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10-07-2017 | Energiewende | Interview | Article

"An erster Stelle steht für uns die Energieeffizienz"

Author: Nico Andritschke

3:30 min reading time

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Interviewee:
Daniel Büchel

ist Vizedirektor des Schweizer Bundesamtes für Energie und Leiter des Aktionsprogramms "EnergieSchweiz".

Die Atomkatastrophe von Fukushima und Veränderungen im internationalen Energieumfeld führten zur neuen Schweizer Energiestrategie. Daniel Büchel erläutert damit verbundene Herausforderungen.

Springer Professional: Was beinhalten die Energiestrategie 2050 und die daraus abgeleiteten Maßnahmen?

Daniel Büchel: Mit der Energiestrategie 2050 antwortet der Bundesrat auf die Veränderungen an den Energiemärkten, die klimapolitischen Herausforderungen und das Reaktorunglück von Fukushima. Dank sieben Stoßrichtungen sollen die Energieeffizienz sowie der Anteil der erneuerbaren Energien erhöht, der Um- und Ausbaus der elektrischen Netze und Energiespeicherung angetrieben, die Energieforschung sowie die internationale Zusammenarbeit im Energiebereich gestärkt und die Wahrnehmung der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand angestrebt werden. Die Strategie wird schrittweise umgesetzt und die einzelnen Etappen jeweils auf ihre Wirkung analysiert.

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Problemstellung: Die deutsche Energie- und Klimapolitik zwischen Autonomie und Fremdbestimmung

Innerhalb des europäischen Integrationsprozesses gehörte die Energiepolitik schon immer zu den Politikfeldern mit einer stark verzögerten Kompetenzübertragung und einem bis heute fragmentierten Harmonisierungsgrad. 


Knapp 60 Prozent der Schweizer haben sich kürzlich in einer Volksabstimmung für eine Energiewende entschieden. Welche Bedeutung hat diese Entscheidung?

Mit dem deutlichen Ja hat das Schweizer Stimmvolk unterstrichen, dass der mit der Energiestrategie 2050 eingeschlagene Weg richtig ist und es kein Zurück gibt. Nachdem der gesetzliche Rahmen damit verabschiedet ist, beginnt nun die eigentliche Arbeit mit der Umsetzung. Hier muss die Wirtschaft aktiv sein, indem sie Technologien vorantreibt und Geschäftsmodelle entwickelt. So können bereits bekannte Effizienzpotenziale ausgeschöpft werden. Gleichzeitig müssen die gesetzlichen Feinheiten definiert werden. Das Ziel in diesem Prozess ist die Vermeidung von Überregulierung und das Bauen auf das Vertrauen in die unternehmerischen Fähigkeiten des Schweizer Wirtschaftsplatzes. Zu den weiteren Etappen wird das Stimmvolk wieder seine Meinung äußern können.

Atomausstieg, die Stärkung erneuerbarer Energien, eine höhere Energieeffizienz und die Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes sind Kernziele des Energiegesetzes ab 2018. Was bedeutet dies im Einzelnen?

An erster Stelle steht für uns die Energieeffizienz. Neben dem Stromverbrauch besteht daher gerade auch in den Bereichen Wärme und Mobilität großes Potenzial. Ich denke insbesondere an die Sanierung von Gebäuden, an die Verschärfung der Kohlendioxid-Zielwerte von Neuwagen sowie an die Optimierung von Elektromotoren. Um erneuerbare Energien gezielt zu fördern, wird der Fond für die kostendeckende Einspeisevergütung weitergeführt. Dieser vergütet Produzenten von Sonnen-, Wind-, Biomasse-, Geothermie- oder Kleinwasserkraftwerken für den in das Stromnetz eingespeisten Strom. Die Vergütungstarife werden periodisch gesenkt, um die erneuerbaren Energien näher an den Markt zu führen. Neu müssen Betreiber von größeren Anlagen ihren Strom selbst vermarkten und werden sich so nachfrageorientierter verhalten.

Gibt es Ihrer Meinung nach Unwägbarkeiten, die die Umsetzung der Energiewende beeinträchtigen können?

Zurzeit sind Investitionen in Produktionsanlagen ohne staatliche Förderung nicht attraktiv. Dies ist einerseits auf die tiefen Strom-Marktpreise zurückzuführen. Andererseits sind sowohl die Kosten für die Kohlendioxid-Abgaben wie auch für die Beschaffung von fossilen Brennstoffen insbesondere von Kohle tief. Hinzu kommen die Kosten für die bevorstehende Erneuerung der Netzinfrastruktur. Eine weitere Herausforderung ist die Volatilität bei der Stromproduktion mit Sonnen- und Windenergie. Die Schwankungen müssen kurzfristig aufgefangen und über das ganze Jahr hinaus ausgeglichen werden. 

Das bestehende Fördersystem soll durch ein Lenkungssystem längerfristig abgelöst werden. Was ist darunter zu verstehen?

Die Politik hat kürzlich beschlossen, vorläufig auf ein integrales Lenkungssystem zu verzichten. Im Bereich der Brennstoffe hat die Schweiz schon Lenkungsabgaben eingeführt. Diese werden mehrheitlich rückerstattet. Ein Teil geht direkt an die Bevölkerung sowie an die Unternehmen zurück. Mit den Einnahmen aus diesen Abgaben wird aber beispielsweise auch das Gebäudeprogramm mitfinanziert. Dieses schafft Anreize, alte Gebäude energetisch zu sanieren: indem dafür finanzielle Unterstützung beantragt werden kann.

Mit einem Aktionsplan soll auch die Energieforschung gestärkt werden. Worauf möchte man künftig fokussieren?

Der Aktionsplan für eine koordinierte Energieforschung Schweiz soll die Voraussetzungen schaffen, damit in sieben vom Bundesrat definierten Aktionsfeldern verstärkt Forschung betrieben wird. Damit werden mittelfristig einerseits wissensbasierte Handlungsempfehlungen für Entscheidungsträger erarbeitet und andererseits technologische Innovationen entwickelt, welche die Zielerreichung der Energiestrategie 2050 unterstützen. In den definierten Aktionsfeldern hat der Bundesrat den Aufbau von acht Kompetenzzentren lanciert, den sogenannten Swiss Competence Centers in Energy Research SCCER. Sie decken die Bereiche Mobilität, Energieeffizienz in den Gebäuden und der Industrie, Bereitstellung von Strom durch Geothermie und Wasserkraft, Biomasse, Strom- und Wärmespeicherung sowie Netze und sozio-ökonomische Forschung ab.

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