Lupe vergrößert Europa auf einer Landkarte. Die Europäische Kommission hat am 31. Mai 2017 ein Reflexionspapier zur Wirtschafts- und Währungsunion vorgestellt. Die wichtigsten Fakten für die Bankenbranche.
Im Nachgang zu ihrem am 1. März 2017 vorgelegten Weißbuch zur Zukunft Europas befasst sich die EU-Kommission in einem weiteren Reflexionspapier mit den Möglichkeiten, die Wirtschafts- und Währungsunion zu vertiefen. Das Papier soll laut Angaben der Kommission unter anderem konkrete Schritte darlegen, die bis 2025 umgesetzt werden könnten. "Die Zeit ist reif, den in Maastricht begonnenen Weg zu einer echten Wirtschafts- und Währungsunion mit starken Institutionen und demokratischer Rechenschaftspflicht zu Ende zu gehen", sagt Pierre Moscovici, EU-Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll. Bis 2025 sollten alle 27 EU-Staaten den Euro einführen. Bisher haben dies laut Angaben der EU-Kommission sieben Mitgliedsstaaten, die 2004 beigetreten sind, umgesetzt.
Zentrale Punkte des Positionspapiers für den Bankensektor |
Die drei zentralen Bereiche des Positionspapiers umfassen:
Dazu zählen die vollendete Bankenunion, Fortschritte bei der Eindämmung und gemeinsamen Abfederung von Risiken im Bankensektor und Maßnahmen, die die Krisenfestigkeit der Banken weiter stärken. Der gemeinsame Fonds für die einheitliche Bankenabwicklung (Single Resolution) und eine gemeinsame Einlagensicherung (EDIS) sollen idealerweise bis 2019 beschlossen und ab 2025 in Kraft treten. Die Kommission befürwortet im Papier außerdem die Idee einer so genannten sicheren europäischen Anlageklasse. Mit ihr sollen gemeinsame Schuldtitel emittiert werden, um die Stabilität der Finanzmärkte zu erhöhen. Geplant ist der Start des Projekts nach 2019. Die Details der Ausgestaltung sollen noch weiter diskutiert werden. |
Die Mitgliedstaaten könnten unter anderem die finanzielle Unterstützung aus dem EU-Haushalt stärker mit Strukturreformen verknüpfen. |
Die Kompetenzverteilung zwischen der Kommission und der Euro-Gruppe könnte überdacht werden. Die Idee eines Schatzamts für den Euroraum – eventuell verbunden mit einem eigenen Haushalt für den Euroraum – und eines Europäischen Währungsfonds könnte ebenfalls "in einer späteren Phase der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion" umgesetzt werden. |
Dieses Reflexionspapier ist das dritte von fünf themenspezifischen Papieren, die die Kommission im Weißbuch zur Zukunft Europas angekündigt hat. Das aktuelle Reflexionspapier dient laut Auffassung der Kommission als Aufruf an die Allgemeinheit, über die Zukunft Europas Stellung zu nehmen. Auch das kommende Reflexionspapier über die Zukunft der EU-Finanzen soll in die Debatte einfließen.
"Eigenverantwortung und soziale Marktwirtschaft als Grundlage"
Bei der Diskussion darüber, wie sich die europäischen Wirtschafts- und Währungsunion weiterentwickeln könnte, müsse das Ziel laut Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) ein "wettbewerbsstarkes Europa auf Grundlage von Eigenverantwortung und Sozialer Marktwirtschaft" sein. Nach Ansicht des DSGV liegt der Schlüssel für die wirtschaftliche Kraft Europas darin, die Wettbewerbsfähigkeit vor Ort und leistungsfähiger regionaler Kreisläufe in ganz Europa zu stärken. Fahrenschon sprach sich zudem erneut dafür aus, die Regulierung im Sinne einer "Small and Simple Banking Box" besser auszudifferenzieren. Von der Idee eines gemeinsamen Einlagensicherungssystems sollte die EU Abstand nehmen, so Fahrenschon.
Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) ist vor allem die Stabilität der europäischen Währungsunion wichtig. "Wie fragil die Währungsunion ist, hat uns nicht zuletzt die Staatsschuldenkrise vor Augen geführt", so Kemmer. Zwar sei die brenzlige Lage mittlerweile entschärft, die ergriffenen Maßnahmen wären Kemmer zufolge letztlich jedoch nur eine Art Notoperation. "Eine vorbehaltlose und umfassende Debatte über die zielführenden Weichenstellungen hin zu einer robusteren Währungsunion ist daher überfällig", betont er in Bezug auf das Reflexionspapier. Von einer gemeinsamen Haftung ohne zentrale Kontrolle hält Kemmer nichts. "Eine gemeinsame Haftung, ohne dass gleichzeitig Entscheidungs- oder Kontrollkompetenzen auf europäischer Ebene übertragen werden, führt unweigerlich in die vielzitierte organisierte Verantwortungslosigkeit".