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13-10-2020 | Geldpolitik | Kommentar | Article

Finanzmärkte sorgen sich um die US-Wahl

Author: Jan Sobotta

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Die anstehenden US-Wahlen lösen in vielen Branchen bereits Verunsicherung aus. Mit welchen der Szenarien sich die Investmentbanker beschäftigen, kommentiert Jan Sobotta.

An den Finanzmärkten ist es in den vergangenen Wochen zu erhöhter Volatilität und Kursrückschlägen gekommen. Neben der Sorge wegen steigender Neuinfektionen und der Furcht vor einem erneuten Lockdown ist ein weiterer gewichtiger Unsicherheitsfaktor ins Blickfeld der Investoren gerückt. Anders als üblich sorgen sich die Finanzmarktakteure dieses Jahr nicht nur um den US-Wahlausgang an sich, sondern über die Wahl selbst. So gibt es große Befürchtungen, dass der Wahlausgang umstritten sein und kein rasches Wahlergebnis vorliegen wird. Nachzählungen und potenzielle Gerichtsprozesse könnten wochenlange Verzögerungen mit sich bringen und sogar einen geordneten Machtwechsel infrage stellen.

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Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten – Donald Trump – hatte Glück: Während sein Vorgänger Barack Obama Anfang 2009 das Amt angetreten hatte, als die USA noch tief in der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit der Großen Depression der 1930er steckten, erbte Präsident Trump eine Wirtschaft, die sich durch hohe Wachstumsraten und eine historisch niedrige Arbeitslosigkeit auszeichnete. Viele strukturelle Probleme sind allerdings nach wie vor nicht überwunden.

Fiskal- und Geldpolitik bleiben äußerst expansiv

Entsprechend werden Erinnerungen an die Wahl im Jahr 2000 wach, als das Ergebnis umstritten war und das oberste Gericht eingreifen musste. Der US-Aktienmarkt geriet damals unter beträchtlichen Abgabedruck. Bei den US-Wahlen dürfte eine "blaue Welle", also einen Wahlausgang, bei dem die Demokraten die Kontrolle über das Weiße Haus sowie den Kongress erlangen, als das wahrscheinlichste Szenario gelten. 

Der Einfluss auf die kurzfristigen Konjunkturaussichten ist aus unserer Sicht eher gering, da Fiskal- und Geldpolitik äußerst expansiv bleiben. Mittelfristig könnte eine demokratische Administration dank geringerer Unsicherheit, Mehrausgaben und einem koordinierten Kampf gegen das Coronavirus sogar wachstumspositiv sein.

Kurzfristig unterscheidet sich die Reaktion des US-Aktienmarkts je nach Wahlausgang. Historisch betrachtet war bei geteilten Machtverhältnissen in Senat und Repräsentantenhaus die Reaktion positiv. Bei einem Machtwechsel dagegen korrigierten die Aktienmärkte unmittelbar nach der Verkündung der Resultate im Durchschnitt um rund zehn Prozent. Ein Jahr nach der Wahl war dann allerdings bereits kein Unterschied in der Aktienmarktperformance mehr auszumachen. Der mittelfristige Effekt der US-Wahl auf den Gesamtmarkt wird also klar überschätzt.

Das Wachstum wird im vierten Quartal stark abkühlen

Zur aktuellen Situation in den USA: Im 3. Quartal steuert die US-Wirtschaft auf ein hohes Wachstum von annualisiert 30 Prozent zu, was eine neuerliche Aufwärtsrevision der Wachstumsprognose rechtfertigt. Nach dieser Aufholjagd wird das Wachstum im 4. Quartal stark abkühlen. Die jüngsten Konjunkturdaten offenbaren bereits klare Tendenzen in diese Richtung. So sind die Detailhandelsumsätze im August nur noch um 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen. Auch das nur langsame Abflachen der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung (Vierwochendurchschnitt: 878.000) und die nachlassende fiskalische Unterstützung deuten auf ein bescheidenes Wachstum in den letzten drei Monaten des Jahres hin.

Nachdem die US-Notenbank Ende August auf der Jackson-Hole-Konferenz ihre strategische Neuausrichtung vorgestellt hatte, wurde diese auf der Sitzung im September offiziell vollzogen. Demnach sollen die Leitzinsen unverändert belassen werden, bis eine maximale Beschäftigung erreicht ist und die Inflation auf zwei Prozent angestiegen sowie auf Kurs ist, die Zwei-Prozent-Marke für einige Zeit moderat zu übertreffen. 

Laut den aktualisierten Zinsprojektionen ist damit bis Ende 2023 keine Zinserhöhung zu erwarten. Zwar sehen die Währungshüter zu diesem Zeitpunkt die Inflation bei zwei Prozent und die Arbeitslosenquote bereits wieder bei vier Prozent. Der Strategiewechsel der Fed bietet aber selbst dann noch genügend Spielraum abzuwarten.

Nachfrage nach dem japanischen Yen steigt

Abschließend noch ein Blick auf das Thema Devisen, die ebenfalls unter dem Einfluss der Rückkehr von Unsicherheit und Volatilität an den Finanzmärkten stehen. So hat sich in den letzten Wochen die Nachfrage nach dem japanischen Yen bereits gesteigert und auch der US-Dollar konnte wieder an Boden gutmachen. Generell neigte die japanische Währung in der Vergangenheit im Vorfeld von US-Präsidentschaftswahlen zur Stärke. 

Prozyklische Währungen kamen hingegen unter Abgabedruck. Da wir befürchten, dass im Vorfeld der US-Wahlen die Volatilität hoch bleiben und die Risiken wegen erneuter Lockdowns die Stimmung an den Finanzmärkten belasten wird, sollten in diesem Umfeld sichere Häfen wie der Yen, der US-Dollar und der Schweizer Franken gefragt sein.

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