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2014 | Book

Katastrophenmanagement

Grundlagen, Fallbeispiele und Gestaltungsoptionen aus betriebswirtschaftlicher Sicht

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About this book

Das Buch behandelt Grundlagen und betriebswirtschaftliche Probleme, die mit Katastrophen einhergehen, aus Sicht des verantwortlichen Managements. Fallbeispiele illustrieren die Bedeutung von Katastrophenvorsorge und -bekämpfung, die damit verbundenen Herausforderungen sowie Lösungen. Katastrophen treten nach wie vor mit großer Häufigkeit auf und verursachen weltweit immense Verluste an Menschenleben sowie ungeheuren wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Schaden. Die verantwortlichen Katastrophenmanager stehen dabei vor besonderen Herausforderungen, da sie häufig unter Zeitdruck sowie bei unsicherer Informationslage weitreichende Entschlüsse fassen müssen, beispielsweise darüber, ob alarmiert oder der Notstand ausgerufen wird. Fallstudien zu Flutkatastrophen, Erdbeben und einem Großschadensereignis in der Industrie belegen, dass Fehler im Katastrophenmanagement den Katastrophenverlauf und die Schadensentwicklung negativ beeinflussen. Die Autoren plädieren deshalb für ein stärkeres Engagement der Betriebswirtschaftslehre in der Forschung über Katastrophenmanagement.
Die Stiftung der Schweizerischen Gesellschaft für Organisation und Management SGO unterstützte diese Studie.

Table of Contents

Frontmatter

Grundlagen

Frontmatter
1. Merkmale und wirtschaftliche Bedeutung von Katastrophen
Zusammenfassung
Im 1. Kapitel behandeln Lukas Schönenberger, Christian Rosser und Andrea Schenker-Wicki die „Merkmale und wirtschaftliche Bedeutung von Katastrophen“. Hinsichtlich der Merkmale geht es insbesondere um die Abgrenzung von Katastrophen gegenüber Krisen, die oft fälschlich als Synonyme betrachtet werden. Merkmale der Katastrophen sind die Schlagartigkeit und Heftigkeit ihres Auftretens, ihr großes Schadenspotential, die existenzielle Gefährdung der betroffenen Institutionen bzw. Regionen sowie die zwingende Notwendigkeit externer Hilfe. Dabei ist zu beachten, dass ihre Wahrnehmung und Thematisierung von den jeweils vorhandenen Weltbildern und Deutungsmustern abhängen, d.h. Katastrophen sind sozial determiniert. Die AutorInnen zeigen anhand von Verlaufsstatistiken, dass Katastrophen verschiedener Stärke insgesamt nicht nur häufiger auftreten, sondern auch größere Schäden verursachen als früher.
Lukas Schönenberger, Christian Rosser, Andrea Schenker-Wicki
2. Gesellschaftliche Bedingungen eines adäquaten Katastrophenmanagement
Zusammenfassung
Wolf R. Dombrowsky behandelt im 2. Kapitel „Gesellschaftliche Bedingungen eines adäquaten Katastrophenmanagement“. Der Beitrag fokussiert nicht auf die singulären Katastrophenereignisse, sondern auf den Katastrophenschutz als Gesamtheit aller Einrichtungen und Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge und Katastrophenbekämpfung. Nach Dombrowsky ist ein adäquates Katastrophenmanagement nur möglich, wenn spezifische gesellschaftliche Bedingungen gegeben sind. Zu diesem Zweck untersucht er, ob der etablierte Katastrophenschutz angesichts der Bedrohungen des 21. Jahrhunderts noch angemessen und das Nebeneinander von betrieblicher und öffentlicher Gefahrenabwehr noch zeitgemäß sind. Seine Analyse mündet in ein Plädoyer für eine Verstärkung des vorbeugenden Katastrophenschutzes und in die Forderung nach einem System der Gefahrenabwehr mit einem vereinheitlichten „Gefahrensrecht“, das insbesondere der Externalisierung von Katastrophenschäden und der Abwälzung von Risiken vorbeugen soll.
Wolf R. Dombrowsky
3. Versuch einer mikroökonomischen Betrachtung von Katastrophen
Zusammenfassung
Das 3. Kapitel ist mit „Versuch einer mikroökonomischen Betrachtung von Katastrophen“ überschrieben. Die AutorInnen Andrea Schenker-Wicki, Lukas Schönenberger und Christian Rosser gehen der Frage nach, inwieweit der mikroökonomische Ansatz des Rational Choice einen Beitrag zum besseren Verständnis des Katastrophenmanagement leisten kann. Zunächst werden das Substitutionsverhältnis von Katastrophenvorsorge und Katastrophenbekämpfung (aktives und reaktives Katstrophenmanagement) und der optimale Grad an Vorsorgemaßnahmen in Abhängigkeit von Grenznutzen und Grenzkosten behandelt. Danach wird gezeigt, welchen Einfluss die Gefahrenanalyse auf die Vorsorgemaßnahmen hat: Bei optimistischer Gefahrenanalyse (Risikounterschätzung) wird zu wenig in die Katastrophenvorsorge investiert, bei pessimistischer Analyse (Risikoüberschätzung) wird zu viel investiert. Neben der Gefahrenanalyse beeinflussen auch die Risikoallokation und die Organisation des Katastrophenschutzes das Ausmaß der Vorsorge.
Andrea Schenker-Wicki, Lukas Schönenberger, Christian Rosser
4. Betriebswirtschaftliches Katastrophenmanagement – ein Bezugsrahmen
Zusammenfassung
Im 4. Kapitel stellt Oskar Grün unter dem Titel „Betriebswirtschaftliches Katastrophenmanagement – ein Bezugsrahmen“ die überarbeitete Fassung einer früheren Publikation vor. Gegenstand der Betrachtung ist hier jeweils die einzelne Katastrophe als singuläres Ereignis. Einleitend wird das Katastrophenereignis als die zu bewältigende Aufgabe behandelt, differenziert nach Ursachen, Vorhersehbarkeit, Vorwarnzeit, Katastrophenverlauf und dem verhaltenswissenschaftlichen Aspekt der Reaktionsmuster. Der (erwartete) Katastrophenschaden ist eine wichtige Determinante des Katastrophenmanagement, weil anzunehmen ist, dass die Anstrengungen des Katastrophenmanagement umso intensiver sind, je größer der Katastrophenschaden ist bzw. je häufiger mit ihm zu rechnen ist. Die Darstellung der Maßnahmen folgt einer Phasenbetrachtung. Dementsprechend wird nach Katastrophenvorsorge und Katastrophenbekämpfung unterschieden, die in einer Substitutionsbeziehung stehen: Je umfassender die Vorsorge, desto weniger aufwendig ist die Bekämpfung.
Oskar Grün

