Die Unternehmen in Deutschland schließen das Geschäftsjahr 2020 mit coronabedingten Gewinnrückgängen von insgesamt fast 17 Prozent. Auch wenn Staatshilfen zum Teil einen Ausgleich schaffen, hinterlassen die Lockdown-Maßnahmen neben Verlierern auch Profiteure innerhalb einzelner Branchen.
Während 2020 viele deutsche Unternehmer mit Gewinnrückgängen kämpfen, gibt es auch Gewinner - sogar in stark gebeutelten Branchen.
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Die deutsche Wirtschaft musste im Corona-Jahr 2020 deutliche Gewinneinbußen verkraften. Die Betriebe und Konzerne rechnen mit einem Rückgang von insgesamt 16,6 Prozent. Das zeigt die aktuelle Corona-Befragung des German Business Panel (GBP) an der Universität Mannheim, die Angaben für den Zeitraum von Januar bis zum 30. Dezember 2020 berücksichtigt. An dieser Erhebung nehmen bundesweit wiederkehrend mehr als 10.000 Unternehmen teil. Die Unternehmen wurden unter anderem danach gefragt, wer am stärksten von den Einschränkungen belastet ist und wer davon sogar profitiert. Sie gaben zudem eine Einschätzungen zur gesamtwirtschaftlichen Lage ab.
Dezember-Lockdown zeigt kaum negative Wirkung
Die Studie zeigt allerdings, dass die Verschärfung der Maßnahmen im Dezember nicht zu einem verstärkten Gewinnrückgang geführt haben. Mit einem erwarteten Rückgang von 15,4 Prozent haben sich die Gewinne laut Umfrage in der zweiten Dezemberhälfte bei gleichzeitig stabilen Umsätzen gegenüber der ersten Monatshälfte sogar schwach verbessert. "Dieser Effekt zeigt, dass die Politik mit ihrer Annahme richtig lag, die Geschäftsschließungen in einem Zeitraum vorzunehmen, der vergleichsweise geringe Belastungen mit sich bringt. Auch das Weihnachtsgeschäft ist offenbar erfolgreich weitergegangen", so Jannis Bischof, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensrechnung an der Universität Mannheim und Projektleiter des German Business Panel.
Insgesamt konnten die staatlichen Hilfen die Verluste im Gesamtjahr ein wenig auffangen, denn im Sommer 2020 gingen die deutschen Unternehmen noch von 22 Prozent weniger Gewinnen aus. Auch wurden zum Jahresende die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung von 58,5 Prozent der Befragten als ausreichend bewertet. Zur Jahresmitte lag dieser Anteil bei 54,2 Prozent. Dennoch sei nicht zu erwarten, "dass eine Verlängerung der Schließungen in einem Zeitraum, in dem das Geschäft nach der Weihnachtspause üblicherweise wieder hochfährt, ähnlich milde Wirkungen haben wird", ergänzt Bischof.
Insolvenzwelle in besonders betroffenen Branchen
So haben sich die gesamtwirtschaftlichen Erwartungen für 2021 erheblich verschlechtert. Während die Unternehmen im Sommer nur von einem leichten Rückgang des BIP um 0,3 Prozent für 2021 ausgingen, rechnen sie nun mit einem deutlichen Minus von 5,3 Prozent. Dieser Pessimismus schlägt sich auch in den Insolvenzerwartungen nieder: Gingen in den Sommermonaten noch 20,6 Prozent von einer Insolvenz ihrer Wettbewerber aus, sind es nun 23,4 Prozent. Ganz vorne liegen dabei die stark betroffenen Branchen Gastronomie und Hotellerie, Sport sowie Kultur. Hier liegt die Insolvenzerwartung mit 40 Prozent am höchsten.
"Ein Anschwellen der Insolvenzfälle droht vor allem in besonders schwer betroffenen Branchen wie dem Gastgewerbe, aber auch generell im Segment der kleineren Unternehmen, die ihre Eigenkapitalposition in den Jahren vor der Krise weniger verbessert hatten als mittlere und große Unternehmen", bringen es Oliver Holtemöller, Stefan Kooths, Claus Michelsen, Torsten Schmidt und Timo Wollmershäuser im Beitrag "Erholung verliert an Fahrt - Wirtschaft und Politik weiter im Zeichen der Pandemie" in der Zeitschrift Wirtschaftsdienst (Ausgabe 11 | 2020) auf den Punkt.
Profiteure der Corona-Maßnahmen erwirtschaften mehr Gewinne
Die Studie stellte zudem eine Gewinnumverteilungen fest, die nach der Schließung der Geschäfte schon im Dezember stattfand. So verbuchten Einzelhändler, die ab dem 16. Dezember schließen mussten, zusätzliche Gewinneinbußen im Umfang von weiteren 3,4 Prozentpunkten. Händler, die ihr Geschäft weiterhin öffnen durften, berichten von leicht steigenden Gewinnen. Dies spreche für Ausweicheffekte, insbesondere wenn bestimmte Produkte von anderen Händlern weiterhin angeboten werden können wie Schreibwaren oder Spielzeug im Lebensmittelhandel.
Hier führen die staatlichen Maßnahmen, die Unternehmen ganz unterschiedlich trafen, direkt zur Umverteilung von Gewinnen innerhalb einer Branche. Staatshilfen können dies nicht vollständig ausgleichen", erläutert Bischof. Für 2021 sieht die Studie insgesamt noch keine Anzeichen für eine Entspannung der Lage, auch wenn manches Unternehmen in der Krise erfolgreich ist. Einen Ausblick auf die mögliche Wirtschafts- und Preisentwicklung in Deutschland gibt Peter Bofinger im Beitrag "Kommt nach der Corona-Krise die Inflation?" in der Zeitschrift Wirtschaftsdienst (Ausgabe 11 | 2020). Dort schreibt der Professor für VWL, Geld und internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universität Würzburg:
Nach der immer noch vergleichsweise kurzen Erfahrung mit den wirtschaftspolitischen und wirtschaftlichen Implikationen der Corona-Pandemie lassen sich deren Auswirkungen auf die Inflationsentwicklung nur grob abschätzen. Aus realwirtschaftlicher Sicht dürften die durch den Schock erhöhte Arbeitslosigkeit und die negativen Auswirkungen längerfristiger struktureller Veränderungen (geringere Mobilität, erhöhte Digitalisierung, geringere Nachfrage vor allem nach unqualifizierten Arbeitskräften) eine preisdämpfende Wirkung entfalten."
Aus monetärer Sicht sei eine erhöhte Staatsverschuldung nicht automatisch als inflationär anzusehen. "Sofern sie, wie im Fall der Pandemie, dafür sorgt, einem Einbruch der Nachfrage entgegenzuwirken, verhindert sie vielmehr eine Deflation", so der Wirtschaftsexperte.
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