Trotz der Covid-19-Pandemie hat die Factoring-Wirtschaft das erste Halbjahr 2020 mit einem Plus geschlossen. Der Forderungsverkauf gilt als schneller Weg zur Liquiditätssicherung. Und auch die Aussichten für das laufende Jahr bleiben positiv.
Der Deutsche Factoring-Verband meldet für die ersten sechs Monate des Jahres einen Umsatz seiner Mitgliedsunternehmen von insgesamt 134,9 Milliarden Euro. Das sind trotz der schwierigen Bedingungen durch die Auswirkungen der Corona-Krise ein Plus von 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. "Factoring konnte dabei, wie schon in der Finanzkrise 2009 seine stabilisierende Funktion durch sofort zur Verfügung stehende Liquidität beweisen", erläutert Vorstandsmitglied Helmut Karrer das Ergebnis.
Zahl der Factoring-Kunden rückläufig
Allerdings sei die Zahl der Factoring-Kunden, die sich für einen Forderungsverkauf entscheiden, von Januar bis Juni um 11,6 Prozent auf 80.800 gesunken. Im ersten Halbjahr 2019 zählte der Verband noch 91.440 Kunden. Einen Teil des Rückgangs führt die Branchenvertretung auf Portfolioumstellungen zurück. Mit diesen Zahlen sind laut Verbandsangaben rund 98 Prozent des organisierten Factoring-Volumens in Deutschland abgedeckt.
Unterschiede zeigen sich allerdings im Detail: Während das nationale Geschäft als das Export-Factoring im positiven Bereich liegen, verzeichnet das Import-Factoring dagegen coronabedingt ein erhebliches Minus von 16,9 Prozent und sank auf zwei Milliarden Euro. Dies sei auf die zwischenzeitlich gestörten internationalen Warenketten zurückzuführen.
Dennoch bleibt die Branche positiv im Hinblick auf das Gesamtjahr. Im Vergleich zur April-Befragung haben weiterhin 28 Prozent gute oder bessere Aussichten für das laufende Jahr. Knapp 28 Prozent geben zumindest eine befriedigende Prognose an. Das ist ein Plus von acht Prozent gegenüber dem Frühjahr. Erneut sehen 39 Prozent der Mitglieder ihre Aussichten als ausreichend. Und mit einem mangelhaften oder gar ungenügenden Geschäftsausgang für 2020 rechnen nur noch vier Prozent gegenüber fast 13 Prozent im April.
Factoring beeinflusst Bonität der Unternehmen positiv
Bedingt ist diese leicht positive Verschiebung des Stimmungsbildes sicherlich durch den krisenbedingten Bedarf vieler Unternehmen nach schneller Liquidität. "Factoring etabliert sich immer stärker im Mittelstand. Viele Unternehmen nutzen die Chance, Rechnungen an ein Factoring-Unternehmen zu verkaufen und schneller an liquide Mittel zu kommen. Damit verbessern sie die Bedingungen für ihre Finanzierung: Das Volumen der Forderungen nimmt ab, die Bonität dagegen zu. Das wirkt sich positiv auf das Rating bei Banken aus", erklärt Wolfgang Grundmann im Springer-Buch "Leasing und Factoring" auf Seite 120.
Durch den Verkauf der Forderungen vor deren Fälligkeit erhält der Factoring-Kunde [...] vom Factor 80 Prozent bis 90 Prozent der Rechnungssummen abzüglich der Factoring-Gebühr ausgezahlt. Die restlichen zehn Prozent bis 20 Prozent werden auf einem Sperrkonto, dem sogenannten Bardepotkonto, gebucht. Sie dienen dem Factor als Sicherheit für etwaige Reklamationen und Abzüge (Skonti, Rabatte) des Abnehmers. Bei Zahlung des Abnehmers an die Factoring-Gesellschaft wird auch dieser Rest dem Anwender gutgeschrieben. Buchhalterisch ist Factoring ein Aktivtausch", erläutert der Autor den Ablauf auf Seite 122.
Der Service des Factors umfasst zum Beispiel Dienstleitungen wie die Debitorenbuchhaltung, das Mahn- und Inkassowesen sowie Beratungsleistungen, so Grundmann. "So kann vereinbart sein, dass der Factor täglich Informationen über Kontenbewegungen, Skonti und sonstige Abzüge liefert, monatlich zusätzlich die Mehrwertsteuer ermittelt und eine Offene-Posten-Liste erstellt. Als beratender Service kommen die Analyse von Absatzmärkten, Umsatzstatistiken und -auswertungen in Frage." Ein Angebot, das vor allem von mittelständischen Unternehmen in Anspruch genommen werde.
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