Es gibt sie noch, die Unternehmen, in denen die Internetnutzung streng reglementiert ist. Online-Banking oder ein kurzer Besuch bei Facebook sind dort undenkbar. Denn oftmals sind viele Websites im beruflichen Umfeld für den Zugriff der Mitarbeiter gesperrt. Wie unsinnig solche Maßnahmen sind, zeigt die "Zukunftsstudie 2016", für die Wissenschaftler der TU Darmstadt 700 Vertreter aus Unternehmen unterschiedlicher Branchen befragt haben.
Ungenutztes Innovationspotenzial
Social Media im Beruf ist demnach keine Zeitverschwendung, sondern bietet vielmehr ein ungeahntes Innovationspotenzial und steigert sogar die Produktivität, so das zentrale Ergebnis der Untersuchung.
Social Media erleichtern den direkten Kundenkontakt und eröffnen von der aktiven Beteiligung an Innovationsprozessen über die Stärkung von Kundenbeziehungen bis hin zur digitalen Distribution vielfältige Optionen für das Marketing. Gerade für das Dienstleistungsmanagement bietet der Einsatz einen großen Mehrwert, da Social Media die Kundenintegration über die eigentliche Leistungserstellung hinaus ermöglichen", heißt es im Buchkapitel "Social Media als Management-Herausforderung – Ansätze zur erfolgreichen Implementierung von Social Media-Strategien".
IT- und Autobranche haben im Social Web die Nase vorn
Allerdings wird in deutschen Unternehmen selten gechtattet, getwittert oder gepostet, obwohl die Mitarbeiter privat in sozialen Medien sehr aktiv sind, so das Resultat einer weiteren Studie der TU Darmstadt unter 800 Wissensarbeitern. Im Umgang mit den unterschiedlichen Kommunikationskanälen federführend sind demnach die IT- und Automobilbranche, während Handel und öffentlicher Dienst hinterherhinken.
"Mitarbeiter, die regelmäßig soziale Medien beruflich nutzen, bringen mehr Ideen in ihren beruflichen Alltag ein, mobilisieren Mitstreiter für diese Ideen und setzen sich stärker für deren Umsetzung ein", erklärt Matthias Groß, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Darmstadt.
Wissen und Ideen in sozialen Medien abschöpfen
Social Media erhöht auch die "Absorptionsfähigkeit" in Unternehmen, "sich externes Wissen anzueignen und interne Ressourcen sowie Prozesse anzupassen", urteilen Kirsten Mrkwicka, Marcus Schögel und Dennis Herhausen in "Social Media als Management-Herausforderung". Die Absorptionsfähigkeit beschreibt die Kompetenz von Unternehmen, neue Informationen zu erkennen, zu übertragen und zu nutzen – eben auch für Ideen, Innovationen und die Entwicklung neuer Geschäfstmodelle. Wie im Zuge dieser Asorption, Wissen im Social Web aggregiert und zum Wettbewerbsvorteil weiterentwickelt wird, haben die Wissenschaftler in einer Grafik veranschaulicht.
Auch die Forscher der TU Darmstadt haben einen Rat für Unternehmen parat: Sie empfehlen, Mitarbeiter, die Social Media privat wie dienstlich nutzen, als Promoter einzusetzen, um die Offenheit im Umgang mit diesem Thema am Arbeitsplatz zu erhöhen. Sind Pilotprojekte in diesem Bereich geplant, sollten diese idealerweise in innovativen Abteilungen umgesetzt werden, da dort in der Regel die experimentierfreudigsten Mitarbeiter zu finden sind.
Um mögliche Vorbehalte abzubauen, haben Führungskräfte auch in Hinblick auf die berufliche Nutzung sozialer Medien eine Vorbildfunktion. Doch wie verschiedene Studien ermitteln haben, hat der twitternde CEO nach wie vor Seltenheitswert. Es gibt rund um das Social Web im Corporate-Bereich also noch viel Luft nach oben.