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05-08-2021 | Investitionsplanung | Schwerpunkt | Article

Investoren wollen klaren ESG-Fahrplan von der Industrie

Author: Angelika Breinich-Schilly

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Banken, Versicherer und Investoren drücken beim Kampf gegen den Klimawandel aufs Gas. Das stellt Unternehmen aus dem Energie- und Rohstoffsektor vor große Herausforderungen. Denn diese verschwinden zunehmend aus dem Fokus von Geldgebern und Aktionären.

Noch 2010 lag der Anteil des Energie-, Rohstoff- und Industriesektors am Börsenindex S&P 500 bei 30 Prozent. Ende 2020 war er auf 16 Prozent gefallen. "Allein die fünf führenden Öl- und Gasproduzenten verloren seit 2015 insgesamt rund 200 Milliarden US-Dollar an Marktkapitalisierung", heißt es in der ersten Auflage des "Global Energy and Natural Resources Report 2021: Navigating the Energy Transition" der Unternehmensberatung Bain.

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01-04-2021 | Schwerpunkt

"Für uns ist Nachhaltigkeit kein Modethema"

Der Industrie- und Konsumgüterkonzern Henkel hat sich das Ziel gesetzt, bis 2040 ein klimapositives Unternehmen zu werden. Er setzt darauf, in allen Bereichen entlang der Wertschöpfungskette nachhaltig zu agieren. Carsten Knobel, CEO bei Henkel, spricht darüber, weshalb das Thema Nachhaltigkeit für ihn ein wesentlicher Faktor ist, um den künftigen Erfolg des Unternehmens zu sichern.

"Aktionäre und aktivistische Investoren haben den etablierten Energie- und Rohstoffkonzernen klargemacht, dass beim Thema Nachhaltigkeit Stillstand keine Option mehr ist", so Michael Staebe, der bei Bain die Praxisgruppen Industriegüter und -services sowie Energiewirtschaft in der DACH-Region leitet. Dennoch seien deren Erfahrung, Kompetenzen und wirtschaftliche Bedeutung einfach unverzichtbar, um die Energiewende zu meistern. Für die Marktführer gelte es eine Vorreiterroller einzunehmen, was deren Ökobilanz und nachhaltige Innovationen anbelange. Zudem brauchen sie eine glaubwürdige ESG-Strategie (Environmental, Social, Governance), die Investoren überzeugt.

Deutsche Klima- und Energiepolitik ist ein Sonderweg

Mit den "Möglichkeiten und Grenzen einer deutschen Pionierrolle bei der Energiewende" hat sich Springer-Autor Thomas Göllinger im gleichnamigen Buchkapitel auseinandergesetzt:

Im polit-ökonomischen Kontext stellt sich die Frage nach einer Einordnung der deutschen Klima- und Energiepolitik im internationalen Vergleich. So kann berechtigt danach gefragt werden, ob es sich um einen Deutschen Sonderweg oder um ein internationales Vorbild handelt. Die Antwort lautet: beides. Denn der Wunsch, Vorbild im Sinne von Vorreiter zu sein, führt mehr oder weniger zu einem Sonderweg. Vor allem, wenn es nicht nur darum geht, etwa im Sinne eines Klimaschutz- oder Energiewende-Leaderships, die 'richtige' Klima- und Energie(wende)-Politik und mögliche Strategien zur Zielerreichung aufzuzeigen, sondern auch darum, weitere Schritte zu gehen und vermehrt EnergiewendeInvestitionen zu tätigen", schreibt Gollinger auf Seite 51.

Bain hat Kosten und Komplexität der Emissionsreduktion analysiert und ermittelt, in welchen Sektoren die größten Potenziale in Europa liegen: 

Bain-Studie zur Emissionsreduktion in Europa © Bain & Company

Zwar sei der CO2-Ausstoß zur Energieerzeugung vergleichsweise hoch. Doch die erforderlichen Technologien zur Reduzierung der Emissionen seien oft erprobt und die Mittel für die nötigen Investitionen "relativ einfach zu heben", heißt es in der Analyse.

ESG-Strategie macht Unternehmen attraktiv für Investoren

Für ökonomistische Investoren rechne sich ein Engagement bei Unternehmen, die bereits soziale und ökologische Mindeststandards einhalten oder diese sogar in Teilbereichen übertreffen, schreibt Kevin Schaefers im Buch "Nachhaltige Finanzen" (Seite 68). "Das Engagement soll die Nachhaltigkeitsgüte dieser Unternehmen festigen und steigern. Auf diese Weise soll ein finanzieller Mehrwert geschaffen werden."

Doch derzeit sehen die Kapitalgeber offenbar kaum wertsteigernde Nachhaltigkeitsstrategien in der Industrie. Denn laut Studie zweigen sie Geld aus dem Energie- und Rohstoffsektor ab und leiten es in Bereiche wie Technologie, Finanzdienstleistungen und Konsumgüter um. Investitionen in etablierte Energieunternehmen könnten aber die Dekarbonisierung Staebe zufolge beschleunigen. Dazu benötigten diese allerdings "eine klare und überzeugende ESG-Strategie".

Vier Maßnahmen für den ökologischen Mehrwert

Die Studienautoren haben vier konkrete Maßnahmen identifiziert, die die betroffenen Branchen auf diesem Weg unterstützen sollen:

  1. Realistischen Fahrplan für die Dekarbonisierung entwickeln: Jeder zweite der untersuchten Energie- und Rohstoffkonzern habe die Energiewende in seiner Strategie verankert und stelle Netto-Null-Emissionen in 25 bis 30 Jahren in Aussicht. Vorreiter überzeugen aber "mit nachprüfbaren Zwischenschritten und koppeln unter anderem die Vergütung des Managements an das Erreichen der ESG-Ziele".
  2. Chancen der Wasserstofftechnik nutzen: Unternehmen brauchen einen "innovativen Ansatz zur Nutzung von emissionsarm produziertem Wasserstoff". Laut Analyse wächst der Weltmarkt für Wasserstoff bis 2050 von aktuell jährlich 115 Millionen metrischen Tonnen auf rund 300 Millionen metrischen Tonnen pro Jahr.
  3. Alte und neue Märkte strategisch kombinieren: Energie- und Rohstoffunternehmen müssen nach neuen Wachstumschancen suchen und dabei eng mit Kundenunternehmen kooperieren, damit diese ihre ESG-Interessen einbringen und zugleich an Lösungen zur Dekarbonisierung mitwirken.
  4. Technologien und Prognosesysteme fit für die Zukunft machen: Einer im vergangenen Jahr durchgeführte Bain-Befragung von Führungskräften im Energie- und Rohstoffsektor zeigte, dass mehr als die Hälfte unzufrieden mit der Genauigkeit der aktuellen Nachfrageprognosen ist. Der Einsatz etwa von Künstlicher Intelligenz ermögliche exaktere Vorhersagen von Kundenbedürfnissen, aber auch eine genauere automatisierte Planung der Energielieferketten und verringere CO2-Emissionen.

"Für die Branche gilt es jetzt nachdrücklich unter Beweis zu stellen, dass sie einen deutlichen ökonomischen und ökologischen Mehrwert zu bieten hat", betont Staebe. "Denn nur dann werden auch die Investoren die für den ESG-Umbau notwendigen Finanzmittel bereitstellen. So können die Unternehmen ein wirtschaftlich solides Fundament schaffen, das es ihnen ermöglicht, ihre komplexen Geschäftsmodelle an künftige Anforderungen anzupassen."

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