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12-05-2022 | Entrepreneuership | Schwerpunkt | Article

Statt Fremdbestimmung lieber eine eigene Firma

Author: Annette Speck

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Ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland kann sich eine berufliche Selbständigkeit vorstellen. Und bei den Gründungen geht der Trend zu größeren Firmen. Was beflügelt diesen neuen Gründergeist trotz Krise?

Man könnte meinen, der Erfolg der Biontech-Gründer Özlem Türeci und Ugur Sahin habe dem Unternehmertum in Deutschland einen Schub verpasst. Schließlich wurde ihre Geschichte seit Ausbruch der Corona-Pandemie mannigfach erzählt. Und nun meldet das Statistische Bundesamt für das Jahr 2021 eine gestiegene Zahl insbesondere größerer Firmengründungen in Deutschland: Mit 126.900 Betrieben wurden 8,4 Prozent mehr größere Firmen gegründet als 2020 und sogar 3,5 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019.

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Kaum deutsche Unternehmer-Vorbilder

In einer Studie der Quirin-Bank zum Unternehmertum nannten die Befragten allerdings in erster Linie Firmengründer aus den USA wie Elon Musk, Jeff Bezos oder Steve Jobs als Unternehmer-Vorbilder. Am ehesten erreichen noch die deutschen Unternehmenschefs Wolfgang Grupp und Dirk Rossmann eine gewisse Vorbildfunktion. Dessen ungeachtet zeigt die Befragung von 2.700 im Oktober 2021 befragten Bundesbürgern eine sehr positive Einstellung der Deutschen zum Unternehmertum. So sagen nicht nur 85 Prozent der Befragten, das Land brauche erfolgreiche Unternehmer, sondern 78 Prozent geben außerdem an, dass Unternehmer für Fortschritt beziehungsweise Wohlstand (75 Prozent) sorgen.

Vor allem Jüngere streben Selbständigkeit an

Jeder vierte Befragte kann sich zudem vorstellen, sich beruflich selbständig zu machen, bei der Generation Z ist es sogar jeder Zweite. Ferner ist jeder Sechste überzeugt, den Job seines obersten Chefs besser zu machen. "Es herrscht ein regelrechter Gründergeist", freut sich Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank AG.

Wichtigstes Motiv ist Selbstverwirklichung

Die meistgenannten Gründe, warum sich die Befragten selbständig machen würden, ist der Wunsch, eigene Ideen zu verwirklichen (53 Prozent) und mehr Geld zu verdienen (40 Prozent). In der Auswertung nach Alter, rangiert bei der Generation Z an zweiter Stelle jedoch das Motiv, "das zu machen, worauf man Lust hat". Ferner zeigt sich die junge Generation in ihren Beweggründen idealistischer als die Gesamtheit der Befragten, etwa indem die Geschäftsidee anderen helfen (29 vs. 19 Prozent) und sie zum Wohl der Gesellschaft beitragen soll (23 vs. 16 Prozent).

Die größten Hürden für eine berufliche Selbständigkeit sind der Studie zufolge die Angst vor Verschuldung sowie vor dem Scheitern (beides 39 Prozent). Wenig verwunderlich ist es daher auch, dass mehr als 60 Prozent der Befragungsteilnehmenden eine stärkere Unterstützung von Start-ups, Wirtschaft als Schulfach und einfachere Gründungen fordern. Die größten Herausforderungen für Unternehmer sehen die Befragten indessen im Fachkräftemangel/fehlendem Nachwuchs (58 Prozent) und in der Bürokratie (51 Prozent).

Parteien fehlt unternehmerische Kompetenz

Die Erwartungen an die Politik dürften jedoch gering sein. Denn das Zeugnis, das die Studienteilnehmenden den Volksparteien in punkto unternehmerischer Kompetenz ausstellen, ist verheerend: 28 Prozent der Befragten sprechen der FDP die sinnvollste Politik für Unternehmer zu. Weit abgeschlagen folgen ihre Koalitionspartner SPD (zwölf Prozent) und Grüne (fünf Prozent). Für die CDU mit 16 Prozent sieht es kaum besser aus, von AfD (fünf Prozent) und Linken (drei Prozent) ganz zu schweigen.

Vorgründungsphase nicht unterschätzen

Wer ein Unternehmen gründen möchte, tut in jedem Fall gut daran, das Vorhaben genau zu planen – von der Geschäftsidee und dem Geschäftsmodell über die Umsatz- und Ausgabenprognosen bis zum Team und der Aufgabenverteilung. Denn weder Staat noch private Kapitalgeber unterstützen Ideen, die nicht Hand und Fuß haben. Auch Carsten Fussan weist in dem Buchkapitel "Erfolgsfaktoren für die Entwicklung von Unternehmensgründungen" auf die Bedeutung der Vorgründungsphasen hin. Nur wenn deren Erfolgsfaktoren auch extern beeinflussbar seien, könnten sie durch Fördermaßnahmen positiv verändert werden – wenn nicht entzögen sie sich der Förderung (Seite 121).

In einer Übersicht hat der Springer-Autor die verschiedenen Phasen der Gründungsentwicklung und ihre jeweiligen Erfolgsfaktoren zusammengestellt:

Angebote für Entrepreneure gezielt nutzen

Betrachtet man nun die andere Seite, also die Entrepreneurship-Politik, so lassen sich laut Michael Fritsch und Michael Wyrwich grundsätzlich zwei Strategien unterscheiden (Seite 169):

  1. Die Förderung von unternehmerischen Fähigkeiten und der Neigung zu unternehmerischer Selbstständigkeit sowie der Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für Entrepreneurship (Enabling Policies).
  2. Die Unterstützung von jungen Unternehmen nach erfolgter Gründung (Supporting Policies), etwa durch rechtliche Ausnahmeregelungen (etwa im Arbeits- oder im Steuerrecht) oder durch direkte Subventionen.

Als Grenzfall zwischen diesen beiden Strategien nennen die Springer-Autoren außerdem die Unterstützung hochinnovativer Gründungen vor dem Marktzutritt, etwa durch die kostenlose Bereitstellung von Laboreinrichtungen, Zuschüsse zum Lebensunterhalt des Gründers (Gründerstipendium) oder die Übernahme der Kosten für eine Patentanmeldung.

Clevere Gründerinnen und Gründer beziehen diese Förderstrategien in ihre Planung mit ein, um in jeder Phase auch die bestmögliche Unterstützung zu erhalten.

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