in meinem Bekanntenkreis, die es erwischt hat. „Angstblüte, so nennt man das letzte, vielleicht verzweifelte, oft prachtvolle Aufblühen eines alten Baumes, bevor er abstirbt.“ So beginnt eine Besprechung des Romans Angstblüte von Martin Walser. Bei Amazon heißt es zum Buch: „Angstblüte nennt sich, was die Natur bedrohten Gewächsen mitgegeben hat. Naht der Tod, steigen noch einmal die Lebenssäfte, der schönste Schein wird produziert.“

Gunter Dueck
23. Die Maut-Vignette soll Horstl heißen(Daily Dueck 223, September 2014)

Mein Vorschlag steht! Demnächst soll es ja tatsächlich Vignetten geben, möglicherweise aber erst nach der Wahl 2017 oder dann spätestens nach der nächsten. Es gibt offenbar in ganz Bayern weit und breit keine einzige Persönlichkeit, die besser für das Internet und die Vignetten sorgen kann als der derzeitige Traffic-Minister. Die Maut droht uns, weil sich die CSU nirgends sonst im Wahlkampf gegen die anderen Volksparteien differenzieren konnte. Nun wird die Maut wohl so lange eingeführt werden müssen, bis die CSU von ihrem eigenen Vorschlag abrückt. Alternativ könnte man die Einführung der Maut bis in die nächste Legislaturperiode verschleppen und die CSU somit zwingen, uns die Maut nochmals als Wahlversprechen zu servieren. Das hätte den Vorteil, dass sie nichts Neues versprechen kann, sodass wir von einem neuerlichen Segen verschont bleiben.

Gunter Dueck
24. Facebook-Führerschein und Freisurfer (Daily Dueck 224, September 2014)

Neuerdings wird immer wieder gefordert, das Surfen sollte in der Schule gelehrt werden. Was denn noch alles? Witzig, was alles NICHT in der Schule vorkommt: Psychologie, Medizin, Jura, Wirtschaft, Selbstentwicklung – na, alles, was wir im Leben brauchen. Und dann kommen immer neue Forderungen hinzu, das Internet zum Beispiel. Dabei muss man doch bitteschön zuerst das Wichtige lernen, zum Beispiel wie viele Kelchblätter die Tulpe hat und wie man die Funktion sinn(los x) mit der Kettenregel ableitet.

Gunter Dueck
25. War Sharing (Daily Dueck 225, Oktober 2014)

Was ist eigentlich der Zweck einer Armee? Na, das Angreifen und Verteidigen, in Deutschland nur das Verteidigen. Es stellte sich in der letzten Zeit die Frage, ob uns die Bundeswehr überhaupt verteidigen kann. Die Antwort ist wohl: „Nein.“

Gunter Dueck
26. Neulandscham, bewusst nackte Kaiser und SABTA (Daily Dueck 226, Oktober 2014)

Ein lieber weiblicher Mensch träumt davon, einmal beim Wiener Opernball oder beim Neujahrskonzert dabei zu sein. Da stelle ich mir vor, ihm eine Karte zu schenken, und ich weiß, wie er reagieren wird: „Was ziehe ich da an?“ Es ist die würgend beklemmende Neulandscham, wenn man Bedenken hat, sich auf noch ganz unbekanntes Parkett „zu wagen“.

Gunter Dueck
27. Deflation durch Inflation der Sklaverei (Daily Dueck 227, November 2014)

Am Anfang hieß es Reengineering, als man begann, die betrieblichen Abläufe infrage zu stellen. „Jeder Arbeitsablauf muss auf den Prüfstand“, so sagte man und nannte es später Lean Management. Auf Deutsch: Die Manager verschlankten die Arbeitsabläufe. Das taten sie so sehr, dass die Abläufe dann oft gar nicht mehr funktionierten. Zu „lean“ sollte es denn auch nicht zugehen.

Gunter Dueck
28. Ich hätte so gern ein Wiki of Music – EineBitte um Mithilfe (Daily Dueck 228, November 2014)

Das Wiki gibt es noch – die erhoffte Mithilfe kam nicht. Tja. Die Musiker wollen überall und immer Noten ohne Kosten, aber nicht mithelfen, das möglich zu machen. Das Projekt ist nicht tot, aber eine tiefe Enttäuschung – und für uns Gründer war es eine ganz schöne finanzielle Fehlinvestition. Die große Idee: Wir erschaffen große Infrastrukturen des Weltwissens im Netz – gemeinsam. Die Wikipedia ging voran, wir haben nun in ihrer Gestalt unser viel benutztes Wunschlexikon im Web. Google Maps hilft uns allen weiter. Wir brauchen mehr. Mehr! Viel mehr!

Gunter Dueck
29. Deutschland steigt ab – aber wir sind noch gut! (Daily Dueck 229, Dezember 2014)

Studien über Studien erscheinen und zeigen, dass Deutschland einen Platz im Mittelfeld einnimmt. Bei Bildung, Internet, Fremdsprachenkenntnissen, Zustand der Straßen – egal. Ganz vorne tummeln sich immer dieselben Länder aus Skandinavien. Südkorea ist gut, aber für uns mental weit weg. China, Singapur und Indien holen auf. Japan trauert.

Gunter Dueck
30. Dürftige Studien oder Was ist Charisma? (Daily Dueck 230, Dezember 2014)

Die Philosophen füllen ganze Bibliotheken mit der Frage, was Charisma, Tugend, Arete, Tapferkeit, Liebe oder Schönheit sein mögen. Bei Platon diskutiert Sokrates Auffassungen anderer, hinterfragt sie, stellt sie auf den Kopf oder widerlegt sie glatt. Danach, so denken wir, wäre es doch noch ganz gut, genau zu erfahren, was Charisma, Tugend und so weiter wären. Eine Auflösung, bitte! Die aber gibt Sokrates nicht.

Gunter Dueck
31. Optimale Wahl des Mottos für das Jahr 2015 (Daily Dueck 231, Januar 2015)

Die Unsitte, Pläne unter dem Motto „Partei 2030“ oder „Unternehmen 2025“ zu schmieden, grassiert immer stärker. Wir lächeln über Vorsätze zum Neuen Jahr, aber „Motto 2050“ feiern wir todernst. Wenn ein neues Jahr beginnt, ist es wichtig, einen Leitspruch zu kreieren, der die Mitarbeiter eines Unternehmens seelisch im Geiste zusammenschweißt.

Gunter Dueck
32. Tschakka, Tschakka! Grundlose Begeisterung ist Pflicht! (Daily Dueck 232, Januar 2015)

Die Ungeduld des Managements mit den lahmen unbegeisterten Ingenieuren, die immer nur „in Ruhe arbeiten“ wollen, hat eine ganze Begeisterungsindustrie hervorgebracht, die viel Geld damit verdient, dem Management dabei zu helfen, Mitarbeiter bei Kick-Offs zu begeistern.

