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2016 | Book

Handbuch Werbeforschung

Editors: Gabriele Siegert, Werner Wirth, Patrick Weber, Juliane A. Lischka

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

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About this book

Das Handbuch gibt als erstes deutschsprachiges Werk einen systematischen Überblick über das gesamte Forschungsfeld „Werbung“ aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive. Als dezidiertes Forschungshandbuch bietet es Interessierten, Forschenden und fortgeschrittenen Studierenden der (akademischen) Forschungspraxis einen ganzheitlichen Orientierungsansatz, der nicht nur wichtige Bereiche der internationalen und der deutschsprachigen Werbeforschung thematisiert, sondern typische Strategien, Logiken und Forschungsdesigns im Zusammenhang aufzeigt. Die Beiträge präsentieren ausgewiesene Forschungsfelder, die entsprechende Literatur und liefern „Gebrauchsanweisungen“ für die akademische Forschungspraxis.

Table of Contents

Frontmatter

Teil 1 Einbettung und Abgrenzung

Frontmatter
Werbung – das (un)bekannte Wesen

Werbung ist ein facettenreiches Phänomen in der Forschung sowie in der Praxis, das ebenso vielseitig definiert werden kann. Damit fällt es schwer, Werbung klar von anderen geplanten Kommunikationsprozessen abzugrenzen. Die Entwicklung der Werbung hängt sowohl mit der Entwicklung der industriellen Massenproduktion und des Massenkonsums als auch mit der Entwicklung der Massenmedien zusammen. Das vorliegende Handbuch soll einerseits Werbung konkret genug fassen, um nicht beliebige Beiträge zu Kommunikationsangeboten zu bündeln und andererseits offen genug sein, um alle relevanten Entwicklungen aufgreifen zu können. Es diskutiert Werbung im Rahmen der Strukturen und Rahmenbedingungen von Werbekommunikation, der Bedingungen der Produktion und Distribution sowie der Nutzung und Wirkung.

Gabriele Siegert, Werner Wirth, Juliane A. Lischka, Patrick Weber

Teil 2 Forschung zu Strukturen und Rahmenbedingungen der Werbung

Frontmatter
Werbung – Wirtschaft – Medien

Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit dem Werbeverhalten auf der Ebene der Gesamtwirtschaft und präsentiert wesentliche empirische Studien, die den Zusammenhang zwischen diesen aggregierten Werbeaktivitäten und der Entwicklung der Gesamtwirtschaft sowie mit den Folgen für die Werbefinanzierung von Massenmedien untersuchen. Niveau und Struktur der aggregierten Werbeaktivität werden dabei meist über die Kennziffern »Werbeintensität« (Relation der Werbegesamtausgaben zum Bruttoinlandsprodukt) und »Werbe-Mix« (Anteile einzelner Werbeträger an den Werbegesamtausgaben) operationalisiert. Die Arbeiten lassen sich drei wissenschaftlichen Teildisziplinen zuordnen: der betriebswirtschaftlichen Marketingforschung, der Volkswirtschaftslehre und der Medienökonomie. Zu unterscheiden sind Arbeiten zu kurzfristigen und langfristigen Wirkungszusammenhängen und deren Ursachen. Der Beitrag geht insbesondere auf Arbeiten zur Kausalitätsrichtung zwischen Werbung und Gesamtwirtschaft, zum Einfluss konjunktureller Schwankungen auf das aggregierte Werbeverhalten und zu den langfristigen Entwicklungstrends von Werbeintensität und Werbe-Mix ein.

Wolfgang Seufert
Werbung – Ethik – Moral

Ausgehend von dem Stellenwert, den Werbung in der Gesellschaft nicht nur als ökonomischer Impulsgeber besitzt, werden Zusammenhänge von Werbung, Ethik und Moral dargestellt und anhand aktueller Forschungsbeispiele exemplarisch diskutiert. Werbeethik kann im Spannungsfeld von Konsum und Regulierung verortet werden und sich sowohl auf Fremd- als auch Selbstkontrolle beziehen. Werberechtliche Rahmenbedingungen werden durch selbstauferlegte Ethikkodizes der Werbebranche ergänzt. Um einer globalisierten Medien- und Werbewelt angemessen zu begegnen, werden bereits jetzt und künftig noch viel mehr auch grenzüberschreitende internationale Maßnahmen zur Regulierung wie auch zur Harmonisierung notwendig.

Ein konkreter Aspekt der Werbeethik bezieht sich auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen. Es herrscht Einigkeit darüber, dass Restriktionen in Bezug auf Werbung für Suchtmittel oder für gesundheitsgefährdende Lebensmittel notwendig sind. Ein weiteres Themenfeld ergibt sich durch die Entgrenzung von Werbeformen und -formaten, vor allem im Onlinebereich. Das Forschungsfeld ist von neuen technologischen und ökonomischen Entwicklungen geprägt. Die übergeordnete Frage hingegen, mit der sich die Kommunikationswissenschaft ethisch auseinandersetzen muss – »Was darf Werbung?« – ist unverändert geblieben.

