Die Energiewende ist kein reibungslos abgeschlossener Erfolgsprozess. Franz Joos befasst sich mit dem Umbau des Energiesystems auch im Hinblick auf ethische und rechtswissenschaftliche Fragestellungen.
Es gibt ein Industrieland, das in den letzten zwei Jahrzehnten mit Atomausstieg und Energiewende Ernst gemacht hat, ohne dass seine Industrie an Wettbewerbsfähigkeit verloren hat und ohne dass die Lichter ausgegangen sind. An Tagen, an denen der Wind weht und die Sonne scheint, werden inzwischen in Deutschland fast 80 Prozent des Stromverbrauchs aus Wind- und Sonnenenergie erzeugt. Deutschland mal wieder als Weltmeister und Vorbild für alle? Jeder, der sich an die politischen Kämpfe, gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und an die Irr- und Umwege beim Atomausstieg und bei der Energiewende erinnert, wird diese Frage verneinen. Und das natürlich auch angesichts der Probleme der Gegenwart, die zeigen, dass die Energiewende keinesfalls ein friktionslos abgeschlossener Erfolgsprozess ist. Die Realisierung der Energiewende bleibt auch in Zukunft eine enorme gesellschaftliche Herausforderung.
Obwohl die Energiewende in der Regel schwerpunktmäßig aus dem ursprünglichen Ziel der Treibhausgasreduzierung und dem Aspekt der Versorgungssicherheit öffentlich diskutiert wird, hat sie nicht nur technische Aspekte die von Bedeutung sind, sondern auch soziale Fragestellungen, wirtschaftliche und juristische sowie geopolitische und gesellschaftliche Herausforderungen.
Weitreichende Folgen des Umbaus unserer Elektrizitätsversorgung
Es wird zu Recht gefordert, dass die Energieversorgung klimaschonend, ressourcenschonend, sicher, wirtschaftlich, finanzierbar und wettbewerbsfähig sowie sozial verträglich sein muss. Diesem Bündel von Forderungen stehen sehr ernst zu nehmende Hindernisse entgegen, beispielsweise der einschneidende Umbau unseres Elektrizitätsversorgungssystems mit weitreichenden Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft.
Im Buch "Energiewende quo vadis?" werden technischen Optionen der Energieversorgung unter den Aspekten der elektrischen Energieversorgung sowohl in der Bereitstellung stabiler Verteilernetze als auch in der Stromerzeugung aus Wind und Sonne, als auch der Bereitstellung von Regelenergie im nachhaltigen Energiekonzept durch konventionelle Energieerzeuger dargestellt. Eine nachhaltige Energieversorgung setzt auch eine Schonung der bestehenden Ressourcen voraus, sei es durch eine hohe Energieeffizienz oder durch nachhaltige Rohstoffnutzung.
Die Energiewende ist mehr als eine technische Herausforderung
Die Energieversorgung berührt allerdings auch Fragen des Lebensstils des Menschen sowie des verantwortungsvollen Umgangs mit den natürlichen Ressourcen. Welche ethischen Fragen sich dabei konkret stellen und welchen Beitrag die Ethik leisten kann, wird aufgezeigt.
Die Versorgung Deutschlands mit konventionellen Energieträgern, insbesondere Öl und Gas, ist in hohem Maße von politischer Stabilität und offenem Welthandel abhängig. Verschiedene Überlegungen prägen die Sorge, dass die gegenwärtige Energieversorgung Sicherheitsprobleme mit sich bringt, die durch die Steigerung des Anteils erneuerbarer heimischer Energie abgebaut werden könnten. Die möglicherweise gravierenden Folgen von kurzfristigen, politisch motivierten Einschränkungen oder Unterbrechungen der Versorgung aus dem Ausland werden angesprochen sowie die potenziellen Folgen einer strukturellen Abhängigkeit von einzelnen Staaten thematisiert.
Die vermehrt in den Fokus kommenden rechtswissenschaftlichen Fragestellungen des technologischen Wandels widmen sich Technologien, die die Gefährdung der Gesundheit oder der Umwelt eher als unerwünschte Nebeneffekte in Kauf nehmen. In dieser Hinsicht ist das Recht der Technologien wie dargestellt "Risikorecht" geworden.