Eine stark korrodierte Römische Kupfermünze aus Carnuntum, Österreich, ist Gegenstand der Untersuchung. Es könnte sich um eine Münze des Kaisers Gratian oder des Kaisers Magnus Maximus handeln. Eine Besonderheit der Münze ist, dass sie aus einer Kupfer-Blei Legierung ohne weitere Legierungszusätze besteht.
Eine ausgeprägte Längsstruktur und ein feines Kupfergefüge lassen vermuten, dass nach der Herstellung des Münzrohlings keine Glühbehandlung mehr erfolgte.
Zuguterletzt wurde noch die korrosionsbedingte Entstehung von PbCl2 nachgewiesen.
Notes
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
1 Einleitung
Eine stark korrodierte Römische Fundmünze aus Carnuntum wurde für die Untersuchungen zur Verfügung gestellt (Abb. 1). Diese wurde in den 1950er-Jahren gefunden und seither nicht weiter untersucht, wobei aufgrund der Farbe eine Kupferlegierung angenommen wurde.
Abb. 1
Münze aus Carnuntum, a–c Avers; d–f Revers; a, d Foto; b, c, e, f 3D-DM
Zuerst wurde versucht die Münze zu identifizieren, was sich aufgrund der starken Korrosion und Abnutzung jedoch als schwierig erwies. Mit Hilfe von Fotos und Bildern des 3D-Digitalmikroskops (3D-DM) sowie der Zuhilfenahme des Buches „Die Münzen der Römischen Kaiserzeit“ [1] werden Vermutungen angestellt. Auf dem Avers der Münze ist der Kopf eines Kaisers zu sehen (Abb. 1a–c). Zu erkennen ist ein Rechtsprofil des Kaisers mit Diadem und folgenden Buchstaben auf rechte Seite: (M/N?)VS P F AVG (Maximus/Gratianus Pius Felix Augustus) (Abb. 1c). Es könnte sich daher um eine Münze des Kaisers Gratian (367–383 AD) oder des Kaisers Magnus Maximus (383–388 AD) handeln. Auf dem Revers ist eine stehende Person zu erkennen (Abb. 1d–f). Wir nehmen an, dass es sich um eine für die zweite Hälfte des 4. Jahrhundert typische Szene des Typs REPARATIO REI PVB handelt. Dabei hilft der Kaiser einer knieenden Frau (links nicht mehr sichtbar), und in der anderen Hand hält er Viktoria auf dem Globus, die ihn bekränzt. Die vermutete Klassifizierung leitet sich aus Körperhaltung, Kleidung und Positionierung der (Kaiser‑)Figur ab (Abb. 1d–f) und wird durch die schwer erkennbare Römische Siegesgöttin Viktoria und einer weggebrochenen bzw. korrodierten knieenden Frau bekräftigt. Der Durchmesser der Münze beträgt etwa 21 mm, womit sie entweder zum Typ AE2 oder AE3gehört. Der ursprüngliche Name der Währung ist leider nicht erhalten.
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Gold, Silber und Bronze bilden die Basis des Römischen Metallwährungssystems [2]. Im Laufe der Römischen Geschichte wurde eine große Variabilität an Kupferlegierungen für die Münzenherstellung verwendet. Zusatzelemente wie S, Fe, Co, Ni, Cu, Zn, Ag, As, Sn, Sb, Pb und Bi konnten absichtlich oder unabsichtlich vorhanden sein. Die populärsten Kupferlegierungen waren Cu–Zn, Cu–Sn, Cu–Sn–Pb, Cu–Ag, Cu–Pb [3, 4].
Zu erwähnen wären auch noch verschiedenste Imitationen von Römischen Münzen [5‐7].
2 Untersuchungsmethoden
Die Münze wurde zuerst kalt unter Vakuum in Epoxidharz eingebettet. Weiters wurde sie mit einer Labortrennmaschine in drei Stücke geschnitten und diese erneut eingebettet. Dabei wurden zwei Stücke quer und ein Stück flach platziert.
Danach wurden die Proben metallographisch präpariert. Schleifen und Polieren erfolgte stufenweise bis zu 1 μm Diamantsuspension. Die Schliffe wurden im polierten Zustand und nach einer Ätzung mit Klemm 2‑Lösung untersucht.