Fallstudien

Frontmatter
5. Die Brandkatastrophe in der Lüneburger Heide 1975
Zusammenfassung
In der Zeit vom 8. bis zum 12.8.1975 brachen in drei Landkreisen des Regierungsbezirks Lüneburg (Celle, Gifhorn und Lüchow-Dannenberg) fünf Flächenbrände in der Lüneburger Heide (Niedersachsen, D) aus, die sich zu Großbränden entwickelten. Insgesamt wurden mehrere hundert Einzelbrände gezählt. Die Schadensbilanz der Brandkatastrophe weist sieben Todesopfer auf. Etwa 3000 Bewohner mussten evakuiert werden. Der Großteil des Niederwilds ist in den Flammen verendet. 7500 ha Wald und 6000 ha Moor bzw. landwirtschaftliche Nutzflächen wurden vernichtet. In diesem Katastrophenfall gab es zumindest anfangs eine beträchtliche Fehleinschätzung der Katastrophenlage und des benötigten Einsatzpotentials ("Jeder Oberkreisdirektor wollte sein eigenes Feuerchen löschen"). Die Fallstudie diskutiert die Fehler, welche die Lagebeurteilung und Alarmierung, die Kompetenzverteilung im Katastrophenmanagement und die Koordination der Einsatzkräfte betreffen.
Oskar Grün
6. Die Flutkatastrophe in Sachsen 2002
Zusammenfassung
Bei der Flutkatastrophe in Sachsen im August 2002 verwüsteten die Flüsse des Osterzgebirges mehr als zehn Städte. Weitere Städte, darunter die Landeshauptstadt Dresden, wurden von der Elbe überflutet. Die Bilder vom überfluteten Theaterplatz vor der Semperoper und vom überfluteten Dresdner Hauptbahnhof sowie die Berichte von der dramatischen Rettung der Kunstsammlungen im Grünen Gewölbe beherrschten damals die Medien. Die Schadensbilanz der Flutkatastrophe waren 20 Tote und 110 Verletzte, ca. 45.000 Menschen mussten evakuiert werden. Der gemeldete Gesamtschaden (Schäden an der Infrastruktur, an Gebäuden und anderen Sachwerten) beläuft sich auf ca. 8,6 Mrd. €. Die Fallstudie konzentriert sich auf Mängel im Katastrophenmanagement als Hauptursache für den verheerenden Katastrophenverlauf. Die Schwachpunkte betrafen die Lagebeurteilung und Alarmierung, die Kompetenzverteilung im Katastrophenmanagement und die Koordination der Einsatzkräfte.
Oskar Grün
7. Die Flutkatastrophe in Niederösterreich 2002
Zusammenfassung
Die Hochwasserkatastrophe in Niederösterreich (A, August 2002) mit österreichweit neun Todesopfern und Schäden in Höhe von rund 3 Mrd. € entfachte eine verstärkte Diskussion über den vorsorgenden Umgang mit Naturgefahren und deren Bewältigung. Obgleich in den Folgejahren weitere schwerwiegende Überflutungen Teile Österreichs trafen, wird das Hochwasser 2002 als „Wendepunkt im Kampf gegen Naturgefahren in Österreich“ bezeichnet. Nach der Katastrophe sind große Anstrengungen unternommen worden, um das Katastrophenmanagement effektiver zu gestalten, wie die Fallstudie ausführt. So sind beispielsweise neue Prognosemodelle im Einsatz, die den Wasserstand der Donau 48 Stunden im Voraus berechnen können. Die Hochwasservorhersage wurde auch auf viele andere Gewässer erweitert, für die 24 Stunden im Vorhinein Prognosen erstellt werden. Zur Verbesserung der Gesamtkoordination über die Verwaltungs- und Zuständigkeitsgrenzen der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften hinweg wurde das früher beim Bundeskanzleramt angesiedelte Staatliche Krisenmanagement um das Katasstrophenmanagement erweitert und dem Bundesministerium für Inneres unterstellt.
