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03-05-2016 | Fahrzeugtechnik | Nachricht | Article

Erste Probefahrt im Audi SQ7 TDI

Author: Martin Westerhoff

4:30 min reading time

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Elektrischer Zusatzverdichter und Wankstabilisierung: Audi setzt die Freiheitsgrade eines 48-V-Bordnetzes erstmals konsequent in einem Serien-Pkw um. So fährt sich das SUV mit dem V8-Biturbodiesel.

Was das Bemerkenswerte am elektrischen Verdichter ist? Dass er sich nicht bemerkbar macht. So lautet das knappe Resümee einer ersten, etwa 100 km langen Probefahrt mit dem neuen Audi SQ7 TDI. Und damit ist nicht gemeint, dass der von einer 7 kW starken E-Maschine angetriebene Valeo-Kompressor nicht in der Lage ist, das transiente Verhalten bei seiner Premiere in einem Serienfahrzeug zu verbessern. Im Gegenteil - im Verbund mit einem als Registeraufladung ausgeführten konventionellen Biturbo im Innen-V des neuen 4,0-l-V8-TDI-Motors stellt er einen derart spontanen Ladedruckaufbau sicher, dass sich die Beschleunigung für den Fahrer im Automatikmodus über den gesamten, vom Achtgang-Wandlergetriebe genutzten Drehzahlbereich fast linear anfühlt.

Für diesen subjektiven Eindruck sprechen auch technische Daten. Der in Neckarsulm neu entwickelte V8 TDI mit 4,0 l Hubvolumen stellt 900 Nm von 1000 bis 3250/min bereit. Zudem leistet das Diesel-Spitzenaggregat 320 kW von 3750 bis 5000/min. Um diese Werte zu erreichen, haben die Motorenentwickler viel Aufwand betrieben. Insbesondere, was das Aufladesystem und dessen Kalibrierung anbetrifft. Dazu trägt neben dem elektrischen Zusatzverdichter wesentlich das erstmals an einem Dieselmotor eingesetzte Audi Valvelift System bei. Über ein zweiflutiges Abgaskrümmersystem erfolgt die Anströmung des zweiten Turboladers durch sequenzielles Öffnen von Auslassventilen: Das erste Auslassventil jedes einzelnen Zylinders beaufschlagt permanent die Turbine des Aktiv-Abgasturboladers mit Abgas, der Passiv-Abgasturbolader wird durch Zuschalten des jeweils zweiten Auslassventils in Drehzahlbereichen über 2700/min durchströmt. Variable Steuerzeiten auf der Einlassseite kombinieren ein hohes Motormoment bei niedrigen Drehzahlen mit einem Diesel-untypischen Ausdrehverhalten.

Homogenes Zusammenspiel des Verdichter-Trios

Bei 3750/min erreicht der Motor seine Nennleistung von 320 kW, die Maximaldrehzahl beträgt 5000/min. Die konventionelle Biturbo-Aufladung mit zwei Abgasturboladern von Honeywell ergänzt der elektrisch angetriebene Verdichter. Mit einer maximalen Hochlaufzeit von 250 ms verbessert er wesentlich das Low-End-Torque sowie das transiente Verhalten bei niedrigen Drehzahlen. Die Maximaldrehzahl von 70.000/min in Verbindung mit den hohen Drehzahlgradienten bis 260.000/min/s erfordert eine aufwendige Lagerung. Die Welle mit Verdichterrad und Rotor nimmt eine Fest-Los-Lagerung mit wartungsfreien fettgeschmierten Kugellagern im Gehäuse auf.

