Lange waren Fintechs für etablierte Banken vor allem gefürchtete Wettbewerber mit innovativen Produkten und Dienstleistungen. Doch immer mehr Institute schätzen die agile Konkurrenz mittlerweile als attraktiven Partner auf dem Weg zu kundenorientierten Geschäftsmodellen, zeigt eine aktuelle Umfrage.
Mittelfristig wollen drei von vier der weltweit befragten Banken mit durchschnittlich drei Fintechs zusammenarbeiten.
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Sie galten mit ihren innovativen Finanzprodukten und digitalen Vertriebsstrategien lange als Herausforderer für die klassische Bankenbranche. Doch bei vielen Instituten haben sich junge Finanzunternehmen mittlerweile als verlässliche Partner erwiesen. Die Technologien und Services der Fintechs erlauben es Banken und Sparkassen, schneller neue Produkte auf den Markt zu bringen, die Customer Journey stetig zu optimieren und aus dem vorhandenen Datenschatz neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Laut einer im Januar 2023 beendeten, weltweiten Umfrage des Lösungsanbieters Finastra und des britischen Beratungshauses East & Partners unter leitenden Bankmanagern aus den Bereichen Corporate and International Banking (CIB) und Nachhaltigkeit sowie Chief Technology Officers (CTO) bilden Partnerschaften mit aufstrebenden Finanzunternehmen einen wichtigen Baustein in der Strategie der Institute.
Plattform-Kooperationen sind besonders attraktiv
Drei von vier der insgesamt rund 780 befragten Bankentscheider geben an, dass ihr Unternehmen in den nächsten zwölf bis 18 Monaten mit durchschnittlich drei Fintechs zusammenarbeiten will. Dabei geht es weltweit für 56 Prozent der befragten Finanzhäuser um die Nutzung einer Plattform mit integrierten Fintech-Lösungen. Unter europäischen Banken liegt dieser Anteil sogar bei 73 Prozent. Lediglich sechs Prozent bauen hingegen lieber intern entsprechende Ressourcen auf (Europa: fünf Prozent).
"In einem Umfeld, das von Unbeständigkeit, hoher Inflation, schwankenden Zinssätzen und Rezessionsrisiken geprägt ist, stehen die Banken unter wachsendem Druck, ihre Betriebskosten zu senken und gleichzeitig den Service für ihre Kunden weiter zu verbessern", betont Isabel Fernandez, Executive Vice President (EVP) Lending bei Finastra. So erhoffen sich die Befragten von den Fintech-Kooperationen neben Kostensenkungen (46 Prozent) auch eine vereinfachte Einführung neuer Technologien (43 Prozent) und eine bessere Anpassung an die sich entwickelnden Compliance-Anforderungen (37 Prozent).
Allein für das laufende Jahr gehen die Institute davon aus, dass weltweit durchschnittlich 367,6 Millionen US-Dollar in die Transformation fließen. Europäische Banken investieren mit durchschnittlich 886 Millionen US-Dollar sogar deutlich mehr. Weltweit haben die Geldhäuser nach Angaben der Umfrageteilnehmer im Schnitt 47 Prozent ihrer Prozesse digitalisiert. Doch nur jeder Fünfte (20 Prozent) ist überzeugt, dass seine Organisation auf ihrem digitalen Weg tatsächlich vorangekommen sind. Jeder Zweite (54 Prozent) sieht sich damit im Rückstand.
Customer Experience verbessern
Mit ihren Fintech-Kooperationen wollen die Banken vor allem die Customer Experience auf ein neues Niveau heben. Dabei konzentrieren sie sich auf die Verbesserung ihres Kundenangebots auf Online-Portalen und anderen Bankkanälen (55 Prozent), die Prozesstransparenz wie die Bereitstellung von Echtzeit-Updates für den Kunden beim Onboarding (45 Prozent) sowie die Verbesserung der End-to-End-Konnektivität und Dienstleistungen mit Mehrwert (44 Prozent).
Weniger Optionen für Fintech-Kooperationen gibt es offenbar im Bereich Nachhaltigkeit: Dabei ist für 49 Prozent der Befragten weltweit die Reduzierung des CO2-Ausstoßes das wichtigste Ziel innerhalb der Aspekte Environment, Social und Governance (ESG). In Europa konzentrieren sich sogar 74 Prozent auf die Reduzierung von CO2-Emissionen. Drei von vier Geldhäuser planen, ihr Engagement in diesem Bereich in den nächsten zwölf bis 18 Monaten um mehr als 16 Prozent zu erhöhen. Die größte Hürde für Banken in Bezug auf ESG sind dabei der Mangel an ESG-Lösungen, die von Fintechs angeboten werden (40 Prozent). Aber auch die sich schnell entwickelnden regulatorischen Anforderungen stellen für jedes fünfte Institut (20 Prozent) ein Problem dar.