Gunter Dueck
33. Legebatteriehuhn: „Früher war nicht alles besser!“ (Daily Dueck 233, Februar 2015)

Wie oft fahren wir aus der Haut, wenn so alte Menschen wie ich mit unwiderleglichem Wissenston apodiktisch diese eine eherne Wahrheit in den Raum stellen: „Früher war alles besser.“ Das ist, pardon, zum Kotzen. Dieselben Emotionen lassen sich im Tierreich beobachten. Erfahren Sie Neuigkeiten und Geschwätz aus einer Legehuhnbatterie. Dort stehen Hühner ohne zu viele Federn, eng gefangen in elenden Käfigen und versuchen, ihr täglich Ei aus einem wunden Hinterteil zu pressen. Sie fressen dabei unaufhörlich, um das nachhaltig für 12 bis 14 Monate möglich zu machen.

Gunter Dueck
34. Tabu-Wörter für Idealisten und echte Berater (Daily Dueck 234, Februar 2015)

Meine Warnung hat kaum Gehör gefunden. Mitten im Arbeitsdruck wird heute wie aus einer fernen Welt immer stärker der Ruf nach Wertschätzung und Achtsamkeit laut, das Wort Nachhaltigkeit hat sich schon fast verbraucht. Das Wort Empathie kommt auch in die Modejahre. „Arbeit gelingt nicht gut, wenn das Herz nicht dabei ist!“, schimpfte ich oft. „Arbeit muss Freude sein!“ Das fand schon meine Mutter nicht. „Du bekommst doch viel Geld dafür, da kannst du nicht verlangen, dass das alles Spaß macht. Sie werden dir böse sein, wenn du so redest.“ Das waren sie, in der Tat.

Gunter Dueck
35. Das Gesetz der kleinen Zahl oder wie man Unverantwortlichkeit als Gerechtigkeit verkauft (Daily Dueck 235, März 2015)

Sie kennen sicher schon das Gesetz der großen Zahlen. Wir lernen das so: Wenn man 1000 Mal eine Münze wirft, kommt fast nie genau 500 Mal Kopf und 500 Mal Zahl heraus, sondern so „ungefähr 500“. Genauer: Wenn ich den Versuch, 1000 Mal eine Münze zu werfen, immer wieder und wieder wiederhole und mir notiere, wie oft ich Zahl geworfen habe, dann bilden die Ergebnisse in einem Diagramm eine Glockenkurve um den Wert 500. Klar?

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36. Brandmarkt Zuwendungsversager! (Daily Dueck 236, März 2015)

Alten Berichten zufolge ließ Friedrich II. von Hohenstaufen (1194–1250) einigen Säuglingen testweise jede Zuwendung versagen, sie sollten ganz ohne Kontakt zum gesprochenen Wort aufwachsen. Der Kaiser wollte herausfinden, mit welcher Sprache Kinder geboren werden. Das fand man nicht wirklich heraus, denn sie starben.

Gunter Dueck
37. Über Opferanoden, Sündenböcke, die aggressionspsychologische Spannungsreihe und Pegida (Daily Dueck 237, April 2015)

Bei einer Ingenieursveranstaltung hörte ich zum ersten Mal dieses Wort: Opferanode. Es faszinierte mich.Opferanoden sind unedlere Metalle, die man mit edleren leitend verbindet. Das erzeugt eine Spannung zwischen den beiden Metallen, und es fließt Strom zum edleren Metall (wir haben das alle einmal unter „Batterie“ gelernt). Durch diesen Fluss von Elektronen zum edleren Metall hin wird dieses vor Oxidation geschützt. Das unedlere Metall rostet, das edlere nicht. Das unedle Metall ist das Opfer!

Gunter Dueck
38. Schuldenbremse oder gehört ein Unverantwortlichkeitskriterium in eine Verfassung? (Daily Dueck 238, April 2015)

Gestern (am 20. Apr. 2015) war ich zu einer Anhörung im Landtag NRW geladen. Thema: Schuldenbremse. Na, daher habe ich mir Gedanken gemacht.

Gunter Dueck
39. Hauptschüler ohne Chance – Braucht ein Briefträger Abitur? (Daily Dueck 239, Mai 2015)

Die Tageszeitungen greifen immer wieder und wieder dieses Thema auf: Da finden Menschen keinen Ausbildungsplatz und keine Stelle, obwohl sie einen eigentlich qualifizierenden Bildungsabschluss dafür haben. Viele Bewerber schildern immer öfter depressiv die Massen an Absagen und – was als noch schlimmer und verletzender empfunden wird – sie krümmen sich unter der lähmenden Stille, nachdem sie hunderte Briefe zur Post gebracht haben.

Gunter Dueck
40. Die Effizienz-Singularität (Daily Dueck 240, Mai 2015)

Die Zukunftsforscher spekulieren seit längerer Zeit über die so genannte technologische Singularität. Sie stellen sich vor, dass Computer bald so sehr schlau werden, dass sie sich selbst neu weiterentwickeln. Sie warten dann nicht mehr auf menschliche Programmierer, sondern sie entwickeln ihre Programme selbstständig weiter.

Gunter Dueck
41. Der Baum und die Erziehung (Daily Dueck 241, Juni 2015)

„Oma, was ist eine Erziehung?“ – „Die Kinder sollen gerade wachsen und ihren guten Weg gehen, sie sollen nicht auf Abwege kommen. Ja, weißt du das nicht, mein Kleines?“Die Kleine schaute fragend.

Gunter Dueck
42. Shu – Ha – Ri, die drei Stufen der Meisterschaft (Daily Dueck 242, Juni 2015)

Über dieses Thema habe ich schon einmal geschrieben (ausführlicher im Kolumnenband Jahrmarkt der Futuristik). Jetzt kam ich durch einen Leserbrief wieder darauf zurück. Als ich neulich „Bäume sollen nicht dem wechselnden Licht nachwachsen, sondern nach oben in den Himmel“ formulierte, fragte jemand, was ich denn mit „Himmel“ genau meinte. Das ist eigentlich sonnenklar, aber so ganz und gar nicht explizit, nicht wahr?

Gunter Dueck
43. Pre/Trans Fallacy – die Verwechslung von Gestern und Morgen (Daily Dueck 243, Juni 2015)

Genau! R.W. hat neulich bei meinen Erklärungen zu den Stufen Lehrling, Geselle und Meister (Shu-Ha-Ri) kommentiert, dass viele Leute die verschiedenen Level deshalb nicht verstehen, weil sie den höheren Level zu sehr mit dem jetzigen Level und dem gestrigen vergleichen. Dieses Phänomen ist von Ken Wilber als Pre/Trans Fallacy (siehe Wikipedia) beschrieben worden.