Verena Adam-Passardi
8. Die Erdbebenkatastrophen in Friaul 1976
Zusammenfassung
Am 6. Mai 1976 und am 15. September 1976 waren in Friaul, einer halbautonomen Region im Nordosten von Italien, zwei starke Erdbeben (Friaul I und Friaul II) zu verzeichnen. Die Schadensbilanz von Friaul I ist verheerend: Ca. 1000 Tote, mehrere Tausend Verletzte, darunter 1000 Schwerverletzte, 80.000 Obdachlose und 20.000 zerstörte oder schwer beschädigte Wohnungen. Friaul II brachte die vollständige Zerstörung jener Gebiete, die durch Friaul I bereits schwere Schäden erlitten hatten. Nach dem zweiten Beben war von ca. 13.400 völlig zerstörten und 28.800 schwer beschädigten Wohnungen die Rede und die Schadenssumme wurde auf 8 Mrd. US$ geschätzt. Als ein Schwachpunkt im Katastrophenmanagement hat sich in dieser Fallstudie die Lagebeurteilung nach dem Beben erwiesen, insbesondere die Einschätzung, welche Maßnahmen zu treffen sind und welche Einsatzkräfte dafür benötigt werden. Auch die Effizienz der Koordination der Hilfsmaßnahmen war unzureichend. Dabei mangelte es nicht an Einsatzkräften und Hilfsgütern, nicht zuletzt dank einer bemerkenswerten internationalen Solidarität. Zusätzlich spielten Kompetenzkonflikte zwischen den zuständigen Behörden eine maßgebliche Rolle.
Oskar Grün
9. Die Chemiekatastrophe von Seveso 1976
Zusammenfassung
Am Samstag, den 10. Juli 1976, wurde kurz nach Mittag bei einem routinemäßigen Abkühlvorgang in einer Chemiefabrik eine Überdrucksicherung zerstört, wodurch TCDD (Tetrachloridibenzodioxin) freigesetzt wurde. Die Giftwolke breitete sich vom Werk in südöstlicher Richtung aus und vergiftete die nördlich von Mailand gelegenen Gemeinden Seveso, Meda, Desio und Cesano Maderno. Die "Chemiekatastrophe von Seveso 1976" unterscheidet sich unter mehreren Aspekten von anderen Fällen. Zunächst handelt es sich nicht um eine Naturkatastrophe, sondern um eine durch menschliches Fehlverhalten verursachte Katastrophe. Bei derartigen Katastrophen treten neben den aus den anderen Fallstudien bekannten Akteuren (die betroffene Bevölkerung, Institutionen der Katstrophenhilfe und staatliche Stellen) häufig auch die Betreiber technischer Großanlagen auf, in diesem Fall die ICMESA (Industrie Chimiche Meda Società Azionaria und deren Muttergesellschaften in der Schweiz) mit ca. 170 Mitarbeitern. Die Fallstudie verdeutlicht, dass die Betreiber-Interessen im Katastrophenfall zumindest partiell mit den Interessen der anderen Akteure kollidieren, z. B. was die schnelle und rückhaltlose Information über Entstehung, Verlauf und Schadensausmaß der Katastrophe betrifft. Die Fallstudie zeigt, dass das Katastrophenmanagement erhebliche Schwachstellen aufwies, insbesondere in der Lagebeurteilung und Alarmierung, in der Evakuierung und anderen vorbeugenden Maßnahmen, in der Dekontaminierung und im Wiederaufbau sowie in der Regulierung der Entschädigungen.
Oskar Grün

