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09-09-2014 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Article

Warum Elektromobilität nicht im Alltag ankommt

Author: Christiane Brünglinghaus

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Beste Ideen für Elektromobilität nutzen nichts, wenn sie vom Kunden nicht angenommen werden. Doch es sind nicht nur die Nutzer: Auch infrastrukturelle Herausforderungen hemmen die E-Mobilität. So fehlt es den Kommunen an ganzheitlichen Konzepten - zum Beispiel bei der Straßen- und Parkraumnutzung.

"Die Zulassungszahlen von Elektroautos bewegen sich in Deutschland trotz der fortschreitenden technologischen Entwicklung in den vergangenen Jahren auf niedrigem Niveau", sagt Professor Dr.-Ing. Petra K. Schäfer, Leiterin der Fachgruppe Neue Mobilität am Fachbereich Architektur, Bauingenieurwesen, Geomatik der Frankfurt University of Applied Sciences.

"Grund dafür sind unter anderem die infrastrukturellen Herausforderungen, denen sich Städte, Gemeinden und Unternehmen stellen müssen sowie die noch zu geringe Akzeptanz durch potenzielle Nutzerinnen und Nutzer, was vor allem auf den hohen Kaufpreis und die mangelnde Wahrnehmung im Alltag zurückzuführen ist. Das politische Ziel, eine Million Elektro-Pkws bis zum Jahr 2020 auf deutschen Straßen zu sehen, ist angesichts unserer Ergebnisse und Analysen kritisch zu betrachten", erklärt Schäfer weiter. Die Wissenschaftlerin der Frankfurt University of Applied Sciences forscht mit Kollegen im Rahmen einer sozialwissenschaftlichen Begleitforschung zu Erwartungen, Erfahrungen und Akzeptanz von Elektromobilität in der Modellregion Rhein-Main. Dazu wurden Elektrofahrzeug-Nutzer und Kommunen befragt.

Nur wenige Nutzer verfügen über private Lademöglichkeit

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In einer Umfrage mit 313 Elektrofahrzeug-Nutzern vor der ersten Nutzung gaben 72 Prozent der Nutzer an, das Elektrofahrzeug nur für dienstliche Zwecke verwenden zu wollen. Knapp ein Viertel der Befragten teilte mit, dass sie das E-Fahrzeug (fast) täglich nutzen werden. Da die tägliche Verkehrsleistung von Dreiviertel der Befragten bei unter 100 km und von über der Hälfte sogar bei maximal 80 km liegt, ist die Nutzung eines Elektrofahrzeugs im täglichen Gebrauch bei einem Großteil der Nutzer in der Modellregion Rhein-Main ohne Einschränkungen der Reichweite möglich.

Ein Großteil der Befragten gab jedoch an, für ein Elektrofahrzeug im privaten Gebrauch nicht deutlich mehr als für ein konventionelles Fahrzeug ausgeben zu wollen. 38 Prozent seien überhaupt bereit, einen geringen Aufpreis zu zahlen. Daher fordert zum Beispiel der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) Kaufanreizprogramme für den Erwerb eines Elektrofahrzeugs.

Ein wichtiger Aspekt für potenzielle Nutzer ist, neben den Anschaffungskosten und der Reichweite, die Abstellmöglichkeit des Elektrofahrzeugs beziehungsweise die Lademöglichkeit der Batterie zu Hause und am Arbeitsplatz, so die Umfrage der Frankfurter Forscher. 66 Prozent der Befragten verfügen über eine Abstellmöglichkeit am Wohnort, doch nur bei 24 Prozent ist dies verbunden mit einer potenziellen Lademöglichkeit. Immerhin etwas mehr als die Hälfte der Befragten gaben an, dass am Arbeitsort eine potenzielle Lademöglichkeit vorhanden wäre.

Kommunen: Es mangelt an ganzheitlichen Konzepten

"Elektromobilität kann die Lebensqualität in Städten steigern, wenn sie sinnvoll in neue Mobilitäts- und Stadtentwicklungskonzepte eingebunden wird und dadurch für eine Verkehrsentlastung, weniger Lärm und geringere Schadstoffemissionen sorgt", so Schäfer. Gerade Elektrofahrzeuge könnten wichtige Impulse zum Bespiel für die Neugestaltung intermodaler Transportketten geben. Denn die Menschen optimieren immer stärker nach individuellen Kriterien ihre eigenen Reiseketten, erläutern die Springer-Autoren Deffner, Hefter und Götz im Kapitel "Multioptionalität auf dem Vormarsch?" (Seite 227) im Buch Öffentliche Mobilität.