Der EAV ist nur dann aktiv, wenn der konventionelle Lader einen definierten Sollladedruck nicht erreicht. Das ist bei niedrigen Drehzahlen und geringem Abgasmassenstrom der Fall. Für den Fahrer ist es nicht bemerkbar, dass sich der elektrische Verdichter beim Beschleunigen zuschaltet und im Monoturbo-Betrieb den Ladedruckaufbau forciert. Der dadurch unmittelbar erhöhte Luftmassenstrom ermöglicht laut Audi eine deutlich angehobene Volllasteinspritzmenge. Das hebt nicht nur das Motormoment an. Auch der Hochlauf des Aktiv-Abgasturboladers durch die höhere Abgasenthalpie wird beschleunigt. Der maximale Ladedruck von 3,4 bar wird 1 s früher erreicht. Sobald der Aktiv-Abgasturbolader seine volle Leistung umsetzen kann, wird der EAV deaktiviert. Für die Insassen fühlt sich dieses komplexe Zusammenspiel des Verdichter-Trios so homogen an, als würde ein großvolumiger Otto-Saugmotor den Audi SQ7 antreiben. Für den obligatorischen Sprint aus dem Stand auf 100 km/h benötigt das SUV laut Werk nur 4,8 s.

48-V-Bordnetz eröffnet neue fahrdynamische Möglichkeiten

Der hohe Leistungsbedarf des elektrischen Verdichters - in der Spitze bis zu 7 kW - ist nur durch ein separates, als Leistungsinsel ausgeführtes 48-V-Teilbordnetz im SUV sicherzustellen. Über einen DC/DC-Wandler ist es mit dem konventionellen 12-V-Bordnetz gekoppelt. Als elektrischer Speicher dient eine kompakte Lithium-Ionen-Batterie mit 10 Ah. Nach dem Bentley Bentayga ist der Audi SQ7 erst das zweite Serienfahrzeug, das über eine 48-V-Versorgung verfügt. Das ermöglicht den Einsatz weiterer elektrischer Komponenten mit hoher Leistungsaufnahme, die bei 12 V Betriebsspannung undenkbar wären. So rüstet Audi sein Spitzen-SUV optional mit der elektromechanischen Wankstabilisierung von Schaeffler aus. Deren Aktuatoren sind anstelle der passiven Stabilisatoren an Vorder- und Hinterachse verbaut. Durch das aktive Tordieren der beiden Stabilisatorhälften zueinander mildert der jeweils aus einem E-Motor und dreistufigem Planetengetriebe bestehende Aktuator die Wankbewegungen des Aufbaus ab, die üblicherweise durch Straßenunebenheiten und schnelle Kurvenfahrten entstehen. Dabei kann das System je Achse mit einem maximalen Drehmoment von 1200 Nm gegenwirken.

In unserem Testfahrzeug war die Wankstabilisierung in Kombination mit einer Hinterachslenkung und einem Sportdifferenzial verbaut, das eine Antriebsmomentverteilung an den Hinterrädern des Allradkonzepts ermöglicht. Auf einem kurvigen Bergpass in den Vogesen waren bei unserer Testfahrt auffallend niedrige Lenkradstellwinkel nötig, um das 5,06 m lange SUV durch die engen Kehren zu steuern. Trotz über 2,3 t Leergewicht mit Fahrer zeigte der Audi SQ7 sehr geringe Wankbewegungen, sowohl bei schnellen Kurvenfahrten wie auch abrupten Bremsmanövern. Die subjektive Wahrnehmung kommt der eines Mittelklasse-Sportwagens sehr nahe. Diesen Eindruck bestärkt der souveräne Antrieb. Bei sehr sportlicher Fahrweise lag unser Realverbrauch bei 13,2 l/100 km. Der kombinierte Normverbrauch beträgt - je nach Rad-Reifen-Kombination - zwischen 7,2 bis 7,5 l/100 km. Mithilfe der elektrischen Aufladung ist der V8 TDI hinsichtlich der kundenrelevanten Fahreigenschaften mindestens ein vollwertiger Ersatz für einen großvolumigen Ottomotor. Ähnliche Motor- und Aufladekonzepte sind damit als Antrieb für sportliche SUV prädestiniert: Sie ermöglichen vor dem Hintergrund immer schärferer CO2-Gesetzgebungen, dennoch hohe Leistungen darzustellen.


Audi SQ7 TDI: Animation des elektrisch angetriebenen Verdichters und des 48-Volt-Teilbordnetzes.



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