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2006 | Book

Fünf Minuten Mathematik

100 Beiträge der Mathematik-Kolumne der Zeitung DIE WELT

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Table of Contents

Frontmatter
1.. Der Zufall lässt sich nicht überlisten

Mal angenommen, Sie wohnen in einer Großstadt wie Berlin oder Hamburg. Sie sitzen gerade im Bus, jemand steigt aus und vergisst seinen Schirm. Den nehmen Sie an sich. Sie haben folgenden Plan: Sie wollen am Abend sieben zufällige Ziffern in Ihr Telefon eingeben und hoffen, auf diese Weise den Schirmbesitzer zu erreichen.

2.. Bezaubernde Mathematik: Zahlen

Ich möchte Ihnen ein kleines Gewinnspiel vorstellen. Suchen Sie sich irgendeine dreistellige Zahl aus und schreiben Sie die zweimal hintereinander auf. Wenn also etwa 761 die Zahl Ihrer Wahl war, so sollte jetzt 761 761 auf dem Zettel stehen. Das Spiel beginnt: Sie sollen Ihre sechsstellige Zahl durch Sieben teilen, der Rest, der beim Teilen übrig bleibt, ist Ihre Glückszahl. Das wird eine der Zahlen 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6 sein, nur die können als Rest herauskommen. Und nun schreiben Sie noch Ihre Zahl und den Rest auf eine Postkarte. Die schicken Sie an die Redaktion der „WELT“, Sie erhalten postwendend so viele 100-Euro-Scheine zugeschickt, wie Ihre Glückszahl angibt.

3.. Wie alt ist der Kapitän?

Mathematik gilt — sicher zu Recht — als besonders exakte Wissenschaft. Der strenge logische Aufbau hatte Vorbildfunktion für viele andere Bereiche in den Natur- und Geisteswissenschaften. Ein berühmtes Beispiel dafür ist Newtons Hauptwerk, die Philosophiae Naturalis Principia Mathematica. Es beginnt mit grundlegenden Begriffen und Annahmen über die Welt (Was ist Kraft, was ist Masse, wie lauten die Newtonschen Grundgesetze der Mechanik?), und dann wird daraus streng deduktiv ein Modell der Welt hergeleitet, das die Wissenschaft revolutioniert hat.

4.. Schwindelerregend große Primzahlen

Die einfachsten Zahlen sind sicher die so genannten natürlichen Zahlen, also die, die alle zum Zählen brauchen: 1, 2, 3, . . . Einige sind etwas Besonderes, man kann sie nicht als Produkt kleinerer Zahlen schreiben. Das ist zum Beispiel für 2, 3 und 5 der Fall, aber auch für 101 und 1 234 271. Man spricht dann von

Primzahlen

, sie haben schon in den frühesten Anfängen der Mathematik eine große Faszination ausgeübt.

5.. Verlust plus Verlust gleich Gewinn: das paradoxe Glücksspiel des Physikers Juan Parrondo

Die Mathematik, besonders die Wahrscheinlichkeitsrechnung, ist reich an überraschenden Phänomenen. Wenn ein Ergebnis in besonders krassem Widerspruch zur allgemeinen Erwartung steht, nennt man so etwas eine Paradoxie. Vor einiger Zeit hat ein Spanier, der Physiker Juan Parrondo, den Zoo solcher Paradoxien um ein neues Exemplar bereichert.

6.. Bei großen Zahlen versagt die Vorstellung

Der Mensch wurde in seiner Entwicklungsgeschichte auf physikalische und mathematische Wahrheiten nur unzulänglich vorbereitet. Für die Zwecke der Fortpflanzung und des Überlebens ist wirklich nur ein kleiner Ausschnitt von Bedeutung: mittlere Geschwindigkeiten, Längen, die nicht zu groß und nicht zu klein sind, mäßig große Zahlen usw. So, wie man das heute als wahr angesehene Bild der Welt nur schwer verstehen kann, weil bei großen Geschwindigkeiten sehr merkwürdige Phänomene auftreten, so gibt es auch eine quasi eingebaute Sperre zum Begreifen gewisser mathematischer Sachverhalte.

7.. Das Codewort zum Verschlüsseln steht im Telefonbuch

Es ist ein alter Traum, Möglichkeiten dafür zu finden, dass geheime Nachrichten auch wirklich geheim bleiben. Unter dem Namen Kryptographie ist die Verwirklichung des Traums mittlerweile auch ein Teilgebiet der Mathematik geworden, in dem sehr intensiv geforscht wird.

8.. Vom Dorfbarbier, der sich selbst rasiert

Es gibt nicht allzu viele deutsche Mathematiker, die auch über die Fachgrenzen hinaus bekannt sind. Cantor, der Erfinder der Mengenlehre, gehört sicher dazu. Warum ist Mengenlehre eigentlich wichtig, warum wurde sogar von einem „Paradies der Mengenlehre“ gesprochen, das für die Mathematik unverzichtbar ist

8

)? Der Grund besteht darin, dass sich mit Hilfe dieser Theorie sämtliche Teilgebiete der Mathematik wunderbar streng deduktiv entwickeln lassen.

9.. Aufhören, wenn es am schönsten ist?

Stellen Sie sich ein Spiel vor, bei dem Sie mit Wahrscheinlichkeit 0.5 Ihren Einsatz verlieren und mit Wahrscheinlichkeit 0.5 den doppelten Einsatz ausgezahlt bekommen. (Man könnte eine Münze werfen: Bei „Kopf“ ist das Geld weg, und bei „Zahl“ wird ein Gewinn gemacht.) Das ist sicher ein faires Spiel, aber kann man vielleicht den Zufall überlisten, kann man mit diesem Spiel reich werden? Im Prinzip ja, es gibt sogar mehrere Möglichkeiten. Die erste scheidet für uns Sterbliche leider aus: Wer in die Zukunft sehen und das Ergebnis des Münzwurfs voraussagen könnte, müsste nur die Spielrunden auswählen, die zum Gewinn führen. Das ist im Mittel jede zweite, in einer Nacht kommt da eine Menge zusammen.

10.. Können auch Affen „hohe Literatur“ schreiben?

Beginnen wir mit einem Gedankenexperiment. Ihre kleine Tochter hat sich an den PC gesetzt und malträtiert fröhlich die Tastatur. Wenn sie das lange genug darf, wird hin und wieder auch einmal ein sinnvolles Wort dabei sein. Kann sie deswegen schon schreiben?