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44. Scheinzwerge oder Viele Probleme werden größer, wenn man sie anpackt (Griechenland) (Daily Dueck 244, Juli 2015)

Michael Ende hat uns eine wundervolle Figur und Vorstellung geschenkt, nämlich die des Scheinriesen mit dem Namen Herr Tur. Das ist ein normaler älterer Mann, der aus weiterer Entfernung gesehen immer größer erscheint, eben wie ein Riese. Wenn man sich aber nicht fürchtet und auf ihn zugeht, ist der scheinbare Riese nur ein einfacher Mensch. Er erscheint also in der Ferne nicht kleiner, sondern größer! Das beklagt er dauernd, aber es hat auch Vorteile. Viele Prominente sind Scheinriesen. Sie erscheinen sehr groß, aber wenn wir ihnen als Person begegnen, ungeschminkt und ohne fremdgeistreichen Drehbuchtext – tja, dann sind sie überraschend normal, also eher enttäuschend. Das wissen viele von ihnen, deshalb scheuen viele Prominente und vor allem Top-Manager das normale Volk.

Gunter Dueck
45. Entlastungsstöhnen ohne Erlösungshintergedanken (Daily Dueck 245, Juli 2015)

„Ach, die Schule ist so mühsam.“ – „Leider macht mir mein Beruf keinen Spaß.“ – „Ich sollte mal reinen Tisch machen, ich ersticke.“ – „Meine Ehe ist schon so lange unglücklich.“ – „Wir sollten die Modernisierung endlich in Angriff nehmen.“ – „Meine Kinder leiden die ganze Zeit über entweder unter dem Zahnen, der unleidlichen Kindsmüdigkeit oder der Pubertät – ich meine, ICH leide irgendwie immer.“ – „Ich will mit dieser Zimtzicke nicht mehr im selben Büro sitzen.“

Gunter Dueck
46. Dispathie – Unterschiedliche Wahrnehmungsweisen (Daily Dueck 246, August 2015)

Wir sind von Dispathen umgeben und wahrscheinlich in vieler Hinsicht selbst einer. Gibt es das Wort Dispathie schon? Im Duden nicht. Manche sagen, es bedeute „Unterschiedlichkeit der Empfindungsweise“. Ich ändere es eigenmächtig in: „Unterschiedlichkeit der Wahrnehmungsweise oder Wahrnehmungsebene“. Die Neurolinguistische Programmierung predigt es in einem Minikosmos schon lange: Der Mensch nimmt die Welt vor allem über seine Sinne wahr – so stellt NLP fest – über das Auge, die Zunge, das Ohr, die Haut oder die Nase – jeder hat dabei seine Prioritäten, und die prägen sein ganzes Wesen.

Gunter Dueck
47. Groll – „Ich warte, bis du dir den Anschiss abholst“ (Daily Dueck 247, August 2015)

„Schatz, was hast du?“ – „Nichts.“Das wird gefährlich. Anders klingt: „Schatz, was hast du?“ – „Nichts, warum fragst du?“Im ersten Fall weiß „Schatz“ genau, worum es geht – um tiefsitzenden Groll, der innen drin gärt und zugedeckt bleiben soll. Der Groll hat keine Empathie für den besorgt Fragenden: „Es ist nichts.“ Hinter das Wort „nichts“ setzt der Groll einen Punkt, kein Ausrufezeichen. Er hält sich verdeckt.

Gunter Dueck
48. Liebe, Geduld, weit verspritzendes Gift und das Pack (Daily Dueck 248, September 2015)

Ich bin Sigmar Gabriel immer noch gram für „Pack“, er hat damit die Hunde von der Leine gelassen. Neuerdings sind wieder einmal alle empört. Nulltoleranz! Ein andermal wird alles verziehen. Einmal mahnt Jesus zu Nächstenliebe auch zum Zöllner, dann wieder zürnt der rächende Gott und vertilgt Sodom und Gomorrha.

Gunter Dueck
49. No Surprise! (Daily Dueck 249, September 2015)

Wenn Sie einmal positiv überrascht werden sollten, ist es eine seltene Freude. Die Überraschungen sind leider meistens negativ. Es liegt an unseren Erwartungen. Wir ärgern uns zum Beispiel über jede Verspätung der Bahn, obwohl die mit geringem Verstande erwartet werden konnte. Viele von uns überraschen unsere Liebsten, ohne sich über deren Erwartungen klar zu werden. „Schatz, ich habe diesmal etwas ganz Besonderes als Geschenk, eine übergroße Heizdecke!“ – Stottern, schwache Anzeichen von Aggression, dann nach der Schrecksekunde ein Versuch auf schüchtern-bekümmert: „Aber ich habe mir doch ein Tablet gewünscht, ich will jetzt in meinem Alter noch ein Digital Immigrant werden … “ – „Weiß ich doch, aber ich dachte, wir könnten mehr gemeinsam unternehmen.“

Gunter Dueck
50. Volkswagening/volkswagieren und Supramanie (Daily Dueck 250, Oktober 2015)

Alle schimpfen jetzt über VW, wir sind entsetzt. Das ist nicht genug, finde ich. Ich bin ziemlich betroffen. Gerade eben berichtet die Presse: VW-Ingenieure haben in Einzelheiten gestanden, die vor ein paar Tagen bekannt gewordene Betrugssoftware eingebaut zu haben. Die Ingenieure sahen wegen technischer Probleme bei der Entwicklung der „Clean-Diesel-Motoren“ keine andere Option, gleichzeitig die Kostenvorgaben der Konzernspitze und die Abgasvorschriften einzuhalten. Da betrogen sie. Die Software täuscht niedrigere Abgaswerte bei Tests vor. Das alles geschah 2008 und die entsprechenden Betrugsmotoren wurden von 2009 bis 2015 (also heute) verbaut.

Gunter Dueck
51. Welterschütterung: Ameisen sind faul und schwarmdumm – oder Manager im Stab? (Daily Dueck 251, Oktober 2015)

Ameisen sind bekanntlich bienenfleißig, sie schleppen sich an ihrer oft schweren Beute fast tot, es gibt viele Farbfotos davon im Netz. Das sind die bewunderten Ameisen, die uns als Menschen sichtbar werden. Diejenigen Ameisen aber, die im Bau arbeiten, sehen wir nicht. Was tun die da? Arbeiten die überhaupt? Ruhen sie sich aus?

Gunter Dueck
52. Wer noch klagen kann, leidet nicht genug (Daily Dueck 252, Oktober 2015)

Stress muss man heute haben! Sogar aus beamtenähnlichen Beschäftigungsverhältnissen höre ich, dass laute Gespräche auf dem Flur mit Lachern dazwischen als „Stehlen“ von Arbeitszeit empfunden werden. Da zuckt ein Abteilungsleiter beim Mailen im Einzelbüro verärgert zusammen – na, nicht wegen der ihm geraubten Zeit, mehr wegen der guten Laune, die ihm irgendwie Faulheit oder allgemein eine schlechte Attitüde signalisiert. Er selbst – der Boss – rät ja ununterbrochen den Stressjammerern, dass sie doch bitte allen Stress positiv sehen mögen, weil er den Blick auf neue Chancen eröffne. Aber das ungezwungene Lachen? Am besten mit Geburtstagssekt in der Hand? Das ist allzu prositiv.

