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11-11-2021 | Finanzcontrolling | Schwerpunkt | Article

Rückstellungen für Direktzusagen belasten KMU-Bilanzen

Author: Angelika Breinich-Schilly

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Deutsche Familienunternehmen kritisieren die Rechnungszinsen, die bei der Bilanzierung von Pensionsrückstellungen anzuwenden sind, weil sie die Liquidität über Gebühr belasten. Das macht die Direktzusage als Altersvorsorgemodell für Mittelständler unattraktiv. 

Bei ihrer Forderung nach einer Anpassung des Rechnungszinssatzes für die Direktzusage in der beriebliche Altersvorsorge beruft sich die Stiftung Familienunternehmen auf das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW). Das empfiehlt in einer aktuellen Studie für die Handelsbilanzen der Unternehmen in Bezug auf Pensionsrückstellungen einen festen Zinskorridor. "Der Grund dafür ist, dass bei der leistungsorientierten Pensionszusage anders als bei beitragsorientierten Versicherungslösungen Rückstellungen in der Unternehmensbilanz gebildet werden müssen, sofern die Zusagen nicht mit Deckungsmitteln hinterlegt sind", heißt es in der Analyse. Grundlage der Auswertung sind Informationen aus der Unternehmensdatenbank Dafne des Analysehauses Bureau von Dijk.

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Pensionsrückstellungen sind Schulden in der Bilanz

"Auf der Passivseite der Bilanz sind neben den Schulden auch die so genannten Rückstellungen auszuweisen (§ 249 HGB, § 5 EStG)," führt Robert Schwarz hierzu im Buch "Betriebliche Altersvorsorge" auf Seite 52 aus. Im Gegensatz zu echten Schulden handele es sich aber bei Rückstellungen um Verpflichtungen, bei denen ungewiss ist wann und/oder in welcher Höhe sie eintreten werden. 

Zum Zeitpunkt der Zusage ist weder die Gesamthöhe der Versorgung, noch der Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls bekannt. Daher werden Pensionsverpflichtungen mit Hilfe so genannter Pensionsrückstellungen in der Bilanz ausgewiesen", erläutert der Springer-Autor.

100.000 Unternehmen nutzen die Direktzusage

Im Jahr 2019 zählte die IW-Studie in den rund 100.000 deutschen Unternehmensbilanzen, die ihren Mitarbeitern eine Direktzusage gemacht haben, Pensionsrückstellungen in Höhe von rund 310 Milliarden Euro. Der zu ihrer Ermittlung nach HGB zu verwendende Rechnungszins leitet sich aus einem Zehnjahresdurchschnitt ab. Seit der Finanzkrise ist er von mehr als fünf Prozent auf 2,3 Prozent gesunken. "Für die Unternehmen bedeutet dies eine Belastung des handelsbilanziellen Ergebnisses durch gestiegene Pensionsrückstellungen. Denn ein sinkender Rechnungszins bedeutet, dass mehr Kapital zurückgestellt werden muss, um eine in der Zukunft zahlungswirksame Direktzusage erfüllen zu können", urteilen die Studienautoren. 

Gehe der Rechnungszinssatz um einen Prozentpunkt zurück, erhöhen sich die bilanziellen Pensionsrückstellungen laut der Experten um 40 bis 47 Milliarden Euro. Das mindere unmittelbar den Gewinn und senke die Eigenkapitalquote. Besonders betroffen seien davon kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und viele familiengeführte Betriebe, "da diese unter Berücksichtigung der Mitarbeiterzahl höhere Pensionsrückstellungen aufweisen". Laut der Studie sind bei der Hälfte der Unternehmen diese je Mitarbeiter von 2009 bis 2019 um 42 Prozent gestiegen. 

Steuer auf nicht erzielte Gewinne schmälern die Liquidität

Da aber im Steuerrecht ungeachtet der Marktentwicklungen seit vielen Jahren mit einem Zinssatz von sechs Prozent gerechnet wird, komme es zu einer Besteuerung von handelsbilanziell nicht erzielten Gewinnen. Der aus der Differenz von steuerrechtlichem und handelsbilanziellem Rechnungszins folgende Liquiditätsentzug summiere sich in Deutschland "auf schätzungsweise 44 bis 52 Milliarden Euro".

Laut Stiftungsvorstand Rainer Kirchdörfer sei es unverständlich und widersprüchlich, wenn Rechnungszinsen übermäßige Rückstellungen erzwingen und das Eigenkapital schwächen. "Gänzlich absurd wird es, wenn sie die nicht erzielten Gewinne auch noch versteuern müssen." Die Stiftung stellt die Direktzusage als bislang "wichtigstes Instrument der betrieblichen Altersvorsorge" mangels Attraktivität daher infrage.

Für Springer-Autor Schwarz mach die Direktzusage ohnehin nur mit einer "kongruenten Rückdeckungsversicherung zur Ausfinanzierung der Versorgungsleistungen" Sinn. "Damit können biometrische Risiken angemessen berücksichtigt werden und es steht im Idealfall zu jedem Zeitpunkt das zur Erfüllung der Versorgungsverpflichtungen notwendige Kapital zur Verfügung", erläutert er auf Seite 57. 

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