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2019 | OriginalPaper | Chapter

3. Feld I: Akteur/ökonomische Logik

Author : Simon Weingärtner

Published in: Soziologische Arbeitsmarkttheorien

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Die Ansätze aus Theoriefeld I stützen sich für die Beschreibung der ökonomischen Grundlogik von Arbeitsmarktmechanismen auf Ideen aus der Mainstream-Ökonomik und erweitern diese nach dem Prinzip der „abnehmenden Abstraktion“ (Lindenberg) um verschiedene soziologische Theorieelemente. Die Ökonomie wird hier als eigenlogisches Subsystem der Gesellschaft konzeptualisiert, das von vielfältigen sozialen Faktoren beeinflusst wird. Es werden zwei Ansätze vorgestellt, die das große Potenzial einer sozialtheoretisch erweiterten Ökonomik deutlich werden lassen, indem sie auf Grundlage mikroökonomischer Annahmen in Verbindung mit unterschiedlichen soziologischen Theoriebausteinen jeweils eine arbeitgeber- und eine arbeitnehmerzentrierte Erklärungsstrategie wählen. Einmal der mikrofundierte sozialökonomische Ansatz von Nienhüser, der ein soziologisch geschultes Konzept auf Basis der Transaktionskostentheorie vorlegt. Zum anderen wird der schließungstheoretische Ansatz der Sozialstrukturforscher Giesecke und Groß eingeführt und im Kontext unterschiedlicher Forschungslinien der Schließungstheorie (Sørensen, Parkin, Murphy, Collins) verortet.

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Footnotes
1
Folgende Faktoren charakterisieren nach Etzioni sozialökonomische Erklärungsstrategien: Sie müssen realistische Annahmen über menschliches Verhalten treffen, von zeitlich, kognitiv und sozial beschränkter Rationalität ausgehen, den sozialen Kontext von Handlungen mit einbeziehen und dürfen individuelles Nutzenstreben nicht mit kollektivem Nutzenstreben gleichsetzen (Nienhüser 2015, S. 312 f.). Mit Blick auf seine eigene Disziplin ergänzt Nienhüser, dass sich eine sozialökonomische Personalforschung nicht nur an einer sozialen Gruppierung und deren Interessen orientieren darf: „Wenn sich wie in der Personalforschung ein großer Teil der Wissenschaftlergemeinschaft überwiegend am Ziel der Kapitalvermehrung für die Kapitaleigner orientiert, dann kann zumindest die Disziplin insgesamt kaum sozioökonomisch genannt werden“ (ebd., S. 335 f.).
 
2
Ähnliches gilt nach Nienhüser auch für einige neo-marxistische Erklärungsstrategien im Rahmen der Labour-Process-Theory (Braverman 1980) in Bezug auf den Machtmechanismus. Diese konzentrieren sich einseitig auf die Machtfrage zwischen Arbeit und Kapital und ignorieren dabei weitgehend Interessendifferenzierung sowie Gegenmacht(potenziale) aufseiten der Beschäftigten.
 
3
An dieser Stelle wird bewusst auf die insbesondere unter NIÖK-Vertretern gängige Bezeichnung „alter“ Institutionalismus verzichtet, da diese Zuschreibung einer nach wie vor ausgesprochen lebendigen heterodoxen Forschungstradition nicht gerecht wird (vgl. Elsner et al. 2014; Elsner 2015).
 
4
Die Interessen und Präferenzen der abhängig Beschäftigten spielen aufgrund der fundamentalen Machtasymmetrie im Kausalmodell zunächst nur eine untergeordnete Rolle, müssen aber bei Vorhandensein individueller und kollektiver Gegenmachtpotenziale mehr oder weniger stark von den betrieblichen Entscheidern berücksichtigt werden.
 
5
Eine ähnliche Konzeption beschäftigungspolitischer Bezugsprobleme findet sich im modernisierten Segmentationsansatz von Köhler et al. (vgl. Abschn. 4.​2).
 
6
So waren z. B. langfristig-interne Beschäftigungsstrategien in der BRD auch in Arbeitsbereichen mit geringerer Aufgabenkomplexität lange Zeit dominant.
 
7
Der marktzentrierte Ausbeutungsbegriff der Schließungstheoretiker weist fundamentale Unterschiede zum marxistischen Verständnis des Konzeptes auf. Nach Marx ist Ausbeutung strukturell in der kapitalistischen Produktionsweise verankert. Die Verteilung der aus Lohn (variables Kapital) und Profit (Mehrwert) bestehenden Nettowertschöpfung impliziert die Aneignung des Mehrwerts durch den Kapitalisten. Da die gesamte Nettowertschöpfung im Produktionsprozess aber – gemäß Arbeitswertlehre – einzig und allein durch Arbeit entsteht, basiert der Profit des Kapitalisten notwendig auf der Ausbeutung von Arbeitskraft. Der marktzentrierte Ausbeutungsbegriff ist dagegen wesentlich enger gefasst. Demnach liegt Ausbeutung dann vor, wenn es einer Arbeitsmarktpartei gelingt, einen Mehrgewinn oberhalb des unter Wettbewerbsbedingungen geltenden Preises zu erzielen. Durch Koalitionsbildungen durchgesetzte Löhne über dem Marktpreis sind aus dieser Perspektive ebenso eine Form ökonomischer Ausbeutung, wie Strategien des Lohndumpings unter den Marktpreis durch die Kapitalseite. In dieser ursprünglich auf die ökonomische Klassik (Malthus, Ricardo) zurückgehenden Vorstellung kommt also derjenige Anteil des Gewinns bzw. Lohns durch Ausbeutung zustande, der sich aus der Abweichung vom Marktpreis ergibt. Anders formuliert: Unter Wettbewerbsbedingungen kann es keine Ausbeutung geben, da jede Arbeitsmarktpartei den ihr jeweils „zustehenden“ Einkommensanteil als Rendite aus Arbeit und Kapital erhält.
 
