2019 sind keine großen Veränderungen in Energiewirtschaft und -politik zu erwarten. Aber die auslaufenden EEG-Umlagen in den Folgejahren werden einen nachweisbaren Einfluss auf Entscheidungen haben.
Zwar treten im kommenden Jahr das Energiesammelgesetz sowie (eventuell) das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft. Aber prägend für den Energiemarkt ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), obwohl dieses gar nicht geändert wird. "Deutschland lässt sich die Förderung alternativer Energietechnologien zur Erzeugung von grünem Strom mittels des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes (EEG) mittlerweile rund 25 Mrd. € pro Jahr kosten […] – mehr als drei Mal so viel wie Deutschland jährlich für Entwicklungszusammenarbeit ausgibt", beschreiben die Springer Gabler Autoren Manuel Frondel und Stephan Sommer in ihrem Zeitschriftenbeitrag Der Preis der Energiewende: Anstieg der Kostenbelastung einkommensschwacher Haushalte auf Seite 336 die Summen, die für die Förderung eingesetzt werden.
Doch diese Förderung läuft peu à peu aus: Ab dem 1. Januar 2021 fallen gut 5.700 Windkraftanlagen mit rund 4.500 Megawatt Leistung binnen eines Jahres aus der Förderung. Bis 2023 gesellen sich zu ihnen weitere 10.000 Megawatt hinzu. Bei PV sind es 114 Megawatt im ersten Jahr und nochmals knapp 200 Megawatt zwei Jahre später.
EEG-Anlagenbetreiber denken nach
Anlagenbetreiber befassen sich also schon jetzt mit den Fragen, wie der Strom dann weiterproduziert wird, wie er sich vermarkten lässt oder ob die Anlagen zurückgebaut werden müssen. Entscheiden sie sich für letzteres, droht Deutschland eine Ökostromlücke. Und der einstige Vorzeigebereich Stromwirtschaft, in dem inzwischen gut 38 Prozent der verbrauchten Strommenge nachhaltig erzeugt werden, rutscht Stück für Stück ab. Das Energiesammelgesetz soll dem entgegenwirken. Doch dazu später mehr.
Die weitere Vermarktung dürfte bei einigen Anlagen schwierig werden. Derzeit lässt sich Strom via Energiebörse EEX für maximal drei bis vier Eurocent je Kilowattstunde weiterverkaufen. Fraglich ist, ob sich das für die längst investiv und steuerlich abgeschriebenen Anlagen rechnet. Bei zumindest für die Windanlagen höherem Wartungsaufwand und der durch Alterung geminderter Leistung der PV-Anlagen müssen das die Betreiber schon jetzt, also 2019, kalkulieren, um dann eine Entscheidung zu treffen. Für viele Windkraftanlagen bleibt zudem ein Weg versperrt: das Repowering. Dabei wird an der Stelle eines alten ein neues, leistungsstärkeres, aber auch höheres Windkraftwerk errichtet. Inzwischen wurden in vielen Bundesländern die Abstandsregelungen verschärft, so dass diese Lösung oftmals ausscheidet.
Als weitere Lösung kommt dann Eigenverbrauch in Frage, was aber wiederum einen Großabnehmer voraussetzt, etwa E-Mobilität oder strombasierte Heizsysteme, oder der Verkauf des Stromes an Dritte. Für ersteres müssen die Anlagen technisch umgerüstet werden. Für letzteres gibt es tatsächlich einen Markt, da viele Unternehmen auf den Bezug von Grünstrom angewiesen sind oder diesen aus strategischen Gründen bevorzugen. Wermutstropfen bei beiden Modellen: Die EEG-Umlage wird trotzdem mit 40 Prozent fällig.
Ein dritter Weg, die Anlagen einfach weiterlaufen zu lassen und den Strom ins Netz einzuspeisen, ist bei Erlösen von 0,5 bis 2 Eurocent je Kilowattstunde nach Abzug der Netzgebühren kaum lohnend. Zudem ist unklar, ob überhaupt ein Einspeisevorrang, wie für Anlagen, die noch unter das EEG fallen, weiterhin gültig ist.
Energiesammelgesetz gegen EEG-Anlagen-Ausfall
Das Energiesammelgesetz, in dem zahlreiche Maßnahmen zur Beschleunigung der Stromwende gebündelt sind, soll nun zumindest dem volkswirtschaftlichen Ausfall der alten EEG-Anlagen. Es wird wohl Anfang kommenden Jahres endgültig beschlossen und im Verlauf desselben in Kraft treten. Ein Eckpunkt dabei: Sonderausschreibungen für Solar- und Windparks, mit denen die oben beschriebene Lücke aufgefüllt werden soll. Insgesamt sind sie für 8.000 Megawatt geplant.
Im gleichen Zug soll aber die Förderung von größeren PV-Anlagen ab 40 Kilowatt peak, wie sie etwa für Mieterstromprojekte gängig sind, zurückgefahren werden. Auf der anderen Seite gibt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium Überlegungen zu einer Bürgerdividende, mit der Bürger in den durch die erneuerbaren Energien bedingten Netzausbau investieren können. Stringenz sieht anders aus.
Gebäudeenergiegesetz kommt (vielleicht)
All das hat etwas mit der Stromwende zu tun. Doch der Nachholbedarf ist bei Mobilität und Wärme viel größere. Für letzte wird schon seit gut drei Jahren über ein Gebäudeenergiegesetz (GEG) diskutiert. In der letzten Legislaturperiode scheiterte dies noch an Streitereien zwischen CDU und SPD. Nun wird es spruchreifer, aber kaum besser als die Flickschusterei im Strommarkt.
Im Gesetz werden längst überfällig Energieeinsparverordnung (EnEV), Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammengeführt. Definiert wird ein "Niedrigstenergiegebäudestandard", der jedoch kaum abbildet, was heute schon bautechnisch in Bezug auf Energieeffizienz möglich ist. Experten kritisieren an dem derzeit kursierenden Entwurf zudem geringe Effizienzanforderungen, keinen Zwang zu erneuerbaren Energien und zahlreiche Schlupflöcher. "Regulativer Rahmen und Steuerungsinstrument zum Erreichen der Ziele im Gebäudesektor sind zum einen auf Europäischer Ebene die Energy Performance in Buildings Directive (EPBD) sowie auf nationaler Ebene die Energieeinsparverordnung (EnEV), die durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abgelöst wird", beschreibt Springer-Autor Sebastian Herkel in seinem Buchkapitel Energieperformance in Planung und Betrieb auf Seite 238 die Bedeutung dieses Gesetzes. In der derzeitigen Fassung wird das Gesetz dem kaum gerecht.
Sei es wie es sei – auch 2019 wird spannend, wenn es um das Thema Energie geht. Wie schon 2018. Und 2017. Und all die Jahre zuvor.