Hannes Haas, Petra Herczeg, Kathrin Karsay
Werbung – Gesellschaft – Kultur

Werbung ist ein einflussreicher und aussagekräftiger Kulturfaktor moderner Gesellschaften. Der Hauptattraktor für die Auswahl erinnerungswürdiger Werbung war seit dem 19. Jahrhundert und ist bis heute das Label: künstlerische Werbung. Der Ästhetisierungsschub, den die Werbung seit Ende des 19. Jahrhunderts erfahren hat, kann als Reaktion auf eine als krisenhaft wahrgenommene Entwicklung der spätestens zur Jahrhundertwende bereits ubiquitären Werbung verstanden werden. Bis heute reagiert die Werbung auf solche Krisen mit der ästhetischen Aufwertung ihrer Angebote. Kreativität ist daher einer der zentralen Leitwerte der Werbung. Aktuell nehmen Grenzgänge zwischen der Werbung und Informatik, Werbung und Gamedesign, Werbung und Journalismus zu. Im Grenzbereich unterschiedlicher Systemlogiken erhöht sich der medienethische Problemdruck, daher sollte sich werbebezogene Kommunikatorforschung auch medienethischen Fragen zuwenden. Ein wichtiger Bezugspunkt der werbeethischen Analyse ist die einschlägige Werbekritik. Im Kontext digitaler Medien zeichnen sich im Wesentlichen zwei Entwicklungen ab, die die Grundpfeiler der klassischen Werbekritik ins Wanken bringen. An die Stelle einer Entgrenzung der verschiedenen Angebote

im

Programm der Medien tritt eine neue Form der Entgrenzung

neben

dem Programm der klassischen Medien. An die Stelle der Ideologie in der Werbung tritt die algorithmengesteuerte Selbstregulation postideologischer Werbung.

Guido Zurstiege

Teil 3 Forschung zu Produktion und Distribution der Werbung

Frontmatter
Akteure und Akteurskonstellationen in der Werbung
Unternehmen und Agenturen als Werbeakteure

Der folgende Forschungsüberblick beschäftigt sich mit den empirischen Forschungsfeldern, die für die Akteure in der Werbung sowie die Konstellationen der Akteure zueinander von Bedeutung sind. Auf theoretischer Ebene dient vor allem die Agency-Theory als Forschungsgrundlage – methodisch überwiegt die Expertenbefragung. Nach einer theoretischen Analyse, die das Forschungsfeld abzustecken versucht, werden die Ergebnisse der aktuelleren empirischen Forschung, vor allem der drei am stärksten beforschten Bereiche vorgestellt. Der erste Bereich beschäftigt sich mit den Interfirm-Beziehungen, ihrem Handeln und ihren Strategien. Der zweite Bereich befasst sich damit, wie der Output einer Werbeagentur zustande kommt und von welchen Faktoren dieser abhängig ist. Der dritte Bereich gibt Auskunft darüber, wie der Output und die Performance einer Agentur vergütet und bemessen werden können.

Thomas Schierl, Kai Peter Oberhäuser
Werbung im Rahmen der Marketingkommunikation

Die heutige Erforschung der Werbung im Rahmen der Marketingkommunikation geht inhaltlich weit über die langjährige Dominanz des Themenspektrums der klassischen persuasionsorientierten Werbeforschung mit ihrem Bezug auf das Transmissionsmodell der Kommunikation hinaus. Dies verdeutlicht der Beitrag anhand der einleitenden Darstellung des Wandels des Marketingverständnisses, der zusammen mit dem medialen Wandel ein neues, zeitgemäßes Verständnis der Marketingkommunikation und ihrer Erforschung einfordert. Die Skizzierung der Entstehung der Medienfunktion, die den ausdifferenzierten Funktionenkanon der Marketingkommunikation seit Anfang der 2000er Jahre erweitert, unterstreicht den Umbruch der Marketingkommunikation und damit auch der Werbung. Dieser wird auch im heutigen breiten Spektrum möglicher Werbe- und Marketingkommunikationsziele manifest, für die eine Systematisierung präsentiert wird. Gedacht als angestrebte Kommunikationseffekte verdeutlichen diese Ziele gleichzeitig auch die heutige Themenvielfalt wirkungsbezogener Marketingkommunikationsforschung. In dieser nimmt der Forschungsansatz der Integrierten Marketingkommunikation, der kritisch diskutiert wird, eine prominente Stellung ein.

Jörg Tropp
Planung von Werbeausgaben
Überblick zu den Methoden der Werbebudgetierung und ihren Einflussfaktoren

Der vorliegende Beitrag befasst sich mit dem unternehmerischen Planungsprozess von Werbebudgets. Da die Budgetfestlegung eine regelmäßig wiederkehrende Entscheidung darstellt und mit großen Unsicherheiten behaftet ist, wurden in der Wissenschaft schon früh Methoden und Modelle entwickelt, die den Prozess vereinfachen und die Budgethöhe optimieren sollen. Inwiefern diese »Entscheidungshilfen« in der Unternehmenspraxis tatsächlich zur Anwendung kommen, wird in zahlreichen empirischen Studien untersucht und bildet einen Schwerpunkt der Forschung zur Werbebudgetierung. Ein weiterer zentraler Forschungsstrang befasst sich mit den Einflussfaktoren auf den Entscheidungsprozess und die letztliche Budgethöhe. Aus methodischer Sicht dominieren quantitativ angelegte Befragungen; daneben werden aber auch Sekundärdatenanalysen durchgeführt.

Stephanie Kienzler, Juliane A. Lischka
Werbemittel und -formate: Typologien und Abgrenzungen

Werbemittel und Werbeformate sind die Gefäße, in denen eine Werbebotschaft vermittelt werden kann. Insofern stellt die Forschung zu Werbemitteln und -formaten einen überschaubaren Bereich dar: Sie bietet vergleichsweise wenig originäre Ergebnisse, sondern vielmehr Typologien an, welche die Grundlage für die Auswahl von Forschungsobjekten in Studien zur Werbewirkung und Werbeträgerleistung oder zu Akteurskonstellationen sind. Je nach Forschungsinteresse werden dabei jeweils unterschiedliche Dimensionen zur Abgrenzung von Werbemitteln und -formaten in den Vordergrund gerückt. Der vorliegende Beitrag stellt diese Dimensionen vor. Aus Sicht der Kommunikations- und Medienwirtschaft ist dabei vor allem die Dimension Integration in und Korrespondenz mit dem redaktionellen Inhalten hervorzuheben.