Allerdings zeige die Befragung von 23 Kommunen sowie erste weitergehende Analysen, dass es noch an ganzheitlichen Konzepten mangele, die den Kommunen als strategische Planungsinstrumente an die Hand gegeben werden könnten. Dabei gehe es beispielsweise um die ordnungspolitische und städtebauliche Gestaltung der Straßen- und Parkraumnutzung oder die Organisation des fließenden Verkehrs.

Parkraumgestaltung ist schwierig

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Städte vor allem mit dem Thema (Batterie-)Ladeinfrastruktur beschäftigen. Fast alle haben bereits Maßnahmen hinsichtlich der Elektromobilität durchgeführt. Gerade die Parkraumgestaltung in Zusammenhang mit Elektromobilität stellt sich als ein wichtiges, aber schwieriges Thema heraus, erklären die Forscher. Elf Städte haben reservierte Stellplätze beziehungsweise Parkstände für Elektrofahrzeuge eingerichtet, neun Kommunen Sicherungsboxen für (Elektro-)Fahrräder aufgebaut und vier Kommunen Park+Ride- beziehungsweise Bike+Ride-Anlagen mit Ladesäulen ausgestattet.

Dabei wird deutlich, dass die Begünstigung von Elektrofahrzeugen in vielen Städten eine Rolle spielt, die rechtlichen Rahmenbedingungen jedoch nicht abschließend geklärt sind. 15 Städte nutzen eigene Elektrofahrzeuge für den kommunalen Betrieb, in zehn Kommunen werden elektrisch angetriebene öffentliche Verkehrsmittel angeboten und in neun Kommunen existieren Sharing-Angebote für Bewohner oder Unternehmen. Überhaupt scheint die Etablierung der Elektromobilität bei der Konzeption des Geschäftsmodells weniger auf den privaten Endkunden zu fokussieren, sondern auf die gewerbliche Nachfrage. So werden sich Elektrofahrzeuge im Rahmen von Business-to-Business (B2B)-Geschäftsmodellen und insbesondere im Bereich des Carsharings etablieren, prognostizieren die Springer-Autoren Rennhak und Benad im Kapitel "Potenzielle Geschäftsmodelle für Automobilhersteller und Energiewirtschaft" (Seite 186) aus dem Buch Energie für nachhaltige Mobilität.

E-Räder - schneller als das Fahrrad und umweltfreundlicher als das Auto

Darüber hinaus sehen Kommunen laut Befragung auch in Pedelecs und E-Bikes ein hohes Potenzial, um den Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten und den Flächenverbrauch in Städten zu verringern, indem Pkw durch Elektrozweiräder ersetzt werden. Ein Mittel sind Radschnellwege, deren Errichtung bereits in sechs Kommunen geplant ist. Die Städte wünschen sich eine verstärkte Förderung in diesem Bereich.

Auch das Umweltbundesamt (UBA) rät den Kommunen dazu, Radwege an die teils höheren Geschwindigkeiten von E-Rädern anzupassen. Denn: "E-Räder, also von Elektromotoren unterstützte Fahrräder, brauchen im Vergleich zum Auto nicht nur weniger Platz, sie sind auch deutlich preisgünstiger. Zudem profitieren Gesundheit und Umwelt von den neuen Rädern", sagte Maria Krautzberger, Präsidentin des UBA. Für eine Strecke von 10 km - Dreiviertel aller zurückgelegten Wege liegen in diesem Entfernungsbereich - benötigt ein E-Rad nur etwa so viel Energie, wie man verbrauchen würde, um 0,7 Liter Wasser bei Raumtemperatur zum Kochen zu bringen, gibt das UBA an. Zwar fallen bei der Herstellung und Entsorgung der bei E-Rädern am häufigsten verwendeten Lithium-Ionen-Akkus Treibhausgasemissionen an, vergleiche man diese jedoch mit eingesparten Pkw-Kilometern, seien bereits nach 100 E-Rad-Kilometern die CO2-Emissionen des Akkus ausgeglichen.

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