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02-12-2014 | Energie | Interview | Article

Energiespeicher im Kontext der Energiewende

Author: Sabine Voith

5:30 min reading time

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Michael Sterner und Ingo Stadler geben im Buch "Energiespeicher - Bedarf, Technologien, Integration" einen Überblick über Energiespeicher-Technologien und deren Rolle in der Energieversorgung. Wir sprachen mit den Autoren.

Springer für Professionals: Die meisten Publikationen betrachten einzelne Energiespeicher-Technologien. Warum gehen Sie in Ihrem Buch auf alle Energiespeicher ein?

Michael Sterner: Es gibt viele Studien zu Energiespeichern, aber noch kein Buch, das umfassend alle Speicher im Kontext der Energiewende diskutiert und alle Technologien detailliert betrachtet und vergleicht. Die vorhandenen Bücher waren ausschließlich auf eine Technologie bezogen, wie auf Pumpspeicher oder Batterien.

Wir spannen den Kontext von Speichern in der Energieversorgung umfassend: Ohne Energiespeicher hätte die Energieversorgung nie funktioniert. Das wird auch in Zukunft so sein. Wir zeigen auf, welche Bedeutung die Energiespeicherung in allen Energiesektoren hat und dass zum Erreichen der Energiewende Speicher notwendig sind. Für den Diskurs der Speicher brauchen wir eine solide Basis. Eine Erklärung der Begrifflichkeit, die bisher seitens der Wissenschaft nicht stattgefunden hat, ist dazu unabdingbar. Daher haben wir dem Thema "Definition und Klassifizierung von Speichern" ein ganzes Kapitel gewidmet.

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Ingo Stadler: Ein weiterer Grund für die umfassende Darstellung ist die intersektorale Lösung von Speicheraufgaben. Ein "Nicht-Zusammenpassen" von Stromerzeugung und Stromverbrauch kann nicht nur durch Stromspeicher, sondern auch - und meist einfacher und günstiger - durch die Verknüpfung der Sektoren Elektrizität, Wärme, Kälte und Verkehr behoben werden.

Sie stellen die Vor- und Nachteile der verschiedenen Speichertechnologien ausführlich vor. Welche Technologie gewinnt in Ihrer Betrachtung?

Michael Sterner: Beim Vergleich der Speicher ist uns bewusst geworden, dass jede Technologie ihren Platz hat.

Jede Technologie hat unterschiedliche technische Charakteristika und entsprechende Anwendungsfelder. Speicher stehen in der Stromwende weniger mit sich selbst in Konkurrenz, als zu ihren Alternativen wie dem Netzausbau. Wenn wir die Stromwende bis zum Schluss durchbuchstabieren wird klar, dass auch hier Speicher notwendig sind. Die Wärmewende wäre ohne Speicher nicht denkbar, ebenso die Verkehrswende. Und in der chemischen Industrie müssen wir über kurz oder lang auch die fossile Rohstoffbasis auf eine erneuerbare Basis umstellen, wofür Power-to-X notwendig wird.

Ingo Stadler: Ich möchte bei einzelnen Technologien nicht von Gewinnern und Verlierern sprechen. In den 1990er Jahren habe ich an der Universität gelernt, dass erneuerbare Energien höchstens eine "additive" Rolle spielen können und nicht mehr als ein oder zwei Prozent des Energiebedarfs decken können. Auch heute haben wir Ideen und Technologien zur Energiespeicherung, die von Betriebswirten als zu teuer, zu unwirtschaftlich und zu ineffizient abgetan werden. Auch diese Technologien werden sich weiterentwickeln und Lernkurven durchschreiten.

Letztendlich gibt es im Zuge der Energiewende viele Speicheraufgaben: Es müssen verschiedene Energieformen gespeichert werden, diese müssen über kurze oder sehr lange Zeit gespeichert werden, etc.. So hat jede Speichertechnologie ihre Daseinsberechtigung.

 

 

Sie stellen die Technologien zur Energiespeicherung erstmalig in den Kontext der Energiewende. Können Sie darauf bitte näher eingehen, Professor Stadler?