M. Bjørn von Rimscha, Gabriele Siegert
Der Einfluss der Werbung auf Medieninhalte

Der Einfluss, den Werbetreibende und die von ihnen eingesetzten Werbemittel und Werbeformate auf die redaktionelle Ausrichtung der Medien und auf Medieninhalte haben können, wird als forschungsrelevantes Problem eingestuft, weil die Qualität der redaktionellen Arbeit unter dem Einfluss von Werbung leiden könnte und die Rezipienten über die persuasive Absicht des redaktionellen Inhalts getäuscht werden. Der Aspekt wird insgesamt in drei Forschungsrichtungen analysiert. In der überwiegend auf Makro- und Mesoebene argumentierenden und wenig mit eigenen empirischen Untersuchungen arbeitenden Forschung zu Ökonomisierung und Kommerzialisierung, in der auf Mesoebene argumentierenden und überwiegend mit Befragungen arbeitenden Forschung zum Einfluss der Werbetreibenden und der Werbeabteilungen auf die Redaktionen und in der überwiegend inhaltsanalytisch arbeitenden Forschung zum Verhältnis von Werbeschaltungen und redaktioneller Erwähnung wie Gefälligkeitsjournalismus, media bias, programmintegrierter Werbung oder Branded Entertainment. Insgesamt ist ein konkreter empirischer Nachweis jedoch nur schwer zu erbringen.

Gabriele Siegert, M. Bjørn von Rimscha
Stereotype als Verkehrsmittel der Werbung

Der vorliegende Beitrag besteht aus einem Grundlagenteil, der die Historie des Begriffs »Stereotype« ebenso aufarbeitet wie seine Verwurzelung in wichtigen theoretischen Traditionen. Ihm folgt ein speziell auf das Gebiet der Werbung ausgerichteter Abschnitt, der beispielhaft den Einsatz von Stereotypen im Rahmen von Überzeugungskommunikation in den Mittelpunkt stellt. Generell soll verdeutlicht werden, dass Stereotype als ein Verkehrsmittel der öffentlichen Meinung dienen und typischerweise von Verkürzungen und Zuspitzungen, letztlich der Vereinfachung komplexer oder vielfältiger Sachverhalte oder Handlungsabläufe leben. Dennoch produzieren sie auf diese Weise nicht notwendigerweise Langeweile oder Monotonie. Innerhalb der vorhandenen Muster und Skripte bleibt Raum für Variationen, die aber letztlich auf einen gemeinsamen Anker, etwas angeblich typisches, verweisen. Aber die Einzelheiten fallen dabei weniger ins Gewicht.

Michael Jäckel

Teil 4 Forschung zu Nutzung und Wirkung von Werbung

Frontmatter
Nutzung von Werbung
Selektion und Vermeidung persuasiver Inhalte

Der Kontakt mit einer Werbebotschaft ist notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedigung für Werbewirkung. Werbetreibende versuchen daher, die Kontaktchance ihrer Werbebotschaft durch vielfältige Strategien zu optimieren. Diesen Strategien begegnet das Publikum aktiv durch bewusste Selektion solcher persuasiver Inhalte, die es als nützlich wahrnimmt, oder aber durch Werbevermeidung (

advertising avoidance

). Charakteristika der Personen, die Werbung nutzen (Motive, Einstellungen, Überredungswissen, Reaktanz), aber auch der Merkmale von Werbeträgern und Werbemitteln beeinflussen Nutzung und Vermeidung von Werbung. Der Beitrag diskutiert die Determinanten von Selektion und Avoidance, das Nutzungs- und Umgehungsverhalten in unterschiedlichen Medien sowie Strategien der Werbetreibenden zur Umgehung der Werbevermeidung.

Teresa K. Naab, Daniela Schlütz
Psychologische Modelle der Werbewirkung

Dieser Beitrag gibt einen systematischen Überblick über die psychologischen Modelle der Werbewirkung. Hierzu werden zuerst die zentralen psychologischen Konzepte Kognition, Affekt und Konation sowie die Konzepte Einstellung, Involvement und Aufmerksamkeit und die daraus für die Werbewirkungsforschung abgeleiteten Konstrukte wie die Einstellung zur Marke und die Einstellung zur Werbung kurz skizziert. In einem zweiten Teil werden die wichtigsten Werbewirkungsmodelle umrissen und diskutiert. Die in diesem Beitrag vorgestellenten Werbewirkungsmodelle werden dabei überblicksartig in psychologische Lernprozesse, Hierarchische Stufenmodelle, Hierarchische Mehrprozessmodelle, Nicht-hierarchische Mehrpozessmodelle sowie in Einstellungs-Verhaltens-Modelle und in Mediationsmodelle zur Werbewirkung untergliedert. Der Beitrag schliesst mit einem Ausblick und mit Bewertungen einzelner Modelle.

Andreas Philippe Hüsser

Teil 4.2 Wirkung von Werbung im Kontext

Frontmatter
Wirkung von Werbung im redaktionellen Kontext

Die empirische Forschung der Kommunikationswissenschaft und Psychologie zur Wirkung von Werbung im Kontext befasst sich mit den zwei Zielgrößen der Werbewirkung: Erinnerung und Einstellung. Im ersten Teil dieses Beitrags werden Studien vorgestellt, die einen Überblick über Methoden und Ergebnisse der Forschung geben, gegliedert nach diesen Zielgrößen. Der Abschnitt

Erinnerung

wird nach den Medien Fernsehen, Print und Internet unterteilt, der zweite Abschnitt,

Einstellung

, nur nach Fernsehen und Print, weil es zur Wirkung der Internetgestaltung auf die Einstellung zu Internetwerbung kaum Studien gibt. Das Gleiche gilt für das Medium Hörfunk. Die Ergebnisse der empirischen Studien zur Wirkung der Aktivierung durch Fernsehprogramme auf das Erinnern der darin gezeigten Werbespots sowie die Wirkung der inhaltlichen und affektiven Ähnlichkeit von Zeitschriftenartikeln und Anzeigen sind relativ eindeutig. In Bezug auf die Wirkung von programmerzeugtem Involvement auf die Erinnerung an Werbung sind die Ergebnisse heterogen. Ebenso zeigen die Studien zur Wirkung von programmerzeugten Gefühlen auf die Erinnerung an und die Einstellung gegenüber Fernsehwerbespots uneinheitliche Ergebnisse. Der zweite Teil des Beitrags diskutiert die uneinheitlichen Ergebnisse und schlägt Ziele für die künftige Forschung vor.

