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08-03-2021 | Hybride Werkstoffe | Schwerpunkt | Article

Mit neuen Materialien zu besseren Lithium-Ionen-Batterien

Author: Dieter Beste

5:30 min reading time

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Werkstoffspezialisten wollen mit neuen Materialkonzepten Leistung und Betriebssicherheit von Lithium-Ionen-Batterien erhöhen. So dringt etwa das Silizium in Batterie-Anoden vor, und Glas soll zum Separator-Material avancieren.

Am grundsätzlichen Aufbau von Lithium-Ionen-Batterien habe sich seit 1991, als Sony die erste Ausführung eines solchen Akkumulators auf den Markt brachte, wenig geändert, konstatiert Kai Vuorilehto im Kapitel "Materialien und Funktion" des "Handbuch Lithium-Ionen Batterie" und rekapituliert die Hauptkomponenten des Systems: Beim konventionellen Material für die positive Elektrode (der Kathode) handelt es sich um Lithium-Kobaltoxid in einer Schichtstruktur, in der sich Lagen aus Kobalt-, Sauerstoff- und Lithium-Ionen abwechseln. Und das bei weitem gebräuchlichste Material für die negative Elektrode (Anode) ist demnach Graphit, in dem Kohlenstoffatome zu parallelen Schichten angeordnet sind. Den direkten Kontakt und damit Kurzschluss zwischen der positiven und der negativen Elektrode vermeidet eine mikroporöse Membran als Separator: "In handelsüblichen Zellen finden aufgrund ihrer chemischen Stabilität und ihres günstigen Preises bevorzugt Separatoren aus Polyethen und Polypropen Verwendung" (Seite 24).

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Allerdings werden die mikroporösen Polymerfolien als Separatoren in Lithium-Ionen-Batterien bei einer Überhitzung der Batteriezelle rasch instabil, geben Werkstoffwissenschaftler der Universität Bayreuth zu bedenken. Zudem sei ihre ionische Leitfähigkeit im Elektrolyten gering. Um nun die Nutzungszeiten tragbarer Endgeräte zu verlängern oder die Reichweiten von Elektrofahrzeugen zu vergrößern, suchten die Hersteller von Batteriezellen, den Anteil chemisch aktiver Materialien zu erhöhen und den Anteil chemisch passiver Materialien zu verringern, haben die Bayreuther Wissenschaftler beobachtet. Dies sei jedoch problematisch, falls es sich – wie bei den Polymerfolien – um sicherheitsrelevante Materialien handele. 

Im Verbundprojekt "Glas-Separatoren für Lithium-Ionen-Batterien (GlasSeLIB)", das am 1. März unter Beteiligung der Unternehmen Füller Glastechnologie, Vitrulan Glass Textile, Varta Microbattery und Tesla Germany am Standort München startete, wollen die Bayreuther Wissenschaftler deshalb neuartige Separatoren aus Glas entwickeln. Diese Forschungsarbeiten finden in enger Kooperation mit dem Bayerischen Zentrum für Batterietechnik (BayBatt) statt, einer zentralen wissenschaftlichen Einrichtung der Universität Bayreuth.

Im Unterschied zu üblichen Polymer-Separatoren besitzen Separatoren aus einer filigranen Glasmembranen eine Temperaturbeständigkeit bis mindestens 500 Grad Celsius. Damit werde es möglich sein, die Betriebssicherheit von Batterien in Elektrofahrzeugen, Laptops, Smartphones und zahlreichen anderen High-Tech-Anwendungen weiter zu erhöhen, ist das Entwicklerteam überzeugt. Zugleich sollen die neuen Separatoren die Alterung der Batteriezellen verlangsamen. Hierfür wollen die Forschungspartner eine spezielle Glaszusammensetzung entwickeln, die sich durch eine hohe chemische Aktivität auszeichnet. Solche Eigenschaften würden jedoch nur erreicht, wenn es gelinge, sehr dünne Membranen herzustellen: "Eine Reduzierung der Glasmembranen auf unter 20 Mikrometer ist für uns eine große fertigungstechnische Herausforderung", sagt Projektleiter Thorsten Gerdes, Professor an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften der Universität Bayreuth und Leiter des Keylab Glastechnologie.

