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06-08-2024 | Kapitalmarkt | Gastbeitrag | Article

Verbriefungen sind der Schlüssel für Europas Transformation

Author: Dr. Rupert Graf Kerssenbrock

3:30 min reading time

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Der europäische Verbriefungsmarkt verzeichnete in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte. Trotz letzter Hürden haben aufsichtsrechtliche Reformen für mehr Transparenz gesorgt und Interessenkonflikte aufgelöst. Eine gute Basis für Europas Transformationsfinanzierung. 

Der europäische Verbriefungsmarkt ist erwachsen geworden und könnte in naher Zukunft zu einer tragenden Säule für das wirtschaftliche Wachstum und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU werden. Maßnahmen wie Basel III und die EU-Verbriefungsverordnung haben klare Verantwortlichkeiten geschaffen und das Vertrauen in den Markt gestärkt.

Asset-Backed Securities sorgen für Liquidität

Verbriefungen (Englisch: securitization) ermöglichen es, Kredite in handelbare Wertpapiere, sogenannte Asset-Backed Securities (ABS), zu verwandeln und an Anleger zu verkaufen. Die Bereitstellung von Kapital und Liquidität für öffentliche und private Projekte, insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und Klimaschutz, ist naheliegenderweise einer der Erfolgsfaktoren für die erfolgreiche Transformation der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft. 

Nicht nur steigt die Nachfrage nach ESG-konformen (Environmental, Social, Governance) langfristigen Investitionen, sondern auch der Kapitalbedarf ist auf einem Höchststand. Die EU hat den Ausbau des Verbriefungsmarktes entsprechend als wesentliches Ziel ihrer Kapitalmarktunion definiert, um nachhaltige Investitionen zu fördern.

Aufsichtsrechtliche Hürden abbauen

Trotz der Fortschritte bestehen weiterhin bedeutende aufsichtsrechtliche Hindernisse. Viele Finanzinstitute fordern eine Verringerung bürokratischer Hürden und eine Vereinfachung der Regelungen für standardisierte Verbriefungen. Ziel ist es, die Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern, ohne das Risikomanagement zu gefährden. Verbriefungen bieten Banken die Möglichkeit, ihre Bilanzen zu entlasten, zusätzliche Liquiditätsquellen zu erschließen und ihre Fähigkeit zur Kreditvergabe und zur langfristigen Finanzierung dringend notwendiger Projekte zu stärken. 

Die sogenannte STS-Verordnung (Simple, Transparent, Standardised) wurde von der Europäischen Union eingeführt, um den Verbriefungsmarkt sicherer und attraktiver zu gestalten. Ziel der Verordnung ist es, durch klare Kriterien und hohe Transparenzstandards das Vertrauen der Anleger, beispielsweise Pensionsfonds oder Versicherer, zu stärken. Dies beinhaltet die Verpflichtung zur Offenlegung detaillierter Informationen über die zugrundeliegenden verbrieften Kredite und die Struktur der Verbriefungstransaktionen. 

STS-Verordnung schließt Start-ups und Joint Ventures aus

Obwohl die Ziele der STS-Verordnung lobenswert sind, empfinden viele Banken die Anforderungen als zu restriktiv und teilweise kontraproduktiv. Ein Refit im Rahmen des EU-weiten Programms für bessere Rechtsetzung liegt nahe. Ein besonders herausfordernder Aspekt ist die Vorschrift, dass Banken die finanzielle Historie eines Kreditnehmers über die letzten drei Jahre prüfen müssen, um das Risiko zu bewerten. Diese Regelung schließt viele Start-ups und Joint Ventures von der Nutzung dieser Finanzierungsform aus, da sie in der Regel nicht über die entsprechende finanzielle Historie verfügen und kein gutes Kreditrating haben. Damit steht die STS-Verordnung in einem gewissen Widerspruch zum Ziel der EU, Innovationen und junge Unternehmen zu fördern.

Darüber hinaus müssen Banken sicherstellen, dass Verbriefungen standardisiert sind. Damit ist die Einhaltung komplexer und detaillierter Anforderungen verbunden. Diese verlangen Banken erhebliche Ressourcen und spezialisiertes Wissen ab. Die damit verbundenen zusätzlichen Kosten und der erhöhte Verwaltungsaufwand führt dazu, dass viele Banken dies alleine nicht stemmen können und von der Nutzung der STS-Verbriefungen Abstand zu nehmen. 

Rechtlicher Rahmen muss Interessen ausbalancieren

Das Ziel sollte sein, ein Gleichgewicht zwischen erforderlichen aufsichtsrechtlichen Vorgaben zum Schutz des Marktes, der Anleger und der Finanzstabilität sowie einer Verbesserung der Finanzierungsbedingungen für die europäische Wirtschaft zu schaffen. Auch durch die Einführung standardisierter Plattformen und eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Finanzinstituten könnten erhebliche Synergien entstehen, die wiederum mehr Verbriefungen und Kreditvergabe an Unternehmen ermöglichen.

Markt punktet mit professioneller Anlegerbasis

Durch gezielte gesetzliche Maßnahmen und klare Verantwortlichkeiten hat der europäische Verbriefungsmarkt an Reife gewonnen. Mit einer hochprofessionellen institutionellen Anlegerbasis ist er gut positioniert, um nachhaltiges Wachstum und Innovation zu fördern. Dennoch sind weitere Anpassungen und Vereinfachungen erforderlich, um die Effizienz zu steigern und den Zugang zu Kapital zu erleichtern. 

Ein ausgewogener Ansatz, der Finanzmarktstabilität und einen angemessenen Anlegerschutz gewährleistet als auch wirtschaftliche Innovation langfristig fördert, wird entscheidend sein, um das volle Potenzial des Verbriefungsmarktes auszuschöpfen und zur nachhaltigen Entwicklung Europas beizutragen.

Insgesamt zeigt sich, dass der Verbriefungsmarkt nicht nur einen hohen Reifegrad erreicht hat, sondern auch eine entscheidende Rolle in der wirtschaftlichen Transformation Europas spielt. Durch die Schaffung eines robusten und transparenten Marktes für Verbriefungen und damit die Bereitstellung von dringend benötigten Kapital und Liquidität für wesentliche Projekte kommt Europa seinen Ziele in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit einen deutlichen Schritt näher.

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