11.. Das Geburtstagsparadoxon

Es wurde in dieser Kolumne schon darauf hingewiesen, dass die menschliche Intuition nicht besonders gut auf mathematische Wahrheiten vorbereitet ist; es war entwicklungsgeschichtlich wohl nur wichtig, sehr elementare Tatsachen zu den Erfahrungsbereichen „Raum“ und „Zahl“ zu verinnerlichen. Ganz besonders gilt das für das Gebiet der Wahrscheinlichkeitstheorie, hier klaffen Erwartung und mathematische Wahrheit besonders oft weit auseinander.

12.. Horror vacui

Vor dem Nichts haben Mathematikstudenten — wenigstens am Anfang ihres Studiums — großen Respekt. Das ist nicht verwunderlich, auch für die Zahl Null mussten erst viele Jahrhunderte vergehen, bis sie genauso akzeptiert war wie die Sieben oder die Zwölf. Um das Problem zu verstehen, muss daran erinnert werden, dass die von Georg Cantor geschaffene Mengenlehre das Fundament aller zeitgenössischen Mathematik ist. Nach Cantor ist eine Menge die Zusammenfassung von gewissen wohlunterschiedenen Dingen zu einem neuen Objekt. Das gehört auch für Nichtmathematiker zur alltäglichen Erfahrung, jeder weiß doch, was „die Bundesregierung“ oder „die EU“ ist.

13.. Das hinreichende Leid mit der Logik der Mathematik ist wohl eine Notwendigkeit

Beim heutigen Thema geht es um die logische Grundausstattung des Menschen. Um etwas Ordnung in die vielen Eindrücke zu bringen, mit denen wir es täglich zu tun haben, versuchen wir, logische Beziehungen herzustellen. Betrachten wir als Beispiel den sicher richtigen Satz: „Wenn heute ein Feiertag ist, wird der Briefträger nicht kommen.“ Niemand käme auf die Idee, das mit der Umkehrung zu verwechseln: „Wenn der Briefträger nicht kommt, ist heute ein Feiertag.“ Merkwürdigerweise ist die Versuchung dennoch groß, dash in und wieder zu verwechseln. Hier könnte man an das Kleider-machen-Leute-Phänomen erinnern. Wohlhabende können sich ordentlich anziehen, man sollte aber nicht leichtfertig vom Äußeren auf den Kontostand schließen.

14.. Wechseln oder nicht wechseln? Das Ziegenproblem

Die Wahrscheinlichkeitsrechnung ist reich an Paradoxien, es gibt viele Aussagen, die dem „gesunden Menschenverstand“ widersprechen. So wurde vor einigen Jahren einer breiteren Öffentlichkeit das so genannte Ziegenproblem bekannt.

15.. In Hilberts Hotel ist immer ein Zimmer frei

Mathematiker haben es oft mit der Unendlichkeit zu tun. Es ist gewöhnungsbed ürftig, dass dort andere Gesetze herrschen, als wir es von unserer Lebenserfahrung her erwarten.

16.. Viel mehr als Pi mal Daumen: die Faszination einer Zahl

Die Kreiszahl

π

(gesprochen: „Pi“) hätte gute Chancen, bei einer Umfrage unter Mathematikern nach der wichtigsten Zahl auf dem ersten Platz zu landen. Die Bedeutung für die Geometrie ist allgemein bekannt, Formeln wie „Kreisumfang =

π

mal Durchmesser“ spielten ja schon in der Schulzeit eine wichtige Rolle.

17.. Wie unsichere Zufälle zu berechenbaren Größen werden

Das Glück gilt als unberechenbar: Es ist auch für den klügsten Mathematiker unmöglich, mehr als Gewinn- und Verlustwahrscheinlichkeiten auszurechnen.

18.. Eine Million Dollar Belohnung: Wie sind die Primzahlen verteilt?

In diesem Beitrag soll wieder von Primzahlen die Rede sein, sie haben nichts von ihrer Faszination verloren, seit sie vor weit über 2000 Jahren erstmals studiert wurden. (Zur Erinnerung: Primzahlen sind diejenigen Zahlen, die man nicht als Produkt kleinerer Zahlen schreiben kann; so sind etwa 7 und 19 Primzahlen, 20 aber nicht.) Auch Carl-Friedrich Gauß — sicher einer der bedeutendsten aller Mathematiker, die jemals gelebt haben — war von ihnen in den Bann gezogen. Er wollte wissen, wie sich denn die Primzahlen in der Menge aller Zahlen verteilen. Kann man sagen, wie viele Primzahlen es „weit draußen“ gibt?

19.. Der fünfdimensionale Kuchen

Als abwertende Bemerkung, gemünzt etwa auf Bücher oder Filme, kommt „eindimensional“ auch in der Alltagssprache vor. Gemeint ist, dass es ohne irgendwelche Verästelungen immer nur geradlinig voran geht. Aber was heißt ein-, zwei- oder dreidimensional eigentlich genau, was ist „Dimension“?

20.. Die Mädchenhandelsschule

Das poetische Wort „Komposition“ wird in der Mathematik immer dann verwendet, wenn aus zwei Objekten ein neues erzeugt wird. So kann man aus zwei Zahlen

x, y

die Summe

x

+

y

oder das Produkt

x

·

y

bilden. Als Beispiel aus der Alltagserfahrung kann man an die Sprache erinnern, aus „Haus“ und „Tür“ wird „Haustür“, und genauso werden sinnvolle Sätze aus Satzteilen aufgebaut.

21.. Fly me to the moon

Mathematiker reagieren etwas säuerlich, wenn sie nach der Bekanntgabe ihres Berufes von ihren Gesprächspartnern gefragt werden: „Gibt es in der Mathematik denn überhaupt noch etwas Neues zu entdecken?“. Dass Mathematik spannend ist, höchste kreative Leistungen verlangt und konkrete Lösungen für aktuelle Probleme liefert, hat sich noch nicht zu allen herumgesprochen. Deswegen schauen wir heute zur Imagekorrektur einmal einem Mathematiker über die Schulter. Um die Problemstellung zu verstehen, stellen wir uns den Harz mit einer dicken und spiegelglatten Eisschicht überzogen vor. Wenn Sie dann von der Spitze eines Berges zu einem anderen etwa gleich hohen Gipfel gelangen wollen, brauchen Sie nur in der richtigen Richtung herunterzurutschen: Durch die Schwerkraft werden Sie beschleunigt, und die bei der Talfahrt aufgesammelte Energie reicht aus, Sie noch auf den Berg Ihrer Wahl hinaufrutschen zu lassen.

