Von nahezu jedem Jobbewerber wird heute verlangt, kommunikativ zu sein. Viele Firmen haben aber konzeptionelle Defizite bei der internen Kommunikation. Dabei ist sie für eine gute Unternehmenskultur unerlässlich.
Man kann nicht nicht-kommunizieren, lautet die erste Grundregel der Kommunikation des Kommunikationswissenschaftlers, Soziologen und Philosophen Paul Watzlawik: Auch wer nicht aktiv kommuniziert, übermittelt schließlich Botschaften – allerdings mit reichlich Interpretationsspielraum. Das beweist nicht zuletzt der Twitter- und Facebook-Rückzug von Grünen-Chef Robert Habeck.
Für und in Unternehmen gilt das Gleiche: Fehlende Kommunikation führt zu Unsicherheit, Deutungsspielräumen, Missverständnissen. Mangelt es an offiziellen Informationen, treten Stille Post und Flurfunk an ihre Stelle. Obwohl dies keine neuen Erkenntnisse sind, wird die interne Kommunikation in vielen Firmen vernachlässigt. Laut der Expertenbefragung 2018 der Berliner Agentur Index haben 37 Prozent der Unternehmen keine Strategie oder Vorgaben für die interne Kommunikation. Zudem gibt es mehrheitlich (55 Prozent) keine eigene Abteilung dafür. Am häufigsten (28 Prozent) tragen Pressesprecher oder die PR-Abteilung die Verantwortung für die firmeninterne Kommunikation. Bei einem Fünftel der Betriebe sind hingegen Geschäftsführung oder Vorstand die maßgeblichen Akteure. Als gängigste Maßnahmen der internen Kommunikation kristallisierten sich in der Befragung Intranet, Veranstaltungen, Teamtreffen, interne Newsletter und die gute, alte Mitarbeiterzeitung heraus. Wikis und Blogs rangieren am Ende der Skala.
Transparenz als oberstes Ziel
Die Umfrage, an der Mitarbeiter aus mehr als 150 Unternehmen teilnahmen, zeigt auch, welche Ziele der internen Kommunikation die Befragten am wichtigsten finden. Die Top-Drei sind: Transparenz schaffen, Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen unterstützen und Wissenstransfer fördern. Als größte Herausforderungen der Mitarbeiterkommunikation nennen die Befragten derweil die Dialogmöglichkeiten, Mitarbeitereinbindung und das Herstellen von inhaltlicher Nähe zu den Mitarbeitern.
Und genau darauf kommt es in der heutigen netzwerkorientierten Welt an. Ulrike Buchholz und Susanne Knorre skizzieren vor diesem Hintergrund das Modell einer generell kommunikationsbasierten Unternehmensführung, die von möglichst vielen Mitarbeitenden getragen werden sollte. In dem Buchkapitel "Interne Kommunikation und Unternehmensführung: Grundlagen einer kommunikationszentrierten Managementlehre" erklären sie: "Die interne Unternehmenskommunikation als spezialisierte Managementfunktion konzipiert in diesem Modell deshalb einerseits ein breit aufgestelltes System des Zuhörens und Lernens. Andererseits unterstützt sie Führungskräfte wie Mitarbeitende in ihrer Rolle als Unternehmensbotschafter in öffentlichen Diskursen, um hier ihre Gestaltungsmöglichkeiten auszuschöpfen." (Seite 18) Dieser Ansatz erfordert jedoch verstärkt Kommunikation auf Augenhöhe und nicht nur das Top-down-Durchreichen von Informationen.
Interne Kommunikation wirkt auch nach außen
Darüber hinaus kann eine gut funktionierende interne Kommunikation entscheidend dazu beitragen, sich von Wettbewerbern zu unterscheiden. "Denn nur, wenn ein gemeinsames Verständnis für ein Thema, ein Produkt oder eine Dienstleistung besteht, kann dies helfen, sich von der Konkurrenz abzuheben und zusätzlich eine erfolgreiche Außenwirkung zu erzielen", betonen Jennifer Dietz et al. in dem Beitrag "Grundlagen der internen Kommunikation in Unternehmen". (Seite 23)
Demgegenüber hat eine mangelhafte interne Kommunikation durchaus negative Auswirkungen – was die meisten Unternehmen theoretisch zweifellos wissen. In der Praxis packen viele das Problem jedoch erst an, wenn etwa die Fluktuation ausufert und/oder Know-how verloren geht. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) trifft dies besonders. Aufgrund ihrer überschaubareren Mitarbeiterzahlen verzichten sie eher auf ein Konzept für firmeninterne Kommunikationsmaßnahmen und vertrauen auf die Kommunikationsfähigkeit von Vorgesetzten und Mitarbeitern. Doch mittlerweile erkennen auch KMU zunehmend die strategische Relevanz der internen Kommunikation für die Unternehmensführung. Schließlich steht im Zuge von digitalem Wandel und Generationswechsel vielerorts die gesamte Unternehmens- und damit auch die Kommunikationskultur auf dem Prüfstand.
Erst analysieren, dann optimieren
Um die interne Kommunikation optimal zu gestalten, ist es erforderlich, sich grundsätzlich über Informationsflüsse, Sender und Adressaten, die Funktionen und Instrumente der Kommunikation im Klaren zu sein. Jennifer Dietz et al. differenzieren hier grundsätzlich zwischen drei Ebenen mit unterschiedlicher Richtung des Informationsflusses:
Strukturen der internen Kommunikation | |||
Ebene | Sender / Adressaten | Funktionen | Instrumente |
Abwärtskommunikation | Von der Geschäftsführung über alle Hierarchieebenen hin zu allen Unternehmensmitgliedern | Instruktionen, Arbeitsanweisungen, Informationen über Unternehmensplanung, -ziele, -entscheidungen | Betriebsversammlungen, Schwarzes Brett, Mitarbeiterzeitung Rundschreiben, Jahresberichte, Business TV, Druckschriften, Mitarbeitergespräche, Business Radio, interne Newsletter, Aushänge |
Aufwärtskommunikation | Von der Belegschaft zum Management | Einbindung/Feedback der Mitarbeiter: Informieren der höheren Ebene über aktuelle Abläufe/Prozesse, betriebliche oder persönliche Probleme, Meinungen/Empfindungen | Berichte, Notizen, Aktenvermerke, Mitarbeiterbefragung, Vorgesetztenbeurteilung, Beschwerdemanagement, Social-Media-Plattformen, Mitarbeitergespräche, Veranstaltungen, Abteilungsmeetings |
Horizontalkommunikation | Zwischen Personen derselben Hierarchieebene; bei unklaren Weisungsbefugnissen in unterschiedlichen Hierarchieebenen; bei fehlender Auf- bzw. Abwärtskommunikation | Austausch von Wissen, Erfahrungen, Informationen; Wissensmanagement, Organisation von Aufgaben; sozio-emotionale Unterstützung | Flurfunk, Management-by-walking-around, Workshops, Intranet, Email/Chat/SMS, Gruppengespräche, Seminare, Team-Events, Konferenzen, Meetings sowie auch Instrumente der Auf- und Abwärtskommunikation |
Quelle: Jennifer Dietz, Grundlagen der internen Kommunikation in Unternehmen, Seite 32 ff. |