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01-06-2021 | Investmentbanking | Interview | Article

"Erhöhter Bedarf im Front und Middle Office erkennbar"

Author: Swantje Francke

4:30 min reading time

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Interviewee:
Hande Bostan-Caruso

Als Senior Managerin bei der Personalberatung Robert Walters verantwortet Hande Bostan-Caruso mit ihren Teams die Vermittlung im Bereich Banking & Financial Services, Finance & Accounting sowie IT. 

Seit der Brexit-Einigung Anfang des Jahres suchen Investmentbanken händeringend Experten für den Finanzstandort Frankfurt. Welche Fachkräfte besonders gefragt sind und wie sich die Personalknappheit auf die Gehälter auswirkt, erläutert Personalberaterin Hande Bostan-Caruso.

Im sogenannten "War for Talents" zeigt sich insbesondere das Investmentbanking in Deutschland in diesem Jahr als sehr umtriebig. Was ist der Grund dafür und wie hoch ist der derzeitige Bedarf?

Grund dafür ist die Strategieänderung der Banken. Viele Institute haben sich nun für Deutschland als EU-Standort entschieden. Bisher wurde im Investmentbanking das Europa-Geschäft hauptsächlich in London abgewickelt. Daher sind schon vor einigen Jahren viele deutsche Investmentbanker nach UK umgezogen. Dreh- und Angelpunkt war London. Nun soll ein großer Teil des Geschäfts nach Frankfurt zurückkommen, was das große Volumen an Jobangeboten erklärt. Wir haben ermittelt, dass es im ersten Quartal 2021 bei den führenden Investmentbanken circa 70 Prozent mehr offene Stellen in Frankfurt gab als im Vorjahr. Berücksichtigt haben wir dabei die Banken JPMorgan Chase, Société Générale, BNP Paribas, Morgan Stanley, Standard Chartered, UBS, Goldman Sachs, Citigroup, Credit Suisse. Generell ist ein erhöhter Bedarf im Front und Middle Office zu erkennen. Eine besondere Herausforderung ist hier die Suche nach Spezialisten im Regulatory Reporting. Die Zahl der Fachkräfte, die sich mit den spezifischen deutschen Regularien auskennen, ist sehr begrenzt, da die meisten in den letzten Jahren im Ausland beziehungsweise in UK operativ tätig waren. Um diese Experten für sich zu gewinnen, müssen die Banken an ihrem Employer Branding arbeiten.

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Ist dieser Bedarf bei allen Instituten gleich hoch oder gibt es da Unterschiede?

Der Bedarf ist unterschiedlich hoch. Der Finanzmarkt ist nicht nur auf Investmentbanken zu reduzieren. Hier muss man zwischen Banken, Brokern, Fund Managern, Asset Managern et cetera unterscheiden. JPMorgan Chase hat zum Beispiel bereits 230 Milliarden Euro von UK nach Frankfurt transferiert, was zu einem Headcount-Wachstum von 136 Prozent führt. Die Deutsche Bank wiederum hat mehr als 400 Positionen von London in die Mainmetropole verlagert und es ist zu erwarten, dass diese Zahl bis Jahresende weiterhin signifikant wachsen wird.

Was sind hierzulande die am stärksten gefragten Fachkräfte im Investmentbanking?

Positionen im Front und Middle Office sind am stärksten gefragt. Im Front Office sind 2020 die folgenden Qualifikationen am häufigsten eingestellt worden: 30 Prozent der eingestellten Fachkräfte kamen aus dem Bereich Equity, 24 Prozent aus dem Bereich Debt, weitere 20 Prozent aus dem Multi-Asset-Bereich und bei 15 Prozent der Fachkräfte lag der Schwerpunkt auf Credit. Schlusslicht mit 11 Prozent bei den Personaleinstellungen war der Bereich Quant. Im Middle Office haben wir einen verstärkten Bedarf an Fachkräften aus den Bereichen Compliance, Risk Management, Tax und Regulatory Reporting festgestellt, was sich im Vorjahresvergleich allein an der steigenden Zahl der veröffentlichten Jobofferten in Frankfurt im März 2021 zeigte: Compliance-Positionen nahmen von 50 auf 300 zu, im Risk Management von 50 auf über 260, im Tax-Bereich von knapp 100 auf 540, und im Regulatory Reporting nahmen die veröffentlichten Stellenanzeigen von 30 auf 180 zu.

Die immense Nachfrage führt zu steigenden Preisen. Wie entwickeln sich demzufolge die Gehälter im Investmentbanking?

Es ist mit einer Gehaltssteigerung von durchschnittlich 10 Prozent zu rechnen. Beispielsweise verdiente ein Investment Manager im Private Equity 2020 zwischen 80.000 und 150.000 Euro, wobei er 2021 schon zwischen 90.000 und 160.000 Euro verlangen kann. Ein Associate im Corporate Banking lag 2020 zwischen 60.000 und 90.000 Euro, 2021 liegt er bei ca. 70.000 bis 90.000 Euro. Um diese Fachkräfte für sich zu gewinnen, sollten die Banken ihr Employer Branding in den Fokus rücken. Die Erstattung von Umzugskosten ist zum Beispiel mittlerweile ein Must-have. Ausschlaggebend ist letztendlich aber nicht immer nur das Gehaltspaket, sondern auch das, was die Bank beziehungsweise das Finanzinstitut seinen potenziellen Arbeitnehmern sonst noch bieten kann, so etwa ein interessantes Aufgabengebiet und reichlich Flexibilität.

Für den Fall eines Brexits bereiteten einige Investmentbanken bereits vor Jahren den Umzug von London nach Frankfurt vor. Wie viele haben diesen Plan tatsächlich umgesetzt?

Wie viele Banken und Finanzdienstleister diesen Plan tatsächlich umgesetzt haben, ist schwer zu sagen. Hier sollte man zwischen den bereits etablierten Banken und Finanzhäusern sowie den Neulingen in der Region Frankfurt unterscheiden. In den letzten Jahren, also zwischen der Ankündigung und der Vollendung des Brexits, wurden 40 neue Banklizenzen in Deutschland erteilt. Es war jedoch nicht für alle Banken von Anfang an klar, ob sie ihr Business nach Frankfurt verlegen würden. Die Banken mussten erst einmal eine passende Region für sich finden. Einige Häuser hatten auch Paris oder Madrid in Erwägung gezogen. Andere Banken wiederum hatten bereits vor der Brexit-Ankündigung ihre Zweigstellen in Frankfurt aufgebaut. Nach der Brexit-Verkündigung mussten sie sich dann nur noch um die Erhöhung ihrer Headcounts kümmern, was zur Folge hatte, dass einige Banken in neue Büroräume ziehen und ihren Standort vergrößern mussten.

Welche Vorteile hat Frankfurt als Finanzmetropole zu bieten?

Der Vorteil an Frankfurt ist sicherlich die gute Infrastruktur, da sich in Frankfurt das zentrale Rechenzentrum befindet und die Mainmetropole als Datenknotenpunkt fungiert. Die zentrale Lage mit dem internationalen Flughafen sowie die Nähe zur EZB sind für Banken weitere Argumente, ihre Häuser dorthin zu verlagern. Zusätzlich gelten Frankfurt wie auch Deutschland insgesamt als wirtschaftsstark und krisensicher.

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