22.. Resteverwertung

Wenn Sie Ihren 5 Kindern 81 Gummibärchen mitgebracht haben und die reihum gleichmäßig verteilen, so wird jedes Kind 16 abbekommen und ein Gummibärchen wird übrig bleiben. Mathematiker sagen dazu, dass 81 modulo 5 gleich 1 ist. Allgemein ist

m

modulo

n

der Rest, der beim Teilen von

m

durch

n

übrig bleibt, diese „modulo“-Rechnung spielt in vielen Bereichen der Mathematik eine wichtige Rolle.

23.. Streng geheim!

Primzahlen tauchten in dieser Kolumne schon mehrfach auf. In diesem Beitrag soll davon die Rede sein, wie große Primzahlen die Kryptographie, die Wissenschaft vom Verschlüsseln, revolutioniert haben.

24.. Bezaubernde Mathematik: Ordnung im Chaos

Ordnung im Chaos: Das könnte das Motto des mathematischen Zaubertricks sein, den ich Ihnen in diesem Beitrag vorstellen möchte. Sie brauchen ein Kartenspiel, das gleich viele rote und schwarze Karten enthält; ein Skatspiel hat eine brauchbare Größe für unsere Zwecke. In einem Vorbereitungsschritt ordnen Sie die Karten so, dass sich die Farben immer abwechseln, das sollte jedoch keiner mitbekommen.

25.. Wie nähert man sich einem Genie?

Wie nähert man sich einer Ausnahmeerscheinung? Carl-Friedrich Gauß, der von 1777 bis 1855 lebte, wird von vielen als der bedeutendste Mathematiker eingeschätzt, der jemals gelebt hat. Zu DM-Zeiten wurde er als deutsches Kulturgut angesehen. Der Zehnmarkschein war ihm gewidmet, einige seiner Leistungen waren graphisch umgesetzt. Zum Beispiel gab es die berühmte Glockenkurve zu sehen, dadurch sollten seine Verdienste um die Wahrscheinlichkeitsrechnung gewürdigt werden.

26.. Von Halbtönen und zwölften Wurzeln

Es gibt das hartnäckige Vorurteil, dass Mathematiker einen besonderen Draht zur Musik haben. Das wird durch eine Blitzumfrage am Mathematischen Institut nicht bestätigt, es ist wahrscheinlich nicht wesentlich anders als zum Beispiel bei Ärzten oder Rechtsanwälten. Richtig ist allerdings, dass es einige bemerkenswerte Zusammenhänge zwischen beiden Gebieten gibt.

27.. Man steht immer in der falschen Schlange

In diesem Beitrag soll es wieder um Psychologie gehen: Kennen Sie das Gefühl, dass es an den anderen Kassen oder Postschaltern immer schneller geht als an der eigenen? Beruhigenderweise geht es allen so, und es ist auch ganz leicht erklärlich.

28.. Die Null, eine zu Unrecht unterschätzte Zahl

Zahlen sind Abstraktionen. Eine Menge von fünf Birnen und eine Menge von fünf äpfeln haben eine Eigenschaft gemeinsam, die man auch bei gewissen anderen Mengen — nämlich den anderen fünfelementigen — beobachten kann. So entsteht der Begriff „fünf“, und es erweist sich als praktisch, dafür ein Symbol einzuführen. Das passiert in allen Kulturen, mit solchen einfachen Zahlen können auch schon Kinder im Vorschulalter umgehen.

29.. Kombiniere!

Die Kombinatorik ist ein altehrwürdiges Teilgebiet der Mathematik, sie spielt dort in vielen Bereichen eine wichtige Rolle. Es geht dabei zunächst ganz einfach um das Zählen von Möglichkeiten, meist tauchen gigantisch große Zahlen auf. Wie kann man zum Beispiel herausbekommen, auf wie viele Weisen Sie am nächsten Sonnabend auf einem Lottoschein sechs Kreuze machen können?

30.. Durch Selbststudium zum Genie: Der indische Mathematiker Ramanujan

Gibt es einen direkten Weg zur mathematischenWahrheit? Einen Weg, der einen zur Einsicht führt, ohne dass man sich jahrelang ausgefeilte Techniken aneignen und sich durch verwickelte Beweise quälen muss? In Ausnahmefällen scheint das möglich zu sein, das sicher bekannteste Beispiel ist der indische Mathematiker Srinivasa Ramanujan (1887 bis 1918), von dessen dramatischem Leben hier kurz berichtet werden soll.

31.. Ich hasse Mathematik, weil . . .

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Mehrheit der Zeitgenossen den Mathematikunterricht ihrer Schulzeit in bemerkenswert schlechter Erinnerung hat. Schulanfänger sind noch Feuer und Flamme, die meisten rechnen mit Begeisterung, und es kann ihnen nicht schnell genug gehen, bis sie endlich bis Hundert zählen können. Das verliert sich leider, irgendwo zwischen Klasse 7 und 9 verändert sich das Ansehen der Mathematik, und danach gehört sie nur noch für eine kleine Minderheit zu den attraktiven Fächern.

32.. Der Handlungsreisende: der moderne Odysseus

Eine Firma hat in verschiedenen Städten Deutschlands Geschäftspartner. Nun soll ein Firmenvertreter mit dem Firmenwagen eine Rundreise machen, um ein neues Produkt überall vorzustellen. Wie sollte er fahren? Natürlich so, dass er überall vorbeikommt (und auch nur einmal) und dass die zurückgelegte Gesamtstrecke so klein wie möglich ist. Das Problem, solch eine optimale Route zu finden, ist das (unter Mathematikern) berühmte „Problem des Handlungsreisenden“. Der Name suggeriert fälschlich, dass es sich um eine sehr spezielle Fragestellung handelt. Das ist nicht so, die gleiche Situation findet man bei sehr vielen Planungsproblemen (z.B. dann, wenn man eine Bohrmaschine zum Vorbereiten der Löcher in Leiterplatten optimal steuern möchte).

