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25-03-2015 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Article

Wissenschaftler fordern "Prometheus reloaded"

Author: Markus Bereszewski

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Viele der heutigen Fahrerassistenzsysteme gehen auf das im Jahr 1986 gestartete und 1994 beendete Forschungsprojekt Prometheus zurück. 21 Jahre danach wünschen sich viele nun eine Neuauflage, um dringend benötigte Antworten auf heutige Fragen zur Sicherheit im Straßenverkehr zu erhalten.

Die richtungsweisende Bedeutung des Forschungsprojektes Prometheus (Programme for a European Traffic with Highest Efficiency and Unprescedented Safety) kann gar nicht überschätzt werden. Das auf acht Jahre angelegte europäische Forschungs- und Entwicklungsprogramm zwischen Automobilindustrie, Automobilzulieferern und Hochschulen sollte den Straßenverkehr auf ein neues Niveau in Bezug auf Sicherheit und Wirtschaftlichkeit heben. Es war aber auch ein Schulterschluss der europäischen Industrie zur Abwehr der technologischen Bedrohung aus den USA und vor allem Fernost, die Anfang der 80er-Jahre in der Foto- und Audioindustrie zu einem Niedergang der hiesigen Anbieter geführt hat. Vergleichbares sollte sich im Automobilsektor nicht wiederholen.

Flops in Prometheus

Unterteilt in drei Teilprojekte Pro-Car, Pro-Net und Pro-Road untersuchte Prometheus 27 Funktionalitäten. Von denen haben es 14 sozusagen 1:1 in eine Serienumsetzung geschafft, sechs haben sich in Bezug auf die Wirkweise, aber mit anderer Technik durchgesetzt und 7 Ansätze sind nicht weiter verfolgt worden. Als Beispiel dieser "Fehlgriffe" seien hier nur die Verbesserung der Nachtsicht mithilfe von Ultraviolett-Scheinwerfern und das Baken-Informationssystem genannt, bei dem blinkende Baken am Straßenrand vor Gefahren warnen sollten. Spannender ist dagegen, welche Lösungsansätze mit nahezu identischer oder eben auch veränderter Technik in Fahrzeuge implementiert wurden.

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Der multimodalen Reiseoptimierung, die beispielsweise reisespezifische Informationen an festen oder mobilen Terminals und Buchungsmöglichkeiten in öffentlichen Verkehrsmitteln vorsah, halfen erst das Internet und Online-Dienste auf den Weg - sprich Kommunikationsmittel, die in dieser Form und mit einer heute selbstverständlichen allgemeinen Verfügbarkeit Mitte der 80er-Jahre noch nicht absehbar waren. Anderes dagegen erwies sich aufgrund der Wirkweise allein als nicht hilfreich und ging in umfassenderen Ansätzen auf. So zum Beispiel die Abstands- und Kollisionswarnung auf Basis von Radar, Lidar oder Kamera, die erst als Zusatzfunktion von ACC und Notbremsassistent in die Fahrzeuge einzog.

Tops in Prometheus

Doch die Mehrheit der damals erforschten Funktionalitäten schaffte es auf direktem Weg, was die Innovationskraft der seinerzeit zusammengeschlossenen Partner und deren Weitsicht unterstreicht. Einige Beispiele: Nur fünf Jahre nach Beendigung von Prometheus hält 1999 ACC mit Basisfunktionalitäten Einzug in Oberklassefahrzeuge, fünf weitere Jahre dauert es bis zur Weiterentwicklung zum zuverlässigen Stop-and-Go-Piloten. Auch der Spurhalteassistenten, der ab 2003 verfügbar war, wurde maßgeblich von Prometheus gefördert beziehungsweise beschleunigt. Gleiches gilt für die heute nahezu selbstverständlichen Sicherheitssysteme wie Toter-Winkel-Assistent, die Fußgänger- oder Verkehrszeichenerkennung.

Übersehenes

Durchaus selbstkritisch äußern sich einige Prometheus-Protagonisten heute darüber, was sie seinerzeit "übersehen" haben. Dazu zählen Maßnahmen zur Unfallfolgenminimierung, beispielsweise durch eine automatisierte Notbremsung bei nicht mehr vermeidbaren Kollisionen. Stattdessen verfolgte man die visionärere Lösung im Sinne einer automatisierten Kollisionsvermeidung. Bekanntermaßen sind bis heute keine Systeme in Serie, die automatisierte Ausweichmanöver beherrschen.

Die Wiege des automatisierten Fahrens

Dieser visionäre Ansatz ist sicher ein Grund dafür, dass Prometheus heute als Wiege des automatisierten Fahrens angesehen wird, obwohl es diese Zielsetzung im Projekt gar nicht gab. Es lässt sich jedoch nicht bestreiten, dass unter anderem mit den Versuchsfahrzeugen Vita 1 und Vita 2 - letzteres fuhr automatisiert sogar auf einer öffentlichen Stadtautobahn in Paris Anfang der 90er-Jahre - wichtige Anstöße zur Umfelderkennung und zum automatisierten Fahren in Prometheus gegeben wurden.

Gründe für ein Prometheus 4.0

Der lange Nachhall des Projekts und die immer noch aktuelle Zielsetzung lassen Wissenschaftler heute laut nach einem vergleichbaren Nachfolgeprojekt rufen. Professor Hermann Winner, Fachgebietsleiter Fahrzeugtechnik der TU Darmstadt, erneuerte kürzlich auf dem diesjährigen Kongress des VDA in Filderstadt seine Forderung nach einem "Prometheus reloaded", die er in ähnlicher Form bereits im "Handbuch Fahrerassistenzsysteme" stellte. "Denn die heutigen Herausforderungen wie Testbarkeit und Gestaltung von automatisiertem Fahren sind mit Prometheus-Erkenntnissen nicht mehr zu bewältigen, weshalb wir auch zukünftig Forschungsprogramme mit großem Impact benötigen", mahnt Winner.

Auch Professor Lutz Eckstein, Leiter des Instituts für Kraftfahrzeuge an der RWTH Aachen lässt keine Zweifel an der Notwendigkeit eines "Prometheus 4.0", wie er es nennt. "Wir sollten das Feld nicht anderen Industrien überlassen", warnt er auf dem VDA-Kongress mit Blick auf die Informationstechnologie- und Kommunikationsbranche. Zudem fordert er eine stärkere Zusammenarbeit aller Marktteilnehmer, die lediglich Differenzierungskriterien in Eigenregie vorantreiben sollten, ansonsten aber "gemeinsame Prinzipien und Standards zum Wohle aller Hersteller" entwickeln müssten. "Es bedarf einer großen Anstrengung auf europäischer Ebene. Wenn wir Prometheus neu aufsetzen, müssen wir neben der technischen Ebene auch die drei anderen relevanten Ebenen berücksichtigen - also die gesellschaftliche, die juristische sowie die ergonomische und psychologische Ebene", erklärt Eckstein. Ausreichend Forschungsgegenstände also für eine Neuauflage von Prometheus.

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2015 | OriginalPaper | Chapter

Fahrerassistenz

Source:
Automobilergonomie

2014 | OriginalPaper | Chapter

Fahrerassistenzsysteme

Source:
Automobilelektronik

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