Axel Mattenklott
Crossmedia-Werbung und ihre Wirkung

Der Beitrag stellt ausgehend von der aktuellen Werbemarktsituation im ersten Teil das Crossmedia-Konzept als Teil der integrierten Marketingkommunikation vor. Der zweite Teil diskutiert Forschungsansätze, Theorien und Befunde der Crossmedia-Werbewirkungsforschung. Trotz der beachtlichen Karriere des Konzepts gibt es nur wenige empirische Wirkungsstudien zur Frage, wie koordinierte und vernetzte Werbemittel auf unterschiedlichen Werbeträgern wirken. Der Beitrag unterschiedet vier Forschungsfelder: (1) Beiträge aus der Mediaplanung befassen sich mit Reichweiten unterschiedlicher Werbeträger und erreichten Zielgruppen in Mediamix- und Crossmedia-Kampagnen. (2) Intermedia-Vergleiche vergleichen Werbeträger hinsichtlich psychologischer und gelegentlich ökonomischer Effekte miteinander. Während Crossmedia-Effekte auf wiederholten Werbemittelkontakten mit unterschiedlichen Werbemitteln beruhen, analysieren sie meist nur Einmalkontakte. Deshalb sind (3) Untersuchungen einschlägiger, die sich mit psychologischen Effekten wiederholter Kontakte mit unterschiedlichen Werbemitteln/-trägern befassen. Schließlich untersuchen (4) einige Studien Verhaltenseffekte von Crossmedia-Kampagnen, wie also Werbung mit Crossmedia-Verweisen Rezipienten zum Kontakt mit anderen Werbemitteln motiviert.

Wolfgang Schweiger

Teil 4.3 Wirkung innovativer Werbeformen

Frontmatter
Wirkung innovativer Onlinewerbung
Theoretische Ansätze und empirische Befunde

Für diesen Beitrag wurden 27 Werbewirkungsstudien der vergangenen Jahre zu suchwortrelevanter Werbung, viraler Werbung, User Generated Ads und electronic Word of Mouth gesichtet, um einen Einblick in die aktuelle Theoriebildung und zentrale empirische Befunde zu diesen Online-Werbeformen geben zu können. Die theoretische Anbindung der Studien erscheint auf den ersten Blick gering. Insgesamt leiten gerade einmal fünf Studien ihre Hypothesen dezidiert aus Werbewirkungsmodellen ab. Bei näherer Betrachtung finden sich immerhin implizit theoretische Konzepte, die die Grundlage für die jeweilige Wirkungsstudie legen. Hierzu gehören zum großen Teil die »üblichen Verdächtigen« wie das ELM mit allen Spielarten des Involvements sowie allgemeine psychologische Theorien zu Informationsverarbeitungsprozessen. Dieser Teil der Forschung überträgt oft recht mechanisch traditionelle Werbewirkungsmodelle auf die Onlinewelt. Sozialpsychologische und soziologische Grundlegungen, die die Besonderheiten moderner vernetzter Online(werbe)kommunikation ergänzend beschreiben und erklären können, tauchen erst in jüngster Zeit in der Forschung auf und warten noch auf empirische Überprüfung. Ein anderer Teil der Forschung formuliert gerne eigene Totalmodelle und »neue« Theorien, die von der Forschungsgemeinschaft dann aber weitgehend ignoriert werden. Diese geringe gegenseitige Bezugnahme der Forschung zu neuen Werbephänomenen ist erstaunlich und trägt zu einer eher schleppenden Theorieentwicklung in der Werbewirkungsforschung bei.

Andreas Fahr, Marina Bell
Wirkung von Sonderwerbeformen in Fernsehen, Radio und Print

In einem umkämpften Werbemarkt erweitern und erneuern die klassischen Medien Fernsehen, Radio und Print ihr Portfolio bewährter Werbemittel und setzten neben Spots und Anzeigen auf eine Vielzahl von Sonderwerbeformen. Der Beitrag fasst den aktuellen Forschungsstand zur Wirkung dieser besonderen Werbeformen zusammen. Dabei werden die Befunde aus Marketing-Studien der Programmanbieter und Verlage – soweit möglich – durch Erkenntnisse der akademischen Werbewirkungsforschung ergänzt. Als ein zentrales Wirkungskriterium des Sponsorings stellt sich die von den Konsumenten wahrgenommene Passung (»Fit«) zwischen Marke und gesponsertem Objekt heraus. Für die Wirkung von Special Ads spielen insbesondere Aspekte der Wiederholung und des Informationszuwachses sowie der Alleinstellung und der Auffälligkeit eine wichtige Rolle.