33.. Die Quadratur des Kreises

Die „Quadratur des Kreises“ ist in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen, man bezeichnet damit die Bewältigung einer fast unlösbaren Aufgabe. Für Mathematiker verbirgt sich hinter diesen Worten eine spannende Geschichte, die viele während eines Zeitraums von über 2000 Jahren faszinierte.

34.. Der Schritt ins Unendliche

Wie kann man das Unendliche fassen? Wie beweist man zum Beispiel, dass beim Aufsummieren der ersten

n

Zahlen immer die Hälfte von

n

· (

n

+1) herauskommt? Testen wir zunächst, ob das wohl richtig sein kann, dazu nehmen wir als Beispiel die Zahl 4. Die Summe der ersten vier Zahlen, also 1+2+3+4, ist gleich 10, und wenn wir in die Formel

n

·(

n

+1)/2 für

n

die Zahl 4 einsetzen, kommt 4 · (4+1)/2, also ebenfalls 10 heraus. Statt mit 4 könnte man es noch mit anderen Zahlen testen, aber wie kann man sicher sein, dass es immer stimmt? Auch für 10 000-stellige Zahlen, auch für solche, die beim Aufschreiben alle in einem Jahr produzierte Druckerschwärze verbrauchen würden?

35.. Mathematik im CD-Player

Unter den Geräten, die in so gut wie allen Haushalten zu finden sind, ist der CD-Player sicher dasjenige, in dem die meiste Mathematik enthalten ist. Zweimal wird sie wichtig, zum ersten Mal dann, wenn das kontinuierliche Ausgangssignal digitalisiert und damit in endlich viele Nullen und Einsen verwandelt wird. Dazu wird etwa 44 000 Mal pro Sekunde gemessen. Ein wichtiges Ergebnis aus der Signalverarbeitung besagt, dass man damit alles, was für das menschliche Ohr hörbar ist, erfasst hat. (Wenn wir wesentlich schlechter oder besser hören würden, wären die CD-Player auf andere Abtastraten eingestellt.)

36.. Logarithmen, eine aussterbende Spezies

Ältere werden sich noch — vielleicht mit Schrecken — an die Logarithmenrechnung ihrer Schulzeit erinnern. Hier soll es heute so etwas wie einen Nachruf geben: Logarithmen sind zwar weiterhin für die Mathematik unersetzlich, in der Welt der Ingenieure und Techniker sind sie aber vom Aussterben bedroht.

37.. Preiswürdige Mathematik

Sie haben noch nie etwas von einem Preis für Mathematiker gehört? Das liegt wohl daran, dass in der Regel nicht besonders viel Geld im Spiel ist und dass mathematische Leistungen dem Publikum meist nur schwer vermittelt werden können.

38.. Wozu in aller Welt Axiome?

Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren können ihre Umgebung manchmal dadurch nerven, dass sie immer weiter fragen: Mit einem harmlosen „Wie funktioniert ein Auto“ geht es los, doch über die Stichworte Motor, Verbrennung, chemische Reaktion kommen auch Experten ganz schnell zu einem Punkt, an dem ein „Es ist halt so!“ die Diskussion beendet.

39.. Beweise mit dem Computer?

Heute geht es um ein quasi philosophisches Problem, mit dem sich die Mathematiker durch die technische Entwicklung konfrontiert sehen: Unter welchen Bedingungen kann eine mathematische Aussage als bewiesen angesehen werden?

40.. Lotto: das kleine Glück

Wenn Mathematiker nach den Wahrscheinlichkeiten beim Lottospielen gefragt werden, will man von ihnen meist die Chancen für einen Hauptgewinn wissen. Davon war hier schon in Beitrag 1 die Rede, sie sind mit 1 zu 13 986 816 deprimierend gering. Eine einzelne Person müsste im Mittel etwa 27 000 Jahre an jedem Wochenende einen Tipp abgeben, um einmal den Hauptgewinn zu erhalten; wer meint, nur 70 Jahre Zeit zu haben, könnte auch wöchentlich 4000 Scheine abgeben.

41.. Konzentrierte Gedanken: warum Formeln?

Die Formelsprache ist die Notenschrift der Mathematiker. Im Lauf der Jahrhunderte hat sich eine spezielle Stenografie herausgebildet, durch die man anderen, die das lesen können, seine Gedanken ökonomisch mitteilen kann. Und so, wie die Noten von Beethovens Neunter auch von einem Orchester in Neuseeland in klingende Musik übersetzt werden können, werden Formeln über alle Kulturgrenzen hinweg verstanden.

42.. Wachstum ohne Ende

Schwere Zeiten für Anleger, es gibt hier zu Lande nur noch minimale Zinsen. Wir stellen uns eine Bank in einer Bananenrepublik vor, die sagenhafte 100 Prozent gibt: Aus einem Euro werden in einem Jahr 2 Euro. Jemand hat die kluge Idee, die Geschäftsbedingungen auszureizen. Er hebt nach einem halben Jahr den bis dahin aufgelaufenen Betrag — das sind mit Zinsen bei einem Euro Einlage 1.5 Euro — ab und legt ihn sofort wieder an. Nach einem weiteren halben Jahr ist daraus das 1.5-fache geworden, also 2.25 Euro. Erhöht man die Besuchsfrequenz, indem man nun die Zinsen nach jedem Vierteljahr wieder anlegt, ist aus dem einen Euro nach einem Jahr der schon stattlichere Betrag von 1.25·1.25·1.25·1.25 = 2.44 Euro geworden. Da fragt man sich doch, ob nicht eine tägliche oder gar stündliche, minütliche oder gar sekündliche Geldumschichtung zu noch besseren Ergebnissen führen könnte.

43.. Wie rechnen Quanten?

Vor einigen Jahren war viel von Quantencomputern zu hören, inzwischen ist es etwas stiller darum geworden. Das liegt daran, dass solche Computer zwar unglaubliche Leistungen vollbringen könnten, wenn man sie denn in der erforderlichen Komplexität bauen könnte, doch muss man zurzeit wohl pessimistisch sein, dass das jemals geschehen wird.

44.. Extrem!

Welche Motoreinstellung führt zum günstigsten Verbrauch? Wie sollte die neue Sprungschanze gebaut werden, um möglichst weite Sprünge zu ermöglichen? Im Laufe der Jahrhunderte ist ein ganzer Zoo von Methoden entwickelt worden, um solche Extremalaufgaben zu lösen.

45.. Unendlich klein?