8
Als Beleg für diese These führt Sørensen eine Studie von Thurow (1975) an, wonach ungefähr die Hälfte aller großen Vermögen in den USA auf erfolgreich kapitalisierte Quasi-Monopolrenten zurückzuführen sind (Sørensen 1996, S. 1350).
 
9
Eine analoge Argumentationsfigur findet sich auch bei Marx, der im dritten Band des „Kapitals“ von „Extraprofiten“ spricht (Mein herzlicher Dank für diesen Hinweis gilt Christoph Köhler).
 
10
Vorteile ergeben sich aus den spezifischen Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen, die ein Beschäftigter besitzt und dem Wissen, das sein Arbeitgeber über dessen Fähigkeiten (d. h. dessen Produktivität) besitzt. Sowohl die Erlangung von Fähigkeiten, als auch die Generierung des betrieblichen Wissens darüber sind mit Transaktionskosten verbunden und entsprechen wechselseitigen Investments beider Parteien ineinander. Solange diese Investitionen sich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszahlen, besteht ein Anreiz, die Beschäftigungsbeziehung aufrechtzuerhalten (vgl. ausführlich: Abschn. 2.​3.​3).
 
11
Eine These, die im zeitgenössischen Kapitalismus mit seinen multiplen Krisen- und Stagnationstendenzen als überholt gelten muss (vgl. Piketty 2014).
 
12
Dieses Phänomen wird heute in der Arbeits- und Industriesoziologie unter dem Begriff der „exklusiven Solidarität“ diskutiert (Dörre 2011; vgl. Abschn. 4.​3: Dörre et al.).
 
13
Eine ähnliche Konzeption hat Kreckel (2004) zur sozialen Ungleichheitsstruktur der Bundesrepublik vorgelegt. Die große Stärke von Kreckels Ansatz gegenüber Murphy und den übrigen der hier referierten Neo-Weberianern besteht in seiner ausführlicheren und systematischeren Behandlung geschlechtsspezifischer und ethnisch-kultureller Ausschließungspraktiken (vgl. auch: Kreckel 1989). Die Bourdieusche Konzeption eines anhand verschiedener Konfigurationen von ökonomischem, kulturellem und sozialem Kapital ausdifferenzierten „sozialen Raumes“ (vgl. Bourdieu 1983, 1985; vgl. Abschn. 6.​1: Eversberg) weist ebenfalls gewisse Ähnlichkeiten zu Murphys Überlegungen auf.
 
14
Dieser Aspekt wird unter „Zusammenfassung, Forschungsstand und Perspektiven“ am Ende von Abschn. 3.3 erneut aufgegriffen, in dem mithilfe von Murphys Ideen einige Anregungen für eine alternative schließungstheoretische Konzeption des Arbeitsmarktes entwickelt werden.
 
15
Ähnliche politische Argumentationsweisen finden sich in Theoriefeld IV (Fligstein, Eversberg).
 
16
Sørensen geht davon aus, dass dauerhafte Monopole im modernen Kapitalismus lediglich aufgrund staatlicher Wettbewerbsbeschränkungen bestehen können: „Modern capitalism has not eliminated rent seeking. Particularly transparent examples of rent-producing monopolies, which will not be erased by competition, are those created by government regulations of economic activity“ (Sørensen 1996, S. 1352).
 
17
Diese Einordnung widerspricht zwar der Selbstbeschreibung von Giesecke und Groß als Strukturtheoretiker, ist aber dennoch sinnvoll, da Schließungspraktiken in ihrem Ansatz (wie auch bei Sørensen) aus der Aggregation individueller Arbeitnehmerinteressen erklärt werden.
 
18
Die neukeynesianische Makroökonomik (auch „Neue Neoklassische Synthese“ genannt) wird insbesondere mit den beiden amerikanischen „Wirtschaftsnobelpreisträgern“ Joseph Stiglitz und Paul Krugman in Verbindung gebracht und ist streng von anderen Weiterentwicklungen des Keynesianismus, wie etwa dem Neo- oder Postkeynesianismus, zu unterscheiden (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon). Im Unterschied zum klassischen Keynesianismus handelt es sich hierbei um eine mikroökonomisch fundierte Theorie, die neoklassische Gleichgewichtsannahmen (DSGE-Modell) mit keynesianischen Preis- und Lohnrigiditäten kombiniert und anstelle von Modellen vollkommener Konkurrenz von „monopolistischer Konkurrenz“ (Robinson 1933) ausgeht. Die Kernannahme ist hier, dass mikroökonomische Preis- und Lohnrigiditäten zu suboptimalen Marktergebnissen führen, sodass makroökonomische Stabilisierungsmaßnahmen seitens des Staates bzw. der Zentralbank notwendig sein können, um langfristig effizientere makroökonomische Ergebnisse zu erzielen.
 
Metadata
Title
Feld I: Akteur/ökonomische Logik
Author
Simon Weingärtner
Copyright Year
2019
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-23743-1_3