Berlin hat mit Verspätung den Entwurf für das CSRD-Umsetzungsgesetz vorgelegt. Zahlreiche neue Pflichten werden hierzu im HGB verankert - eine Mehrbelastung für Unternehmen. Dabei wird es in der Praxis auf eine optimale Kommunikation der Kennzahlen ankommen.
Am 24. Juli hat das Bundesministerium für Justiz den "Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen", auch kurz CSRD-Umsetzungsgesetz, veröffentlicht. Mit diesem Regierungsentwurf soll die Umsetzung der EU-Richtlinie zu CSRD in nationales Recht erfolgen. Der Entwurf sieht vor, dass betroffene Unternehmen zusammen mit dem Jahresabschluss einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen, der den Stempel von Wirtschaftsprüfern bedarf.
Die Einführung erfolgt schrittweise: Für das Geschäftsjahr 2024 sind nur große, kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern zur Publikation verpflichtet. In den folgenden Geschäftsjahren müssen jedoch weitere Firmen die neuen Anforderungen erfüllen.
HGB macht umfassende Vorgaben zum ESG-Reporting
Die Neuregelungen sind dabei mit zahlreichen Anpassungen im Handelsgesetzbuch (HGB) verbunden. Hierzu ist unter anderem § 289 Abs. 3 HGB um einen dritten Punkt ergänzt worden: Dem zufolge hat eine Kapitalgesellschaft im Lagebericht auch die wichtigsten immateriellen Ressourcen anzugeben.
Dabei ist zu erläutern, inwiefern das Geschäftsmodell der Gesellschaft grundlegend von diesen Ressourcen abhängt und inwiefern diese Ressourcen eine Wertschöpfungsquelle für die Gesellschaft darstellen. Wichtigste immaterielle Ressourcen sind solche ohne physische Substanz, von denen das Geschäftsmodell der Gesellschaft grundlegend abhängt und die eine Wertschöpfungsquelle für die Gesellschaft darstellen", heißt es in dem Gesetzesentwurf.
§ 289 c HGB beschreibt zudem, welche Angaben der Nachhaltigkeitsbericht machen muss. Hierzu gehören unter anderem auch Daten zur Art und Weise, mit welchen Durchführungsmaßnahmen und dazugehörigen Finanz- und Investitionsplänen mit denen die Gesellschaft sicherstellenl will, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft dient. Diese und weitere Änderungen wirken sich auf die komplette Abschlusserstellung und das ESG-Reporting aus.
Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen
Allerdings ist das Gesetzgebungsverfahren deutlich hinter dem Zeitplan: Eiogentlich hätte die EU-Richtlinie bereits bis 6. Juli 2024 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Diese Latte hat die Bundesregierung bereits gerissen. Nun muss der vorgelegte Regierungsentwurf noch Bundestag und Bundesrat passieren.
Dabei erfüllt der aktuelle Gesetzesentwurf die Vorgaben des europäischen Rechts eins zu eins und dessen Umsetzung soll möglichst "bürokratiearm" erfolgen, wie es im Informationspapier des BMJ heißt. Dabei vermeide der Entwurf eine unnötige Doppelung der Berichtspflichten. So sei vorgesehen, dass Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht im Sinne der CSR-Richtlinie erstatten, damit zugleich auch ihre Berichterstattungspflicht nach dem nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) erfüllen.
Unternehmen müssen bei ESG Meilensteine setzen
Was die neuen Pflichten tatsächlich für die Unternehmenspraxis bedeutet, haben der Jurist und Kommunikationsexperte Michael Neumann und Jörg Forthmann, Chef der PR-Agentur Faktenkontor, in ihrem Buch "ESG-Reporting in der Unternehmenskommunikation" zusammengefasst":
Die Berichtspflicht umfasst alle tatsächlichen Wirkungen sowie Risiken und Chancen, die von Entwicklungen im Bereich Nachhaltigkeit ausgehen. Diese Effekte müssen in mindestens einer von zwei Dimensionen wesentlich für das Unternehmen sein. Man spricht von 'doppelter Wesentlichkeit': Entweder (1) der Betrieb berührt mit seinen Tätigkeiten Interessen seiner Bezugsgruppen oder der sonstigen Außenwelt (Inside-out-Perspektive), und/oder (2) die Entwicklungen beeinflussen die finanzielle Stabilität, die Rentabilität oder den Fortbestand des Betriebs (Outside-in-Perspektive). In ihren Berichten und mit den entsprechenden Kennzahlen müssen die Unternehmen drei Zeithorizonte betrachten: kurz-, mittel- und langfristig. Das bedeutet: Sie müssen quantitative und qualitative Meilensteine über mehrere Jahre und Jahrzehnte setzen."
Gefragt sei deshalb auch der Dialog "mit den gelegentlich als 'number crunchers' belächelten Kollegen aus dem Controlling", so die beiden Springer-Autoren.
"Drastische Mehrbelastung" für Unternehmen
"Deutschland setzt die CSR-Richtline um, dazu sind wir nach EU-Recht verpflichtet. Unternehmen sollen künftig zusammen mit ihrem Jahresabschluss detailliert über ihren Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen berichten. Es ist kein Geheimnis, dass ich darüber nicht glücklich bin. Die neuen Regelungen bedeuten eine drastische Mehrbelastung für die Unternehmen", so Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP).
Der Politiker bezeichnet das Umsetzungsgesetz als "minimalinvasiv", um "die zusätzlichen Lasten für die Wirtschaft abzufedern". Die Bundesregierung habe sich außerdem darauf verständigt, "dass wir uns bei der Europäischen Kommission dafür einsetzen werden, die sehr umfangreichen Vorgaben zum Inhalt der Nachhaltigkeitsberichterstattung wieder deutlich zu reduzieren". Der Abbau von Bürokratie bleibe eine drängende Daueraufgabe, die nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel gelöst werden müsse.