Für mehrere Jahrhunderte geisterten die unendlich kleinen Größen durch die Mathematik. Sie waren der Schrecken aller, die dieses Fach in der gesamten Breite so streng entwickeln wollten, wie man es von der Geometrie und der Algebra her gewohnt war.

46.. Mathematische Betrachtungen in der Leitzentrale der Feuerwehr

Heute soll wieder einmal von Bemühungen die Rede sein, Lebenserfahrung mathematisch zu modellieren. Diesmal geht es um das Problem, mögliche Fehlentscheidungen richtig zu bewerten, um eine Grundlage für die Entscheidung zwischen verschiedenen Handlungen zu haben.

47.. Der erste mathematische Beweis ist schon 2500 Jahre alt

Wann fing die Mathematik eigentlich an? Das ist schwer zu sagen, es hängt davon ab, was man unter Mathematik versteht. Meint man damit die Fähigkeit, einfache mit Zahlen zusammenhängende Probleme zu behandeln, so liegen die Anfänge weit im Dunkel der Geschichte. Schon bei den Babyloniern und den Ägyptern wurde fleißig gerechnet. Wie viel Getreide wurde geerntet, wie lang muss eine Rampe für den Pyramidenbau sein?

48.. In der Mathematik gibt es Transzendenz, doch mit Mystik hat das nichts zu tun

Manchmal verwenden Mathematiker zur Beschreibung eines Sachverhalts Begriffe, die es auch in anderen Bereichen gibt und die dort eine ganz andere Bedeutung haben. Das ist für Außenstehende dann manchmal ein bisschen verwirrend.

49.. Kann man jede gerade Zahl als Summe von zwei Primzahlen schreiben?

Von Primzahlen war hier schon oft die Rede: 2, 3, 5, 7, 11, . . . Es geht um die Zahlen, die nur durch sich selbst und 1 teilbar sind. Obwohl sie so einfach beschreibbar sind, gibt es in ihrem Umfeld viele schwierige Probleme. Eins ist seit einigen Jahrhunderten offen, die so genannte Goldbach-Vermutung.

50.. Von der Unfähigkeit, bedingte Wahrscheinlichkeiten richtig umzukehren

Durch die Evolution sind wir gut darauf vorbereitet, Wahrscheinlichkeiten abzusch ätzen. In Sekundenbruchteilen bewerten wir eine Situation und entscheiden uns dann: weglaufen oder kämpfen, löschen oder lieber alle in Sicherheit bringen, . . . ? Auch sind wir perfekt darin, die Auswirkung von Informationen auf die Veränderung von Wahrscheinlichkeiten zu erfassen. Wenn Sie zum Beispiel einschätzen wollen, ob Ihre neue Freundin an klassischer Musik interessiert ist, so wird die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das zutrifft, wohl sehr klein sein, wenn sich herausstellt, dass sie Schumann und Schubert verwechselt.

51.. Milliardär oder Billionär?

Hin und wieder werden sehr große Zahlen gebraucht: Bruttosozialprodukte, Staatsschulden usw. Dabei kann man wohl unterstellen, dass so gut wie alle wissen, dass eine Million eine Eins mit sechs Nullen ist. Wie sollte man auch sonst realistisch darüber spekulieren, was man mit dem erhofften Lottogewinn anstellen könnte?

52.. Mathematik und Schach

Können Sie ein bisschen Schach spielen, kennen Sie wenigstens die Regeln? Einige Aspekte der Mathematik kann man nämlich ganz gut erklären, wenn man sie in andere Bereiche übersetzt, heute soll dazu die Welt des Schachspiels verwendet werden.

53.. „Das Buch der Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben“

„Das Buch der Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben“: So poetisch formulierte es Galileo Galilei vor fast vierhundert Jahren.

54.. Ein Pater eröffnete im 17. Jahrhundert die Jagd nach immer größeren Primzahlen

Langweilt sich Ihr Rechner manchmal? Soll er Ihnen helfen, Ihren Namen in der Mathematikgeschichte unsterblich zu machen? Dann surfen Sie doch einmal zur Internetseite www.mersenne.org. Dort ist ein Computernetzwerk mit dem Ziel entwickelt worden, besonders große Primzahlen zu finden.

55.. Die schönste Formel wurde im 18. Jahrhundert in Berlin entdeckt

Vor einigen Jahren gab es eine Umfrage unter Mathematikern: Was ist die schönste Formel? Zur Auswahl standen Beispiele aus verschiedenen Bereichen der Mathematik, am Ende siegte eine Formel, die auf den Mathematiker Euler zurückgeht. Sie stammt schon aus dem 18. Jahrhundert, Euler war damals Mathematiker am Hof Friedrichs des Großen in Berlin.

56.. Die erste wirklich komplizierte Zahl

Aus zwei Gründen sind die durch Brüche darstellbaren Zahlen — die so genannten rationalen Zahlen — von fundamentaler Bedeutung. Erstens gibt es davon so viele, dass alle praktisch wichtigen Zahlen ohne große Verluste durch eine rationale Zahl ersetzt werden können. So darf man zum Beispiel ohne irgendwelche Nachteile bei der Berechnung des Saatguts für ein kreisrundes Beet die Kreiszahl

π

durch den Bruch 314/100 ersetzen.

57.. P=NP: Ist Glück in der Mathematik manchmal entbehrlich?

Hier soll ein Problem besprochen werden, für dessen Lösung eine Million Dollar ausgelobt sind.

58.. Glückwunsch zum 32. Geburtstag!

Umein Problemoptimal erfassen zu können, sollte man es aus einem geeigneten Blickwinkel betrachten. In der Mathematik ist es genau so: Viel Mühe wird darauf verwendet, für die auftretenden Objekte eine Vielzahl von Darstellungsmöglichkeiten bereit zu stellen, um dann fülr die gerade anstehende Frage etwas Passendes zu finden.

59.. Buffons Nadel

Heute wollen wir uns 250 Jahre zurückversetzen, und zwar nach Frankreich. Dort hatte die Wissenschaft einen bemerkenswert hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Es gab eine Reihe von Adligen, die sich nach Kräften bemühten, die wichtigsten Entwicklungen der sich rasant entwickelnden Naturwissenschaften und der Mathematik zu verstehen oder sogar selbst aktiv in die Forschung einzugreifen. Wer etwas auf sich hielt, hatte neben dem Reitstall ein wissenschaftliches Kabinett, durchreisende Wissenschaftler waren hochwillkommen.

