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30-07-2021 | Energienutzung | Schwerpunkt | Article

Bill Gates stellt Fragen – die Praxis gibt bereits Antworten

Author: Frank Urbansky

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Bill Gates hat mit seinem Buch „Wie wir die Klimakatastrophe verhindern“ einen Bestseller gelandet. Auf einige der Fragen, die er aufwirft, gibt es längst Antworten aus der Praxis.

In "Wie wir die Klimakatastrophe verhindern" schlägt Bill Gates einen weiten Bogen von den allgegenwärtigen Formen des Energie- und Ressourcenverbrauchs bis hin zu möglichen Lösungen. Doch auch er muss viele Fragen, die er stellt, offenlassen. Die fünf Autoren Oliver D. Doleski, Thomas Kaiser, Michael Metzger, Stefan Niessen und Sebastian Thiem des Springer-Buches „Digitale Dekarbonisierung“ haben jedoch schon einige Antworten gefunden.

Editor's recommendation

2021 | Book

Digitale Dekarbonisierung

Technologieoffen die Klimaziele erreichen

Das Buch liefert erstmals konkrete Antworten auf die Frage, wie datenbasierte Verfahren bei der Dekarbonisierung von Betriebsprozessen helfen können. Der Text beschränkt sich dabei nicht auf die üblichen Ansätze zur Reduzierung klimaschädlicher …

"Sicherlich ein großer Verdienst des Bestsellers "Wie wir die Klimakatastrophe verhindern" liegt darin, dass Bill Gates dank des appellativen Charakters seines Textes und seiner persönlichen Bekanntheit das Thema Klimawandel einer breiteren Öffentlichkeit zugängig macht", so Stefan Niessen. Damit bereite Gates den Weg auch für Fachbücher wie eben jenes.

In gewisser Weise griffen die Springer-Autoren die eher grundsätzlich gehaltenen Aussagen und Ansätze von Gates indirekt auf und entwickelten diese zu einer konkreten digitalen Lösung weiter. Beide Werke ergänzten sich aus Sicht der Autoren optimal.

Die Autoren haben folgende Passagen bei Gates identifiziert, für die sie heute schon Lösungen anbieten. Auf Seite 22 (Bill Gates 2021. Wie wir die Klimakatastrophe verhindern) oder Seite 14 im englischen Original stellt Gates fest:

Wir müssen die Leidenschaft und die wissenschaftliche Intelligenz von Menschen in aller Welt darauf lenken, die jetzt vorhandenen Lösungen für saubere Energie einzusetzen und neue zu erfinden, damit wir endlich aufhören können, immer mehr Treibhausgas in die Atmosphäre zu blasen.

Im Buch "Digitale Dekarbonisierung" wird exakt "die von Gates geforderte innovative, digitale Lösung, mit der ein wirklicher Beitrag zur Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgase erreicht werden kann, gegeben", zieht Thomas Kaiser Bilanz. Damit antworte die Methode der Digitalen Dekarbonisierung unmittelbar auf die von Gates formulierte Forderung.

Gute Daten als Grundlage

Für eine schnelle Analyse eines Energiesystems, so die Springer-Autoren in ihrem Buch im Kapitel "Dekarbonisierung durch datenbasierte Optimierung", müssten für manche Eingangsdaten plausible Annahmen getroffen werden oder Analogieschlüsse aus vergleichbaren Fällen gezogen werden. Im Rahmen eines umfangreichen Beratungsprojektes sollten allerdings alle Daten in möglichst hoher Qualität vorliegen. Der Leser beachte, dass die Qualität und damit Aussagekraft eines Ergebnisses der Digitalen Dekarbonisierung nur so gut sein kann wie auch die Qualität der Eingangsdaten.

Für die beiden ersten Schritte sei Aufwand auf beiden Seiten notwendig, auf Seiten des Auftraggebers wie auch auf Seiten des begleitenden Beraters. Im dritten Schritt könnten all diese Daten in einer toolgestützten Optimierung und Simulation verwendet werden, um die optimale Systemkonfiguration sowie den optimalen Transformationspfad zu bestimmen und diesen zu verfestigen.

Ein solches Beratungsprojekt erfordere auf beiden Seiten zwar einiges an Aufwand, insbesondere für die Datenakquise. Allerdings zeigen die Erfahrungen der Autoren, dass sich der Aufwand für ein Beratungsprojekt in weniger als einem Jahr auszahlen kann und ein für zukünftige Entwicklungen deutlich besseres Energiesystem bereitgestellt wird.

Ökozuschläge kein perfektes Mittel

Ein weiterer Punkt: In seinem Buch räumt Gates auf Seite 80 (Bill Gates 2021. Wie wir die Klimakatastrophe verhindern) bzw. auf Seite 60 f. im englischen Original selbst ein, dass seine Berechnungen relativ grob seien. Er wünscht sich daher präzisere Werkzeuge.