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Es kamen die Untersuchungsmethoden 3D-Digitalmikroskopie (3D-DM), Lichtmikroskopie (LOM) sowie Rastelektronenmikroskopie (REM) im Rückstreuelektronen-Modus (BSE) mit energiedispersiver Röntgenanalyse (EDX) zum Einsatz. Außerdem wurde Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) an einem metallographischen Schliff durchgeführt.
3 Untersuchungsergebnisse
3.1 Chemische Zusammensetzung der Münze
Eine RFA Messung am metallographischen Schliff ergab überraschenderweise 20 Gew. % Pb und nur etwa 0,3 Gew. % Sn. Auffällig waren auch noch etwa 0,1 Gew. % Cl (Tab. 1).
TABELLE 1
RFA-Analysen der Münze aus Carnuntum (Gew. %)
Gew.%
Cu
79,6
Pb
20,0
Sn
0,28
As
0,02
Ni
0,08
Fe
0,07
Cl
0,10
Bei Bronzemünzen waren erhöhte Bleikonzentrationen typisch für das 4. Jahrhundert im Römischen Kaiserreich. In der Literatur wird beschrieben, dass es durch Recycling von Bronzelegierungen für die Münzherstellung zu Veränderungen in der Zusammensetzung kommt [3]. Grundsätzlich sollte Pb die Vergießbarkeit sowie die mechanischen Eigenschaften der Bronze verbessern. Derartige Zusammensetzungen sind aber eher für Gießen ohne weitere Verformungsschritte geeignet. Hohe Pb-Konzentrationen führen jedoch zu unerwünschter Rissbildung. Daher ist zu vermuten, dass die Erhöhung des Pb-Gehaltes eher wirtschaftliche Gründe hatte [4, 8].
Legierungen für Kupfermünzen mit hohen Bleikonzentrationen, aber niedrigen Anteilen an anderen Legierungselementen, sind in der Literatur nur selten beschrieben [4, 9].
3.2 Die Oberfläche der Münze
Auf einem Foto erscheint die Münze eher rötlich und auf 3D-DM Bildern eher grün (Abb. 1). Die rötliche Farbe würde auf Cuprit (Cu2O) hindeuten und die grüne Farbe auf Malachit (Cu2(CO3)(OH)2) [10, 11].
Die Oberfläche der Münze wurde auch im REM untersucht, wobei teilweise starke Kontrastunterschiede festzustellen sind (Abb. 2). Diese sind vermutlich auf durch das Relief bedingte Konzentrationsunterschiede zurückzuführen, da in den Mulden mehr Korrosionsprodukte vorliegen als an den Erhöhungen. Mittels REM-EDX wurden in den hellen Bereichen bis zu 60 Gew. % Pb neben hauptsächlich Cu, und O gemessen. In den dunkleren Bereichen war der Pb Gehalt unter 10 Gew. % und der Cu- sowie O‑Gehalt etwa 30 Gew. %. Weiters fanden sich die Elemente P, Cl, Ca mit Konzentrationen über 2 Gew. %. Sn, welches sich bei der Korrosion typischerweise in der Oxidschicht anreichert, wurde jedoch nur mit etwa 0,5 Gew. % gemessen [12].
Aus der Übersichtsaufnahme lässt sich erkennen, dass die metallische Phase hauptsächlich im Zentrum der Probe auftritt, wohingegen die korrodierten Bereiche überwiegend am Rand zu finden sind (Abb. 3a). Eine Detailaufnahme mit ausgeprägter Korrosion am Rand wird in Abb. 3b gezeigt.
Bei höherer Vergrößerung ist zu sehen, wie das überwiegend längliche Pb gleichmäßig im Cu verteilt und netzartig angeordnet ist (Abb. 3c). Ein Detailbild zeigt, dass unterschiedliche Einschlüsse im Cu vorliegen (Abb. 3d). Bei den kleineren, eher runden grauen Einschlüssen handelt es sich um Oxide, während die größeren bräunlichen die Pb-Phase darstellen. Die Separation von Pb und Cu ist durch das binäre Phasendiagram erklärbar, denn diesem ist zu entnehmen, dass Pb und Cu keine Löslichkeit untereinander aufweisen [13].
Mithilfe des polarisierten Lichts lassen sich in der Randzone neben grünen Malachit, eine gelbfarbige Schicht (vergleiche nachfolgenden Text bei Abb. 4c, d) und darunterliegend, z. T. als Schicht, z. T. fein verteilt und rundlich, roter Cuprit erkennen (Abb. 3f).