Gunter Dueck
53. WIE löst man ein Problem und WER bitte löst es dann? Merkel? Über autogenerierte Diktatur (Daily Dueck 253, November 2015)

Privatmenschen haben oft Probleme. Sie finden sich übergewichtig oder ehelich unglücklich, sie bringen nach Meinung des Chefs oder Lehrers zu wenig Leistung oder sie rauchen immer noch. Da muss ein Ruck durch die Person gehen, sie muss sich aufraffen. Dazu wählt sie sich ehrgeizige Vorsätze, die eine Entscheidung beschreiben, WIE das Problem zu lösen ist. Die Vorsätze enthalten ein Ziel und eine Roadmap mit allen Meilensteinen (wie schwindende Kilos auf der Waage). So. Nun muss die Person das Problem nur noch echt lösen.

Gunter Dueck
54. Weckschrei Digitalisierung – Todesmarke zehn Prozent (Daily Dueck 254, Dezember 2015)

Raten Sie einmal, welches Wort im Jahre 2015 am meisten so sehr deutlich ausgesprochen wird. Es heißt – Sie raten es vielleicht nicht von selbst, obwohl Sie es dauernd hören – DIGITALISIERUNG.

Gunter Dueck
55. Die jetzt noch Besten, die nötige Neubesinnung und „Brave thinking“ (Daily Dueck 255, Dezember 2015)

Die Besten – wer sind die überhaupt? Es sind solche, die nach anerkannten Kriterien weit herausragen. Sie sind am schnellsten über 100 Meter oder erwirtschaften die höchste Eigenkapitalrendite. Die Kriterien, nach denen etwas am besten ist, werden in uns eingebläut. Wir sollen sie internalisieren.

Gunter Dueck
56. Agile Erziehung oder The Agile Education Manifesto (Daily Dueck 256, Januar 2016)

Dieser Vorschlag fand gehör, einige Schule nahmen den folgenden Vorschlag auf. Agil muss heute alles sein! Wenn Sie in der IT arbeiten, kennen Sie ja den ganzen Rummel, der immer höhere Wellen schlägt. Im Jahre 2001 schlugen Software-Entwickler das heute weltbekannte „Agile Manifesto“ an die Wand – wie Luther seine Thesen. Viele unterzeichneten das Manifest und in der Folge entstanden neue Softwareentwicklungsmethoden, die nicht mehr so starr und unbeweglich waren, dass man oft denken konnte, die Projektentwicklungsdokumentation wäre wichtiger als das Ergebnis des Projektes selbst. Sie kennen bestimmt die unsäglichen „Programme“ zur Fortbildung, Geschlechtergleichheit, Sicherheitsbelehrung oder zum Feuerschutz. Die „Ausbilder“ erklären uns lustlos die jeweils neuen Konventionen und sind dann aber nach dem Kurs hinter uns her: „Laufen Sie nicht weg. Sie müssen Ihre Teilnahme unterschreiben. Ohne Dokumentation gilt es nicht.“ Dann, wenn sie alle Unterschriften geerntet haben, leuchten endlich ihre Augen: Das Programm ist „erfolgreich gewesen“. Die Partizipationsquote lag über xy Prozent – höher als erwartet! Wundervoll! Schulterklopfen! Ob all die Leute überhaupt etwas gelernt oder mitgenommen haben, ist anscheinend zweitrangig.

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57. Tun bei Ambivalenzfähigkeit – nicht nur Schreie von Extremhügeln (Daily Dueck 257, Januar 2016)

Ich wüsste gerne, ob neben dem Wort „Digitalisierung“ auch die Wendung „Fluch oder Segen“ so inflationär in Mode kommt, wie mir das vorkommt. Vielleicht ist es für Minderwertjournalisten leichter, Artikel zu neuen Themen zu schreiben. Schauen Sie: Zu überhaupt allem gibt es heute sehr extreme Standpunkte. Die bekommt jeder im Netz gratis und sehr laut zu lesen. Man fasst sie intellektuell simpel zusammen, indem man sie nebeneinander stellt und sich damit als Kenner des Ganzen profiliert.

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58. Was ich als Letztes will, das man mir tu, das füg ich allen andern zu (Daily Dueck 258, Februar 2016)

Jajaja, man soll ja Einfühlungsvermögen haben und anderen Menschen nichts zufügen, was man selbst partout nicht mag. Zum Beispiel: Viele können es auf den Tod nicht leiden, beim Teilen die kleinere Hälfte zu bekommen. Deshalb sollten sie beim Aufteilen darauf achten, dass immer der Andere die größere Hälfte bekommt. Manche Menschen verbittern, wenn sie nicht zuerst gegrüßt werden. Ja, das ist sehr schlimm. Deshalb sollten sie von sich alle anderen zuerst grüßen, um jenen nichts Furchtbares anzutun.

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59. Duales Management – geht das überhaupt? (Daily Dueck 259, Februar 2016)

Vor ziemlich genau einem Jahr hatte ich hier auf die verschiedenen Denk- und Sprechweisen von Managern und Menschen hingewiesen, je nachdem welche Menschenauffassung sie in sich tragen. Was ist ein Mensch? McGregor unterschied als erster in den 60er Jahren die „Vorstellungsbilder“ von X-Menschen und Y-Menschen.

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60. Problemstorming vor dem Brainstorming (Daily Dueck 260, März 2016)

Brainstormings finden immer ohne jede Vorbereitung statt. Hey, wir versammeln uns irgendwo zu einem Meeting, und da kommt der Chef auch mal und findet, wir sollten mal so ganz plötzlich einige gute Ideen haben. Aus dem hohlen Bauch!

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61. Mehr Ruhe oder mehr Stress? Über eine Wurzel des derzeitigen Irrsinns (Daily Dueck 261, März 2016)

Viele Fachleute würden ganz gerne einmal in Ruhe arbeiten. „Ich bleibe immer noch nach fünf Uhr am Nachmittag da, dann sich viele weg. Erst dann kann ich entspannt arbeiten. Mir fällt nichts ein, wenn alle rumwuseln oder sogar laut telefonieren. Versteht mich keiner? Es ist doch so: Die meisten können nicht einmal ohne Ärgergefühle in der Bahn fahren, wenn einige Berater laut im Wagon telefonieren und dabei rumschimpfen oder in einem seltsamen Kauderwelsch reden. Aber wir – wir sollen dabei arbeiten! Hilfe!“

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62. Überall Noobs – ein Erklärungsversuch (Daily Dueck 262, März 2016)

Neulich habe ich etwas über Noobs geschrieben und mir natürlich sofort den klugen Kommentar eingefangen, dass man es N00b schreiben muss, mit zwei absichtlichen Nullen, die eine gewisse ärgerliche Verächtlichkeit ausdrücken sollen. Aha.

