Der Goldpreis hat sich beachtlich entwickelt. Von den Tiefs im vergangenen Jahr ging es um rund 25 Prozent nach oben. Doch ob mit diesem Anstieg ein neuer Trend einhergeht, der die lange Seitwärtsphase beendet, steht noch aus.
Goldinvestoren haben eine nervenaufreibende Phase hinter sich. Während sich Aktien in den vergangenen Jahren hervorragend entwickelten, strapazierte das Edelmetall die Anleger seit dem Allzeithoch 2011 mit einer kräftigen Korrektur, die dann eine zermürbende Konsolidierung überging. Zwischenzeitliche Erholungen erwiesen sich stets als Fehlsignale. Doch dieses Mal könnte es anders kommen. Die Rahmenbedingungen für weiter steigende Kurse stehen gut.
Die Bedeutung von Gold zur Inflationsabsicherung steigt
Das stärkste Argument ist der Kurswechsel der Notenbanken. Der Zinserhöhungsmodus der US-Währungshüter, der im vergangenen Jahr noch Aktien und Gold zusetzte, ist Geschichte. Angesichts konjunktureller Warnsignale ist die US-Notenbank auf Zinssenkungskurs eingeschwenkt. Damit verlieren Zinsanlagen an Attraktivität, was den Nachteil von Gold als zinsloser Anlageklasse ausgleicht und seine Bedeutung als Inflationsabsicherung erhöht. Dies gilt um so mehr, als auch die Europäische Zentralbank mit ihrem extrem lockeren Kurs fortfahren will. "Das aktuell vorherrschende Makrobild, insbesondere die Erwartungshaltung bezüglich mittelfristig weiter fallender Realzinsen, ist nach wie vor ein starkes Plädoyer für Gold", stellt denn auch Michael Blümke, Portfoliomanager des Ethna-Aktiv-Fonds fest.
Die lockere Geldpolitik spricht zwar auch für Aktien, doch gibt es hier Fragezeichen. Warnsignale von der Konjunktur, eine Welle von Gewinnwarnungen wichtiger Unternehmen sowie der Handelsstreit zwischen den USA und China sind keine Einladung für die Börse. Zumal auch am Nebenkriegsschauplatz Brexit noch kein Waffenstillstand geschlossen ist. In einem derartigen Umfeld kann Gold seine Rolle als krisenfeste Anlage voll ausspielen.
Die verbesserte Konstellation zeichnet sich auch im Chartbild ab. Jörg Scherer, technischer Analyst bei HSBC Trinkaus Burkhardt, wertet die Seitwärtsbewegung der Vorjahre als einen einzigen Anlauf zum großen Sprung. "Unter einem strategischen Blickwinkel kann die gesamte Korrektur des Goldpreises seit dem Rekordhoch bei 1.920 Dollar als trendbestätigende Flagge interpretiert werden", schreibt der Experte in einem Kommentar. "Auf Sicht der nächsten Jahre ermöglicht das beschriebene Konsolidierungsmuster sogar einen Anlauf auf das bisherige Allzeithoch."
Der Goldpreis ist Vorbote für Veränderungen
Am Horizont zeichnen sich für Gold aber noch ganz andere Perspektiven ab. Olga Kaskaldo weist auf ein mögliches Ende der Demonetarisierung hin. Im Buchkapitel "Die Bedeutung des Goldes in der Gegenwart" schreibt die Springer-Autorin auf Seite 145:
Aufgrund des Wachstums des derivativen Segments wird sich die Instabilität des globalen Finanzmarkts in Zukunft eher erhöhen, was eine Kapitalflucht aus den Fremdwährungsbeständen, vor allem aus den Dollarbeständen, in reale Vermögenswerte, zum Beispiel in Grund und Boden oder in Edelmetalle einschließlich Gold auslösen könnte."
Eine "Reform des Weltwährungssystems", wie sie "gelegentlich" diskutiert werde, umfasse unter anderem das Szenario einer "Rückkehr zum globalen Goldstandard, also fixierten Wechselkursen" heißt es auf Seite 163. Indizien für eine Remonetarisierung gibt es nach Ansicht der Autorin bereits: "Zeichen für die Wiederherstellung der monetären Funktionen des Goldes ist der Rückführungsprozess der souveränen Goldreserven seitens der ausländischen Zentralbanken aus den Tresoren der Fed-Vertretung in New York." Somit könnte der Anstieg des Goldpreises nicht nur ein Spiegel kurzfristiger Entwicklungen an den Finanzmärkten, sondern Vorbote einschneidender Veränderungen sein.