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05-12-2022 | Investitionsfinanzierung | Interview | Article

"Wir können gar nicht alle Anfragen bedienen"

Authors: Bianca Baulig, Swantje Francke

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Im Immobilienbereich sowie im Fondsgeschäft herrscht aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage Unsicherheit im Markt, erläutert Umweltbank-Vorständin Heike Schmitz im Interview mit dem "Bankmagazin". An Finanzierungen von Erneuerbaren Energien herrscht allerdings große Nachfrage.

Bankmagazin: Corona-Krise, Ukraine-Konflikt und Inflation sind eine große Herausforderung für Gesellschaft und Wirtschaft. Wie nehmen Sie die derzeitige Marktsituation wahr? 

Heike Schmitz: Wir spüren die Unsicherheit am Markt, zum Beispiel im Bereich der privaten Baufinanzierung. Steigende Zinsen und Baukosten, weniger KfW-Mittel und vor allen Dingen auch die wirtschaftliche Unsicherheit führen in Deutschland dazu, dass viele Menschen überlegen, ob sie in private Immobilien investieren sollen beziehungsweise wie sie diese finanzieren können. Ich glaube, es braucht eine gewisse Zeit, um mit der Situation klarzukommen. Viele Kunden sind Zinsen gar nicht gewohnt. Die Unsicherheit merken wir auch im Fondsgeschäft, hier spüren wir eine deutliche Zurückhaltung. Das Gleiche gilt im gewerblichen Immobilienbereich, in dem wir sowohl nachhaltige als auch soziale Projekte begleiten. Insbesondere der geförderte Immobilienbau ist deutlich eingebrochen, bedingt durch die Verunsicherung aufgrund der angesprochenen steigenden Zinsen und Baukosten sowie fehlenden KfW-Mittel. Viele Projekte rechnen sich zurzeit nicht und werden zurückgestellt. Ich denke, dass wir eine gewisse Zeit durchhalten müssen, und dann wird sich die Situation wieder verändern. 

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01-12-2022 | Titel

"Die Begriffe Nachhaltigkeit und bio verbrauchen sich"

Heike Schmitz, Vorständin der Umweltbank, darüber, wie Nachhaltigkeit in ihrem Institut gelebt wird, die aktuellen Anforderungen an Geldhäuser beim Thema Regulierung und Frauen in der Bankenwelt. 

Wie hat sich in diesem Umfeld das Geschäft der Umweltbank entwickelt? Rechnen Sie mit Ausfällen durch notleidende Kredite? 

Zunächst einmal hat die Corona-Krise kaum Auswirkungen auf unser Geschäft. Unser Kreditportfolio ist solide und es gibt keine Risikoposition, die durch die Pandemie gestiegen ist. Ich rechne daher nicht mit coronabedingten Ausfällen. Das liegt auch daran, dass sich unsere Kundschaft von derjenigen anderer Banken etwas unterscheidet. Wer sehr stark auf Konditionen achten muss, wählt eher ein anderes Institut für die Finanzierung und nicht die Umweltbank. Wir sind nicht der günstigste Anbieter. Zudem gibt es bei uns keine klassische Firmenkundenfinanzierung, etwa für das Gastgewerbe. Dadurch fallen viele Risiken weg. Im Immobilienbereich sehen wir steigende Preise und Mieten bei einer extrem niedrigen Verzinsung. Und im Bereich Erneuerbare Energien ist die Entwicklung positiv. Wir können gar nicht alle Anfragen bedienen und suchen uns sehr gute Projekte aus, bei deren Auswahl wir nach den Kriterien Nachhaltigkeit und Konzeption entscheiden. Als Risikocontrollerin schaue ich mit einem kritischen Blick auf die Zukunft, gerade im Immobiliensektor. Aber wir haben eine grundsolide Struktur mit grundsoliden Krediten und Finanzierungen.

Können Sie uns als Beispiel ein Projekt nennen, auf das Sie besonders stolz sind?

Etwas Besonderes ist für uns das Projekt 'WUN H2', eine der größten deutschen Wasserstoff-­Erzeugungsanlagen, die wir mitfinanziert haben und die kürzlich in Betrieb genommen wurde. In den Bereich Wasserstoff einzusteigen, war für uns neu. Dabei hatten wir etwa mit Siemens und den Stadtwerken in Wunsiedel Partner an der Seite, die sehr innovativ sind. Wir haben hier Pionierarbeit geleistet und Schwierigkeiten gemeinsam gelöst. WUN H2 jetzt in Betrieb zu sehen, macht uns stolz. Das Projekt in Wunsiedel ist für mich aber auch deswegen besonders, weil die Gemeinde bereits vor 20 Jahren gemeinsam entschieden hat, einen neuen Weg der Nachhaltigkeit zu gehen und sich mit erneuerbaren Energien zu beschäftigen. Sie hat mit Windkraft und Fotovoltaik angefangen, später weitere Komponenten in ihr Konzept aufgenommen und so ein Gesamtkonzept daraus gemacht. Heute gibt es von den Energieerzeugern bis hin zu den Endverbrauchern eine Vernetzung. Die örtliche Bevölkerung kann die Energie nachhaltig nutzen und ist gleichzeitig Teilhaber am Windpark und an der Fotovoltaikanlage. Das Konzept zieht immer mehr Unternehmen nach Wunsiedel, die nachhaltig werden wollen. Und das wiederum schafft Arbeitsplätze und ermöglicht, dass sich junge Familien dort ansiedeln.

Der Begriff Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Wie empfinden Sie den Umgang mit dem Thema?

Die Umweltbank hat ihr Know­how in 25 Jahren aufgebaut, wir leben das Thema Nachhaltigkeit. Dabei kann man sich immer noch darüber streiten, ob nicht noch mehr möglich ist und man noch genauere Definitionen finden kann. Ich glaube, dass das Thema Nachhaltigkeit durch die aktuellen Diskussionen sehr stark forciert wird. Für Verbraucher ist es allerdings schwierig zu unterscheiden, was wirklich nachhaltig ist. Die Begriffe Nachhaltigkeit und bio verbrauchen sich. Inzwischen ist gefühlt alles bio und nachhaltig. Das ist der Verdienst der Marketing-­Abteilungen der Unternehmen. Und Menschen fühlen sich gut, wenn sie etwas Nachhaltiges kaufen. Dabei haben sie häufig aber nicht die Chance, hinter die Fassaden zu schauen. Das bedauere ich, weil damit unglaublich viel verlorengeht.

Das vollständige Interview mit Heike Schmitz lesen Sie in der Dezember-Ausgabe der Zeitschrift "Bankmagazin".

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