60.. Von heiß nach kalt: Kontrolliertes Abkühlen löst Optimierungsprobleme

Vor einiger Zeit hat ein technischer Fachausdruck seinen Weg in die Mathematik gefunden. „Annealing“ ist ursprünglich ein Begriff aus der Glasherstellung, er bezeichnet das kontrollierte Abkühlen einer Glasschmelze.

61.. Wer hat nicht bezahlt?

In der Mathematik ist es hin und wieder so, dass man zwingend logisch beweisen kann, dass es Objekte mit den geforderten Eigenschaften gibt, dass man eventuell aber nicht in der Lage ist, ein konkretes Beispiel zu nennen. Man spricht dann etwas schwerfällig von „nichtkonstruktiven Existenzaussagen“.

62.. Was kann Statistik?

Fast täglich kann man sich — auch in seriösen Zeitungen — in der Abteilung „Vermischtes“ über die neuesten statistischen Ergebnisse informieren: Forscher haben herausgefunden, dass Mathematiker älter werden als Physiker, dass Rennfahren gefährlicher ist als Spazierengehen usw.

63.. Von Pferden und Finanzmärkten: Arbitrage

Eines der Schlüsselworte der modernen Finanzmathematik ist die Arbitrage. Das ist ein Begriff, der auch in anderen Bereichen gebraucht wird: Für Reiter ist die „Arbitrage“ ein Teil des Zaumzeugs, das verhindern soll, dass das Pferd den Kopf nach oben reißt.

64.. Risiko ade: Optionen

Mal angenommen, Sie haben ein Weingut, auf dem einigermaßen zuverlässig in jedem Herbst zehn Tonnen Trauben geerntet werden. Die werden an eine Kellerei verkauft, da Ihnen selbst die Geduld und die Sachkenntnisse für die Umwandlung von Trauben in guten Wein fehlen.

65.. Passt die Mathematik zur Welt?

Betreiben wir die „richtige“ Mathematik? Die naive Antwort ist ein klares „ja“, denn viele mathematische Regeln sind an der Lebenserfahrung modelliert und geben diese deswegen auch richtig wieder. Zum Beispiel hängt das abstrakte Ergebnis „Ungleichungen dürfen addiert werden“ mit der Erfahrung zusammen, dass ein Einkauf bei Aldi am Ende billiger ist, als wenn man sich alles in einem Feinkostgeschäft besorgt: Für jeden einzelnen Artikel ist Aldi günstiger, und deswegen muss das auch für die Summe stimmen.

66.. Mathematik, die man hören kann

Die heutige Hauptperson ist Joseph Fourier, der seine „Fourier-Analyse“ zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte. Er hatte, bedingt durch die Wirren während und nach der französischen Revolution, ein sehr abwechslungsreiches Leben. Unter anderem war er mit Napoleon in Ägypten, dort schrieb er als Erster einen systematischen wissenschaftlichen Bericht über ägyptische Geschichte und Kultur.

67.. Der Zufall als Komponist

Das Thema „Der Zufall als Schriftsteller“ ist in Beitrag 10 schon einmal behandelt worden: Ein Affe an einer Schreibmaschine produziert bei genügend großzügiger Zeitvorgabe alle Werke der Weltliteratur.

68.. Hat der Würrfel ein schlechtes Gewissen?

Es ist wirklich verwirrend mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Stellen Sie sich bitte einen Würfel vor, wir wollen ihn ganz oft werfen. Einerseits wird immer gesagt, dass bei „vielen“ Versuchen im Mittel alle Zahlen etwa gleich oft vorkommen. Gleichzeitig wird aber behauptet, dass der Zufall kein Gedächtnis hat, die Chancen also bei jedem neuen Wurf genauso sind wie am Anfang.

69.. Erdbeereis kann tödlich sein!

Es ist wie mit den Gutachten: Fast egal, welche These man vertreten möchte, es ist nicht allzu schwer, das durch eine geeignete Statistik zu illustrieren. Es folgen einige Beispiele.

70.. Wohlstand für alle!

Schon Galilei fiel auf, dass die Unendlichkeit voll von Überraschungen ist. Als Gedankenexperiment wollen wir heute Kettenbriefe in einer unendlichen Welt verschicken.

71.. Bitte kein Risiko!

Mal angenommen, Sie leiten eine traditionsreiche Bank. Ein Kunde betritt Ihr Büro, er will mit Ihnen einen Vertrag schließen. Er möchte am 1. 1. des nächsten Jahres fünfhundert Telekomaktien kaufen. Dabei hofft er, dass jede einzelne höchstens 20 Euro kostet. Sollte es mehr sein, möchte er von Ihnen — der Bank — den fehlenden Differenzbetrag zugeschossen bekommen.

72.. Der mathematische Nobelpreis

Gibt es einen Nobelpreis für Mathematik? Bis vor wenigen Jahren hätte man darauf mit einem klaren „Nein“ antworten müssen. Als Ersatz haben die Mathematiker die prestigeträchtigen Fields-Medaillen, die alle vier Jahre auf dem Weltkongress der Mathematik vergeben werden. Auch wenn die Preisträger ausgesorgt haben, weil sie aufgrund des hohen Ansehens dieser Auszeichnung mit Angeboten für gut bezahlte Stellen überhäuft werden, so ist die ausgelobte Summe doch eher bescheiden. Der Preis für den besten Nachwuchsdichter der Stadt Wanne-Eickel dürfte höher dotiert sein.

73.. Der Zufall als Rechenknecht: Monte-Carlo-Verfahren

Monte-Carlo ist allgemein bekannt: durch das regierende Fürstenhaus, die Rallye und die Spielbank. Mathematiker haben bei diesem Namen noch eine andere Assoziation, sie denken an Monte-Carlo-Verfahren. Das sind Rechenverfahren, bei denen der Zufall als Rechenknecht eingesetzt wird.

74.. Die „fusselige“ Logik

Vor einiger Zeit war es bei Waschmaschinen und Staubsaugern noch ein Gütesiegel, wenn sie mit Fuzzy-Logik arbeiteten. Die bestechende Idee dieser von dem kalifornischen Mathematikprofessor Lotfi Zadeh in den siebziger Jahren vorgeschlagenen Logik besteht darin, der alltäglichen Art zu denken eine mathematische Grundlage zu geben.

75.. Geheime Nachrichten in der Bibel?

