Anschluss- und Benutzungszwänge in Wärmenetzen sind durchaus umstritten. "Bei netzgebundenen Systemen sind auch die Investitionskosten für die Energieversorger sehr hoch und in einigen Gebieten bestehen Anschlusszwänge, sodass die Nutzer an das Versorgungssystem für einen längeren Zeitraum gebunden sind. Hier machen sich die durch die hohe Kapitalintensität verursachten Pfadabhängigkeiten großer und insbesondere netzgebundener Infrastruktursysteme bemerkbar...", zeigt Susanne Schubert auf Seite 264 des Zeitschriftenbeitrages Ausbau von Wärmenetzen vs. energetische Sanierung? – Umgang mit konkurrierenden Strategien zur Umsetzung der "Wärmewende" auf kommunaler Ebene die wirtschaftlichen Hintergründe auf.
Bisher existieren in Deutschland über 1.000 Anschluss- und Benutzerzwänge (ABZ) sowie Verbrennungsverbote bestimmter Brennstoffe. Diese betreffen nicht nur fossile wie Öl, sondern auch Kaminholz.
Anschlussquoten sind Hauptgrund
Der Grund der Kommunen, von denen diese ABZ erlassen werden, ist die Wirtschaftlichkeit der meist in ihrem Besitz befindlichen kommunalen Energieversorger und -erzeuger oder Netzbetreiber. Denn diese sind mit ihren Fernwärmenetzen nur rentabel, wenn die Anschlussquote sehr hoch ist. Als Begründung dient jedoch die angeblich höhere Effizienz oder die Umweltfreundlichkeit der Wärmenetze, etwa durch Einspeisung von Erneuerbaren Energien.
Diese Fehlentwicklung wurde teils schon bei der Förderung erkannt. So schließt das Marktanreizprogramm (MAP) die Förderung von Wärmenetzen in Neubauten dann aus, wenn ein kommunaler Anschlusszwang besteht.
Vor Jahren wurde die Gesetzgebung für diese Zwangsmaßnahmen vom Bund an die Kommunen delegiert, die teils rege davon Gebrauch machen. Rechtlich ist also gegen konkrete ABZ nur schwer etwas einzuwenden. Politisch jedoch umso mehr. Denn die Zwänge betreffen mitunter auch eine Mehrheit, die gar nicht zwangsangeschlossen werden und auch die jahrzehntelangen Verträge mit dem Versorger, wie bei Wärmenetzen üblich, vermeiden will.
Überteuerte Wärmepreise
Dies ist allein schon aus Kostengründen ratsam. Das Beispiel Freiburg-Gutleutmatten ist dafür abschreckend genug. Dort verlangt der Netzbetreiber Badenova 21,1 Eurocent je Kilowattstunde von den in einem Neubaugebiet Zwangsanzuschließenden. Der Durchschnittspreis liegt in Deutschland derzeit bei rund 8 Eurocent je Kilowattstunde. Selbst in Freiburg sind Tarife von 12 Eurocent je Kilowattstunde möglich.
Gegen solche Projekte regt sich immer mehr Widerstand, der auch Erfolg hat. So verhinderten informierte Bürger gemeinsam mit Ratsherren in Senftenberg einen Anschlusszwang. Gleiches gelang in Bühl in Baden. Deswegen sollten Anschlusszwänge nur dort in Frage kommen, wo auch eine Mehrheit der Betroffenen dafür gewonnen werden kann. Ansonsten leidet die Akzeptanz der Energiewende, mit der solche Projekte auch begründet werden.
"Um ein Maximum an Akzeptanz zu wahren, ist die Anwendung eines Anschlusszwangs insbesondere dort sinnvoll, wo eine Mehrheit der Anschlusskunden dem Netzanschluss ohnehin positiv gegenüber steht und der ABZ nur von den wenigen, für einen wirtschaftlichen Netzbetrieb fehlenden Anschlusskunden als ordnungsrechtlicher Zwang wahrgenommen wird", raten die Springer Vieweg-Elke Bruns, Matthias Futterlieb, Dörte Ohlhorst und Bernd Wenzel auf Seite 278 des Buchkapitels Erneuerbare Energien in Wärmenetzen – eine realistische Perspektive? zum maßvollen Einsatz dieses Instrumentes.