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14-04-2020 | Innovationsmanagement | Schwerpunkt | Article

Geschäftsmodelle in der Corona-Krise anpassen

Author: Prof. Dr. Daniel Schallmo

4:30 min reading time

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Unternehmen müssen ihre bestehenden Geschäftsmodelle sicher durch die Corona-Krise manövrieren. Auch wenn für intensive Analysen die Zeit fehlt, gilt es, Entscheidungen strukturiert und ohne Aktionismus zu treffen. Thesen von Gastautor Daniel Schallmo, wie Unternehmen dabei Fehlentscheidungen vermeiden.

These 1: Mangelnde "non technical skills" sorgen für Fehlentscheidungen

Zu "non technical skills" gehören zum Beispiel die Arbeitsorganisation. Dazu gehören Planen, Vorbereiten, Priorisieren und Einschätzen von Ressourcen, aber auch Teamarbeit. Hier gilt es, Aktivitäten zu koordinieren, Informationen auszutauschen und Fähigkeiten einzuschätzen. Zudem braucht es Situationsbewusstsein, für das Informationen eingeholt werden, der Status Quo eingeschätzt und die Entwicklung eingeschätzt werden die Entscheidungsfindung. Hierbei müssen Möglichkeiten erkannt, Risiken abgeschätzt und Optionen gewählt werden. Es handelt sich also um Fähigkeiten, die von Menschen abhängig sind.

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Angst vor Entscheidungen

Entscheidungsfreiheit schützt vor Fremdbestimmung, kann aber auch als Last empfunden werden, insbesondere wenn anstehende Entscheidungen widersprüchliche Gefühle auslösen. Weitreichende Entscheidungen sind deshalb oft mutige Entscheidungen. 

These 2: Das Gehirn funktioniert im Stress anders als im Normalzustand

Unser Gehirn besteht aus drei Bereichen. Dem Neocortex, der für das bewusstes Denken verantwortlich ist, dem limbischen System, das für unsere Gefühle verantwortlich ist und das Reptiliengehirn, das niedrige Körperfunktionen wie Kampf oder Flucht steuert. In Krisensituationen und unter Stress werden Botenstoffe, wie etwa Dopamin, Adrenalin, Cortisol, Serotonin oder Glutamat ausgeschüttet. 

Dies führt dazu, dass unser Gehirn im Stresszustand anders funktioniert. Innerhalb des Neocortex wird das bewusste Denken unterdrückt, was zu einer differenzierten Wahrnehmung und einem verfälschten Abwägen von Entscheidungen führt. Innerhalb des limbischen Systems werden Gefühle, wie beispielsweise Angst, verstärkt. Das Reptiliengehirn wird aktiviert und niedrige Körperfunktionen erhöht, was zu einem höheren Fokus, zu mehr Energie und einem erhöhten Herzschlag führt.

These 3: Die unbewusste Entscheidungsfindung kommt zum Tragen

Unter Stress kommt die unbewusste Entscheidungsfindung zum Tragen. Hierbei liegen zwei Mechanismen vor, die ein automatisiertes Routineverhalten abrufen.

  • Similarity Matching - Ähnlichkeitsvergleich von Situationen: Analyse der Situation, bei Ähnlichkeit dieser, Auswahl der Handlungen und Optionen, die in gleicher Situation erfolgreich waren.
  • Frequency Gambling - Einsatz erfolgreicher Strategien: Sofern sich im Similarity Matching nichts geeignetes findet, werden generell erfolgreiche Handlung und Optionen ausgewählt, die in der Vergangenheit am häufigsten Erfolg brachten.

Doch welche Vorgehensweise kann helfen, um für das eigene Unternehmen die richtigen Entscheidungen zu treffen und somit sicher durch die Corona-Krise zu manövrieren? Wir haben ein Vorgehen entwickelt, das hilft, zielgerichtet und schnell zu agieren. Dieses Vorgehen besteht aus vier Schritten und ist in Abbildung eins dargestellt. 

Zur zielgerichteten und strukturierten Ausrichtung von Unternehmen setzen wir ein Geschäftsmodell-Raster ein, das sich bereits in der Vergangenheit bewährt hat und in Abbildung zwei dargestellt ist. Gepaart mit Fragen, die wir in jeder Phase stellen, lässt somit die  (Neu-) Ausrichtung von Geschäftsmodellen gestalten. 

