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10-12-2014 | Gewässer | Schwerpunkt | Article

In die Wiederherstellung naturnaher Gewässer investieren

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Die Wasserrahmenrichtlinie ist seit 14 Jahren in Kraft. Werden die Rahmenbedingungen für die Umsetzung nicht deutlich verbessert, wird es schwer das Ziel bis 2027 zu erreichen. Ein Kommentar von Ricarda Börner.

Die Richtlinie 2000/60/EG des europäischen Parlamentes und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, kurz Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist mittlerweile seit 14 Jahren in Kraft. Ihr Zeitplan sieht vor, für alle natürlichen Oberflächenwasserkörper und das Grundwasser spätestens 15 Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie einen guten Zustand zu erreichen. Diese Forderung gilt etwas gemildert durch das gute ökologische Potenzial auch für die erheblich veränderten und künstlichen Gewässer. Es ist an der Zeit eine Bilanz zu ziehen.

Die in den letzten Jahren umfangreich durchgeführten Monitoringprogramme liefern dafür erstmals eine belastbare Datengrundlage. Während die erste Bestandsaufnahme 2004 auf Grund des Fehlens biologischer Bewertungsverfahren im Wesentlichen auf der Grundlage von Expertenwissen durchgeführt wurde, liegen heute entsprechende Daten vor. Hieraus ergibt sich bereits die erste Schwierigkeit einer objektiven Bilanz der Umsetzung der WRRL. Es hat den Anschein, dass die Experten 2004 etwas zu optimistisch in der Zustandseinschätzung waren. Es ergeben sich durch die veränderte Datenlage für eine erhebliche Anzahl der Wasserkörper schlechtere Bewertungen, ohne dass diese durch andere Gründe belegt sind.

Problem der Trägheit biologischer Systeme

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Ein zweites Problem ist die Trägheit biologischer Systeme. Umgesetzte Renaturierungsprojekte benötigen lange Zeiträume, bis der gute Zustand je nach Gewässertyp und Wiederbesiedlungspotenzial auch im Makrozoobenthos oder in den Makrophyten sichtbar wird. Bäume wachsen nicht nur "nicht in den Himmel", sie wachsen auch nicht besonders schnell.

Die Hauptdefizite haben sich nicht verändert

Was haben wir unter Berücksichtigung dieser Probleme erreicht? 2004 wurden 90 Prozent der Fließgewässer mit "nicht gut" bewertet. 2013 sind es ebenfalls 90 Prozent. Die Hauptdefizite sind die gleichen geblieben. Neben der fehlenden Durchwanderbarkeit sind es vor allem strukturelle Probleme. Sie sind im intensiv genutzten Norddeutschen Tiefland mit seinen "schwachen" Gewässern nur unter großem Aufwand zu beseitigen. Ein hoher Flächenanspruch steht den meisten Vorhaben im Wege. Die sehr stark steigenden Grundstückspreise machen die Umsetzung auch in den nächsten Jahren nicht einfacher. Selbst die öffentliche Hand geizt mit Flächen. Neben der Hydromorphologie sind es die stofflichen Belastungen, die vor allem in den kleineren Fließgewässern, den Seen, Küstengewässern und natürlich der Ostsee Probleme bereiten. Während das Thema Nitrat insbesondere für das Grundwasser umfangreich bearbeitet wird, ist der Phosphor als Eutrophierungfaktor etwas ins Hintertreffen geraten. Der neu gebildete "Phosphatcampus" verschiedener Forschungseinrichtungen in Rostock kann hier Abhilfe schaffen.

Fehlende Gewässerstrukturen sind das größte Hindernis

Während die Beseitigung der größeren Abwassereinleitungen eine Erfolgsgeschichte war und die Herstellung der Durchwanderbarkeit in relativ großem Umfang in Angriff genommen wurde, bleibt die Frage, wohin sollen die Organismen wandern und was finden sie dort außer sauberem Wasser vor? Die fehlende Gewässerstrukturen sind für die Fließgewässer und die Umsetzung der WRRL das größte Hindernis. Die Fachleute, die die WRRL erarbeitet haben, waren sich vermutlich der Größe dieser Aufgabe bewusst, nicht umsonst haben sie eine zweimalige Fristverlängerung in die Richtlinie eingefügt. Werden die Rahmenbedingungen für die Umsetzung der WRRL nicht deutlich verbessert, wird es trotz aller Anstrengungen schwer, das Ziel guter Zustand für alle Oberflächengewässer bis 2027 zu erreichen, zu groß sind die Defizite. Die Erfolgskontrollen der bisher umgesetzten Renaturierungsprojekte geben der WRRL recht, es lohnt sich, alle Kraft in die Wiederherstellung naturnaher Gewässer zu investieren. Mit positiven Beispielen müssen auch die Skeptiker überzeugt werden.

Alleine geht es nicht

Mit dem Zusammenwirken von Wasserwirtschaftsverwaltung und Flurneuordnungsbehörde beschäftigen sich Romuald Bittl und Dörte Kolbow in ihrem Fachartikel in Ausgabe 12/2014 der Fachzeitschrift "Wasser und Abfall". Ebenfalls in dieser Ausgabe betrachtet Axel Borchmann die gemeinsame Umsetzungsstrategie auf europäischer Ebene.

Zur Autorin

Dr. rer. nat. Ricarda Börner ist im Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg, Dienststelle Rostock, für die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie und Gewässerkunde zuständig.

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