Uli Gleich
Wirkung von Product Placements
Einflussfaktoren, theoretische Grundlagen und empirische Befunde

Investitionen in Product Placements steigen Jahr für Jahr, weil sie zahlreiche Vorteile gegenüber klassischen Werbeformen bieten: Sie werden als weniger störend empfunden, Rezipienten können diese kaum vermeiden und durchschauen ihre persuasive Absicht nicht unmittelbar. In den letzten zwei Jahrzehnten entstanden zahlreiche Studien, welche die Wirkungen der Sonderwerbeform analysieren. Der vorliegende Beitrag systematisiert den aktuellen Forschungsstand, wobei er sich auf Effekte von Product Placements in Film, Fernsehen und Computerspielen konzentriert. Zunächst werden stimulus- und rezipientenseitige sowie kontextabhängige Faktoren, welche die Wirkungen von Placements moderieren, beschrieben und deren Interaktionen diskutiert. Anschließend differenziert der Beitrag Effekte von Placements auf Erinnerung, Einstellung und Verhalten von Rezipienten und stellt dabei die prominentesten theoretischen Ansätze sowie zentrale empirische Befunde vor. Abschließend werden methodische Herausforderungen für die zukünftige Auseinandersetzung mit dem Thema skizziert.

Thomas Koch

Teil 4.4 Wirkung von Stilmitteln der Werbung

Frontmatter
Werbegeschichten
Wirkung von Narrativität in der Werbung

Das Erzählen einer Geschichte ist eine ganz grundlegende Strategie der Gestaltung von Werbebotschaften. Dieser Beitrag bietet einen Überblick über Erscheinungsformen und Verbreitung narrativer Werbung sowie die empirische Forschung zu Wirkungen und Persuasionsmechanismen von Werbegeschichten. Obwohl der Forschungsstand zeigt, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen Narrativität und Indikatoren der Werbeeffektivität auf Individualebene (Erinnerung, Einstellungen und Verhalten) gibt, ist nicht von einer generellen Überlegenheit narrativer Werbung auszugehen. Ob eine narrative oder eine nicht-narrative Vermittlung der Werbebotschaft effektiver ist, hängt vielmehr von weiteren Merkmalen der Botschaft, des Werbeobjekts und des Rezipienten ab. Erklärungsansätze zum relativen Effektivitätsvorteil narrativer Werbung gehen davon aus, dass narrative Information anders verarbeitet wird als nicht-narrative und die Forschung exploriert insbesondere das Erklärungspotential narrationsspezifischen Rezeptionserlebens. Ein anderer Zweig der Forschung fragt jenseits dieser Vergleichsperspektive nach den Wirkungen narrationsspezifischer Gestaltungsmerkmale, z. B. des Plots, der Erzählstruktur oder der Integration explizit persuasiver Informationen.

Patrick Weber
Wirkung von Musik in der Werbung

Der Einsatz von Musik in auditiver und audiovisueller Werbung hat in den letzten 30 Jahren in einem Ausmaß zugenommen, dass mittlerweile nahezu jeder Werbespot mit musikalischen Elementen arbeitet. Bei der Konzeption der Werbespots vertraut die Werbebranche mehr auf ihre Erfahrungswerte und das Bauchgefühl der Kreativen, weniger auf die Erkenntnisse aus den betroffenen Wissenschaftsdisziplinen. Blickt man auf den derzeitigen Stand der Forschung, ist dies jedoch nur allzu verständlich. Obwohl sowohl die Kommunikationswissenschaft, Wirtschaftswissenschaft und Musikwissenschaft Studien zur Wirkung von Musik in der Werbung vorweisen kann, ist die Gesamtanzahl an Studien und damit auch an Erkenntnissen überschaubar. Da sich die Wissenschaftsdisziplinen nur bedingt gegenseitig wahrnehmen, stehen die Forschungsansätze und Erkenntnisse meist unverbunden nebeneinander. Von einem kohärenten, in sich geschlossenen Forschungsfeld kann also keine Rede sein. Dennoch gibt es Ansätze und Untersuchungen, die die Diskussion geprägt haben. Nach einer Darstellung der Einsatzmöglichkeiten für Musik in der Werbung, werden die drei dominierenden Erklärungsansätze für die Wirkung von Werbemusik angerissen. Anschließend folgt ein systematischer Forschungsüberblick über die musikalischen Faktoren und Aspekte, die in den verschiedensten Studien die Wirkung von Musik in der Werbung beeinflusst haben. Zuletzt folgt ein Ausblick auf zukünftig wünschenswerte Forschung.

Holger Schramm, Benedikt Spangardt
Wirkung von Attraktivität und Sex-Appeals in der Werbung

Attraktivität, Sex und Erotik sind bedeutsame Stilmittel, die Werbetreibende einsetzen, um den Erfolg ihrer Werbung zu steigern (Tellis 2004; Percy und Rossiter 1992). Zur Wirkungsweise dieser Stilmittel hat die Werbeforschung wichtige Erkenntnisse zutage gefördert, die im vorliegenden Beitrag referiert und diskutiert werden. Nach einer grundlegenden Klärung der relevanten Begriffe (Abschnitt 1) belegt Abschnitt 2, dass der Einsatz von physischer Attraktivität und Sex Appeals ein weit verbreitetes Werbestilmittel ist. Abschnitte 3 bis 5 stellen die für Werbetreibende relevanten Wirkungen von werbevermittelter Attraktivität und Sex Appeals auf Erinnerung, Einstellung und Verhalten dar und beleuchten dabei auch die Randbedingungen, unter denen diese Wirkungen auftreten. So ist unbestritten, dass attraktive Werbemodels Aufmerksamkeit erregen. Weitergehende Wirkungen auf Werbeerinnerung sind abhängig von der Kongruenz zwischen Attraktivität des Models und dem Produkt. Stellen Männer die primäre Zielgruppe von Sex Appeals dar, so führen offensichtliche Darstellungen von Nacktheit und Sexualität zu positiver Erregung, die schliesslich auch in einer positiveren Werbeanmutung und vorteilhafteren Einstellungen gegenüber Marken und Produkten mündet. Die Wirkung bei Frauen hängt offensichtlich eher von der Art des Sex Appeals bzw. der Schlankheit des Models ab. Wenn weibliche Models als zu schlank bzw. als diskriminierend oder unangemessen im Zusammenhang mit dem Produkt erachtet werden, dann empfinden Rezipientinnen eher Stress und bewerten solche Werbungen und die beworbenen Produkte eher negativ. Zum Abschluss folgt eine kurze Darstellung zu unbeabsichtigten Nebenwirkungen von werbevermittelter Attraktivität. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf mögliche zukünftige Forschungsthemen im Bereich Sex Appeals und Attraktivität in der Werbung.