1. Bestandaufnahme: Wie gestaltet sich unser aktuelles Geschäftsmodell?

  • Kundendimension: Welche Kundensegmente haben wir? Mit welchen Kanälen erreichen wir unsere Kundensegmente? Wie gestaltet sich die Beziehung zu Kundensegmenten?
  • Nutzendimension: Welche Leistungen bieten wir an? Welchen Nutzen erzeugen wir?
  • Wertschöpfungsdimension: Welche Ressourcen und Fähigkeiten sind notwendig, um die Leistungen zu erstellen und das Geschäftsmodell zu betreiben? Welche Prozesse werden ausgeführt? 
  • Partnerdimension: Welche Partner sind für das Geschäftsmodell notwendig? Wie wird mit den Partnern kommuniziert und wie werden die Leistungen beschafft? Welche Beziehungen liegen zu den jeweiligen Partnern?
  • Finanzdimension: Welche Umsätze werden mit den Leistungen erzielt? Welche Kosten werden durch das Geschäftsmodell verursacht? Welche Mechanismen kommen jeweils für Umsätze und Kosten zum Einsatz?

2. Gefahrenanalyse: Welche Elemente des Geschäftsmodells bedroht die Corona-Krise? 

  • Kundendimension: Welche Kundensegmente brechen weg? Zum Beispiel Touristen, Konzertbesucher, Messeaussteller, Pkw-Käufer? Welche Kanäle können wir nicht mehr bedienen? Etwa den persönlichen Vertrieb? Welche Kundenbeziehungen werden unter der Corona-Krise leiden? Beispielsweise persönliche Kontakte?
  • Nutzendimension: Welche Leistungen können, beziehungsweise dürfen wir nicht mehr anbieten - Messebau, Catering, PKW?
  • Wertschöpfungsdimension: Welche Ressourcen und Fähigkeiten sind gefährdet  - Personal, Rohstoffe, Zulieferteile? Welche Prozesse sind gefährdet? Beschaffung, Produktion, Vertrieb? 
  • Partnerdimension: Welche Partner sind gefährdet, Zulieferer, Logistiker? Welche Kanäle sind gefährdet? Messen?
  • Finanzdimension: Welche Umsätze sind gefährdet? Welche Kosten sind fix, zum Beispiel Personal, Mieten?

3. Ideenableitung: Welche Ideen haben wir, um unser Geschäftsmodell anzupassen?

  • Kundendimension: Welche Kundensegmente können wir alternativ erreichen? Welche Kanäle können wir alternativ bedienen?Sind Online-Shops im Gastronomiebetriebe und Einzelhandel, Online-Vertriebs-Sessions, Online-Streaming für Konzerte möglich? Wie können wir Kundenbeziehungen etwas über Online-Messen pflegen?
  • Nutzendimension: Welche Leistungen können wir alternativ anbieten? Online-Seminare, Online-Coachings, Schutzausrüstung für Klinikpersonal, Herstellung von Medizingeräten?
  • Wertschöpfungsdimension: Wie können wir vorhandene Ressourcen und Fähigkeiten sinnvoll einsetzen, etwa Produktionsmaschinen? Wie können wir notwendige Ressourcen und Fähigkeiten durch Alternativen ersetzen? Welche Prozesse können wir absichern? 
  • Partnerdimension: Wie können wir gefährdete Partner unterstützen? Welche alternativen Partner müssen wir aufbauen, etwa Zulieferer aus Europa? Welche alternativen Kanäle sollten wir einsetzen?
  • Finanzdimension: Wie können wir Umsätze absichern, beziehungsweise neue Umsätze erzielen? Welche Kosten können wir reduzieren, ohne anderen zu schaden, insbesondere. unseren Mitarbeitern? 

4. Umsetzung: Welche Ideen können wir schnell umsetzen, testen und bei Bedarf anpassen?

In der aktuellen Situation ist ein Fahren auf Sicht notwendig. Das bedeutet, dass die gewonnenen Ideen anhand ihrer Priorität umgesetzt, getestet und bei Bedarf schnell angepasst werden müssen. 

Im Rahmen des vorliegenden Beitrags sind wir zunächst auf einige Thesen eingegangen, die aufgezeigt haben, wie in Stresssituationen Fehlentscheidungen zustande kommen. Im zweiten Teil haben wir dann ein Vorgehen aufgezeigt, das eine strukturierte Ableitung und Umsetzung von Ideen ermöglicht, um für das eigene Geschäftsmodell die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das Vorgehen kann auf die jeweiligen Anforderungen von Unternehmen angepasst werden, damit diese ihr Geschäftsmodell in Zeiten der Corona-Krise neu ausrichten können. 

Alle tagesaktuellen Beiträge rund um die Corona-Krise finden Sie hier

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