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28-11-2019 | Finanzbranche | Schwerpunkt | Article

Digitale Entwicklungen gefährden Drei-Säulen-Struktur

Author: Angelika Breinich-Schilly

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Sparkassen, Genossenschaftsinstitute und Großbanken geben bei Krediten und Bankeinlagen in Deutschland den Ton an, wie eine aktuelle Analyse zeigt. Doch digitale Entwicklungen und neue Wettbewerber könnten die Drei-Säulen-Struktur auf Dauer erschüttern.

Unangefochten auf Platz eins beim Kreditgeschäft mit Privatkunden in Deutschland liegen die Sparkassen. Wie der aktuelle Deutschland Monitor der Deutschen Bank auf Basis von Bundesbankdaten (Stand Ende 2018) ermittelt hat, kommt die Bankengruppe auf einen flächendeckenden Marktanteil bei Krediten im Bestandsgeschäft von 29 Prozent. Auf Rang zwei folgen die Kreditgenossenschaften mit 24 Prozent. Im Gegensatz zu den Sparkassen ist der Verbund historisch bedingt vor allem im Westen und Süden Deutschlands stark, im Osten jedoch eher schwach vertreten. Den dritten Platz belegen Großbanken, die in den Stadtstaaten und im Osten überdurchschnittliche Marktanteile aufweisen können, sowie sonstige Kreditbanken mit jeweils 16 Prozent.  

Insgesamt haben die Banken Kredite in Höhe von 1.237 Milliarden Euro an Privatpersonen in Deutschland vergeben. Das absolut größte Kreditvolumen wiesen die Sparkassen mit 359 Milliarden Euro auf, gefolgt von den Volks- und Raiffeisenbanken mit 295 Milliarden Euro. Die drei Großbanken Deutsche Bank, Commerzbank und Hypovereinsbank sowie die übrigen Privatbanken wie Direkt- und Autobanken liegen mit rund 200 Milliarden Euro auf Rang drei. Auf den hinteren Plätzen rangieren alle weiteren Banken, zu denen insbesondere die Bausparkassen, aber auch Förder- und Landesbanken gehören. 

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Digitalisierung im Bankensektor – Notwendigkeit von neuen kundenzentrierten Geschäftsmodellen

Die Digitalisierung im Bankensektor ist nicht nur ein anhaltender Trend, sondern stellt auch den Großteil der Institute vor eine signifikante Herausforderung. Neben dem wachsenden Druck zur Erfüllung der Regulatorik, damit steigenden Kosten und rückläufigen Erträgen verschärfen die Anforderungen der Digitalisierung die schwierige Lage der Banken. 

Im Süden gibt es die höchsten Darlehen 

Ein Blick auf die Details zeigt, dass die Höhe der Bankkredite pro Kopf in Deutschland stark schwankt: So liegt die Verschuldung im Osten Deutschlands einschließlich Berlin mit 9.000 Euro deutlich unter dem Bundesdurchschnitt mit 14.900 Euro. Im Westen zählt die Analyse im Mittel zwischen 14.000 Euro und 21.000 Euro Kreditvolumen pro Verbraucher. Die größten Summen werden in Hamburg, Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz vergeben und liegen zwischen 16.000 und 21.000 Euro. Schlusslichter sind Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt mit jeweils unter 9.000 Euro Kreditschulden pro Kopf. 

Dies legt nahe, dass sich Menschen in reicheren Bundesländern offenbar mehr Schulden leisten können und wollen. Denn Banken beurteilen ihre Bonität und Schuldentragfähigkeit positiver als bei Menschen mit geringerem Einkommen und sind daher bereit, größere Kreditvolumina zu vergeben", lautet die Begründung der Analysten. 

Hinzu komme, dass im Süden Deutschlands das Preisniveau insgesamt höher sei, was sich auch auf die Kosten für Immobilien auswirke. "Diese zwingen Haus- und Wohnungskäufer dazu, mehr Kredit aufzunehmen als im Rest des Landes."

Sichteinlagen, Spareinlagen und Termingelder am beliebtesten

Analog zur Kreditvergabe zeigt die Analyse auch beim Geschäft mit Einlagen von Privatpersonen nach Bundesländern und Bankengruppen ein ähnliches Bild: Bundesweit kommen auf jeden Deutschen etwa 24.000 Euro an Einlagen. Auch hier entfällt der größte Anteil auf die Sparkassen mit absolut 691 Milliarden Euro, gefolgt von den Genossenschaftsbanken mit 483 Milliarden Euro. Auf Rang drei haben die Kreditbanken mit 364 Milliarden Euro die Großbanken mit nur 256 Milliarden Euro verdrängt. Beliebteste Einlagen sind die Sichteinlagen, gefolgt von den Spareinlagen und, deutlich kleiner, den Termingeldern. 