Christian Schemer
Wirkung von Humor in der Werbung
Eine Systematisierung

Die Frage, ob Humor in der Werbung erwünschte Effekte nach sich zieht, beschäftigt die Werbewirkungsforschung seit nunmehr über 40 Jahren. Nachdem erste Studien ambige Resultate lieferten und darum keine eindeutigen Schlussfolgerungen ermöglichten, liegt mittlerweile ein detaillierteres Bild darüber vor, unter welchen Bedingungen Humor in der Werbung erwünschte Wirkungen erzielt. Dieses ist geprägt von Moderationsprozessen, wobei Produkt-, Stimulus- und Rezipienteneigenschaften determinieren, ob humorvolle Werbung erwünschte Wirkungen zur Folge hat. Diese Wirkungen lassen sich in Wirkungen auf Verarbeitungs- und Bewertungs- und Verhaltensindikatoren untergliedern. Während auf der Verarbeitungsebene die Variablen Aufmerksamkeit, Verständnis und Erinnerung in der Forschung von zentralem Interesse sind, werden auf der Bewertungsebene die Einstellung gegenüber der Werbung und die Einstellung gegenüber dem Produkt am häufigsten als abhängige Variablen angesetzt. Wenn die Wirkung humorvoller Werbung auf Verhalten untersucht wird, wird am häufigsten die Kaufintention als Indikator für Werbewirkungen verwendet. Im vorliegenden Beitrag werden die Moderationsprozesse entlang dieser abhängigen Variablen beschrieben und damit eine Systematisierung bisheriger Forschungsergebnisse vorgenommen.

Fabian A. Ryffel
Wirkung von Furchtappellen in der Werbung

Furchtappelle wurden bereits von Aristoteles als rhetorisches Stilmittel empfohlen und werden insbesondere im sozialen Marketing, in der Gesundheitskommunikation und in der politischen Kommunikation häufig eingesetzt. Während Befürworter positive Effekte auf Aufmerksamkeit, Einstellungen und Verhalten der Rezipienten hervorheben, verweisen Gegner auf eine Reihe unerwünschter und problematischer Wirkungen. Relativ viele Ansätze wurden zur Erklärung von Furchtappellwirkungen bereits postuliert und überwiegend relativ schnell revidiert oder verworfen, da die empirischen Befunde widersprüchlich blieben. Die Hauptannahmen einiger zentraler theoretischer Ansätze werden in diesem Kapitel vorgestellt und der empirische Forschungsstand systematisiert. Sowohl die Variabilität der theoretischen Erklärungsversuche als auch die Heterogenität der empirischen Befunde sprechen dafür, dass die komplexen Wirkungen sowie insbesondere die entscheidenden Randbedingungen für positive und negative Effekte von Furchtappellen bislang unzureichend verstanden werden.

Matthias R. Hastall

Teil 5 Methoden und Messung in der Werbeforschung

Frontmatter
Messung von Werbewirkungen auf Makroebene

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit Indikatoren zur Messung gesamtwirtschaftlicher Entwicklung und aggregierter Werbeaktivitäten sowie mit Messmodellen zur Werbewirkung auf Branchen- und Volkswirtschaftsebene. Aus theoretischer Perspektive bestehen im Wesentlichen drei Zusammenhangsmöglichkeiten zwischen Werbung und Branchenumsatz, Konsum oder gesamtwirtschaftlichem Wachstum: vorauslaufend (Werbung führt zu Effekten auf Branchen- oder Volkswirtschaftsebene), nachlaufend (die Entwicklung von Branchen oder der Gesamtwirtschaft beeinflusst das Werbeverhalten), oder es wird kein Zusammenhang nachgewiesen, da Werbung nur Bedürfnisse innerhalb von Produktkategorien verschiebt, und ihre Wirkung somit auf Makroebene »unsichtbar« bleibt. Vor diesem Hintergrund werden passende Messmodelle und Inferenztechniken aus einer marketing- oder volkswirtschaftlich orientierten Forschungstradition sowie aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive vorgestellt und diskutiert, welche Auswirkungen Umfang und Frequenz der verwendeten aggregierten Daten zu Werbeaktivitäten sowie aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, der Beobachtungszeitraum und der Einfluss struktureller Änderungen auf die Messergebnisse haben. Zukünftige Forschung sollte dazu beitragen, die teilweise widersprüchlichen theoretisch postulierten Zusammenhänge systematisch mit effizienten Messmodellen zu prüfen.

Juliane A. Lischka, Wolfgang Seufert
Klassische Methoden der Werbewirkungsforschung

Studien zur Wirkung von werblicher Kommunikation können sowohl im Vorfeld der Kampagnen (Pretest) als auch im Nachhinein (Posttest) durchgeführt werden. Kommerzielle Pretests werden zur Optimierung von Werbemitteln genutzt und bedienen sich häufig qualitativer Erhebungsverfahren. Posttests hingegen setzen verstärkt auf standardisierte Methoden. Dabei werden Werbewirkungen auf mehreren Ebenen gemessen: Für Wahrnehmung, Erinnerung, Einstellung und Verhaltensintention existieren zahlreiche Indikatoren, von denen einige in diesem Beitrag dokumentiert und hinsichtlich ihres Indikatorpotenzials diskutiert werden. Insgesamt zeigt sich, dass eine große Zahl an Instrumenten in Wissenschaft und Praxis existiert, die Auseinandersetzungen über ihre Güte bzw. die systematische Weiterentwicklung jedoch vernachlässigt wird. Es wird empfohlen, die Entwicklung von Standard-Indikatoren für die kommunikationswissenschaftliche Werbeforschung voranzutreiben.

