Obwohl sich die Börsen nach dem Corona-Crash schnell wieder gefangen haben, scheuen sich viele Deutsche davor, die aktuell günstigen Kurse für einen Einstieg zu nutzen, zeigt eine Umfrage. Zudem sorgen sich viele Menschen um ihr Erspartes.
42 Prozent der Deutschen wollen in diesen Zeiten kein Geld am Kapitalmarkt anlegen. 39 Prozent halten ein aktuelles Investment dagegen für "wahrscheinlich" oder sogar "sehr wahrscheinlich". Für 64 Prozent steht dabei fest, dass ein günstiger Einstiegszeitpunkt noch vor dem Ende der Rezession liegt, da sich die Börsen erfahrungsgemäß schneller als die Wirtschaft erholen. 37 wollen jedoch warten, bis die Rezession beendet ist und die Erholung auch bei der Wirtschaft angekommen ist. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie im Auftrag von JP Morgan Asset Management, für die im April und Mai fast 2.000 Deutsche ab 18 Jahren online befragt wurden.
Viele Deutschen rechnen nicht mit einer zügigen Erholung der Wirtschaft
Dabei gehen mehr als 60 Prozent der Teilnehmer nicht von einer schnellen wirtschaftlichen Erholung aus. Deshalb sorgen sich auch 49 Prozent, dass ihr Vermögen und das Gesparte durch die Inflation sukzessive entwertet wird. 28 Prozent geben außerdem an, dass sich im Niedrigzinsumfeld das Ersparte nicht vermehrt und deshalb Handlungsbedarf bestehen könnte. Zudem glaubt jeder vierte Befragte, dass das Auf und Ab an der Börse den Wert der Investments vernichtet.
Gegenüber der Vorbefragung aus dem Jahr 2018 hat sich die Zahl der Privatanleger zwar insgesamt erhöht. Doch herrscht bei der Geldanlage in Wertpapieren immer noch ein Gefälle bei den Geschlechtern. Während bereits 47 Prozent der Männer auf Aktien & Co. setzen, sind es nur 28 Prozent der Frauen.
Wer nicht investiert, tut dies meist aus Angst vor schwankenden Kursen und möglichen Verlusten, aber auch, weil schlicht das Geld für ein Investment an der Börse fehlt. Mangelndes Finanzwissen sehen 28,7 Prozent der Befragten als größtes Hindernis an.
Einfluss des Finanzwissen auf das Anlageverhalten
"In einer kontrollierten Analyse zeigen wir, dass das objektive Finanzwissen einen signifikant positiven Zusammenhang mit der kurz- und langfristigen Ersparnishöhe aufweist", schreiben Christina E. Bannier und Dennis Sinzig in einem Beitrag der "Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung" (Ausgabe 8 | 2018). Die subjektive Finanzbildung spiele dagegen nur für die kurzfristige Ersparnis von Männern eine individuelle Rolle.
Betrachten wir die gemeinsame Wirkung der beiden Bildungs-Dimensionen, so zeigt sich ein sich gegenseitig unterstützender Effekt, der vor allem für die langfristige Ersparnisbildung von Frauen stark ausgeprägt ist. Einklang von hohem objektivem und subjektivem Finanzwissen führt somit zu substantiellen Vorsorgesteigerungen, insbesondere in der Altersvorsorge von Frauen", so die Autoren.
Ein besseres Finanzwissen ist laut Umfrage auch für 37 Prozent eine wichtige Voraussetzung. Für 35 Prozent ist ein Finanzpolster für schlechte Zeiten essenziell. Rund jeder Vierte wünscht sich die Möglichkeit, regelmäßig nicht zu hohe Beträge investieren zu können, und 14 Prozent würden sich ein Produkt wünschen, dass ihnen die Arbeit der Geldanlage erleichtert. Das anhaltende Niedrigzinsumfeld ist für die Wenigsten ein Grund, endlich zu investieren. Nur knapp neun Prozent der Befragten wollen es zum Anlass nehmen, ihr Geld am Kapitalmarkt für sich arbeiten zu lassen.
Finanzberatung nicht für alle Anleger wichtig
Obwohl sich also ein Teil der Befragten mehr Wissen wünscht, nutzen 33 Prozent keine Finanzberatung und geben an, auch keine Unterstützung zu benötigen. Weitere 20 Prozent agieren zwar ohne Finanzberatung, hätten aber in der Krise gerne einen Sparringspartner gehabt. So gab auch jeder Fünfte an, dass ihm die richtige Beratung fehlt, um mit dem Anlegen zu beginnen. Nur zehn Prozent der Befragten wurden in den letzten Wochen von einem Berater kontaktiert.
Dabei habe die Verfügbarkeit digitaler und für einen Großteil der Kunden erschwinglicher Endgeräte wie Notebooks, Smartphones, Tablets oder Wearables zu einer erheblichen Zunahme der Kontaktpunkte zum Unternehmen geführt, erläutern Christiane Jonietz, Stefan Mesch und Anja Peters. Im Buchkapitel "Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung in Banken und Sparkassen" schreiben sie auf Seite 401: "Banken und Sparkassen haben sich dieser Gegebenheit angepasst, sodass sich in den vergangenen Jahren ein deutlicher Anstieg entsprechender digitaler Angebote und Services zeigt."
"Jedoch zeichnen sich neue Angebote nicht nur hinsichtlich der Gestaltung von konkreten Produkten, sondern auch in der Durchführung der Beratung und der Bereitstellung von Services aus. Auch Beratungsleistungen werden digitalisiert. Im Bereich der Geldanlage unterstützen beispielsweise digitale Beratungsprozesse bei der Auswahl eines passenden Portfolios", so die Springer-Autoren.
Loyalität der Bankkunden lässt nach
Trotz aller Angebote von Seiten der Institute stellte die Studie eine rückläufige Loyalität der Bankkunden fest. Sollten negative Einlagezinsen weiter eingeführt werden, planen 60 Prozent der Befragten, die Bank zu wechseln. 27 Prozent werden ihr Erspartes auf mehrere Banken aufteilen, um Strafzinsen zu vermeiden.