Die Teilnehmer der Finanztechnologie-Konferenz in Frankfurt am Main diskutierten über neue Geschäftsmodelle und die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Banken, Versicherern und Start-ups.
Dirk Uebele
Der wirtschaftliche Erfolg eines Fintechs steht und fällt nach Meinung von Victor Tiberius, Lehrbeauftragter der Universität Potsdam und Vorstand von Foucault-Hemmersteen, mit dem Geschäftsmodell. "Gute Geschäftsmodelle fokussieren auf den Kundennutzen und wollen diesen spürbar erhöhen", sagte er auf der Veranstaltung Fintech-Revolution von Bankmagazin in Kooperation mit dem Center for Financial Studies der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem Versicherungsmagazin in Frankfurt. Zudem sollten sie innovativ sowie verständlich und klar formuliert sein. Gründer sollten bei der Entwicklung einer Strategie iterativ vorgehen. "Trial and Error ist eine angemessene Methode bei hoher Umweltdynamik und Unsicherheit. Ausprobieren, Ideen adaptieren, um die Kosten gering zu halten, kleine Schritte machen", empfahl Tiberius.
Gute Geschäftsmodelle entstehen durch einen Lernprozess
Gute Geschäftsmodelle seien das Ergebnis eines Lernprozesses und würden durch Kunden- und Partner-Feedback mehrfach verändert. Von den derzeit am Markt befindlichen Fintechs verfügen nach Meinung von Tiberius etwa 20 Prozent über ein gutes Geschäftsmodell. Er präferiert dabei diejenigen Unternehmen, die Kundenbedürfnisse realisieren, die nicht bereits von etablierten Anbietern aufgegriffen wurden. "Das ist besser, als bestehende Dienstleistungen zu digitalisieren", glaubt er.
Welchen strategischen Herausforderungen sich Banken stellen müssen, erläuterte Markus Strietzel, Senior Partner von Roland Berger. Seiner Meinung nach begehen viele Kreditinstitute den Fehler und sehen in der Digitalisierung vorrangig die Chance, Kosten zu senken. Dabei sei es vielmehr eine Strategie, die die traditionellen Geschäftsmodelle nachhaltig ändere. "Fintechs stoßen in die entstehende Lücke und greifen an verschiedenen Stellen der Wertschöpfungskette an", so Strietzel. Die gemeinsame Lösung für beide Seiten liege in der Kooperation.
Vernetzter Omni-Kanal-Vertrieb bleibt eine Herausforderung für Banken
Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Fintechs hat Dieter Jurgeit, Vorsitzender des Vorstands des Verbands der PSD Banken, bereits gesammelt. Gleichzeitig beobachtet er die Entwicklungen in anderen Branchen, die digital besser aufgestellt sind, und adaptiert Ideen für die Direktbanken des genossenschaftlichen Finanzverbunds. So hat sein Verband beispielsweise eine App entwickelt, in der sich die Kunden über den Stand ihrer Baufinanzierung informieren können. Anrufe im Call Center der PSD Banken entfallen damit. Die Hauptherausforderung sieht Jurgeit für Banken darin, aus einem Multikanalvertrieb einen vernetzten Omni-Kanal-Vertrieb zu machen.
Dass die Fintech-Szene in Frankfurt derzeit bemüht ist, sich mittelfristig unter den Top-20-Ökosystemen zu etablieren, führte Sebastian Schäfer, Managing Director des TechQuartiers, aus. Im vergangenen Jahr konnte die Mainmetropole ein Wachstum an Fintechs von 45 Prozent verzeichnen. Derzeit erhält jedes Start-up im Schnitt Finanzierungen in Höhe von 276.000 Euro und damit weniger, als etwa Gründer in Berlin erhalten, wo es durchschnittlich 450.000 Euro sind. Schäfer liegt insbesondere das Thema Talente am Herzen. Er warb dafür, bereits an den Universitäten Lehrstühle zu schaffen, die jungen Menschen das Unternehmertum als alternativem Karriereweg näherbringen. "Wenn wir nicht selbst für den Nachwuchs sorgen, werden wir ein Problem haben", sagte er auf der Fintech-Konferenz in Frankfurt.
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