Viele Autokäufer informieren sich mittlerweile gerne online und schließen dort auch ihren Kauf ab. Grund genug für die meisten Autohändler, ihre digitalen und anlogen Prozesse genauer unter die Lupe zu nehmen und besser zu verknüpfen.
Viele Kunden besuchen immer noch gerne Autohäuser, um sich mögliche Autos anzuschauen, informieren sich aber zunehmend auch online.
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Ein neues Fahrzeug ist meist eine größere und teure Anschaffung. Viele deutsche Kunden besuchen für den Kauf und die Beratung immer noch gerne klassisch ein Autohaus. Das hat eine aktuelle Studie der MHP Management- und IT-Beratung GmbH herausgefunden. Dafür hat das Unternehmen 292 Personen auf Händler- beziehungsweise Kundenseite befragt.
Auch wenn die Experten anhand der Studienergebnisse keine Phase der Customer Journey eindeutig online oder offline zuordnen konnten, werden vor allem die Hauptprozesse, nämlich die
- Beratungsphase,
- Probefahrten und
- Fahrzeugübergabe nach dem Kauf
weiterhin offline beziehungsweise beim Handel gesehen.
Probefahrten von Autos bleiben beliebt
"Ein Fahrzeuginteressent wird sich ein für ihn interessantes Fahrzeug näher im Verkaufsraum eines Autohändlers anschauen und damit eine Probefahrt unternehmen". Das berichten die Springer-Autoren Martin Stirzel und Armando Di Nisio in dem Kapitel "Herausforderungen in Online Sales Channels für Automobile" des Fachbuchs "Digitales Management und Marketing" (Seite 455).
Da es sich aber um ein Luxusgut handelt, werde der Kunde aus Sicht der Experten selbst wenn alle seine Erwartungen erfüllt werden, nur selten sofort eine Kaufentscheidung treffen.
Verkäufer können aus ihrer Sicht ein entscheidender Faktor dafür sein, ob Kunden sich für hochpreisige Produkte entscheiden. Aber auch Faktoren wie Preisanreize und diverse Online- sowie Offline-Touchpoints wirken sich signifikant darauf aus, ob ein Produkt online oder offline erworben werden und ob sich der Kunde schließlich zum Kauf entscheidet.
Kunden bevorzugen laut der Studie Online-Services vor allem in ihrer Informations-, Entscheidungs- und Kaufphase. Für Auto-Werbung im Social-Media-Bereich eignen sich laut der Studie vor allem die Kanäle Instagram und Youtube.
Immer mehr Kunden kaufen Autos online
22 Prozent der Befragten der Studie gaben außerdem an, bereits einmal online ein Fahrzeug gekauft zu haben. Das sind zwar immer noch vergleichsweise wenige, aber 144 Prozent mehr als im Jahr 2020. Daher überrascht es auch nicht, dass 85 Prozent der Autohändler in den kommenden zwei Jahren mehr in ihren digitalen Vertrieb investieren wollen.
57 Prozent der Händler wollen beispielsweise Finanzdienstleistungen im digitalen Kaufprozess einbinden. Die wichtigsten digitalen Services der Händler sind für Kunden laut der Studie:
- der Online-Fahrzeugkonfigurator,
- die digitale Vereinbarung einer Probefahrt sowie
- die professionelle und schnelle Bearbeitung von Kundenanfragen.
Substitute für Präsenzangebote wie Virtual Reality oder Live-Fahrzeugberatung sind den befragten Kunden der Studie weniger wichtig. Ähnlich verhält es sich mit persönlichen Log-in-Bereichen, in denen sie individuelle Angaben tätigen können.
Wechsel zwischen den Kontaktkanälen
Viele Kunden gaben in der Studie zudem an, dass sie im Verlauf des Autokaufprozesses zwischen mehreren On- und Offline- Touchpoints wechseln. Daher sollten Firmen aus Sicht der Experten ihren Kunden möglichst ein Ökosystem entlang der gesamten Customer Journey anbieten, das individuelle On- und Offline-Dienstleistungen miteinander verbindet.
Digitale Sales-Lösungen von Autohändlern müssen besser werden
Jedoch fühlt sich fast die Hälfte der Händler nicht ausreichend über die Möglichkeiten von bedarfsgerechten Online-Sales-Lösungen informiert. Weitere Hürden, vor denen die Händler in diesem Zusammenhang stehen, betreffen
- die Kompatibilität der Online-Vertriebslösungen mit den meist veralteten unternehmensinternen Prozessen und IT-Strukturen (40 Prozent) sowie
- fehlende IT-Kompetenz der Mitarbeiter im Autohaus (20 Prozent).
- Auch der hohe Investitionsbedarf ist für den Handel herausfordernd.
Apropos Kosten: Aktuell fallen "deutlich mehr als zehn Prozent des Neuwagenumsatzes bei den heutigen Handelsnetzen als Vertriebskosten an", erklären die Springer-Autoren Ferdinand Dudenhöffer und Alfred Paul in dem Kapitel "Auto-Abos oder Subscription-Modelle verändern den Markt nach individueller Mobilität" des Fachbuchs "Smart Services" (Seite 520).
Gerade mit dem Auto-Abo liegt aus Sicht der Experten aber "ein Dienstleistungsangebot vor, das es erlaubt, das komplexe technische Produkt Auto nahezu risikolos mit einem Bruchteil der derzeitigen Vertriebskosten zu vermarkten". Emotionale Produkterlebnisse sind aus Sicht der Experten "durch das schnelle und unkomplizierte Nutzen in Kombination mit digitalen Darstellungen eher möglich als bei langen Lieferzeiten und klassischen Verkaufsgesprächen".