Ein Blick auf die Regionen und die Drei-Säulen-Struktur zeigt insgesamt ähnliche Schwerpunkte wie bei der Darlehensvergabe. Das Einlagenvolumen ist im Süden am höchsten und im Osten am niedrigsten und liegt auch in diesem Bereich "im Großen und Ganzen im Einklang mit der Einkommensverteilung". Spitzenreiter ist Baden-Württemberg mit der höchsten Pro-Kopf-Einlage, die bei 123 Prozent des Bundesdurchschnitts liegt. Mecklenburg-Vorpommern trägt mit 72 Prozent die rote Laterne. 

Bankenbranche vor fundamentalen Umwälzungen

Aktuell sei im Geschäft mit Privatkunden in Deutschland die traditionelle Bankenstruktur der drei Säulen noch immer fest verankert. Dennoch nehme die Bedeutung neuer Wettbewerber, vor allem der Direktbanken, zu. Ob sich die regionalen Stärken und Schwächen der einzelnen Bankengruppen und ihre Marktposition in den Regionen auch in den nächsten Jahren als robust erweist, müssen laut Studie die durch die Digitalisierung getriebenen Entwicklungen zeigen. 

Diese führen durch Online- und Mobile-Banking, abnehmende Bargeldnutzung sowie völlig neue Marktteilnehmer aus dem Technologiesektor zu fundamentalen Umwälzungen. Es ist durchaus möglich, dass diese die bisherige, überwiegend auf Filialen beruhende Beziehung zwischen Bank und Privatkunde so sehr erschüttern, dass die historisch gewachsene Marktdreiteilung ins Wanken gerät – samt der unterschiedlich starken regionalen Präsenz der Bankengruppen. Das hohe Wachstum der Direktbanken in den letzten Jahren könnte ein Vorbote für einen noch tiefgreifenderen Wandel sein", lautet die Prognose der Analysten. 

Fintechs holen auf

Auch Fintechs haben in den einzelnen Teilbereichen der Finanzdienstleistungsindustrie eigene Geschäftsmodelle entwickelt und treten dadurch als zusätzliche Wettbewerber zu den bestehenden Banken und Sparkassen auf, schreibt Patrick Pertl im Buchkapitel "Alternative Geschäftsmodelle". Der Großteil der im Bereich Finanzierungsdienstleistungen verorteten Jungunternehmen sei im Bereich der Konsumkreditvergabe aktiv, schreibt der Sprigner-Autor auf Seite 83. Am Beispiel von Auxmoney lasse sich ein deutlicher Wachstumstrend erkennen. "Allein dieser Anbieter konnte im Jahr 2018 ein Wachstum von 74 Prozent verzeichnen, was in Summe für dieses Jahr zu einem neu vergebenen Kreditvolumen von mehr als 550 Millionen Euro geführt hat", so Pertl. 

Kredite von Fintechs würden vorwiegend für kleine Finanzierungen verwendet, die von Banken nicht oder nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit vergeben werden können, sagt der Autor. Die hauptsächlichen Verwendungszwecke seien Möbel, die Ablösung anderer Kredite und der Ausgleich des Girokontos. 

Lösung liegt im Ökosystem

Um sich für die Herausforderungen der Zukunft zu rüsten, rät der Autor in seinen Handlungsempfehlungen (Seite 96) zu digitalen Ökosystemen, um die Bedürfnisse der Bankkunden vollständig zu befriedigen: 

Dabei sollten sich Banken an den Wünschen der Kunden nach maximaler Einfachheit und Transparenz orientieren. Eine Möglichkeit, wie dies erreicht werden kann, ist durch die Aggregation aller wichtigen Finanzinformationen auf einer Plattform, die in Zukunft auch durch eine künstliche Intelligenz wie bei Apples Siri oder Amazons Alexa ergänzt wird. In einem nächsten Schritt sollte dann auch zunehmend daran gearbeitet werden, Leistungsangebote aus angrenzenden Bereichen in das digitale Finanz-Ökosystem zu integrieren."

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