Daniela Schlütz
Apparative Messungen in der Werbewirkungsforschung

Apparative Messungen sind für die Werbewirkungsforschung in hohem Maße attraktiv, denn sie erlauben die Überwindung der Schwierigkeiten selfreport-basierter Erhebungsverfahren. Apparative Verfahren umfassen Messungen der Aktivität des zentralen, des somatischen und des autonomen Nervensystems. Diese Messungen sind geeignet, sowohl bewusst gesteuerte als auch unbewusste Prozesse zu erfassen. Des Weiteren erlauben apparative Methoden eine zeitsensitive Erfassung dieser Prozesse, also die Indizierung von Wirkungsprozessen im Zeitverlauf. Allerdings sind apparative Verfahren auch mit Nachteilen behaftet. So setzt deren Einsatz mitunter ein erheblich größeres Fachwissen voraus, um die Daten erheben, auswerten und interpretieren zu können. Außerdem sind sie in vielen Fällen mit deutlich höherem (forschungs-) ökonomischem Aufwand verbunden. Hinzu kommt eine gewisse Ambiguität des Indikatorpotentials der erhobenen Maße, die einen explorativen Einsatz apparativer Verfahren kaum legitimiert. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über verschiedene in der Werbewirkungsforschung eingesetze apparative Messverfahren, zeigt deren Indikatorpotential auf und diskutiert deren Anwendung in der Werbewirkungsforschung. Das Kapitel schließt mit Reliabilitäts-, Validitäts- und Anwendbarkeitsüberlegungen.

Matthias Hofer, Andreas Fahr
Implizite Messverfahren in der Werbeforschung

Implizite Messverfahren haben innerhalb der letzten Jahre in der Kommunikationswissenschaft an Popularität gewonnen. Mit diesen neuen Erhebungsmethoden ist es möglich, automatisch evozierte Reaktionen auf Medieninhalte reliabel zu messen. Zentral in Bezug auf diese neuen Messverfahren ist die Unterscheidung zwischen impliziten und expliziten Einstellungen. Implizite Einstellungen werden als automatisch aktivierte Evaluationen (z. B. gegenüber einer Marke) definiert. Diese Bewertungen erfolgen sehr rasch innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde und erfordern wenig kognitive Ressourcen. Solche »Bauchgefühle« sagen verstärkt impulsives Verhalten voraus und werden ebenfalls als Basis für offen geäußerte, explizite Einstellungen verwendet. Explizite Einstellungen können mit traditionellen self-report Daten (z. B., semantisches Differential) erfasst werden. Da implizite Messverfahren meistens leistungsbasiert arbeiten, spielen Phänomene wie soziale Erwünschtheit eine weitaus geringere Rolle als bei expliziten Verfahren. Im vorliegenden Kapitel werden Theorie und Methodik der neuen impliziten Methoden vorgestellt. Es wird argumentiert, dass die Relevanz von impliziten Messverfahren vor allem im Hinblick auf zwei Punkte gesehen werden muss: Erstens, implizite Einstellungen sagen Verhalten voraus und haben speziell bei impulsivem Verhalten häufig stärkere Erklärungskraft als explizite Einstellungen. Zweitens, implizite Messverfahren erlauben eine genauere Untersuchung der Mechanismen, welche Werbeeffekten zu Grunde liegen. Eine stärkere Berücksichtigung von impliziten Messverfahren als Ergänzung zu traditionellen expliziten Messverfahren in der kommunikationswissenschaftlichen Werbeforschung erscheint auf Basis bisheriger Forschungsergebnisse erstrebenswert.

Florian Arendt
Metaanalysen in der Werbewirkungsforschung

Der Beitrag erläutert im ersten Abschnitt die konzeptionellen Grundlagen der Metaanalyse im Rahmen der Werbewirkungsforschung; datenanalytische Aspekte werden dabei am Rand besprochen. Es folgt ein Überblick über Themen und Befunde metaanalytischer Werbewirkungsforschung. Schließlich wird exemplarisch eine Werbewirkungsstudien-Datenbank der Autoren vorgestellt.

Karoline Oelsner, Wolfgang Schweiger

Teil 6 Forschung zu Werbung in speziellen Feldern

Frontmatter
Politische Werbung

Zur Einordnung des Untersuchungsgegenstandes eröffnet der Beitrag mit einer kurzen Charakterisierung politischer Werbung bzw. Wahlwerbung, um die es sich im Regelfall handelt. Sie beinhaltet auch eine Gegenüberstellung von politischer und Wirtschaftswerbung. Um die rechtlichen Rahmenbedingungen politischer Werbung im Rundfunk, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz eigentlich verboten ist, und ihre Konsequenzen für die Werbeplanung der Parteien geht es im Anschluss. Danach werden relevante Befunde wissenschaftlicher Studien zu den Inhalten von Wahlwerbung vorgestellt. Den Schwerpunkt dieses Abschnitts, der sich nach Werbemittelgattungen gliedert, bilden Längsschnittuntersuchungen, die die belastbarsten Ergebnisse liefern. Um Wirkungen von Wahlwerbung geht es im darauffolgenden Abschnitt. Die Befunde sind nach kognitiven und affektiven Wirkungen sowie Wirkungen auf politische Einstellungen und Entscheidungen systematisiert. Da sich politische Wahlkampagnen nicht nur auf die positive Selbstdarstellung der werbenden Partei beschränken, sondern als wesentliches Element auch die negative Darstellung des politischen Gegners beinhalten, ist den Wirkungen von Negative Campaigning ein eigener Abschnitt gewidmet.