Die von mir für dieses Buch berechneten Ökozuschläge sind kein perfektes Tool, um Kosten zu vergleichen, aber sie sind besser als kein Tool.

"Die in unserem Buch beschriebene Methode der Digitalen Dekarbonisierung leistet genau dies. Sie ist dieses präzise Werkzeug, nach welchem Gates sucht. Auch hier ergänzen wir Gates perfekt", so Oliver Doleski.

Richtige Technologieauswahl entscheidet

Am Beispiel eines real existierenden Flughafens wird im Kapitel "Mikrobetrachtung inklusive Anwendungsfälle" gezeigt, wie eine Voreinschränkung der Technologieauswahl die Kosteneffektivität der Dekarbonisierung eines Energiesystems bestimmen könne. "So könnte hier durch die Verwendung von mit erneuerbarem Strom synthetisch erzeugtem Methan nach derzeitigen Kostenschätzungen die Dekarbonisierung von Infrastruktureinrichtungen wie Flughäfen zukünftig deutlich kostengünstiger gestaltet werden", führt Autor Sebastian Thiem aus.

Das zweite Beispiel einer deutschen Molkerei mache in diesem Kapitel wiederum transparent, welchen Einfluss Regulierung auf die Investitionsentscheidungen von industriellen Energiesystemen hat. So führe die Zahlung der EEG-Umlage auf eigenerzeugten Strom dazu, dass ein Standort mehr Strom aus dem Netz beziehe anstatt sich weiter eigenständig zu dekarbonisieren.

Zuletzt zeige die Dekarbonisierung einer Fernwärmeversorgung, dass und wie keine einzelne Technologie, sondern ein Mix aus Wärmepumpen, Geothermie und Solarthermie zur Bereitstellung kohlenstoffarmer Wärme benötigt werde.

In jedem dieser Fälle ermögliche die Methode der Digitalen Dekarbonisierung einen kostenoptimalen Fahrplan als digitalen Zwilling für die Dekarbonisierung eines jeweiligen Standortenergiesystems. Zudem ermögliche die Betrachtung diverser zukünftiger Szenarien dem Planer, das Energiesystem flexibel für die Zukunft gewappnet zu gestalten.

Digitaler Zwilling von Stromtrassen

Ein Anwendungsfall der Methode Digitale Dekarbonisierung ist die Modellierung optimaler Stromtrassen. Gates spricht in seinem Buch auf Seite 106 (Bill Gates 2021. Wie wir die Klimakatastrophe verhindern) oder 82 f. im Original ein solches Projekt an:

Da in den kommenden Jahren elektrischer Strom eine immer wichtigere Rolle für unsere Energieversorgung insgesamt spielen wird, werden wir Modelle wie dieses für Stromnetze in aller Welt brauchen. Sie werden uns helfen, Fragen wie diese zu beantworten: Welcher Mix aus sauberen Energiequellen wird in einer bestimmten Region am effizientesten sein? Wo sollten Überlandleitungen gebaut werden? Welche regulatorischen Hindernisse stehen im Weg, und welche Anreize müssen wir schaffen? Ich hoffe sehr, dass es noch viele solcher Projekte geben wird.

Es handelt sich dabei um ein Projekt in Kalifornien, das von 2021 bis 2024 neue Übertragungsleitungen für den Transport von Windenergie untersucht hat. "Und auch hier liefert "Digitale Dekarbonisierung" die technische Lösung! In unserem Buch wird unter anderem ab Seite 152 (Abschnitt: Fallstudie regionalisierte Dekarbonisierung am Beispiel Südafrika) beschrieben, wie Energiesystemstudien hier helfen. Auch hier antworten wir auf die grundsätzlichen Aussagen von Herrn Gates mit unserer technischen, erprobten Lösung", so Michael Metzger.


Energie-Cluster für Volkswirtschaften

Auch am Beispiel Südafrika wird im Kapitel "Makrobetrachtung inklusive Anwendungsfälle" gezeigt, wie wesentlich eine regionale Auflösung bei der Beurteilung der Dekarbonisierung von Länderenergiesystemen helfen kann. Zunächst sei dafür, so die Autoren, ebenfalls eine hinreichende Datenbasis notwendig, die mit Hilfe von Clusterverfahren für die Wahl geeigneter Regionen im Modell angewendet werden kann. Diese geclusterten Regionen vereinfachten zusätzlich die Interpretation der Ergebnisse aus dem Energiesystemmodell, da Regionen mit guten Windpotenzialen im Modell auch bevorzugt würden. Die Modellergebnisse zeigten letztendlich die regionalen Auswirkungen eines Dekarbonisierungsprozesses. Dieser könne dazu führen, dass die Rolle bestimmter Regionen innerhalb des Länderenergiesystems fundamental verändert würde, wie die Kohleregionen am Beispiel Südafrika zeigten.

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