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30-11-2017 | Energie | Schwerpunkt | Article

Wärmenetze können wirksam Kohlendioxid einsparen

Author: Frank Urbansky

3:30 min reading time

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Netzgebundene Energien wie Fernwärme und Erdgas sind geeignete Übergangstechnologien für die Wärmewende. Doch energieeffiziente Häuser lassen den Bedarf sinken, während die Fixkosten hoch bleiben.

Die Wirtschaftlichkeit netzgebundener Energien ergibt sich aus Anschlussdichte und Absatz. "Wärmenetze […] sind als netzgebundene Systeme mit hohen Fixkosten in der Regel von einer vergleichsweise hohen Nachfragedichte abhängig, um ökonomisch betrieben werden zu können […]. Damit scheint hier ein Zielkonflikt zwischen der Energieversorgung über Wärmenetze und dem gleichzeitigen Vorhaben einer energetischen Sanierung zu bestehen; daraus würde eine Konkurrenz zwischen den Strategien der Effizienzsteigerung auf der Nachfrageseite einerseits und der Versorgung über Wärmenetze andererseits folgen", fasst den aktuellen Widerspruch im Zusammenhang mit der Wärmewende Springer Spektrum-Autorin Susanne Schubert auf Seite 260 ihres Zeitschriftenbeitrags Ausbau von Wärmenetzen vs. energetische Sanierung? zusammen.

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25-05-2016 | Bericht aus Forschung und Praxis

Ausbau von Wärmenetzen vs. energetische Sanierung? – Umgang mit konkurrierenden Strategien zur Umsetzung der „Wärmewende“ auf kommunaler Ebene

Strategien zur Integration erneuerbarer Energien in die Wärmeversorgung von Städten umfassen oftmals den Auf- oder Ausbau von Wärmenetzen. 


Der Thinktank ewi Energy Research & Scenarios (ewi ER&S) hat gemeinsam mit Gelsenwasser, Open Grid Europe und Rhein-Energie in der Studie Energiemarkt 2030 und 2050 – Der Beitrag von Gas- und Wärmeinfrastruktur zu einer effizienten CO2-Minderung analysiert, unter welchen Bedingungen Wärme- und Gasnetze dennoch einen Beitrag zur effizienten CO2-Vermeidung leisten können.

All electric wenig realistisch

Untersucht wurden zwei Szenarien. Im ersten, Revolution genannt, wird eine ordnungsrechtlich forcierte Elektrifizierung der Endenergieverbrauchssektoren angenommen. In der Politik ist diese Strategie auch als "all electric" bekannt, wird aber von keiner der im Bundestag vertretenen Parteien mehr forciert. Klar ist jedoch, dass in diesem Szenario die Wärmepumpe an Bedeutung gewinnt und die Energienetze selbige verlieren, da sie schlicht überflüssig werden.

Zumindest die Gasnetze wären bei diesem – wenn auch unwahrscheinlichen – Ansatz nicht gänzlich außen vor. Denn "angesichts der Verdopplung der Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien bis 2030 und einer Vervierfachung bis 2050 ist der Einsatz von Gaskraftwerken für die Bereitstellung der gesicherten Leistung in jedem Szenario unabdingbar für das zukünftige Energiesystem", so die Wissenschaftler.

Das zweite Szenario, Evolution genannt, geht von Technologieoffenheit aus und ist damit deutlich näher am aktuellen politischen Status Quo. In diesem Szenario spielen die Gas- und Wärmenetze weiterhin eine bedeutende Rolle.

Dies ist auch anzunehmen, da in der aktuellen Entwicklung die Fernwärme im Neubau deutlich zulegt. Betrug der Anteil der Fernwärme im Neubau nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen 2007 noch 10,2 Prozent, so stieg er in den vergangenen Jahren kontinuierlich an und liegt für das erste Halbjahr 2017 bei 25,4 Prozent. Der Anteil von Erdgas hingegen ging im gleichen Zeitraum von 65,6 auf 39,9 Prozent zurück. Allerdings bleiben Erdgasheizungen mit 49,4 Prozent im gesamten Gebäudebestand der wichtigste Wärmeenergieerzeuger. Sie sind weder mittel- noch langfristig aus dem Beheizungsmix wegzudenken.

140 Milliarden Euro günstiger

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten beide Szenarien der ewi-Studie trotz der Nutzung fossiler Energien zum Erreichen der Klimaziele bis 2050 beitragen. Allerdings verspricht das Evolutions-Szenario gegenüber dem All-electric-Konzept Einsparungen in Höhe von 140 Milliarden Euro. Zudem kann es deutlich flexibler auf Innovationen in den verschiedenen Technologien reagieren.

Doch ob die umfangreiche und kostenintensive Infrastruktur beibehalten oder in neue Gaskraftwerke investiert wird, hängt von der Bereitschaft der Betreiber ab. Und die ist in Deutschland gerade für diese Bereiche nicht sehr ausgeprägt. Die Verlagerung des Gasturbinengeschäfts von Siemens nach China mag dafür nur ein Beleg sein.

"Investitionsentscheidungen (beziehungsweise die Entscheidung, nicht zu investieren, sondern vorerst alte Anlagen und Netze weiter zu betreiben) erfolgen mit Blick auf Perspektiven der Fortsetzung und des Ausbaus erfolgreicher Geschäftsfelder, erprobter Technologien und der Weiternutzung bereits abgeschriebener Kraftwerke oder Versorgungsnetze. Was aus der Sicht einer Volkswirtschaft insgesamt sinnvoll sein mag, ist dies nicht notwendig auch für den einzelnen wirtschaftlichen Akteur, für das einzelne Unternehmen", weist Springer VS-Autor Hermann Kocyba in seinem Buchkapitel Beharrung durch Wandel? Das Entscheidungsverhalten energiewirtschaftlicher Akteure im Kontext der Energiewende auf Seite 746 auf dieses Dilemma hin.

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