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24-07-2017 | Energiewende | Interview | Article

"Lastverschiebungen ohne Probleme machbar"

Author: Nico Andritschke

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Interviewee:
Ernst A. Müller

ist Geschäftsführer von Infrawatt (Schweiz), Verein für die Energienutzung aus Abwasser, Abfall, Abwärme und Trinkwasser.

Kläranlagen und Wasserversorger sind ein wichtiger Bestandteil der Energiewende. Ernst A. Müller beschreibt, wie deren Potenziale zur Lastverschiebung genutzt werden können.

Springer Professional: Kürzlich haben Sie mit Partnern das Projekt eines virtuellen Kraftwerks für die Bereitstellung von Sekundärregelenergie mit Kläranlagen in einem Referenzvorhaben umgesetzt. Was war der Anlass für dieses Projekt?

Ernst A. Müller: In unserer Potenzialstudie konnten wir bereits vor einigen Jahren aufzeigen, dass Kläranlagen und Wasserversorgungen über größere Potenziale zur Lastverschiebung verfügen. Das Schweizer Bundesamt für Energie hat uns vom Verein Infrawatt daraufhin beauftragt, ein Leuchtturmprojekt unter dem Titel "Regelpooling mit Infrastrukturanlagen - Wasserversorgungen und Abwasserreinigungsanlagen" durchzuführen. Darin sollten diese Möglichkeiten zusammen mit der Alpiq AG als Regelpoolbetreiber und der auf Siedlungswasserwirtschaft spezialisierten Ryser Ingenieure AG in der Praxis untersucht werden.

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Die Wasserwirtschaft kann helfen, eine schwankende Stromproduktion durch erneuerbare Energien auszugleichen. Wie funktioniert das in der Praxis?

Bei den Kläranlagen stehen die Blockheizkraftwerke (BHKW) im Vordergrund, welche in Form von Gasometern über Speicherkapazitäten verfügen. Die Leistung der BHKW kann nach Bedarf für eine gewisse Zeit gesenkt und später wieder erhöht werden. Bei den Wasserversorgungen geht es vor allem um die großen Pumpen. Auch diese können, je nach Bedarf, früher oder später zugeschaltet werden, um die Reservoire rechtzeitig und vollständig zu füllen. Die Betreiber haben uns bestätigt, dass diese Lastverschiebungen ohne Probleme machbar sind und die Belegschaft zum Teil nicht einmal etwas davon mitbekommen hat.

Welche Anforderungen stellt das sogenannte Regelpooling an alle Beteiligten? Sind zusätzliche Investitionen erforderlich?

Interessant ist es bei BHKW ab etwa 100 Kilowatt Flexibilität und bei größeren Pumpwerken. Wichtig ist, dass von Anfang an Abwasser- bzw. Wasserfachleute hinzugezogen werden, um weiterhin den Betrieb der Anlagen zu gewährleisten. Das wird auch bei der Ansteuerung der BHKW und Pumpen berücksichtigt, wobei der Betreiber immer das letzte Wort hat.

Die Lastverschiebung mit Infrastrukturanlagen ist deshalb so interessant, da die entsprechenden Infrastrukturen bereits vorhanden sind. Der Aufwand ist also sehr gering. Er besteht in der Analyse der Bedürfnisse der jeweiligen Kläranlage oder Wasserversorgung, der Installation der Geräte für die Ansteuerung sowie der Anpassung der Steuerungssysteme vor Ort. Es sind also keine größeren Investitionen notwendig wie zum Beispiel beim Einsatz von Batterien.

Welche positiven Effekte sind zu erzielen?

Die Kläranlagen beziehungsweise Wasserversorgungen erhalten für die Lieferung der Regelleistungen eine Vergütung, übrigens auch bereits für die Vorhaltung. Falls sie die angefragte Regelleistung nicht erbringen können, werden sie nicht mit Vertragsstrafen bestraft. Die Anlagenbetreiber gehen also kein Risiko ein. Zudem leisten sie einen Beitrag zur Stromversorgungssicherheit der Schweiz.

Würden mit einem Ausbau des Regelpooling andere Verfahren, wie zum Beispiel Power to Gas und infolge dessen Speicher an Bedeutung verlieren?

Die Produktion von erneuerbarer Energie kann nun nach der positiven Volksabstimmung über das Energiegesetz vom 21. Mai 2017 in der Schweiz weiter vorangetrieben werden. Das ist mit einem vermehrten Ausgleich der unregelmäßig anfallenden Lasten verbunden. Die Lastverschiebung ist eine preiswerte Möglichkeit dazu. Die Potenziale sind aber nicht unbeschränkt. Power to Gas kann ebenfalls einen Beitrag leisten, wenn dazu Überschussenergie verwendet wird.

Wie wollen Sie das Projekt weiterführen?

Aufgrund der positiven Ergebnisse und der hohen Akzeptanz bei den Betreibern wird Infrawatt diese neuen Möglichkeiten in der Schweiz innerhalb der Branche weiter bekannt machen. Parallel dazu werden unsere Projektpartner Alpiq AG und Ryser Ingenieure AG die gewonnenen Erfahrungen und ihr Know-how nutzen, um den Markt zu erschließen.

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