Von Kohlenstoff zu Silizium

Grundlage für den Erfolg der Lithium-Ionen-Akkus in den letzten drei Jahrzehnten war die Entdeckung, dass sich Lithium in Materialien wie Graphit reversibel einlagern kann. Graphit ist seither das Material der Wahl für die negative Elektrode der Lithium-Ionen-Batterie, der Anode. Doch die technologischen Grenzen von kohlenstoffbasierten Anoden-Materialien scheinen inzwischen ausgereizt zu sein. Das Startup NorcSi, eine Ausgründung aus dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), setzt mit seinem innovativen Materialansatz auf Silizium: "Mit unserer patentierten Technologie erreichen wir eine Steigerung der Energiedichte heutiger Lithium-Ionen-Akkus um mehr als 40 Prozent und können so die Reichweite von Elektroautos erheblich steigern", ist sich Unternehmensgründer Charaf Cherkouk sicher, der bis Ende 2020 am Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am HZDR – wo er promovierte – und im Helmholtz Innovation Lab Blitzlab tätig war. "Silizium ist ein sehr gut verfügbarer Rohstoff", erklärt Mitgründer Marcel Neubert, der ebenfalls am HZDR promovierte, und fügt hinzu: "Die Akkus werden damit nicht nur leistungsfähiger, sondern auch deutlich kostengünstiger in der Herstellung."

Der Einsatz von Silizium als Anodenmaterial steht weltweit im Fokus der Forschung, denn "die theoretische spezifische Kapazität für die maximal eingelagerte Menge Lithium in Silizium ist 4212 mAh/g. Dies ist die größtmögliche Kapazität einer Legierung, die bis heute bekannt ist", so die Autoren Călin Wurm, Oswin Öttinger und Stephan Wittkämper im Buchkapitel "Anodenmaterialien für Lithium-Ionen-Batterien". Allerdings habe die Sache auch einen Haken: Die große Menge an Lithium, die mit Silizium legiere, bedinge eine große Volumenänderung. "Dies führt während der Zyklisierung zum Verlust der gut definierten Einlagerungsstufen und zur Amorphisierung des Materials. Die Zerstörung der kristallinen Struktur kommt einer "inneren" Mahlung gleich, wodurch die Zyklenstabilität erheblich abnimmt" (Seite 54).

Nanostrukturierung ist der Schlüssel

Um diesen Effekt zu reduzieren, werde mit extrem kleinen Partikelgrößen bis in den Nanobereich gearbeitet, berichten die Springer Autoren. Und eine weitere Verbesserung der Zyklenstabilität werde dadurch erreicht, dass bevorzugt mit Kohlenstoffkompositen gearbeitet wird – dabei werden Nanopartikel zum Beispiel in eine Kohlenstoff- oder Graphitmatrix einbettet. "Dies ist allerdings mit der Absenkung der spezifischen Kapazität verbunden." 

Die NorcSi-Gründer erreichen nach eigenen Angaben eine signifikante Leistungssteigerung und eine ausreichend hohe Anzahl von Lade- und Entladevorgängen über eine besondere Nanostrukturierung des Siliziums. Die Silizium-Anode des Startups entsteht in einem rein physikalischen Verfahren aus Beschichtung und thermischer Behandlung mittels Blitzlampen. Dadurch werde die Siliziumstruktur verändert und das Problem der Volumenänderung gelöst. Ziel der Unternehmensgründer ist es, dass in zwei Jahren ihre Silizium-Anoden serienmäßig in Hochleistungs-Akkus verbaut werden.

Silizium-Kohlenstoff-Komposit

Unterdessen kündigt das Essener Unternehmen Evonik mit seinem Silizium-Kohlenstoff-Kompositmaterial Siridion®Black ein neues Anodenmaterial für Lithium-Ionen-Batterien an. "Als Additiv lässt sich unsere Lösung rasch in bestehende Anodenmaterialien und Produktionsprozesse integrieren und ist gut mit anderen Batteriematerialien zu kombinieren", sagt Björn Borup, in der Business Line Silanes von Evonik für das Marketing von Batteriematerialien zuständig. Nach Unternehmensangaben wird das Siridion®Black-Pulver durch Gasphasensynthese hergestellt. Es besteht aus vereinzelten ungesinterten kugelförmigen Partikeln, die wenige hundert Nanometer groß sind. Innerhalb der amorphen Partikel steige die Kohlenstoffkonzentration von innen nach außen an. Das sorge für eine "überlegene Stabilität", und zugleich seien die Kügelchen durch den höheren Kohlenstoffgehalt „an der Oberfläche besser vor Oxidation geschützt und leichter zu verarbeiten."

Das neue Evonik-Anoden-Material ist Ergebnis einer noch bis 2023 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Forschungskooperation mit der Universität Duisburg-Essen zum Thema "Hochleistungs-Silizium-Kohlenstoff-Komposit als Anodenmaterial für Lithium-Ionen-Batterien (Hosalib)". Das kohlenstoffbedeckte Silizium ist ab sofort im industriellen Maßstab verfügbar, heißt es bei Evonik. Auf der Fachmesse "China International Battery Fair", die vom 19. bis zum 21. März im chinesischen Shenzen stattfindet, soll es erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt werden.


 

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