Neben Ölunfällen, Überfischung oder der Einleitung von Chemieabfällen hat sich Plastikmüll als Ökodesaster für die Ozeane entwickelt. Das Umweltbundesamt teilt mit, durchschnittlich treiben 13.000 Plastikmüllpartikel mittlerweile auf jedem Quadratkilometer Meeresoberfläche. Müllteppiche an der Oberfläche aber auch im Wasser und am Meeresboden werden immer häufiger registriert. Im Fachartikel "Meeresmüll an deutschen Ostseestränden", erschienen in Ausgabe 09/2016 der Fachzeitschrift Wasser und Abfall, berichten Dennis Gräwe, Mirco Haseler und Gerald Schernewski über das Spülsaummonitoring zur visuellen Erfassung von vornehmlich Makromüll an 32 Ostseestränden.
Günther Bonin, Gründer und Vorstand von One Earth – One Ocean e.V., hat eine Vision, dem Meeresmüll mit einer maritimen Müllabfuhr zu entgegnen. Im ersten Schritt soll der Plastikmüll mit Geräten auf den Meeren eingesammelt, sortiert und zerkleinert werden. Die Trennung und das Recycling des Mülls erfolgt an Land. In einer späteren Phase soll das gesammelte Plastik direkt an Bord von Tankern verarbeitet werden.
Plastikmüll auf dem Meer einsammeln
Der erste Schritt von Bonins Version wird jetzt Realität. Das erste rein aus Spenden finanzierte, spezialisierte und zertifizierte Müllsammelschiff "Seekuh" wurde am 25. September 2016 im Rahmen des 35. Deutschen Schifffahrtstages in Kiel getauft. Der Spezialkatamaran mit einer Größe von etwa zwölf mal zehn Meter und einem Gewicht von knapp sechs Tonnen hat nach der Schiffstaufe den Ausrüstungskai in Lübeck angesteuert. Dort wird er jetzt mit den notwendigen elektronischen Geräten bestückt und der Ausbau fertiggestellt, bevor er für einige Monate in 2017 in Hong Kong eingesetzt wird. Möglich ist dies durch die zerlegbare Konstruktion des Schiffes, die in Frachtcontainern zu den unterschiedlichen Einsatzorten gebracht werden kann. Nach der Zeit im Meer vor Hong Kong werden mit der "Seekuh" an der Küste der deutschen Ostsee Wasserproben analysiert und Müll gesammelt.
Der für den Einsatz in küstennahen Gebieten und an Flussmündungen entwickelte Katamaran hat einen Tiefgang von nur 60 Zentimeter. Die zwischen den Rümpfen befindliche Netzkonstruktion wird ins Wasser abgesenkt und kann Plastikmüll bis in eine Tiefe von zwei Meter herausfischen. Während des Sammelvorgangs fährt der Katamaran mit Schrittgeschwindigkeit, damit sich keine Lebewesen in den Netzen verfangen. In Gebieten mit hohem Müllaufkommen sollen täglich mehrmals zwei bis drei Tonnen eingesammelt werden können.
Finanziert wurde das Projekt mit bisher rund 250.000 Euro von mehr als 100 Unternehmen und Privatpersonen, darunter die Röchling Stiftung und die Deutsche Telekom AG. Die Deutsche Telekom finanzierte die Konstruktionsplanung, Projektleitung und die Zulassungskosten. Die Röchling Stiftung ermöglichte zu einem Großteil den Rohbau des Katamarans.
Nächste Schritte beim Kampf gegen den Meeresmüll
Basierend auf den Erfahrungen sollen für den Einsatz in der Hochsee autark durch Wind- und Sonnenenergie angetriebene so genannte Hochseekühe entwickelt werden. Begleitet werden sollen sie von Schiffen, die den Plastikmüll direkt an Ort in leichtes, schwefelfreies Heizöl, Gas oder Strom verarbeiten. Dabei soll eine Tonne Kunststoff 900 Liter Erdöl erbringen. Recycling von Kunststoffen erläutern Hans Martens und Daniel Goldmann ausführlich im gleichnamigen Buchkapitel.