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63. STJ-Menschen dominieren methodisch analytisch nach Plan (Daily Dueck 263, April 2016)

In meinem Buch „E-Man“ hatte ich dieses Thema schon vor langer Zeit (um 2001) thematisiert: Es gibt psychologische Denkfiguren, die unser Handeln extrem dominieren. Ich hatte für meine Argumentation den weltweit viel genutzten Myers-Briggs-Type-Indicator herangezogen.

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64. Ungleichheit! 10 Prozent der Köpfe besitzen mehr als 50 Prozent der Bildung (Daily Dueck 264, April 2016)

Derzeit lieben es viele, über Scheren zu sinnieren, die sich öffnen. Unsere Gesellschaft spaltet sich sichtbar in Arme und Reiche. Es gibt viel zitierte Oxfam-Studien:

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65. Metawork – keiner kann’s, aber alle machen ärgerlich mit (Daily Dueck 265, Mai 2016)

Metawork ist das eigene Organisieren der Arbeit, nicht die eigentliche Arbeit selbst. Es geht darum, die eigene Arbeit in oft mehreren verschiedenen Projekten zu koordinieren, dazu eben auch Entscheidungen per Mail zu managen und mit allen Stakeholdern zu kommunizieren. Man kann zum Beispiel in fruchtbaren Meetings über die Art reden, die gemeinsame Arbeit bestmöglich zu gestalten und abzuleisten. Mit der Zeit bildet sich eine Unternehmenskultur, in der eine gute Metaarbeit aller auch eine effektive Ableistung der Arbeit selbst ermöglicht.

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66. Netzbildpflege – schlechte Erscheinung kostet! (Daily Dueck 266, Mai 2016)

Unternehmen haben es erfahren müssen: Wenn sie keine vernünftige Homepage haben, können sie sich kaum noch sehen lassen. „Hey, wir sind eine Hydraulikfirma, wozu eine Webseite?“, wurde ich bis in die letzte Zeit hinein gefragt – aber dieselbe Firma jammert dann, dass sie keine guten Ingenieure einstellen kann. Schon verloren!

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67. Dumm, wer keine Rentenangst hat (Daily Dueck 267, Juni 2016)

Das deutsche Rentensystem war einmal für die Ewigkeit gedacht, aber die Rahmenbedingungen ändern sich so dramatisch, dass uns langsam kalte Angst in die Knochen fahren sollte.

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68. Stärken stärken, Schwächen schwächen – Leute, das reicht nicht! (Daily Dueck 268, Juni 2016)

Ich halte 2017 viele Vorträge zu dem Thema, dass sich die Kompetenzen verschieben. Gerne genommener Titel: „Core Competence Shift Happens.“ „Sechs! Setzen!“ Wenn jemand ein schlechtes Zeugnis bekommt, stehen die Schwächen ja drin. Die müssen schnell weg, sonst gibt es Ehrenrunden, in der Wirtschaft einen Bankrott, im Handwerker einen Exodus der Kunden. Schwächen werden in Deutschland nicht gut verziehen und ganz und gar nicht gnädig übersehen. Wir hacken darauf herum … sind wir nicht alle ein bisschen Beckmesser? Auch wenn jemand unverkennbare Stärken hat, wird ungerührt mit „Ja, aber“ argumentiert.

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69. „Es kostet etwas, mir eine Mail zu schicken!“ (Daily Dueck 269, Juni 2016)

Da ich auf vielen Veranstaltungen erscheine, werde ich regelmäßig in immer neue Newsletterverteiler aufgenommen. Ich hasse es! Ich melde mich also geduldig ab. „Wollen Sie sich wirklich abmelden?“ – „Bist du sicher, dass du das tun willst?“ – „Bestätigen Sie Ihre Löschung – dazu nehmen wir Ihre Daten nochmals genau auf, Ihre Abmeldung ist aber ganz kostenlos, wenn Sie einen triftigen Grund beibringen.“ – „Bewerten Sie diesen Newsletter – wählen Sie Note ‚ausgezeichnet‘, wenn Sie mit der Aussendefrequenz zufrieden sind. Kreuzen Sie bitte ‚mangelhaft‘ an, wenn wir Ihnen mehr schicken sollen.“

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70. Mu! Mu! Mu! Nochmals über den Unsinn von Zahlendiktatur und Seelenüberlastung (Daily Dueck 270, Juli 2016)

In früheren Zeiten beeindruckte uns der Automobilbauer Toyota sehr. Nach seinem Werbeslogan wollte und schaffte er Unmögliches. Der Ruf seiner Managementqualitäten war legendär. Seit einer Managementmethodenstudie im Jahre 1984 („The future of the automobile“) verbreitete sich das „japanische Management“ rasend schnell über die ganze Welt – wenigstens den Teil davon, den man im Westen verstand.

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71. Design Being! Über proaktive Lebensgestaltung und Design Thinking (Daily Dueck 271, Juli 2016)

Dieser Tage wird so oft über Design Thinking philosophiert oder mehr noch – davon geschwärmt. Oh, und ich lästere dann, dass danach ja wieder doch nichts passiert.

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72. Über „Das ist doch nicht neu!“/„Du bist böse!“ – Nervensägen (Daily Dueck 272, August 2016)

Jetzt disse ich einmal etliche unter Ihnen. Nicht böse sein, aber ein kleines Bashing ist nötig. Viele von Ihnen lesen das Internet eigens dazu komplett durch, um über alles Neue informiert zu sein. Das ist völlig legitim und sicher in gewisser Weise für die Menschheit hilfreich. Viele andere haben den Lebenssinn an sich entdeckt, publizieren ihn auf ihrem Blog und wundern sich über die Ignoranz der Welt, die das nicht kümmert.

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73. Neodigitalisierung und erstarrende Konzerne (Daily Dueck 273, August 2016)

Oft haben wir das Gefühl, das es Computer erst richtig gibt, seit wir sie durch das Internet besser kennenlernen können. Vorher waren sie in Rechenzentren eingesperrt – heute sind sie uns „in der Cloud“ irgendwie nähergekommen. Das Netz hat alles verändert.

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74. Denkstimmen – Sag auch mal NEIN bei der Wahl! (Daily Dueck 274, August 2016)

Vor zehn Jahren schrieb ich schon einmal über die Denkstimme. Die Resonanz war nicht so groß, irgendwie wollte keiner das Unglück einer Politik kommen sehen, die sich mehr mit dem Wahlgegner als mit dem Volk befasst – so wie Manager mehr auf den Aktienkurs starren als auf den Kurs ihres Unternehmens.

