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09-10-2013 | Journalismus | Schwerpunkt | Article

Was Mad Men zu Vorbildern für Journalisten macht

Author: Michaela Paefgen-Laß

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Ausgerechnet ein amerikanischer Werbetexter soll vor fast 50 Jahren das beste Buch zum Journalismus geschrieben haben, meint der Schweizer Journalist Constantin Seibt. Warum? Weil es den Leser ernst nimmt.

Constantin Seibt bloggt auf "Deadline“ seit Mai 2012 für den "Tages-Anzeiger“ über Journalismus im 21. Jahrhundert. Auf seiner Liste der sechs besten Bücher stehen keine Standardwerke, sondern Autoren wie Raymond Chandler oder François Truffaut. Platz eins gebührt Howard Luck Gossage und seinem Buch "Ist die Werbung noch zu retten?“, erschienen 1967 und mittlerweile deutschsprachig vergriffen. "Es ist das kühnste und trickreichste Buch zum Handwerk des Schreibens“, behauptet Seibt. Mit mehr Ideen für die Zukunft des modernen Journalismus "als ein paar Tausend Verlegerkongresse“.

Es ist die Haltung gegenüber dem Leser, die Vertrauen schafft

Für Constantin Seibt, ist Howard Luck Gossage ein Held. Möglicherweise ein wenig übertrieben. Warum einen "Mad Man“ der US-Werbebranche zum Stilbilder des deutschsprachigen Journalismus erheben? "Unsere Pflicht gilt nicht der Verkaufskurve, sondern dem Publikum“, verkündet Gossage auf dem Titel der deutschen Erstausgabe. Dem Leser näherte sich der "Sokrates von San Fransisco“ auf Augenhöhe und brach Branchentabus, indem er ihn direkt ansprach und um seine Meinung fragte. "Die Leute lesen keine Anzeigen. Sie lesen, was sie interessiert – und manchmal ist es eine Anzeige“. Er mutete lange Werbetexte zu, wollte erzählen und kommunizieren, statt Slogans in eine Richtung zu dreschen. "Storytelling" und "Interaktion" heißt das heute. Aus diesem Vertrauensverhältnis zum Leser entstanden seinerzeit bahnbrechende Kampagnen, witzig und unverwechselbar.

Das Publikum ist Bürger, nicht nur Konsument

"Das Publikum hat mehr Qualitätsbewusstsein, als man ihm gemeinhin unterstellt“, meinen auch Christoph Neuberger und Peter Kapern in ihrem Buchkapitel "Qualität im Journalismus – Was ist Qualität und wie wird sie gemessen und gesichert?“. (S.133) Doch warum hat das Publikum, wie die beiden Autoren behaupten, im öffentlichen Diskurs keine eigene Stimme? Ihre Antwort lautet: Weil es nicht in seiner Rolle als mündiger mitverantwortlicher Bürger wahrgenommen wird. Die Publikumsforschung beschränke sich auf Zahlen und Statistiken. Reduziert den Leser also auf seine Konsumentenrolle. "Redaktionen sollten das Publikum zu Wort kommen lassen, das Gespräch mit ihm suchen und sich nicht bloß auf Nutzungsdaten verlassen“, raten Neuberger und Karpen (ebd.).

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