Gestaltungsoptionen

Frontmatter
10. Routine versus Improvisation im Katastrophenfall – Zur Bedeutung von Routinen in turbulenten Situationen
Zusammenfassung
Anja Schröder und Daniel Geiger präsentieren im Kapitel „Routine vs. Improvisation im Katastrophenfall – Zur Bedeutung von Routinen in turbulenten Situationen“ die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. Die Studie beginnt mit einem Überblick über die einschlägige Forschung, aus der die beiden Forschungsfragen abgeleitet werden: Welche strukturellen Mechanismen von Organisationen werden zur Bewältigung von Katastrophen herangezogen und wie ist das Zusammenspiel von Routine und Improvisation als einer nicht-standardisierten Organisationsform? Die Ergebnisse zeigen, dass das Rettungsteam in den besonders unsicheren Situationen zu Beginn des Katastropheneinsatzes zur Reduktion der Komplexität primär auf erprobte Routinen zurückgreift (Aufbau des Camps sowie Markierung und Sichtung). Flexiblere Routinen wurden erst in späteren, als weniger unsicher wahrgenommenen Phasen beobachtet. Improvisation erweist sich als das Resultat von bereits existenten und trainierten Routinen, die anlassbezogen neu zusammengesetzt werden.
Anja Schröder, Daniel Geiger
11. Information im Katastrophenfall
Zusammenfassung
Andrea Schenker-Wicki behandelt das Thema „Information im Katastrophenfall“ mit einem Schwerpunkt auf dem Informationsverhalten des Staates, dem sie eine federführende Rolle zuschreibt. Sie geht zunächst auf die Entscheidungen ein, deren Qualität allerdings gerade im Katastrophenfall wegen spezifischer Pathologien wie Informationsüberflutung fragwürdig ist. Die Nationale Alarmzentrale der Schweiz wird als Beispiel einer Informationszentrale auf Basis systemtheoretischer Überlegungen dargestellt. Ziel ist die professionelle Informationsübermittlung, die jedoch hohe Ansprüche an Glaubwürdigkeit, an Personalisierung, an Sprache und Vorbereitung sowie an die Nutzung von Social Media stellt. Dabei zeigt sich wiederum die große Bedeutung der Katastrophenvorsorge: Die gewünschten positiven Wirkungen der Informationsaktivität auf die Akteure der Katastrophe treten nur ein, wenn die Informationssysteme bereits im Normalfall („ordentliche Lage“) auf die besonderen Anforderungen des Katastrophenfalles („außerordentliche Lage“) vorbereitet werden.
Andrea Schenker-Wicki
12. Die Flutkatastrophe in Sachsen 2002 im Spiegel der Medien
Zusammenfassung
Die Medien sind wichtige Akteure in Katastrophen: Sie informieren, beeinflussen die Meinungsbildung und die Wahrnehmung von Katastrophen. Die KommunikationswissenschaftlerInnen Wolfgang Donsbach, Anja Obermüller und Katrin Noatsch untersuchen „Die Flutkatastrophe in Sachsen 2002 im Spiegel der Medien“. In einer Inhaltsanalyse werden jene mehr als 800 Meldungen des lokalen Rundfunksenders (MDR 1 Radio Sachsen) analysiert, die einen Bezug zum Thema Hochwasser haben. Im Einzelnen interessieren der Blickwinkel (optimistisch, pessimistisch, neutral), der Tenor (Grad der Dramatisierung) und die Quellen der Nachrichten sowie die jeweils genannten Akteure. Es zeigt sich, dass der überwiegende Teil der Nachrichtenbeiträge nicht neutral verfasst ist und bei einem Drittel die dramatisierende Darstellungsweise überwiegt. Gegenstand einer Journalistenbefragung ist das Informationsverhalten der Behörden, insbesondere die Beurteilung ihrer Mitarbeiter und ihrer Mitteilungen. Mittels einer Input-Output-Analyse wird festgestellt, ob die behördlich gemessenen Pegelwerte der Elbe (Input) exakt berichtet werden (Output) und ob dabei zeitliche Verzögerungen auftreten.
Wolfgang Donsbach, Anja Obermüller, Katrin Noatsch
13. Logistik und Supply Chain Management im Katastrophenfall
Zusammenfassung
