Besonders in Industrie und Gewerbe mit hohen Abwärmeverlusten oder in Infrastrukturen, die ein hohes Wärmeniveau haben, bietet sich die Rückgewinnung via Wärmepumpe an. "Die Wärmerückgewinnung aus Industrieabwässern ist bisher weitgehend eine ungenutzte Ressource für viele Industriebetriebe. Auf diesem Feld bieten sich den Betrieben unverhoffte Energiepotenziale an, die auf Verwertung warten. Eine effektive Nutzung der Abwasserwärme schließt den reibungslosen Betrieb der Wärmegewinnung mit ein, dieser ist jedoch an einige Randbedingungen geknüpft", beschreibt die Potenziale Springer Vieweg-Autor Rolf Stiefel auf Seite 139 des Buchkapitels Energierückgewinnung aus Industrieabwässern.
Dabei sollten folgende Kriterien beachtet werden: Ist-Aufnahme aller Randbedingungen, enge Zusammenarbeit der einzelnen Fachrichtungen bei der Planung, technische Vorkehrungen bei Verschmutzungsproblemen vorsehen, mögliche Vorreinigung des Abwassers prüfen, um die Verschmutzung der Anlagen zu minimieren.
Warme Luft geht nach oben
Doch es kann nicht nur Abwasser sein. Strömt etwa die Abwärme in einer Produktionshalle nach oben (was sie meistens auch tut), kann eine Wärmepumpe genau dort aufgestellt werden. Genau das machte die Waffelfabrik Stirken in Neuss. In vier Metern Höhe herrschen in der Produktionshalle konstante Temperaturen um die 35 Grad Celsius. Eine Wärmepumpe nutzt nun genau dort die Abwärme und arbeitet deswegen äußerst effizient. Möglich wurde diese Lösung, weil die Luft in der Halle trotzdem nicht belastet ist. Beheizt wird so eine 300 Quadratmeter große Bürofläche, gleichzeitig wird die Fertigungshalle gekühlt. Aufgrund des hohen Temperaturniveaus wird auch das Warmwasser für Produktion und Mitarbeiter via Wärmepumpe bereitet – bisher eine der Schwachstellen der Technologie.
Doch nun nach unten, zum Abwasser. Kanalisationen bieten per se ein hervorragendes Anwendungsfeld für die Wärmerückgewinnung mittels Wärmepumpe. Denn die Temperaturen liegen konstant auf einem hohen Niveau. Die Erschließung dieser Potenziale ist etwa ein Drittel günstiger als herkömmliche Geothermie. Man muss sich letztlich mit dem Kanalbetreiber einigen und dafür Sorge tragen, dass die Hydraulik des Kanals nicht gestört wird. Ikea umging an seinem Standort in Berlin-Lichtenberg genau dieses Problem und legte eine 200 Meter lange Druckleitung aus der Kanalisation. Die Wärmepumpen greifen nun auf die dortige Abwärme zurück und nicht direkt in der Kanalisation.
Korrosion vermeiden
Materialien, aus denen die dortigen Rückgewinnungsanlagen bestehen, könnten schneller korrodieren als bei einer „normalen“ Umgebung. Das gilt insbesondere für Wärmepumpen. Sie und alle Wärmetauscher sollten deswegen in Edelstahl ausgeführt sein. Anlagen aus der Berliner Kanalisation zeigen, dass diese Materialien auch nach 15 Jahren Einsatzzeit keinerlei korrosive Veränderungen aufweisen.
"Die organisatorischen Voraussetzungen für das Einsetzen und Verwenden der Energie aus Abwasser sollten geschaffen werden. Hier wurde eine Wärmepumpenanlage gebaut, die ihre Energie aus dem Abwasser eines nahegelegenen Hauptsammlers bezieht. Die kontinuierliche Wärmeproduktion konnte für die Heizungsversorgung eines der Hauptpumpwerkstandorte genutzt werden, der ebenfalls als zentraler Standort für das Personal der Kanalinspektions- und Reinigungsfahrzeuge sowie die Fäkalienabfuhr dient", beschreiben eine weitere Möglichkeit der Wärmerückgewinnung aus Abwasser die WASSER UND ABFALL-Autoren Helma Köster, Jörg Oppermann, Rüdiger Meß und Peter Fahsing in ihrem Zeitschriftenbeitrag Optimierung des Energieverbrauchs und der Energieerzeugung in einem Abwasserbetrieb auf Seite 71 diese Praxis anhand eines Beispiels der Stadt Bremen.