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28-02-2023 | Innovationsmanagement | Schwerpunkt | Article

Automobil- und Maschinenbau stützen die FuE-intensive Wirtschaft

Author: Thomas Siebel

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Wie kein anderes Land ist Deutschland auf die Herstellung hochwertiger Technologien spezialisiert. Für einen internationalen Spitzenplatz in der FuE- und wissensintensiven Wirtschaft genügt das aber nicht.

Die Innovationskultur in Deutschland folgt einem speziellen Muster: Die Industrie fokussiert sich auf die Herstellung hochwertiger Technik, die auf dem Weltmarkt stark nachgefragt wird. Im Bereich der Spitzentechnik sind deutsche Unternehmen hingegen nur mäßig erfolgreich, während der Fokus auf möglichst kostengünstig produzierte Güter in Deutschland noch nie von Erfolg beschieden war. Dieses Muster lässt sich in Deutschland seit jeher beobachten, unabhängig von Gebietsstand oder politischem Regime, wie Ulrich Schmoch und Rainer Frietsch im Kapitel Perspektiven des deutschen Innovationssystems des Buchs Innovationssysteme schreiben.

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Innovationssysteme im wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs

Das Konzept der Innovationssysteme befasst sich mit den institutionellen und technologischen Bestimmungsgründen der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit von Unternehmen und Branchen im regionalen bzw. nationalen Kontext. 

Forschungs- und wissensintensive Güter der Spitzen- oder hochwertigen Technik sind laut Schmoch und Frietsch theoretisch "mit das Beste, was die entwickelten Volkswirtschaften dem Weltmarkt anbieten können". Sie erfordern in der Herstellung einerseits ausgeprägtes technisches Wissen und hochqualifizierte Beschäftigte, anderseits lassen sie sich auf dem Weltmarkt hochpreisig absetzen, was den inländischen Beschäftigten hohe Realeinkommen und den Anbietern Produktions- und Wertschöpfungszuwächse beschert.

Auch geringerer FuE-Anteil kann Erfolg bringen

Unter Spitzentechnik versteht man dabei Gütergruppen mit einem besonders hohen Forschungs- und Entwicklungs(FuE)-Anteil, beispielsweise aus den Bereichen Pharmazie, EDV, Flugzeuge oder Waffen. Bei hochwertigen Techniken handelt es sich dagegen um technische Produkte mit überdurchschnittlichem, aber nicht so extrem hohen FuE-Input wie die Spitzentechnik. In Deutschland stammen hochwertige Techniken vor allem aus den Bereichen Maschinen- und Automobilbau, wozu auch Schienenfahrzeuge zählen, und der Chemie.

Die Unterscheidung in hochwertige und Spitzentechniken ist laut Schmoch und Frietsch nicht wertend zu verstehen. So könne es durchaus vorteilhaft sein, wie im Falle der hochwertigen Techniken weniger Geld in FuE zu investieren, dafür aber mehr Güter produzieren und absetzen zu können. Spitzentechnik unterliege zudem oftmals staatlichem Einfluss, um mittels Subventionen, Staatsnachfrage oder Importschutz staatliche Ziele im Bereich der äußeren Sicherheit oder im Gesundheitswesen zu erzielen.

Mit seinem Fokus auf hochwertige Technologien ist die technologische Leistungsfähigkeit in Deutschland relativ stabil. Allerdings weisen die Autoren auch darauf hin, dass Länder mit einer stärkeren Orientierung auf Spitzentechnologie seit drei Dekaden dynamischer wachsen.

Hohe Wertschöpfung mit hochwertigen Technologien

Eine kürzlich von der Expertenkomission Forschung und Innovation (EFI) vorgelegte Studie stützt Schmochs und Frietschs Ausführungen zum Innovationssystem in Deutschland. Danach entfallen 11,2 % der deutschen Wertschöpfung auf hochwertige Technologien. Kein anderes Land erreicht einen derart hohen Spezialisierungsgrad. Besonders ausgeprägt ist die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie dabei im Bau von Maschinen und Fahrzeugen aller Art, aber auch die Bereiche Kraftwerkstechnik, Pharmazie und Medizin-, Mess-, Steuer-, Regeltechnik, Optik (MMSRO) zählen zu den deutschen Stärken. Allerdings weisen die Autoren der Studie, Alexander Schiersch und Vivien-Sophie Gulden, auch darauf hin, dass die Produktivität im Bereich der hochwertigen Technologien in den letzten zwei Dekaden weniger stark gewachsen ist als in vielen anderen Industrienationen.

Im Bereich der Spitzentechnologien nimmt Deutschland mit einem Wertschöpfungsanteil von etwa 2,9 % nur einen mittleren Platz ein. Die Spitzenplätze belegen hier Korea (10 %) und die Schweiz (8,9 %), wobei sich Korea stark auf Spitzentechnologien im Bereich der Fahrzeugelektronik spezialisiert hat, während sich die Schweiz auf chemische und pharmazeutische Erzeugnisse fokussiert.

Deutschland schwach bei wissensintensiven Dienstleistungen

Insgesamt trugen forschungs- und wissensintensive Industrien und Dienstleistungen im Jahr 2021 mit 41,6 % zur Wertschöpfung in Deutschland bei. Dass das Land mit diesem Anteil gerade eben noch zum oberen Drittel der Industrieländer zählt, liegt jedoch weder an den in Deutschland hergestellten hochwertigen noch an den Spitzentechnologien.

Vielmehr offenbart Deutschland im Vergleich zu Ländern wie Japan, China oder den USA Schwächen im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen, die in sämtlichen Industrieländern einen Großteil der FuE- und wissensintensiven Wertschöpfung ausmachen. Insbesondere die Wirtschaftszweige Information und Kommunikation sowie der Bereich wissenschaftlicher und technischer Dienstleistungen sollte nach Einschätzung der Expertenkommission deutlich stärker wachsen und effizienter werden.

Mehr Patente und Produktivität durch Dienstleistungen

Die Bedeutung von wissensbasierten Dienstleistungen (Knowlegde-intensive Services, KIS) auf die Entwicklung der gesamte Wirtschaft ist dabei nicht zu unterschätzen. "Regionen mit starken KIS-Sektoren zeichnen sich durch das höchste Wohlstandsniveau in Europa aus", schreibt Malgorzata Zieba im Kapitel KIBS Companies and Their Importance for Economy and Innovation des Buchs Understanding Knowledge-Intensive Business Services. Im Umfeld eines starken KIS-Sektors steige die Anzahl der angemeldeten Patente sowie die Produktivität der Unternehmen, die wissensbasierte Dienstleistungen im Rahmen ihrer Produktionsprozesse in Anspruch nehmen. Zudem steige die Zahl der Beschäftigen in Unternehmen des KIS-Sektors in der EU systematisch.

Wissensbasierte Dienstleistungen umfassen dabei etwa den direkten Transfer von Expertenwissen, die kontextübergreifende Zurverfügungstellung von Erfahrungen und Ideen, die Kombination und Aufbereitung von Wissen aus unterschiedlichen Quellen, Services für die Diagnose und Lösung von Problemen oder Unterstützung bei der unternehmerischen Neuausrichtung.

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