Für Mathematiker sind Zahlen Gegenstand der Untersuchung und Arbeitshilfsmittel, eine mystische Bedeutung haben sie für sie nicht. Es gibt jedoch eine lange, auf Pythagoras zurückgehende Tradition, in Zahlen noch mehr zu sehen. Man kann ihnen zum Beispiel Eigenschaften zuordnen („Die Zweiheit ist die Quelle der Veränderung . . .“, „Dreiheit heißt Klugheit und Weisheit . . .“) und sich dann bei schwierigen Entscheidungen von diesen Eigenschaften leiten lassen.

76.. Wie verknotet kann ein Knoten sein?

Stellen Sie sich vor, dass Sie in Ihrem Bastelkeller eine ziemlich lange Verlängerungsschnur haben. Sie stecken das eine Ende — den Stecker — in das andere Ende — die Dose — und haben dann einen geschlossenen Stromkreis.

77.. Wieviel Mathematik braucht der Mensch?

Wieviel Mathematik braucht der Mensch? Wozu quadratische Gleichungen, Kurvendiskussionen und Integrale? Reicht nicht das kleine Einmaleins, um im Supermarkt und beim Restaurantbesuch einschätzen zu können, was man denn gleich zahlen muss? Manche gehen sogar noch weiter, denn das Rechnen kann man ja auch an einen Taschenrechner delegieren, der sicher bald in jedes Handy eingebaut sein wird.

78.. Groß größer, am größten

Angenommen, jemand hat zwei Körbe mit Äpfeln vor sich. Es soll entschieden werden, welcher dieser Körbe mehr Früchte enthält. Die naheliegende Lösung: Es wird gezählt, und dann sind nur noch die beiden Ergebnisse zu vergleichen.

79.. Das ist wahrscheinlich richtig

In den letzten Jahrzehnten hat sich immer mehr herausgestellt, dass der Zufall nicht nur ein unberechenbarer Störfaktor ist, sondern auch eine produktive Rolle spielen kann. Von Monte-Carlo-Verfahren war hier schon in Beitrag 73 die Rede: Durch sie kann man komplizierte Rechnungen an den Zufall delegieren. Heute geht es um Grundsätzlicheres, denn der Zufall kann sogar beim Auffinden vonWahrheiten helfen.

80.. Ist die Welt „krumm“?

Einer der ersten Höhepunkte der Mathematik liegt weit über 2000 Jahre zurück. Damals stellte Euklid die Grundlagen der ebenen Geometrie systematisch zusammen. Wie verhalten sich die Winkel, wenn man eine Gerade mit zwei anderen parallelen Geraden schneidet, welche Winkelsumme hat ein Dreieck, welche ein Trapez, was bedeutet eine Konstruktion „mit Zirkel und Lineal“?

81.. Gibt es eine mathematische DIN-Norm?

Am Anfang war das Wort. Wie in anderen Bereichen des Lebens spielen auch in der Mathematik Bezeichnungen und Vereinbarungen eine wesentliche Rolle. Warum hat die Kreiszahl

π

einen eigenen Namen, warum ist Zwei hoch Null gleich Eins?

82.. Der überstrapazierte Schmetterling

„Wenn ein Schmetterling in Griechenland mit den Flügeln schlägt, kann das in Florida einen Tornado auslösen.“ Diese Aussage aus der Chaostheorie dürfte einen bemerkenswert hohen Bekanntheitsgrad haben, wobei für „Griechenland“, „Florida“ und „Tornado“ auch andere Länder bzw. Stürme im Umlauf sind. Was ist dran an dieser Feststellung?

83.. Garantiert reich!

Hat bei Ihnen schon einmal ein Traum ein zukünftiges Ereignis vorhergesagt? Sie träumen, dass Tante Trude anruft, und prompt tut sie es am Abend wirklich. Geht das mit rechten Dingen zu oder wirken höhere Mächte? Solche Ereignisse sprengen nicht die moderne Naturwissenschaft, die Erklärung ist ziemlich einfach: Wenn viele Experimente gemacht werden, die mit einer positiven Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führen werden, sind auch Treffer zu erwarten.

84.. Traue keinem über 30

Immer wieder hört man die Meinung, dass mathematische Höchstleistungen nur von ganz jungen Forschern zu erwarten sind. Stimmt das?

85.. Gleichheit in der Mathematik

Was ist wesentlich an einem mathematischen Problem und was gehört eigentlich nicht zur Sache? Um das zu präzisieren, muss man sich erst einmal darüber verständigen, wann zwei Situationen als „gleich“ anzusehen sind, um sich in so einem Fall nur einmal anstrengen zu müssen.

86.. Zauberhafte Invarianten

Was hat Bestand, worauf kann man sich verlassen? Mathematiker sind seit Jahrhunderten auf der Suche nach Invarianten. Das sind, vereinfacht ausgedrückt, Größen, deren Wert sich bei den gerade betrachteten Handlungen nicht ändert.

87.. Mathematics go cinema

Hin und wieder kann man Mathematik auch im Kino bewundern. Mathematiker gehen mit gemischten Gefühlen in solche Filme, denn oft werden nur die gängigen Klischees bedient. Interessant ist immerhin, welche Aspekte des Faches von den Regisseuren für die Darstellung ausgesucht wurden.

88.. Die liegende Acht: Unendlich

Mathematiker haben täglich mit der Unendlichkeit zu tun. Die tritt in mehreren Varianten auf. Am harmlosesten ist die Unendlichkeit im Sinn einer potenziellen Unendlichkeit beim Zählen. Man beginnt mit 1, kommt dann zur 2, dann zur 3, und es geht immer weiter: Ein Ende wird nie erreicht. Selbst mit den kritischsten Grundlagenvertretern kann man sich darauf verständigen, dass das unproblematisch ist. Heikler wird es schon, wenn unendliche Gesamtheiten als neue Objekte behandelt werden. Darf man wirklich von der Menge der Primzahlen reden? Auch wenn niemand weiößenordnung ansehen kann, ob sie Primzahlen sind oder nicht? Inzwischen ist die allgemeine Überzeugung, dass das eine legitime Operation ist, das Häufchen der Kritiker schrumpft immer mehr.

89.. Mehr Rand in Büchern!

