Regulatorische Anforderungen und schwindende personelle Ressourcen zwingen Unternehmen, die digitale Transformation in ihren Finanzabteilungen zu beschleunigen, so eine aktuelle Pwc-Studie. Vor allem KI macht Prozesse effizienter und vereinfacht die Abschlussprüfung.
Sechs von zehn von Pricewaterhouse Coopers Deutschland (Pwc) befragten Firmen in der Bundesrepublik (62 Prozent) sehen in Künstlicher Intelligenz (KI) eine wichtige Technologie im Rahmen der digitalen Transformation ihres Finanzbereichs. "Die Zeit für konkrete KI-Lösungen scheint reif. Auf dieser Technologie basierende Anwendungen können ihre Stärken auch im Finanz- und Rechnungswesen ausspielen", konstatiert Rüdiger Loitz, COO Assurance und Leiter der Kapitalmarkt- und Rechnungslegungsberatung bei Pwc Deutschland.
Dies sei etwa bei Checklistenvergleichen und dem Einsammeln von Informationen aus unstrukturierten Daten der Fall sowie dem intelligenten Lesen von Texten, führt der Professor und Springer-Autor aus. Damit lasse sich aber auch spezifisches Wissen im Unternehmen bewahren.
Für die Ende Dezember 2023 publizierte Studie "Digitalisierung im Finanz- und Rechnungswesen 2023" hat die Beratungsgesellschaft 100 größere und mittelständische Unternehmen unter anderem zum Einsatz und zu den Potenzialen moderner Technologien im Finance-Bereich befragt - auch mit Blick auf die Abschlussprüfung.
Cloudbasierte ERP-Systeme auf dem Vormarsch
Aktuell beschleunigen Personallücken und ein steigender regulatorischer Aufwand die Einführung von digitalen Tools noch stärker, als dies aufgrund der Corona-Pandemie bereits der Fall war. Cloudbasierte ERP-Systeme sind bei 19 Prozent der befragen Unternehmen bereits im Rechnungswesen implementiert und bei 42 Prozent in Planung.
"Datenschutz- und Sicherheitsbedenken sind inzwischen weitgehend obsolet, weil immer mehr in Europa und Deutschland gehostete und zertifizierte Lösungen zur Verfügung stehen", so Loitz. Dennoch halten immerhin 37 Prozent der Befragten an On-Premise-Lösungen fest.
Trotz der fortschreitenden Digitalisierung liegt in vielen Betrieben der manuelle Aufwand für die Berichterstattung, etwa bei der Konsistenzanalyse, auf einem nach wie vor hohen Niveau. Etwa 40 Prozent betrug er in den vergangenen fünf Jahren. Dabei berge diese Aufgabe ein grundsätzlich großes Automatisierungspotenzial.
Process-Mining in Geschäftsprozessen
"Gerade in diesem Punkt könnten Unternehmen ohne großen Aufwand deutliche Effizienzgewinne erzielen", erläutert Hans-Peter Dittmar, verantwortlich für die digitale Transformation bei PwC Deutschland. Ähnliches gelte für den Technologieeinsatz zur Kommunikation im Zusammenhang mit der Abschlussprüfung und bei Geschäftsprozessen. "Das dort noch schlummernde Potenzial ließe sich aus unserer Sicht etwa mit Process-Mining-Lösungen effizient heben."
80 Prozent der Betriebe sehen einen großen Bedarf an Technologien, mit denen sich Informationen aus unterschiedlichen Datenquellen verknüpfen lassen, für die Analyse und das Reporting von Finanzdaten (69 Prozent) einschließlich deren Beschaffung und Aufarbeitung als auch nichtfinanziellen Indikatoren (69 Prozent).
Daten und Prozesse standardisieren
Mit einem Automatisierungsgrad der Abschlussprüfung in den kommenden fünf Jahren von 40 Prozent oder mehr rechnen 58 Prozent der befragten Unternehmen. "Das ist ein durchaus ambitionierter Wert - vorausgesetzt, dass Unternehmen noch mehr Daten und Prozesse als bisher standardisieren", erklärt Dietmar Prümm, Leiter Assurance bei PwC Deutschland.
Das Management verspricht sich von der Digitalisierung der Abschlussprüfung Effizienzgewinne (89 Prozent), Zukunftsfähigkeit (76 Prozent) und Unterstützung bei regulatorischen Herausforderungen (55 Prozent).
Chat GPT in der Abschlussprüfung
Speziell generative KI wie Chat GPT kann in der Wirtschaftsprüfung zur Automatisierung von Prüfungsaufgaben eingesetzt werden. Sie hilft etwa bei der Kontrolle von Buchhaltungsdaten, der Analyse von Geschäftsprozessen und der Identifikation spezieller Prüfungsrisiken. "Dadurch kann die Effizienz und Effektivität der Prozesse erhöht sowie die Fehleranfälligkeit reduziert werden", erläutern die Springer-Autoren Alexander Hüsch, Dirk Distelrath und Tanja Hüsch.
Zudem eröffnen sich durch entsprechende KI-Tools neue Möglichkeiten bei der Entwicklung von Prüfungsstrategien und -methoden. Die Technologie könne zudem zur Prüfung von Geschäftsprozessen eingesetzt werden und dabei helfen, Schwachstellen und Risiken sowie die Einhaltung von regulatorischen Vorgaben effizient und effektiv zu überwachen.
Im Bereich der Buchhaltungsdaten könne Chat GPT zur automatisierten Analyse von Finanztransaktionen verwendet werden, um mögliche Unregelmäßigkeiten oder Konformitätsverstöße aufzudecken. "Dabei spielen Datenschutz und Datensicherheit eine wichtige Rolle, und die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsprüfern und KI-Experten ist entscheidend für den erfolgreichen Einsatz von Chat GPT in diesem Kontext", so die Autoren im Buch "Einsatzmöglichkeiten von GPT in Finance, Compliance und Audit".
Datenbasierte Abschlussprüfung ist die Zukunft
Die meisten Unternehmen unterstützen laut Pwc Deutschland eine stärker datenbasierte Abschlussprüfung. Sie sind allerdings in unterschiedlichem Maße bereit, die dafür erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen - in erster Linie für ausgewählte Einsatzzwecke. Doch bereits knapp 20 Prozent der Befragten wären bereit, einen vollumfänglichen automatisierten Datenabzug zuzulassen.
"Das ist ein beachtlich hoher Wert. Und in der Tat hilft solch ein umfassender Datenabzug, die Potenziale leistungsstarker Technologien auszuschöpfen. Die Wirkung hängt im Einzelfall immer von der Verfügbarkeit und Qualität der eingelesenen Daten ab", erklärt Pwc-Experte Prümm.