Freudenberg Sealing Technologies hat extrem temperaturbeständige Kunststoffe für E-Autos entwickelt. Jetzt erfolgt der erste Serieneinsatz.
Mit einer neuen Materialklasse will Freudenberg Sealing Technologies dazu beitragen, den Brandschutz in elektrischen Fahrzeugantrieben zu verbessern. Die Materialklasse heißt "Quantix Ultra" und soll sehr hohen Temperaturen widerstehen. Sie schmilzt und entflammt nicht. In Labortests habe eine 2 mm dicke Materialprobe über 25 min lang eine aufgebrachte Flamme mit einer Temperatur von 1.200° C widerstehen können, so das Unternehmen.
Weitere Tests hätten den Ausstoß heißer Partikel unter hohem Druck simuliert, wie er auftreten kann, wenn sich die Gase in Batteriezellen schlagartig entladen. Quantix Ultra habe dem Stresstest 20 s widerstanden, gibt Freudenberg an. Eine 2 mm dicke Aluminiumprobe sei bereits nach 2 bis 3 s zerstört. Aus dem Material fertigt Freudenberg Sealing Technologies beispielsweise Flammschutzbarrieren für den Einsatz im Kühlsystem von Lithium-Ionen-Batterien. Ein erster Autohersteller soll diese ab Februar 2024 in Serienfahrzeugen einsetzen.
Materialeigenschaften fokussiert einstellen
"Das neue Material schmilzt nicht bei hohen Temperaturen und weist stattdessen ein elastisches Verhalten auf, das mit Elastomeren vergleichbar ist", erläutert Kira Truxius, Material Expert Thermoplastics bei Freudenberg Sealing Technologies. "Zudem hat es eine um 53 Kelvin höhere Glasübergangstemperatur und erhält somit seine Steifigkeit und den Flammschutz über einen erheblich längeren Zeitraum", so Truxius.
Das Grundmaterial von Quantix Ultra ist ein bereits temperaturfester Thermoplast. Die gezielte Zugabe von Füllstoffen wie Glas- oder Kohlenstofffasern soll die mechanische Stabilität selbst unter enormer Hitze verstärken. Eine zusätzliche Vernetzung der Kunststoff-Molekülketten sorge dafür, so Freudenberg, dass das Bauteil auch unter Extrembedingungen in Form bleibe. Materialeigenschaften ließen sich fokussiert auf den jeweiligen Anwendungsfall einstellen. "Unser patentiertes Know-how besteht in der gezielten Zugabe geeigneter Materialien, die Brücken zwischen den Molekülketten erzeugen", erläutert Dr. Björn Hellbach, Material Expert Thermoplastics bei Freudenberg Sealing Technologies.
Im Spritzguss vielseitig und wirtschaftlich verarbeitbar
Quantix Ultra ist nicht auf bestimmte geometrische Formen beschränkt. Das Material soll sich einfach per Spritzguss verarbeiten lassen. Zur wirtschaftlichen Fertigung soll ein patentiertes Vernetzungsverfahren beitragen. Es basiert auf dem Einbringen eines speziellen Vernetzers in das Material unter Beibehaltung des Standard-Spritzgussprozesses.
Für batterieelektrische Antriebe lässt sich das Material beispielsweise zu Folien verarbeiten. Weitere Anwendungen sind Einhausungen für Stromverteiler, medienführende Leitungen, Kabelisolation, Batterie-Gehäusedeckel oder Bauteile für Elektromotoren.