Abb. 4
Bereiche der Münze mit unterschiedlicher Cl Verteilung: a–b REM, c–d poliert, polarisiertes Licht, LOM; e, f poliert, polarisiertes Licht, LOM
Im REM-Bild ist neben den netzartig angeordneten Pb-Ausscheidungen eine lokale Pb-Anreicherung (links oben) zu sehen (Abb. 3e).
Aus den REM Bildern ist erkennbar, dass die üblicherweise helle Pb-Phase Graustufen aufweist (Abb. 4a, b). EDX Messungen haben ergeben, dass in den dunkleren bleihaltigen Bereichen auch bis zu 15 Gew. % Cl enthalten sind. Es dürfte sich hier um ein durch Korrosion entstandenes PbCl2 handeln, dass zwar eine weiße Farbe besitzt, aber anscheinend im polarisierten Licht gelb erscheint (Abb. 4c, d). Es wurde eine EDX-Elementverteilung aufgenommen, aus der ersichtlich ist, dass manche Bereiche in PbCl2 umgewandelt wurden und andere nicht (Abb. 5). Da die Korrosion von der Oberfläche ausgeht, gibt es Bereiche näher an der Oberfläche, die bereits korrodiert sind und bei weiter innen liegenden Bereichen liegt noch metallische Pb vor. Bei einer Literatursuche wurde keine Publikation gefunden, die das Phänomen der Pb-Korrosion in Cu beschreibt.
Abb. 5
REM-EDX Elementverteilung mit Unterschieden in der Cl Verteilung
Bei den längs geschnittenen Proben lässt sich im „schwach“ polarisierten Licht der rote Cuprit vom grau-braunen Pb deutlich unterscheiden. Am Rand findet man Schichten aus grünem Malachit, gelbem PbCl2 sowie rotem Cuprit (Abb. 4e, f).
Beim Längsschliff sind dunkle bis zu 2 mm lange Streifen beziehungsweise Risse zu sehen (Abb. 6a). Detailaufnahmen zeigen, dass neben den Rissen auch längliches Pb vorliegt (Abb. 6b, c). Dies kann auf die Herstellung des Münzblechs durch Kaltverformung zurückgeführt werden. An den Rändern der Münze ist die Rissbildung durch Korrosion besonders stark. Eine EDX Elementverteilung zeigt, dass neben den Korrosionsprodukten aus Oxiden auch wiederum PbCl2 vorliegt (Abb. 7). In den Kupferoxiden wurde auch P nachgewiesen. In einem breiteren Riss dürfte sich auch ein Partikel eines Feldspats verfangen haben, denn es wurden darin Si, Al und Na nachgewiesen.
Abb. 6
Längsschliff der Münze; a Übersicht; a–c poliert, LOM; d–g Klemm 2 Ätzung, LOM
Nach einer Klemm 2 Ätzung ist das Cu-Gefüge gut zu erkennen. Ein oberflächennaher Streifen erscheint nach der Ätzung orangefarben und im Inneren dominieren grau-blaue Farben der Kupferkörner (Abb. 6d, e). Die Cu-Körner sind polygonal und enthalten auch Verformungszwilling.
Durch die starke Verformung ist eine genaue Bestimmung der Korngrößen nicht möglich, aber sie dürfte im Bereich von ca. 40 μm liegen (Abb. 6f, g).
4 Zusammenfassung
Die untersuchte Römische Kupfermünze weist einige Besonderheiten auf. Besonders wäre die Zusammensetzung, denn sie enthält außer Cu und Pb keine weiteren Legierungsbestandteile.
Da Kupfermünzen im Römischen Reich üblicherweise aus Bronze hergestellt wurden, kann man davon ausgehen, dass diese Münze nicht in einer der üblichen Prägestätten hergestellt wurde. Es wurden aber keinerlei Hinweise auf den Herstellungsort gefunden.
Die Münze weist eine starke Längsstruktur und ein relativ feines Kupfergefüge auf, was darauf hindeutet, dass nach der Herstellung des Münzrohlings keine Glühbehandlung mehr durchgeführt wurde.
Weiters wurde eine Korrosion des Pb und die Bildung von PbCl2 festgestellt. Auch dafür wurden keine vergleichbaren Daten in der Literatur gefunden.
Danksagung
Unser Dank gilt unserem Kollegen Herrn Dr. Johannes Zbiral (TU Wien) für die RFA Messungen.
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