Ingo Stadler: Die Energiewende ist eines der, wenn nicht gar das wichtigste Vorhaben dieses und der nächsten Jahrzehnte. Aktueller könnte diese Frage gar nicht sein, verfolgt man die Diskussion um russisches Erdgas. Es ist wichtig, dabei eine einfache Lösung vor Augen zu haben, die Energiewende voranzutreiben und unabhängig von Energieimporten zu werden.

Die Energiewende wird oft nur unter dem Aspekt der Einsparung von CO2 und des Klimawandels gesehen, aber gerade die höhere Energieautarkie sollte eine der Hauptmotivationen sein. Und für mehr Autarkie ist die Energiespeicherung ein zentraler Punkt.

Von zentraler Bedeutung ist auch die Vielfältigkeit der Möglichkeiten zur Energiespeicherung. Immer wieder hören wir die Aussage, es gibt noch keine geeigneten Speicher, ergo muss die Umsetzung der Energiewende noch warten. Das Buch soll dies widerlegen.

Erwarten Sie künftig neue Technologien im Bereich Energiespeicher oder hat sich die Forschung und Entwicklung bereits erschöpft, Professor Sterner?

Michael Sterner:  Es gibt immer wieder Neues und Überraschungen, eine davon stellen wir erstmals im Buch ausführlich vor: Segelenergie –die konstante Speicherung von Wind auf dem Meer, eine Kombination aus Wind- und Wasserkraft mit Speichertechnik. Großes Potenzial, geringe Nebenwirkungen, da es fernab von der Bevölkerung stattfindet und die Energie über vorhandene Gasinfrastruktur zu den Verbrauchern bringt. Wir sind mit der Forschung noch nicht am Ende, doch es gibt bereits heute ausreichend technische Lösungen.

Das Speicherproblem ist technisch gelöst, das zeigen wir in diesem Buch. Was offen ist, ist die Frage der energiepolitischen Umsetzung, wie wir die Speicher auf den Weg bringen. Dass wir sie brauchen, wird im Buch sehr deutlich.

Eine weitere wichtige Frage ist, wie die Märkte entstehen, die wir zur Kostenreduktion brauchen. Hier geben wir auch der Energiepolitik einen Leitfaden an die Hand und treiben den Diskurs voran.

Ihr Buch umfasst 750 Seiten. Enthält es ausschließlich Thesen der beiden Autoren, Professor Stadler?

Ingo Stadler: Das Buch enthält keine Thesen, also keine Behauptungen, die es zu beweisen gilt. Lediglich im Abschnitt zum Bedarf an Energiespeichern werden Studien zitiert, welche die zukünftige Notwendigkeit für Energiespeicher zu prognostizieren versuchen. Hier wird die Zukunft zeigen, wie treffend diese Annahmen dann gewesen sein werden. Ansonsten wird umfassend der Stand von Technik und Wissenschaft der Energiespeicherung wiedergegeben.

Wenn es aber um eigene und fremde Inhalte geht: Auch wenn wir Hauptautoren uns als "Speicherexperten" bezeichnen würden, niemand verfügt über das Detailwissen aller Speichertechnologien. Wir haben 16 weitere Koautoren gewinnen können, die alle auf ihrem Gebiet ausgewiesene Experten sind. Und nicht zuletzt haben uns über 20 Studierende bei der Erstellung dieses Buches unterstützt und unsere Familien haben uns den Rücken freigehalten. Wir sind sehr dankbar für diese vielfältige Unterstützung, die es erst möglich gemacht hat, dass es dieses Buch jetzt gibt.

Die Interviewpartner
  • Prof. Dr.-Ing. Michael Sterner, Forschungsstelle Energienetze und Energiespeicher (FENES), Fakultät für Elektro- und Informationstechnik an der OTH Regensburg.

  • Prof. Dr.-Ing. habil. Ingo Stadler, Institut für Elektrische Energietechnik, Erneuerbare Energien und Energiewirtschaft an der Fachhochschule Köln.

Das Interview führte Sabine Voith, freie Autorin, für Springer für Professionals.

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