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11-06-2018 | Erneuerbare Energien | Interview | Article

"Investitionen in Erneuerbare Energien in Europa gesunken"

Author: Nico Andritschke

3:30 min reading time

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Den Investment-Report 2018 für Erneuerbare Energien stellten kürzlich die Frankfurt School-UNEP Collaborating Centre und Bloomberg New Energy Finance vor. Professor Ulf Moslener erläutert die Trends.

Springer Professional: Wie lässt sich die weltweite Entwicklung der Erneuerbaren Energien in den letzten Jahren beschreiben und bewerten?

Ulf Moslener: Der Strukturwandel ist in vollem Gange. In einer Hauptrolle sehen wir den Siegeszug der Sonne, besonders der Photovoltaik. Weltweit wurde letztes Jahr allein in Solarstromerzeugung mehr investiert als in alle fossilen Kraftwerke, also Kohle, Gas und Öl und die Kernenergie zusammengenommen. Das war auch von sinkenden Kosten getrieben, sie sind seit 2010 um rund zwei Drittel gefallen. Allerdings ist der Blick auf den Gesamt-Kontext noch ernüchternd. Von der weltweit existierenden Kraftwerkskapazität basieren nur 19 Prozent auf Erneuerbaren Energieträgern, und wegen der Schwankungen bei Sonne und Wind macht das nur grob 12 Prozent der weltweiten Stromerzeugung aus. Bis zur CO2-freien Stromerzeugung, wie sie für die Klimaziele von Paris notwendig ist, dauert es also noch etwas.

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Zur Vergangenheit und Zukunft des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Die Idee einer ökologischen Energiewende als Antwort auf den Ausbau der Atomenergie aufgrund der ersten Ölkrise 1973 ist zwar älter als das erste das erste Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) von 2000 bzw. dessen Vorläufer, das Stromeinspeisungsgesetz (StrEG) von 1990. 


Welche Bedeutung haben die einzelnen Erzeugerarten an der Gesamtstromerzeugung der Erneuerbaren in Europa und Deutschland, wo sind starke Zuwächse erkennbar und wo besteht Handlungsbedarf?

Ganz klar dominieren Sonne und Wind, und zwar mit sehr großem Abstand. Das gilt nicht nur für Europa, sondern weltweit. Für ein an sich sonnenärmeres Land wie Deutschland haben eine großzügige anfängliche Förderung und später dann vor allem ein niedriger Preis für Solarstromerzeugung zu beachtlichen Kapazitäten geführt. Den größeren Anteil liefert allerdings der Wind. Auch, weil sich hier langsam die Offshore-Technologie etabliert. Da ist noch mehr zu erwarten. 

Auf welchem Niveau bewegen sich die Investitionen in Europa und Deutschland, sind sie ausreichend und welche Trends sind dabei erkennbar? Welche Länder investieren am stärksten in Erneuerbare Energien?

In Europa sind die Investitionen in Erneuerbare seit ein paar Jahren eher im Sinkflug. In der Spitze in 2011 hatten wir Investitionen in Erzeugungskapazität auf Basis Erneuerbarer Energie von etwa 128 Milliarden US-Dollar. Vergangenes Jahr waren das gerade noch etwas über 40 Milliarden US-Dollar. In Deutschland dominieren die Windkraftinvestitionen – mit knapp 8 Milliarden US-Dollar etwa das Vierfache der Solar-Investitionen. Dabei sind die Investitionen in Deutschland gegenüber dem Vorjahr um rund ein Drittel gesunken. Der Rückgang bildet übrigens recht genau die sinkenden Wind-Investitionen ab. Natürlich reicht das auf lange Sicht für die Klimaziele nicht. In manchen Ländern Europas – auch in Deutschland – liegt die Herausforderung jetzt darin, dass Investoren bei der gegenwärtigen Marktstruktur und -organisation nicht wirklich an die langfristige Attraktivität von weiteren Investitionen in noch mehr schwankende Stromerzeugung glauben. 
Das Problem hat der Investitionsspitzenreiter China nicht. Allein dort wurde in 2017 mehr in solare Stromerzeugung investiert als im ganzen Rest der Welt zusammen. Aber eben vor dem Hintergrund eines starken Wachstums an Stromerzeugungskapazität insgesamt, Kohle mit eingeschlossen.

Geht es um Erneuerbare Energien, stellt sich nicht nur die Frage nach der Erzeugung von Strom sondern auch die nach verfügbaren Speichertechnologien. Wie ist man weltweit vorangekommen?

Stromspeicher sind neben guten Netzen, Flexibilität in der Nachfrage und etwa Verknüpfung von Strom mit Gas- oder Wärmenetzen eine zentrale Technologie, um mit der wetterabhängigen schwankenden Stromerzeugung umzugehen. Hier hat sich viel getan: Die Kosten für Stromspeicherung in Batterien fallen und fallen, allein im letzten Jahr um etwa 23 Prozent. Ich sehe auch nicht, dass das Ende hier bereits erreicht ist.

Deutschland wird die Klimaziele aus dem Pariser Klimaabkommen nicht erfüllen können. Wie schätzen sie die Rahmenbedingungen für Investitionen in eine CO2-freie Stromerzeugung hierzulande ein? Wie müssten diese ausgestaltet werden, um künftig besser und schneller voranzukommen?

Das Hauptziel des Pariser Abkommens ist es, in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts global Netto-CO2-Emissionen von Null zu erreichen. Das kann Deutschland sowieso nicht alleine schaffen. Aber selbst um "nur" den deutschen Stromsektor bis 2050 vollständig ohne CO2-Emissionen zu organisieren, ist es noch ein weiter Weg. Wie schon erwähnt, ist der Strommarkt meines Erachtens im Umbruch: Es müssen neue Geschäftsmodelle entstehen, die Investitionen in schwankende Erzeugung attraktiver machen. Vielleicht können gerade große Stromverbraucher ihre Nachfrage flexibler gestalten und dann entweder schwankende Preise ausnutzen oder sogar in Zusammenarbeit mit dem Netzbetreiber stabilisierende Dienstleistungen anbieten.

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