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75. Pokémon Stop and Go (Daily Dueck 275, September 2016)

Als großes Kind spiele ich natürlich seit etwa zwei Monaten Pokémon Go. Es ist so aufregend, das erste Taubsi zu erlegen! Dafür gibt beim ersten Mal 500 Erfahrungspunkte. Die Freude legt sich dann, wenn diese Taubsis überall sind und man doch auch einmal andere Arten fangen möchte. Die Seltenen sind leider nicht überall, also beginnt man mit der idealen Vorstellung, einst alle knapp 150 verschiedenen Pokémon gefangen zu haben.

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76. Was checkt einer mit 30 IQ Punkten weniger? Über Dysholiker, Hypovolitive und Dyspathen (Daily Dueck 276, Oktober 2016)

Ein überdurchschnittlich Intelligenter (sagen wir, mit IQ 110) hält jemanden mit IQ 80 für völlig unterbelichtet. Ich habe dieses Thema hier schon früher rund um das Thema Hochbegabung angeschnitten. These: Jemand mit IQ 140 könnte wiederum den mit IQ 110 für absolut kopfverdreht halten, oder? Tja, könnte er. Er würde dennoch ins Grübeln geraten, ob er damit Recht haben kann, denn jemand mit IQ 110 wird von jedermann für intelligent gehalten. Der mit IQ 140 merkt dann schon ganz betrübt, dass er eine seltene Pflanze ist und er bekommt ständig Selbstzweifel. Die anderen Leute attestieren ihm im besten Fall eine mathematische Inselbegabung oder etwas Ähnliches. In der Mathematik ist es so, dass manche Ideen, die Begabten sonnenklar erscheinen, den Normalen nie zugänglich sind. Das akzeptieren die Normalen als Ausnahme. Sie stört es nicht, wenn sie Mathe nicht checken.

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77. Bewerbungskatastrophen der Unternehmen (Daily Dueck 277, Oktober 2016)

Oh, über Bewerbungen kann bestimmt jeder erzählen. Viele von uns haben Wunden davongetragen. Ich habe mich einstmals auf einige Professorenstellen beworben. Diese Verfahren dauern viele Monate bis manchmal wenige Jahre. Da sie so lange dauern, weiß man nie wirklich, ob man schon abgelehnt ist oder noch zum Vortrag eingeladen wird. Nichts weiß man! Und irgendwann – nach langer Zeit – kommt dann ein Zweizeiler mit „Leider-nicht-Blabla.“ Darf ich den Berufungskommissionen einmal sagen, dass es meine Seele für Jahre angerissen hat?

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78. Bedingungsloses Taxi for Everything – Wollen wir in Klixbüll starten? (Daily Dueck 278, November 2016)

Nun liegt auch eine Erklärung der Gemeinde Hattstedt vor … Jetzt reden alle über selbstfahrende Autos, mit Ausnahme der Autohersteller vielleicht. Ich schlage ja immer wieder vor, sich vor Augen zu halten, dass fast alle Autos zu jeder Zeit eigentlich nur parken. Wer so 20.000 km im Jahr fährt, benutzt sein Auto rechnerisch etwa 5 Prozent am Tag (oder 2,5 Prozent, wenn man Tag und Nacht = 24 Stunden zählt). Das ist so, als wenn alle Häuser im Jahr nur 18 Tage bewohnt würden, aber immer Miete gezahlt werden muss. Der helle Wahnsinn!

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79. Ich will sie sehen, vor denen ich Angst habe – darf ich? (Daily Dueck 279, November 2016)

Wir besuchten eine kleine Wohnung eines syrischen Flüchtlings. Meine Frau arbeitet ein paar Stunden in der Woche für hier Gestrandete. Sie klagen, dass der Fußboden so kalt ist. Echt? Aha, sie gehen nach ihrer Kultur immer barfuß in der Wohnung, wir schauen etwas bekümmert auf unsere Schuhe hinunter, die sich in der plötzlich wahrgenommenen perfekten Reinlichkeit unpassend ausnehmen. Wir hatten einen Teppich mitgebracht, ach dazu ist er nun gut! Wir haben doch so viel Ungebrauchtes auf dem Boden liegen! Nun wird es wärmer sein. Die überwältigende Dankbarkeit macht uns verlegen, sie kochen uns Tee mit Zimt – wir reden und reden. Er erzählt: er stand im Haus an einer Wand, als eine Panzergranate einschlug, er wurde im Beton begraben, ein Oberschenkel zerschmettert, ein halbes Jahr Hospital – er trainiert hier eisern Fußball, er will wieder fit wie einst werden.

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80. Ihr seid doch fast alle irgendwo in Filterblasen, hallo? (Daily Dueck 280, Dezember 2016)

Es ist Mode geworden, über Filterblasen oder neudeutsch über Filter Bubbles zu reden und sich entrüstet zu fürchten. Google zeigt uns nur noch, was uns passt! Wir sehen nichts Anderes mehr! Die Restwelt muss uns dadurch verschlossen bleiben. Facebook filtert die Welt durch die Brille unserer Freunde. Was uns diese nicht posten und wofür uns Facebook keine Werbung empfiehlt, kommt uns eben nicht aufs Smartphone, auf dessen Screen wir sowieso fast nur noch schauen. Pokémon Go lässt uns nur noch nach Pokémons oder Stops Ausschau halten … Es wird doch sicher böse enden, oder?

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81. Unsere Sensoren und Aktoren und hoffentlich Hirn dazwischen (Daily Dueck 281, Dezember 2016)

Spüren wir in uns Sensoren und Aktoren?Ein Sensor ist in der Technik ein Gerät, das physikalische Messgrößen in Stromstöße, in Signale oder in Daten übersetzt. Zum Beispiel wandelt ein Temperaturfühler eine Messung in eine Zahl um, etwa in „30 Grad Fahrenheit“. Ein Aktor wirkt „entgegengesetzt“. Er wandelt ein Signal in eine physische Aktion um. Zum Beispiel könnte er auf das Signal „30 Grad Fahrenheit“ mit „Heizung anstellen“ reagieren.

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82. Sag es blitzkurz, aber auch multiperspektivisch! Sonst fällst Du unter die Trigger-Gringos (Daily Dueck 282, Januar 2017)

Heute will niemand mehr als ein paar Zeilen lesen. Sonst schafft man die vielen Posts und Messages nicht mehr. Das stellt den Mitteilenden vor das Problem, alles ganz kurz ausdrücken zu müssen. Eine Zeile ist optimal, fünf Zeilen können gerade noch toleriert werden.

