Bemerkt wurde es schon lange, Wissenschaftler der DLR gelang jetzt dank Satellitenfotos der Nachweis: Durch den klimabedingten Schneemangel in den Alpen droht Wasserknappheit in den Tälern.
Der Schneemangel in Hochgebirgen zeitigt logischerweise auch einen Wassermangel in den Führjahrs- und Sommermonaten. "Die besondere Zunahme der Erwärmung in Gebirgen ist nicht nur unangenehm für die Skitouristik durch den Schneemangel, sondern auch für die Wasserspeicherung und Wasserversorgung der umliegenden Gebiete", bringt das Springer-Autor Walter Hehl in seinem Buchkapitel Einleitung und Geschichtliches: Von der Wärmelehre zum Treibhaus Erde auf Seite 58 auf den Punkt.
Wie stark der Schneemangel zunimmt, haben nun Forscher des Earth Observation Center (EOC) im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ermittelt. Untersucht wurden neun Regionen, so das Aosta-Tal und Südtirol, da hier große Flüsse wie der Po, die Etsch oder die Dora Baltea entspringen, die für die Wasserversorgung der Ebenen entscheidend sind. Ausgangspunkt für die Forschungen waren die schweren Dürren in Norditalien besonders im letzten Jahr, aber auch der schon chronische Wassermangel in den Jahren zuvor.
Schneefallgrenze steigt immer höher
Anhand von 15.000 Satelliten-Aufnahmen der Alpen aus 37 Jahren erkannten die Forscher, dass die Schneefallgrenze früher im Schnitt bis zu 400 Metern tiefer lag, in Einzelfällen sogar bis zu einen Kilometer. "Je höher diese Grenze liegt, desto weniger Schnee – und damit potenzielles Schmelzwasser – ist verfügbar. So lag etwa im Tessin, der Grenzregion zwischen Italien und der Schweiz, die Schneegrenze im März dieses Jahres 625 Meter über dem langjährigen Mittelwert. Dadurch war in der Region 56 Prozent weniger Schneebedeckung als üblich zu verzeichnen", sagt Jonas Köhler, der die Studie leitete.
Die Dürre im vergangenen Jahr sei demnach ein Zusammenspiel aus hohen Temperaturen und wenig Niederschlag im Winter und Frühling 2022 gewesen. Italienische Behörden hatten deswegen die Wassernutzung in Lombardei und dem Piemont eingeschränkt. Das wiederum wirkte sich auch auf die Landwirtschaft in der Po-Ebene aus.
Auch Deutschland betroffen
Deutschland ist vor dieser Entwicklung nicht gefeit "Die Satellitendaten zeigen, dass sich die Schneegrenze in großen Teilen der deutschen Alpen um mehrere Meter pro Jahr nach oben verschiebt. Die kontinuierliche Beobachtung der Schneegrenze kann in der Zukunft dabei helfen, mögliche Dürren frühzeitig zu erkennen", so Köhler.
Dazu arbeiten die Forscher auch mit dem Forschungszentrum Eurac in Italien und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Österreich zusammen, von denen weitere Daten für dieses Projekt stammen.
Da diese Entwicklung anhalten wird, stellt das auch die alpinen Regionen vor große Herausforderungen. "Der Klimawandel verschärft den ohnehin steigenden Wettbewerbsdruck. Kürzere Saisonen, ein steigendes Risiko von Ausfalltagen aufgrund von Schneemangel sowie der steigende Beschneiungsbedarf stellen die Skigebiete vor Herausforderungen", benennt ein Springer-Vieweg-Autorenkollektiv um Robert Steiger im Buchkapitel Outdooraktivitäten und damit zusammenhängende Einrichtungen im Winter auf Seite 119 die Konsequenzen für den Wintersport.