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09-04-2020 | Finanzbranche | Interview | Article

"Die Stabilität des Bankensektors nicht gefährden"

Author: Angelika Breinich-Schilly

3:30 min reading time

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Interviewee:
Professor Dr. Bernhard Herz

ist Volkswirt und Professor an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth.

Aktuell diskutieren Medien und Politik über die Rückverlagerung der Produktion bestimmter Güter und die richtige Unterstützung für Unternehmen. Was wirtschaftlich Sinn macht und wie Finanzindustrie und Staat agieren sollten, erklärt Volkswirt Bernhard Herz im Gespräch. 

springerprofessional.de: Sie gehen davon aus, dass vor dem Hintergrund der aktuellen Krise strategisch wichtige Produkte künftig wieder verstärkt in Deutschland hergestellt werden. Nun haben Unternehmen seit Jahren ihre Lieferketten immer globaler aufgestellt. Wie schnell kann überhaupt ein Umstellung auf heimische Produktion erfolgen und welche Güter kommen aus Ihrer Sicht besonders in Betracht?

Bernhard Herz: Ich gehe in der Tat davon aus, dass es bei einigen ausgewählten strategisch wichtigen Produkten unter geopolitischen Überlegungen dazu kommen wird, dass vermehrt wieder in Deutschland produziert wird. Möglicherweise wird es auch nur dazukommen, dass für den Krisenfall Produktionsalternativen geplant werden. Es würden also Unternehmen identifiziert, die im Krisenfall bestimmte Produkte schnell herstellen könnten, etwa OP-Masken oder Vorprodukte für Arzneimittel. Wie schnell solche Produktionsumstellungen möglich sind, hängt stark von den einzelnen Produkten ab und kann von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten dauern.

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Supply Chain Controlling

Controlling als spezielle Führungs- und Managementfunktion ist eine wichtige Aufgabe im Unternehmen, denn sie soll das Management mit Informationen versorgen, ergebniszielorientiert steuern, als Metaführungssystem das Führungssystem koordinieren beziehungsweise als Rationalitätssicherung der Führung fungieren. Auch für das Supply Chain Management können diese Funktionen hilfreich sein.

Die Auslagerung der Lieferketten ins Ausland war bislang für viele Unternehmen vor allem eine Kostenfrage. Wie hoch schätzen Sie die finanzielle Belastung der Unternehmen ein, bestimmte Produkte oder gar Prozessschritte wieder im Inland herzustellen beziehungsweise durchzuführen? Welche Branchen werden hierdurch besonders belastet? Vielleicht haben Sie ein praktisches Beispiel.

Die Auslagerung von Produktion ist selbstverständlich oft kostengetrieben. Allerdings haben sich in einigen Branchen und Regionen aber auch sehr effiziente Branchencluster mit großem Know-how gebildet, etwa im IT-Bereich in China, die sehr schnell, flexibel und kompetent auf Veränderungen reagieren können. Solche Produktionsstandorte lassen sich nur schwierig ersetzen. In anderen Bereichen, etwa bei Vorprodukten für die Herstellung von Medikamenten, könnte die Produktion vergleichsweise einfach im Inland wieder aufgebaut werden.

Neben den reinen Produktionskosten, die die Firmen zu stemmen hätten, gibt es unzählige Verträge mit ausländischen Partnern und Lieferanten. Wie lässt sich dieses Problem pragmatisch lösen?

Generell dürften die Laufzeiten von Lieferverträgen das geringste Problem sein, da der Zeitbedarf für die Umstellung der Produktion deutlich größer sein dürfte.

Sehen Sie bei den Kosten und dem Aufwand, die eine Rückverlagerung mit sich bringt, auch den Staat in der Pflicht? Dieser könnte etwa durch Steuererleichterungen oder anderen Förderungen den Unternehmen unter die Arme greifen, die künftig wieder heimische Produkte einsetzten oder produzieren.

Den Staat sehe ich nur bei der Rückverlagerung geopolitisch besonders wichtiger Produkte in der Pflicht, wenn man sich also von anderen Regierungen unabhängiger machen will, weniger erpressbar sein will. Im Rahmen der Daseinsvorsorge könnte es auch hilfreich sein, bei wichtigen Produkten, zum Beispiel im Gesundheitsbereich, strategische Reserven anzulegen.

Welche Rolle nehmen Banken und andere Finanzdienstleister wie Versicherer oder Vermögensverwalter bei dieser Entwicklung ein? Müssen sie ihre Beziehungen zu den Firmenkunden neu gestalten und auch neue Finanzierungs- sowie Absicherungsalternativen auf den Weg bringen?

Der Finanzsektor ist vor allem wichtig, um in der aktuellen Phase des Produktionsstopps die Unternehmen mit ausreichend Liquidität zu versorgen. Zentrale Aufgabe ist es zu verhindern, dass an sich solvente, also gut aufgestellte Unternehmen an Liquiditätsproblemen scheitern. Dies muss in einer Weise geschehen, dass dabei die Stabilität des Bankensektors nicht gefährdet wird. Jetzt in der Krise 'die 5 auch mal gerade sein zu lassen', ist zwar eine von Politikern immer wieder erhobene wohlfeile Forderung. Dies könnte aber auch bei selbst kleinen Konzessionen der Banken im Einzelfall aufgrund der großen Zahl betroffener Kredite sehr schnell zu systemischen Problemen im Bankensektor führen – ein Horrorszenario.

Nun haben viele Unternehmen, darunter vor allem Mittelständler, schon jetzt einen erhöhten Kapitalbedarf, um die Krise zu meistern. Was halten sie von Vorschlägen, dass Betriebe, die aktuell vom Staat finanziell unterstützt werden, einen Teil künftiger Gewinne wieder an den Staat zurückführen sollen?

Sehr viel, das wird aber schon automatisch über höhere Steuerzahlungen auf Gewinne geschehen. Generell sind die vielfältigen staatlichen Unterstützungen als eine Art Versicherung gegen allgemeine Risiken zu sehen. Und Versicherungen kosten. Wichtig scheint mir jetzt aber zunächst, dass versucht wird, die missbräuchliche Verwendung dieser Unterstützung zu verhindern, etwa für Gehaltserhöhungen der Vorstände, Aktienrückkäufe.

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