Zusammenfassung
Der konkrete Ablauf einer sozialwissenschaftlichen Untersuchung hängt von verschiedenen Dingen ab. Vor allem das jeweilige Erkenntnisinteresse, die zur Verfügung stehenden Ressourcen sowie die Komplexität der Fragestellung üben einen entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung eines Forschungsprojekts aus. Aber auch ein möglicher Auftraggeber oder die Bestimmungen einer Promotionsordnung können den Gang der Untersuchung wesentlich beeinflussen. So hat man es in der Praxis der empirischen Sozialforschung mit sehr unterschiedlichen und vielfältigen Designs zu tun. Neben fest finanzierten Projekten zur Dauerbeobachtung der Gesellschaft, für die ein relativ umfangreicher Mitarbeiterstab verantwortlich ist, wie etwa dem European Social Survey (ESS) oder der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS – vergleiche zu den beiden Untersuchungen Abschn.
6.1.4), stehen zahlreiche kleinere Untersuchungen, die beispielsweise für Graduierungsarbeiten angefertigt wurden und die im Wesentlichen ohne eine externe Förderung auskommen müssen. Nicht zuletzt ist auf eine Reihe an Studien zu verweisen, die der Marktforschung dienen und von Unternehmen finanziert werden. Während Untersuchungsreihen wie der ALLBUS und der ESS inzwischen bestimmte methodische Routinen entwickelt haben, nach denen die einzelnen Erhebungen ablaufen, stellt die Erarbeitung des Designs einer einmaligen Untersuchung stets eine besondere Herausforderung an den Forscher dar. Zwischen diesen beiden Polen lassen sich diverse weitere Untersuchungsprojekte ausmachen, deren Vorgehen jeweils stets sehr unterschiedlich sein kann. Trotz dieser Vielfalt in den Vorgehensweisen wird hier versucht, ein allgemeines Phasenmodell für den Ablauf einer sozialwissenschaftlichen Untersuchung zu demonstrieren. Eine Einteilung sozialwissenschaftlicher Untersuchungen in Phasen bietet verschiedene Vorteile. So unterstützt sie die Zeit- und Mittelplanung, verweist, ähnlich der von einem Piloten vor dem Start abzuarbeitenden Checkliste, auf alle wesentlichen Arbeitsschritte, wie etwa auf die unbedingte Notwendigkeit einer Voruntersuchung. Sie kann so, bei aller Differenziertheit der einzelnen Forschungsvorhaben, dazu beitragen, Doppelarbeiten zu verhindern beziehungsweise den gesamten Prozess optimal nach einer gewissen Logik zu gestalten. Im folgenden Abschn.
4.1 wird zunächst ein solches Phasenmodell dargestellt und danach wird dieses auf die Dresdner Notwehrbefragung (Abschn.
4.2) angewandt.