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83. Innovation Clerks (Daily Dueck 283, Januar 2017)

Auf Twitter kam die Frage auf, ob es nicht ein prägnantes Wort für „die Feinde der Innovation“ gäbe, zum Beispiel „Bedenkenzähler“ oder „Erbsenträger“. Da erinnerte ich mich, wie mein Doktorvater Rudolf Ahlswede so manches Mal in höherer Erregung im Flur auf und ab lief und immer wieder empört die Wendung „Alles Clerks! Nur Clerks!“ verwendete. Er reagierte damals stets so, wenn man von ihm die Befriedigung von bürokratischen Prozessen verlangte, die in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem eigentlichen Ziel seines Forscherlebens standen. Na, Sie können sich ja vorstellen, wie man sich über so etwas freut: „Bitte kürzen Sie Ihre Publikation, weil wir für jede Druckseite page charges bei dem Scientific Journal bezahlen müssen.“ Das ist nur ein fast fiktives Beispiel! Ich stelle mir vor, wie ich dann bei meiner Habilitation begründe, warum ich nicht so arg viel geschrieben habe. Oder eine fast echte Begebenheit: „Ihr Doktorand kann keine gute Note mehr bekommen, weil die Fakultätsquote für Summa-cum-laude laut den Qualitätsrichtlinien der Universität für dieses Jahr schon ausgeschöpft ist. Summa cum gibt es immer nur bis ungefähr Mai, weil bis dahin kein Prof Ärger mit seinem Prüfling haben will. Danach, ab Mai, benoten alle mit gutem Gewissens schlechter, weil sie das ja wegen der Qualitätsquote müssen. Unsere Uni benotet nämlich streng. Dafür sind ja diese Vorschriften und Quoten da.“

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84. Opportuna – die postpaktische Göttin des Geiferns nach Opportunities (Daily Dueck 284, Januar 2017)

Ein Ohrwurm von Carl Orff steckt mir im Ohr. Carmina Burana. Gänsehaut. „OP-POR-TU-NA!“ Nein, stimmt ja nicht, es geht um die Göttin Fortuna des blinden Schicksals, die uns Glück und Unglück in unvorhersehbarem Wechsel zuteilt oder schenkt. Man kann sie ja nicht einmal verantwortlich machen, wahrscheinlich weiß sie ja selbst nicht, was als nächstes aus ihrem Füllhorn zu verteilen ist. Leute, die dem Schicksal vertrauen, sehen Fortuna als Glücksgöttin – hui, das geht so weit, dass sie im Rheinland Fußballvereine nach ihr benennen. Unternehmer und seit alter Zeit die Spieler suchen und versuchen mit Fortuna ihr Glück, aber sie verteilt nur Schicksal.

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85. Künstliche Partner, Eltern, Chefs und überhaupt (Daily Dueck 285, Februar 2017)

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Viele Leute beobachten Ameisen, wie sie mit sehr einfachen Arbeitsregeln größere Haufen hinbekommen als intelligentere Wesen. Ich habe manchmal den Verdacht, dass das Nachprogrammieren von Menschen vielleicht auch nicht so schwierig ist.

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86. No-Frills-Big-Data – Klage über Billigstatistik oder Low-Budget-Lean-Brain-Studien (Daily Dueck 286, Februar 2017)

„No frills!“, sagt man im Jargon der Manager. „Kein Schnickschnack!“ Es geht um das Einsparen von überflüssigen „Rüschen“. Der Belag der Smart-Class-Snacks wird immer dünner, ich habe neulich das „Sandwich“ aufgeklappt – es war Käse drin, tatsächlich, aber kein Salatblatt mehr oder gar eine leckere Creme. Zum Weltspartag gibt es wahrscheinlich bald nur noch Rubbellose wie bei der REWE, wozu man sich nur wieder einmal irgendwo einloggen muss. Das Convenience-Food auf den Konferenzen wird immer einheitlicher: Ravioli, Fisch, Huhn – neuerdings Currywurststücke in viel Sauce und Brot. Kein Schnickschnack! Man geht schließlich auf die Konferenzen, um etwas zu lernen und an den Ständen umworben zu werden, und die hohen Eintritte sind doch ganz bestimmt nicht für Ablenkessen gedacht.

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87. Fertigexperten gesucht! Neuausbildung nicht möglich! (Daily Dueck 287, März 2017)

Die Globalisierung verführt zu der Idee, Routinearbeit nach „Indien“ auszulagern, eigentlich egal wohin – sie muss nur billig erledigt werden können. Viele IT-Firmen geben nun die reine Entwicklung von Software in Billiglohnländer und beraten die Kunden vor Ort mit besonders qualifizierten Beratern. Die Fachexpertise und der Kundenkontakt müssen ja unbedingt hierzulande vorgehalten werden. Oder: In den Bankfilialen arbeiten mehr und mehr lohngedumpte Zeitarbeitskräfte, die die kleinen Wünsche der Laufkundschaft abdecken. Sie stellen nur noch – wie auch die Call-Center – das Problem des Kunden fest (das braucht wenig Ausbildung) und „verbinden ihn bei Problemen weiter“. Sie schicken ihn dann zum Beispiel zum Immobilienberater oder zum Kreditberater für komplexe Fälle.

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88. Bahnverspätungen sind nicht Pech, sondern Gier! (Daily Dueck 288, März 2017)

Die Bahn bedauerte jüngst, ihr selbstgestecktes Ziel knapp verfehlt zu haben, nämlich achtzig Prozent der Züge im Fernverkehr pünktlich abfahren zu lassen.

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89. Ein Schulz-Effektchen – erster Teil, keine Fortsetzung in Sicht (Daily Dueck 289, April 2017)

„Alle unsere Kinder sind so durchschnittlich. Dabei haben wir alles getan.“ – „Finde ich auch, Frau. Ich hatte gedacht, dass es so etwas wie soziale Gerechtigkeit gibt. Bei sechs Kindern müsste doch wenigstens eins davon richtig gut sein. Meinst du, wir sollten noch ein paar bekommen?“ – „Das könnte die Lösung sein, aber ich bin langsam frustriert. Wir beide haben uns so abgezappelt, aber die Kinder haben einfach keinen Drive, sie tun das Nötigste – ist ja nicht weiter schlimm, aber es ist kein bisschen Glanz in unserem Hause.“ – „Machen wir vielleicht etwas falsch?“ – „Kann ja nicht sein. Denn wir waren ja stets bemüht, alles richtig zu machen.“ – „Die Nachbarn sagen, wir sind allesamt Langweiler, besonders Sigmar. Hab’ ich selbst so gehört. Denkst du, dass sie damit auch uns selbst meinen?“ – „Nein, nur die Kinder natürlich. Bist du denn langweilig? Klares Nein, und ich bin auf demselben Niveau wie du.“

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90. Short-Attacken oder Pech durch Mittod – Milliarden vernichtet! (Daily Dueck 290, April 2017)

Letztens hat es wieder eingeschlagen. Diesmal hat es Aurelius erwischt. Der Börsenkurs, der seit Jahren kontinuierlich bis auf 67 Euro gestiegen war, brach auf fast die Hälfte ein, das Tief lag kurzzeitig bei 35 Euro.