Nicole Podschuweit
Social Marketing

Social Marketing wird in diesem Kapitel als Teildisziplin des Marketings betrachtet und definiert als kommunikativer Prozess, in dem institutionelle Kommunikatoren auf Wissen, Einstellungen und Verhaltensweisen einer Zielgruppe positiv einwirken wollen. Zur Abgrenzung gegenüber kommerziellem Marketing wird der soziale Nutzen als Primärziel betont. Die verschiedenen Ziele des Social Marketings werden in drei Bereiche eingeteilt: 1. Risikovermeidung (Gesundheit und Verkehr), 2. Ressourcenschonung und Umweltschutz sowie 3. Gleichstellung, Akzeptanz und Gewaltlosigkeit. Neben staatlichen Instanzen treten Non-Gouvernement-Organisationen (NGOs) und Non-Profit-Organisationen (NPOs) als Social Marketer auf und agieren häufig in Konkurrenz zu anderen gesellschaftlichen Akteuren. Die gezielte Ansprache von Zielgruppen erfordert eine geeignete Wahl und Kombination verschiedener, im Wesentlichen massenmedialer, Kanäle für die zu vermittelnden Inhalte. Letztlich hängt die Wirkung von Social Marketing von den Akteuren, Kommunikationskanälen, den Inhalten und den Vermittlungsformen ab. Neben den erwünschten Wirkungen sind immer auch unerwünschte Wirkungen, wie Diskriminierung im Auge zu behalten, welche Häufig zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen werden und die Legitimation des Social Marketings in Frage stellen können. Das Kapitel thematisiert deshalb auch den Aspekt der Kampagnenevaluation, die besonderen Herausforderungen des Social Marketings und bietet einen Ausblick auf die möglichen Entwicklungen im Forschungsfeld.

Benjamin Fretwurst, Thomas N. Friemel
Kinder und Werbung
Inhalte, Wirkprozesse und Forschungsperspektiven

Kinder werden immer stärker zur Zielgruppe der Werbetreibenden. Als Einflussnehmer auf ihre Eltern und als Konsumenten der Zukunft, die in ihren Produktvorlieben noch formbar sind, werden sie heute in klassischen und neuen Werbeformen direkt angesprochen. Dabei ist zu beachten, dass Kinder persuasive Botschaften nur unreflektiert verarbeiten können und damit den Wirkungsmechanismen der Werbung direkter als Erwachsene ausgesetzt sind. In diesem Kapitel werden die persuasiven Taktiken und Inhalte von Kinderwerbung näher analysiert und die Wirkmechanismen dieser Werbeform beschrieben.

Brigitte Naderer, Jörg Matthes
Internationale und interkulturelle Werbeforschung

Im folgenden Beitrag werden internationale und interkulturelle Werbeforschung anhand zentraler Trendlinien innerhalb des Forschungsfeldes exemplarisch dargestellt. In einem ersten Schritt werden die historischen Voraussetzungen für die Entwicklung der international ausgerichteten Werbeforschung skizziert und in einem zweiten Schritt die hieraus resultierenden Konsequenzen für die weiterführende Forschungslogik des Feldes diskutiert. Dabei wird insbesondere der starke Einfluss von Standardisierungstendenzen im Rahmen globaler Werbekommunikation thematisiert und die damit einhergehende Verengung interkultureller Fragestellungen auf vermeintlich manifeste und vergleichbare kulturelle Aspekte betrachtet. Der Beitrag zeichnet in dieser Hinsicht ein kritisches Bild prominenter Kulturkonzepte in Bezug auf ihre Aussagekraft bezüglich der Nutzung, Rezeption und Wirkung werblicher Kommunikationsangebote sowie in Hinsicht auf die methodische Operationalisierung der interkulturellen Werbeforschung.

Tino G. K. Meitz
Grüne Werbung
Inhalte und Wirkungen ökologischer Werbebotschaften

Mit einem gesteigerten Umweltbewusstsein von Konsumenten wie auch Unternehmen spielen ökologische Aspekte auch in der Werbung eine immer größere Rolle. Der Forschungsgegenstand grüne Werbung geht bis in die 1970er Jahre zurück und erfährt in den letzten Jahren eine erneute Konjunktur. Dieses Kapitel bietet einen Überblick zur empirischen Forschung umweltbezogener Werbeinhalte und deren Wirkungen. Beginnend bei den Besonderheiten der Zielgruppe der grünen Konsumenten wird auf die Diskrepanz zwischen ökologischen Einstellungen und tatsächlichem Verhalten eingegangen. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit grüner Werbung wurde besonders von irreführenden Werbebotschaften, dem sogenannte Greenwashing, angeleitet. In experimentellen Studien wird auf eine Vielzahl von Wirkungsfaktoren eingegangen. Dies sind zum einen spezifische Merkmale grüner Werbung und zum anderen Charakteristika grüner Konsumenten, insbesondere das Umweltbewusstsein. Mögliche skeptische Reaktionen von Rezipienten auf grüne Werbung werden als weitere Herausforderung diskutiert. Ein abschließender Ausblick fasst Probleme und offene Fragen der grünen Werbeforschung zusammen.

Anke Wonneberger, Jörg Matthes
Backmatter
Metadata
Title
Handbuch Werbeforschung
Editors
Gabriele Siegert
Werner Wirth
Patrick Weber
Juliane A. Lischka
Copyright Year
2016
Electronic ISBN
978-3-531-18916-1
Print ISBN
978-3-531-17426-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-18916-1