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11-10-2017 | Immobilienfinanzierung | Schwerpunkt | Article

Noch ist die Party nicht vorüber

Author: Stefan Terliesner

3:30 min reading time

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Aktuell gibt es keine Anzeichen für eine riskantere Finanzierung im Immobiliensektor. Trotz Preisübertreibungen in größeren Städten hält die gute Stimmung an. Ungemach droht jedoch mittelfristig von der Zinsseite.

Irgendwann muss doch mal Schluss sein mit der Party auf dem Immobilienmarkt. Immerhin ist der Aufschwung bereits sieben Jahre alt. Ein Indikator für eine mögliche Überhitzung ist das Volumen und die Struktur der Hypothekendarlehen. Wie die Niedrigzinsumfrage 2017 der Bundesbank und der Finanzaufsicht Bafin zum Kreditgebaren unter Banken zeigt, führen die niedrigen Kreditzinsen nicht zu riskanteren Finanzierungen. "Keine bedenkliche Lockerung der Vergabestandards", lautet das Urteil. Auch eine Auswertung des Baufinanzierungsvermittlers Interhyp vermiest den Akteuren nicht die Feierlaune. Zwar wiesen die untersuchten Erstfinanzierungsfälle höhere Kreditsummen auf, doch mit dem Zinsrückgang seien auch die Finanzierungsstrukturen noch solider geworden.

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In der Betriebswirtschaftslehre wird unter Finanzierung die Kapitalbeschaffung zur Realisierung einer Investition verstanden. Bei der Kapitalbeschaffung wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur nach.

Deutlich sagt Interhyp-Chef Jörg Utecht: "Ganz gleich, ob man auf den Eigenkapitaleinsatz, die Tilgung oder auch die Zinsbindung schaut: Alle unsere Paramater belegen, dass es keine Tendenz zu riskanteren Finanzierungsstrukturen gibt." Zwar seien zwischen 2010 und dem ersten Halbjahr 2017 die durchschnittlichen Kreditsummen für die Erstfinanzierung von knapp 186.000 Euro auf gut 250.000 Euro gestiegen. Doch auch der Eigenkapitaleinsatz kletterte deutlich nach oben, von 78.400 Euro im Jahr 2010 auf knapp 94.000 Euro im ersten Halbjahr 2017. Zudem sicherten die Bundesbürger ihre Erstfinanzierung immer langfristiger und solider ab: Die Zinsbindung habe sich im Schnitt von 12,1 auf 13,4 Jahre und die Tilgung von 2,29 Prozent auf 2,99 Prozent erhöht. 

Das passt zu den Tipps von Finanzberatern. So empfiehlt Ralf Oberländer von der Bausparkasse Schwäbisch Hall: "Sind die Zinsen beim Abschluss niedrig, gilt die Grundregel, eine möglichst lange Zinsbindung zu wählen, um einen Großteil des Darlehens zu den heute günstigen Konditionen zurückzuzahlen.“ Hinweise, sofern Berater und Privatpersonen die wichtigen Berechnungen für die monatliche Kreditbelastung präzise nachvollziehen und somit "auf Sicherheit gehen“ möchten, bietet Heinz Rotermund in seinem Bankfachklasse-Artikel "Raten rechnen" (Ausgabe 5/2017). 

Bundesbank warnt vor Preisübertreibungen in 127 Städten

Kein Grund zur Sorge also? Nicht ganz. So untersucht der Immobilienökonom Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln in seinem Springer-Buch "Luxusgut Wohnen" spekulative Preistendenzen. In den USA, Spanien und Großbritannien endete der Preisanstieg von Anfang der 2000er Jahre bis 2007/2008 schließlich in einem fulminanten Crash. Auch die Deutsche Bundesbank warnt in ihrem Monatsbericht Februar 2017 vor "Preisübertreibungen“. Die Behörde sieht für 127 Städte eine Überhitzung zwischen 15 und 30 Prozent. Bei ihrer Einschätzung orientiert sich die Institution an dem, was "durch die längerfristige wirtschaftlichen und demografischen Einflussfaktoren gerechtfertigt erscheint“. Aktuell stehe die anhaltend kräftige Wohnraumnachfrage weitgehend im Einklang mit den guten Einkommensaussichten der privaten Haushalte und den günstigen Arbeitsmarktbedingungen. Ob die Immobilien-Party weitergeht oder abrupt endet, hängt also insbesondere von der Wirtschaftslage ab. Neben Privatleuten lieben derzeit auch Profi-Investoren "Betongold“. Sie kaufen ganze Wohnimmobilienportfolios. Wie diese zu bewerten sind, erläutert Martin Greiner im Springer-Buchkapital "Immobilienbewertung".

Das Münchener Ifo Institut rechnet in seiner Konjunkturprognose mit einem Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts von 1,8 Prozent im laufenden und 2,0 Prozent im kommenden Jahr. Bei den meisten Beobachtern herrscht Übereinstimmung, dass die gute Stimmung anhalten wird – etwa für die kommenden zwölf Monate. Wohl nur eine große geopolitische Krise, zum Beispiel in Nordkorea, Syrien oder der Ost-Ukraine oder ein Ereignis, das noch keiner kennt und das daher nicht vorhersehbar ist, taucht auf. 

Zinserhöhung und Bilanzabbau der Fed

Eine große Unbekannte ist auch die Zinsentwicklung. Ausgehend von den USA wird die Erhöhung der Leitzinsen kommen, was über den internationalen Zinszusammenhang auch hierzulande die Investitions- und Konsumtätigkeit dämpft und die Immobilienfinanzierung verteuert. Am 20. September 2017 bekräftigte US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen das Signal einer weiteren Zinserhöhung bis Ende desselben Jahres sowie drei weitere Zinsschritte nach oben bis Ende 2018. Zugleich startet die Federal Reserve Bank (Fed) ab Oktober den Bilanzabbau – freilich in homöopathischer Dosierung. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird wohl in zeitlichem Abstand folgen. Insgesamt bleiben die niedrigen Zinsen also noch für einige Zeit bestehen. Dies allein schon deshalb, weil sonst für etliche Staaten die Refinanzierung ihrer riesigen Schuldenberge nahezu unmöglich würde. Damit ist auch die Feier am deutschen Immobilienmarkt noch nicht vorbei, die Musik dazu wird vermutlich aber etwas leiser spielen.

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