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91. Hundemarken für Wissenschaftler?(Daily Dueck 291, Mai 2017)

Die Digitalisierung verlangt eine Identifikation, das denke ich schon immer. Nun ist mir wieder einmal ORCID „über den Weg gelaufen“, weil sich gerade Institutionen und Bibliothekare streiten, ob nun alle Forscher oder gar Menschen eine ORCID haben sollten oder nicht. Meine Frau ist ja Bibliothekarin und hat eine verächtliche Bemerkung aufgeschnappt. Jemand schnaubte: „Sollten Wissenschaftler eine Hundemarke tragen wollen?“ Deshalb wärme ich das Thema einmal auf.

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92. Die Besten sollen lehren! (Daily Dueck 292, Mai 2017)

Wie jeder aus Erfahrung weiß, gibt es etliche schlechte Lehrer, unter denen Kinderseelen knicken und die Eltern von Ferne mitleiden. Wie reagiert das Schulsystem darauf? „Wir können diese Lehrkraft nur in der Unterstufe des Gymnasiums einsetzen, weil seine mangelnde Qualifikation in der Oberstufe zu Problemen führt. Was Kinder noch schlucken, akzeptieren Erwachsene nimmermehr.“ Also setzt man die besten Lehrer für die Leistungskurse vor dem Abitur ein, die schlechten müssen die Unterstufe beglücken.

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93. Tesla/Uber machen Verluste – so ein Witz! (Daily Dueck 293, Juni 2017)

Bei IBM hatte ich einmal eine TOP-Abteilung gegründet. TOP steht natürlich für „Technologie der Optimierung“. Wir optimierten Standortverteilungen, Arbeitsreihenfolgen, Flugpläne, Tabakmischungen – bunt durcheinander. Das hatte inhaltlich viel mit dem zu tun, was heute angestrebt wird: mit „Big Data“ und „Künstlicher Intelligenz“ zu besseren Lösungen zu kommen. Damals bekamen wir die Daten für unsere Mathematik leider nicht „easy“ aus der Cloud serviert. Es war ein Drama, sie zum Optimieren überhaupt aus den Systemen zu ziehen. Trotzdem bekamen wir Aufträge und machten einige Millionen Umsatz im Jahr – hey, und das im Wissenschaftszentrum der IBM, wo wir eigentlich nur forschen sollten!

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94. Halbleiterblasen sind es – nicht Filterblasen! (Daily Dueck 294, Juni 2017)

Halbleiter leiten den Strom unterschiedlich, in der einen Richtung mehr/alles, in der anderen weniger/gar nicht. Kennen Sie den Begriff des Halbleitermanagers? Das ist einer, der alle Befehle von oben nach unten durchstellt, aber keine Mitarbeiterinformationen (Warnungen, Klagen, Unstimmigkeiten, Unzufriedenheit, tatsächlich gemessene Abgaswerte) nach oben meldet. In einem Halbleitermanagement blitzt alle Information per Druck oder Massenmail nach unten, aber es findet keine Kommunikation nach oben statt. Oben wissen sie daher von nichts. Mitarbeiter argwöhnen, die da oben schweben in höheren Welten – das kommt von der Halbleitung der Halbmanager.

Gunter Dueck
95. Manageneering! (Daily Dueck 295, Juni 2017)

Schon wieder muss ein neues Wort oder ein Neologismus her, hier eine Mischung aus Management und Engineering. Das Management führt, plant, überwacht und treibt an. Das Engineering führt aus. Die einen regieren, die anderen arbeiten.

Gunter Dueck
96. Alle fördern Innovation – wer aber meine? (Daily Dueck 296, Juli 2017)

Wer etwas Neues beginnen möchte, braucht irgendwann auch Kapital. Alle klagen, dass es in Deutschland zu wenige risikobereite Kapitalgeber gäbe. Man laufe als Jungunternehmer, so heißt es, von Pontius zu Pilatus, renne sich die Hacken ab – und Mails würden nicht einmal zur Kenntnis genommen.

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97. Wofür stehen Parteien? (Daily Dueck 297, Juli 2017)

Im Radio wurde einen ganzen Sendetag über einen tiefsinnigen Fußballspruch gelästert. Ein berühmter Trainer antwortete auf die Frage nach seiner Strategie in einem entscheidenden Champions-League-Spiel: „Wir wollen möglichst viele Tore schießen.“ Aha. Wir lachten herzlich darüber. Schöne Strategie! Ja, wenn das so einfach wäre. Aber immerhin: Viele Fans finden die „Strategie“ gut. Sie drückt Ehrgeiz aus, der kann ja nicht schlecht sein. Insgesamt aber: Wir lachen oder lächeln wenigstens.

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98. „Wer interessiert sich schon für Hydraulik?“ – über Fachkräftemangel (Daily Dueck 298, August 2017)

Ein Personalvertreter eines mittelständischen Unternehmens in Süddeutschland seufzte. „Wer interessiert sich schon für Hydraulik?“ Will sagen: Es gibt so sehr viele spezielle Ingenieursrichtungen, die kaum bekannt sind. Und wer wird jetzt nach dem Abitur „Ich gehe zur Hydraulik“ entscheiden? Die kleineren Unternehmen suchen verzweifelt nach Leuten mit der richtigen Ausbildung und müssen dann wohl Facharbeiter langsam upgraden.

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99. Innovationsinszenierung (Daily Dueck 299, August 2017)

Die Unternehmen von heute stöhnen. Sie müssen Profite erzielen, die Löhne drücken, die Mitarbeiter zu Extrameilen zwingen und die Mitarbeiter im Rechnungswesen und in der Finanzplanung barbarisch hart zur Kreativität in der Buchführung anhalten.

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100. Kollektive Intelligenz der Maschinen, Roboter und Plattformen (Daily Dueck 300, September 2017)

Die meisten Fehler passieren mir mit der Kaffeemaschine am Morgen, wenn ich noch nicht richtig wach bin. Ich stelle die Maschine ohne Kaffeepulver an oder ohne Wasser. Schlimm ist es, sie anzustellen, aber keine Kanne drunterzustellen. Ich merke erst nichts, weil ja der Kaffee nur aus dem Filter herausläuft, wenn die Kanne richtig platziert ist, aber dann läuft alles oben über und fließt langsam braun auf die Küchenplatte und verteilt sich dann in die Schubladen darunter. Währenddessen lese ich Zeitung und freue mich schon. Worauf? Keinen Kaffee. Ich muss alle Essbestecke aus der obersten Schublade abwaschen und die Mocca-Nudeln weiter unten sind schon halb gar.

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Metadata
Title
Disruptive Zeiten
Author
Prof. Dr. Gunter Dueck
Copyright Year
2017
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-54881-3
Print ISBN
978-3-662-54880-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54881-3

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