Herbert Kotzab und Andrea Kaput beschäftigen sich mit „Logistik und Supply Chain Management im Katastrophenfall“. Probleme der sog. humanitären Logistik treten insbesondere in Entwicklungsländern und im Zusammenhang mit internationalen Katastropheneinsätzen auf. Die AutorInnen modifizieren das für die kommerzielle Logistik entwickelte Konzept der Supply Chain Performance-Treiber von Chopra und Meindl für den Anwendungsfall der humanitären Logistik, wobei sie nicht versäumen, auf deren Spezifika hinzuweisen, insbesondere auf die Vielzahl und Verschiedenartigkeit der Akteure und auf den temporären Charakter der Katastrophenbekämpfung. Das Konzept besteht aus sechs Elementen: Ziele und Restriktionen, Lager- und Umschlagseinrichtungen, Lagerbestände, Transportsysteme, Beschaffung von Hilfsgütern und Dienstleistungen sowie Informations- und Kommunikationssysteme. Jedes Element wird hinsichtlich seiner Bedeutung in der Katastrophenvorsorge und der Katastrophenbekämpfung spezifiziert. Das in der kommerziellen Logistik dominierende Ziel der Effizienz ist im Fall der humanitären Logistik von geringerer Bedeutung. Vorrangig ist die Effektivität i. S. der schnellstmöglichen Versorgung der Betroffenen.
Herbert Kotzab, Andrea Kaput
14. Katastrophenhilfe am Beispiel der Erdbeben in Friaul 1976
Zusammenfassung
Caritasdirektor Viktor Omelko als verantwortlicher Projektleiter für die Katastrophenhilfe schildert die „Katastrophenhilfe am Beispiel der Erdbeben in Friaul 1976“, die der Caritasverband Kärnten im Auftrag der österreichischen Caritaszentrale leistete. Der Beitrag beschreibt den Hilfseinsatz von der Formulierung des Auftrags unmittelbar nach Katastrophenausbruch im Mai 1976 bis zu seinem Ende im Jahr 1979. Was den Auftrag betrifft, hat die Caritas sich für die Langzeithilfe durch die Errichtung von erdbebensicheren Fertighäusern entschieden, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass die Erstversorgung weitgehend funktionierte. Insgesamt wurden in 24 Gemeinden Friauls 256 Häuser, zwei Altenwohnheime und ein Kindergarten errichtet. Die dafür erforderlichen Mittel spendete die österreichische Bevölkerung, und die österreichische Bundesregierung verdoppelte den Spendenbetrag. Die Häuser wurden direkt den zukünftigen Hauseigentümern übergeben, die nach dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ einen wesentlichen Eigenbeitrag zu leisten hatten, zu dem sie sich vertraglich verpflichteten. Dieses Hilfsprinzip war nicht unumstritten, hat sich jedoch bewährt.
Viktor Omelko
15. Nachlese
Zusammenfassung
Die „Nachlese“ von Oskar Grün enthält eine Zusammenfassung wichtiger Ergebnisse der 14 Kapitel des Buches. Er zeigt auf, dass es einen Akteurs- und einen Ereignis-zentrierten Zugang zum Katastrophenmanagement gibt, wobei er letzteren präferiert. Anschließend werden die Spezifika des Katastrophenmanagement diskutiert, nämlich die Vielfalt und Vielzahl der Akteure, die Ressourcenknappheit, der Zeitdruck und die Zielkonflikte. Das Kapitel endet mit überlegungen, welche betriebswirtschaftlichen Theorien relevante Beiträge zur Erforschung des Katastrophenmanagement versprechen. Es sind dies die Investitionstheorie, die Produktionstheorie, die Organisationstheorie, die Führungs- und Entscheidungstheorien, Theorien zum interkulturellen Management sowie die Innovationstheorie. Es ist zu wünschen, dass das Plädoyer der Herausgeber für ein stärkeres Engagement der Betriebswirtschaftslehre im Katastrophenmanagement von den FachvertreterInnen beherzigt wird.
Oskar Grün
Metadata
Title
Katastrophenmanagement
Editors
Oskar Grün
Andrea Schenker-Wicki
Copyright Year
2014
Electronic ISBN
978-3-658-06173-9
Print ISBN
978-3-658-06172-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-06173-9