In dieser Kolumne wurde schon mehrfach darauf hingewiesen, dass Mathematik nicht nur eine in vielen Bereichen nützliche Wissenschaft ist. Sie kann auch dann, wenn keine Anwendungen in Sicht sind, zu fast unglaublichen intellektuellen Leistungen motivieren, wenn nur die Fragestellung faszinierend genug ist.

90.. Mathematik macht Organe sichtbar

Dass ein Mathematiker manchmal auch als Detektiv arbeitet, lernt man schon in der Schule. Zum Beispiel könnte

x

eine unbekannte Größe sein, von der man nur wei3

x

+5 = 26 ist. Sherlock Holmes, übernehmen Sie! Wenn 3

x

+5 gleich 26 ist, muss 3

x

= 21 sein, und damit ist

x

als die Zahl 7 entlarvt.

91.. Ein Gehirn im Computer

Der Mathematiker als Frankenstein? Schon seit Jahrhunderten wird versucht, gewisse Aspekte menschlichen Denkens mit Maschinen nachzubilden. Bei den neuronalen Netzen, die seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts untersucht werden, hat man wirklich den Versuch gewagt, Bausteine des Gehirns im Computer zu simulieren, um auf diese Weise so etwas wie „Denken“ nachzubilden.

92.. Cogito, ergo sum

René Descartes war eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Er beschloss schon in jungen Jahren, sein Leben ganz der Wissenschaft zu widmen. Im „Discours de la méthode“ von 1637 findet man nicht nur die Grundlagen seiner Philosophie („Cogito, ergo sum“). Das Werk hat auch drei gewichtige Anhänge, in denen er in vielen konkreten Fallstudien die Fruchtbarkeit seiner neuen Methode demonstrieren wollte.

93.. Hat die Welt ein Loch?

Für die Lösung einiger schon lange offener Probleme in der Mathematik hat die Clay Foundation jeweils eine Million Dollar ausgesetzt

84

). Nach allgemeiner Einschätzung gibt es viele Indizien dafür, dass das

Poincaré-Problem

als Erstes gelöst werden wird. Das wäre eine wirkliche Sensation, denn Generationen von Mathematikern haben sich an der Lösung vergeblich die Zähne ausgebissen.

94.. Komplexe Zahlen sind gar nicht so kompliziert, wie der Name suggeriert

Wenn man irgendeine der handelsüblichen Zahlen quadriert, so ist das Ergebnis positiv: 3 mal 3 ist 9, aber auch minus 4 mal minus 4 ist positiv, nämlich gleich 16. Deswegen ist nicht so ganz klar, wie man sich eine Zahl vorstellen soll, deren Quadrat negativ ist.

95.. Der Grafiker Mauritz Escher und die Unendlichkeit

Die Werke des holländischen Grafikers Mauritz Cornelius Escher sind bei Kunstexperten nicht besonders hoch angesehen. Inwieweit das gerechtfertigt ist, kann hier nicht entschieden werden. Eschers Bilder sind aber unter verschiedenen Aspekten für die Mathematik interessant. Alle sind geometrischer Natur.

96.. Eine Eins am Anfang ist viel wahrscheinlicher als eine Zwei

Ist es Ihnen schon einmal aufgefallen? Wenn man sich Tabellen von Zahlen ansieht, so ist in den meisten Fällen der Gleichheitsgrundsatz verletzt: Eigentlich sollte man doch annehmen, dass als erste Ziffer die „1“, die „2“ usw. in etwa gleich häufig vertreten sind, doch das ist im Allgemeinen nicht der Fall. Das ist das Benfordsche Gesetz, benannt ist es nach dem Physiker Frank Benford (1883–1948). Dabei darf man das Wort „Gesetz“ nicht so wörtlich nehmen, anders als etwa die Newtonschen Gesetze der Mechanik — durch die wirklich von der Natur streng einzuhaltende Regeln beschrieben werden — ist das Benfordsche Gesetz eher ein qualitativer Erklärungsversuch.

97.. Das Leipziger Rathaus und die Sonnenblume

Der goldene Schnitt ist eine der wichtigsten Zahlen der Mathematik. Zur Erinnerung: Möchte man die Seiten eines Rechtecks so bestimmen, dass das Verhältnis der längeren Seite zur kürzeren mit dem Verhältnis der Seitensumme zur längeren Seite übereinstimmt, so ergibt sich als Seitenverhältnis der goldene Schnitt. Den genauen Wert kann man dadurch ermitteln, dass man die längere Seite erst einmal

x

nennt und die kürzere als Eins wählt. Dann muss aufgrund unserer Forderung

x

/1 = (1+

x

)/

x

gelten. Nach Multiplikation mit

x

und Sortieren führt das auf die quadratische Gleichung

x

×

x

x

− 1 = 0, und die

p-q

-Formel für quadratische Gleichungen liefert als einzige positive Lösung die Zahl

x

= 1.6180 . . .

98.. Information optimal verpackt

Die Notwendigkeit, Informationen an Leute weiterzugeben, die sich für das gleiche Gebiet interessieren, taucht in den verschiedensten Lebensbereichen auf. Wie verständigen sich Jazzmusiker über die Harmonien, über die improvisiert werden soll? Wie tanzt man den Grundschritt beim Tango? Welche Nummer gehört zu dem Artikel, den man gerade an der Kasse bezahlen möchte? In der Mathematik hat sich aus dieser Fragestellung ein eigenes Teilgebiet entwickelt, die Codierungstheorie. Genauer geht es dabei darum, Information „optimal“ zu verpacken, wobei die Antwort auf das, was „optimal“ bedeuten soll, je nach Situation unterschiedlich ausfallen kann.

99.. Vier Farben reichen immer

Nimmt man ein Blatt Papier und skizziert darauf eine Landkarte, so kann man, um es etwas netter aussehen zu lassen, doch versuchen, die einzelnen Länder zu färben. Dabei wird man sicher aus Gründen der Übersichtlichkeit Länder verschieden färben wollen, die eine gemeinsame Grenze haben.

100.. Mit Mathematik zum Milliardär

Vor einiger Zeit ist GOOGLE an die Börse gegangen, die Gründer Sergej Brin und Lawrence Page gehören seit diesem Tag zu den reichsten Männern der Welt.

Backmatter
Metadata
Title
Fünf Minuten Mathematik
Author
Prof. Dr. Ehrhard Behrends
Copyright Year
2006
Publisher
Vieweg
Electronic ISBN
978-3-8348-9013-9
Print ISBN
978-3-8348-0082-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8348-9013-9

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